Gut Holz. Aus Mahagoni gefertigt, Die holländische Werft. Markant: eckiges Kajütdach, Knick im Freibord und Fockschienen auf dem Aufbau YACHT 20/2004

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1 Gut Holz Aus Mahagoni gefertigt, Die holländische Werft Markant: eckiges Kajütdach, Knick im Freibord und Fockschienen auf dem Aufbau 66

2 Waarschip 910 Test zum Selbstausbau geeignet, mit Hubkiel und Doppelrudern ausgestattet: macht mit dem neuen Typ 910 von sich reden. Erster Test FOTO: N. KRAUSS 67

3 Auf der Werft riecht es nach Holz. Überall liegt dieses natürliche Material herum. Auf Böcken kieloben gelagert füllen diverse Kaskos die Halle. Kaskos in Knickspantbauweise aus Okoumé-Marinesperrholz, dessen Planken maserig schimmern. Die Außenhäute sind flächig. Unterbrochen werden sie oberhalb der Wasserlinie nur durch einen einzigen Knick, der etwa auf halber Höhe zwischen Deck und Wasserlinie liegt. Sie sind geschaffen für die Behandlung, die nach dem Zusammensetzen der Planken auf dem Spantengerüst erfolgt: Hohlkehlnähte aus angedicktem Epoxidharz werden von innen zwischen die Planken gespachtelt und die Flächen von außen überlaminiert. Wer also meint, hier in Delfzijl würden auf traditionelle Art und Weise Holzboote entstehen, irrt. Aber irren ist einfach. Denn es gibt mittlerweile vier unterschiedliche Werften, die den Namen Waarschip führen oder Schiffe in ähnlichem Stil und aus Holz anbieten (siehe S. 73). Es ist nicht ganz klar, wer der legitime Nachfolger der bekannten Selbstbau-Werft ist. Zumal diese nach kurzem Produktionsstopp nun selbst wieder produziert, und zwar in der Nähe von Delfzijl. Louis Hijlkema geht jedoch mit modernen Konstruktionen einen eigenen Weg: Holz dient ihm lediglich als Kern eines Laminats. Eigner von Booten aus GFK-Sandwich behaupten ja auch nicht, dass sie ein Schaumboot hätten, besteht der Werftchef auf dem feinen Unterschied zwischen seinen und den geleimten und geschraubten Booten von früher. Tradition mit Fortschritt Den Ruf, individuelle Produkte anzubieten, möchte sich Hijlkema bewahren. Deswegen bietet er seinen Kunden auch verschiedene Ausbaupakete an. Sobald ein Kasko fertig ist, kann der Eigner große Komponenten wie etwa den Motor selbst einbauen. Das mindert den eher hohen Preis eines Schiffs aus Delfzijl oft beträchtlich. Der liegt mit Euro (segelfertig nach YACHT-Definition) nämlich über den Yachten von den Massenbootsbauern wie Jeanneau oder Bénéteau, für die teilweise bis Euro weniger bezahlt werden müssen. Die Komposit-Waarschips finden jedoch in der Liga anderer edler Kleinserienboote wie der Sirius gute Gesellschaft. Kompaktes am Wind: Durch die geschickte Lackierung wirkt der Aufbau flacher, als er ist. Deutlich zu sehen sind die geraden Flächen des Multiknickspant-Rumpfes Schon der erste Blick verrät, dass Hijlkemas Yachten neue Konstruktionen sind. Die größte seiner Werft war bis jetzt das Waarschip 1020, das aus dem Computer von Kees Van de Stadt kam (YACHT 18/01). Hijlkemas neues Waarschip 910 ist prinzipiell an den erfolgreichen Entwurf der großen Schwester angelehnt. Klas Bes, Chef der Firma Bes Design, hat die neue 910 zu Papier und exakt auf die Schwimmwasserlinie gebracht. Und den Rumpf für die moderne Fertigung aus Sperrholz und Epoxid vorbereitet. Anleihen an aktuelle Designs So modern, dass eingefleischte Fans der individuellen Bastlerboote bereits genörgelt haben, Hijlkemas Boote sähen eigentlich so aus wie moderne Performanceorientierte Yachten: leichtes Rigg mit zwei Salingspaaren, High-Aspect-Segel, optio- naler Spinnaker, Gennaker, Backstagen, effektives Achterstag, sensible Pinnenanlage mit Ausleger. Für Puristen, meint Hijlkema, könne er ja ohne weiteres den Kajütaufbau wieder kleiner und flacher machen. Da der ebenfalls aus Holz und Harz bestehe, sei das kein Problem. Aber eigentlich wolle er das nicht. Beim Segeln würde das Stückchen Aufbau denn auch definitiv fehlen, weil die Schienen der nicht überlappenden Genua etwas seitlich des Masts durch die Außenkante des Dachs gebolzt worden sind. Von dort aus laufen die Schoten auf dem Kajütdach entlang nach achtern zum Niedergang und durch Umlenkblöcke zu den Fallenwinschen. Dieses Arrangement garantiert breite Laufdecks und ein unverbautes Cockpit. Eins, auf dessen Süll keine weiteren Winschen stehen. Dass die Genuaschot auf dem Aufbau endet, macht 68

4 Waarship 910 Test Fast alles aus Holz, fast alles handgemacht: Lediglich die Markenbeschläge wie die Winsch auf dem Aufbau, der Pinnenausleger und die Travellerschiene sind zugekauft Klar eingefasste Decksfenster: Nur ein Streifen des Aufbaus ist nicht farblackiert Süll zum Reinfassen: In das Cockpit montiert die Werft feste Schwalbennester Deckel zum Durchlangen: Schraubluken im Cockpit erlauben Zugang zur Ruderanlage Blätter zum Draufstehen: Durch die Doppelruderanlage ist Trockenfallen möglich FOTOS: N. KRAUSS sie für den Steuermann schwer erreichbar so wie es bei vielen Booten mit kurzen Vorsegeln heutzutage üblich ist. Zumindest, wenn der Rudergänger in Luv auf dem Süll sitzend steuert. Denn um die Schot zu justieren, muss er erst nach Lee und dann über den Reitbalken krabbeln, der serienmäßig in das Cockpit der 910 eingebaut wird. Das neue Waarschip erleichtert den Weg nach Lee jedoch: Zum einen, weil der Rumpf eine Stabilität und Balance aufweist, die ein kurzes Nachlassen der Aufmerksamkeit des Steuermanns erlaubt. Und zum anderen, weil die Yacht mit einer Doppelruderanlage dirigiert wird, die das Boot eine Weile von allein Kurs halten lässt. Eine Weile ist zwar ein dehnbarer Begriff. Aber es gibt genügend Schiffe, die ein Abwenden des Blicks vom Wasser und von den Segeln sofort mit tol- len Kapriolen ahnden, sei es mit Backschlagen der Fock oder mit radikalem Abfallen, sodass die Leereling durchs Wasser zieht. Trockenfallen ist problemlos All dies ist beim Waarschip, wie gesagt, nicht der Fall. Allerdings zeigt schon der Prospekt, dass es äußerlich etwas kompakter anmutet als die Vorgängerin. Und zumindest, was die Doppelruderanlage betrifft, wirkt sich diese äußere, rein optische Eigenschaft auch auf die inneren Werte aus. Denn die Gestänge von der Pinne auf die beiden Quadranten jeweils unterhalb der Sitzbänke im Cockpit sind zwar von der Werft präzise verlegt und justiert worden. Die Ruderanlage arbeitet spielfrei, wenn auch etwas schwergängig. Bei der Übertragung der Pinnenkraft auf die Blätter ist kaum Reibung zu spüren. Allerdings folgt das Boot dem Ruder eher in der Manier eines schwereren Schiffs, nicht in der einer lediglich drei Tonnen wiegenden Einheit. Dem Einsatzzweck der Yacht jedoch kleine Fahrtencrews stressfrei übers Wasser zu befördern kommt dieses Verhalten zupass. Außerdem kann das Waarschip 910 aufgrund der zwei robusten, kurzen Ruderblätter trockenfallen. Und zwar bedenkenlos: Dass dabei das Rudergestänge im Rumpf verbiegt, ist nahezu ausgeschlossen. Es scheint also nur auf den ersten Blick überdimensioniert. Da das Boot im partiellen Tidenrevier Holland gebaut und gesegelt wird, muss das Trockenfallen bei dem Design des Rumpfes berücksichtigt werden. Die ausgefeilte Konstruktion des Hubkiels trägt dieser Anforderung Rechnung. Denn ei- U 69

5 WAARSCHIP 910 utechnische DATEN (WERFTANGABEN) Konstrukteur Klas Bes CE-Entwurfskategorie.. B (küstenferne Gewässer) Lüa (Rumpflänge) ,30 m Gesamtlänge ,35 m LWL (Wasserlinienlänge) ,20 m Breite ,25 m Tiefgang ,85 m Theoretische Rumpfgeschwindigkeit ,13 kn Gewicht ,0 t Ballast/-anteil ,3 t/43 % Masthöhe über Wasserlinie ,48 m Großsegel ,0 m 2 Rollgenua (110 %) ,5 m 2 Segeltragezahl ( 2 S/ 3 V ) ,5 Maschine. Volvo Penta 2020 (Saildr.), 13 kw/18 PS Kraftstofftank Edelstahl, 50 l Frischwassertank Holz/Epoxid, 150 l Fäkalientank Kunststoff, 35 l Kompakt, aber modern: Das Schiff mit Arbeitsfock als Standard verfügt über ein gestrecktes Rigg und einen effektiven Hubkiel Rumpf- und Decksbauweise Das Waarschip 910 wird komplett nach den Anforderungen der CE-Norm in Epoxy Planking gebaut. Eine CAD-Fräse schneidet alle Teile aus marinisiertem Sperrholz vor, im eigens entwickelten Fast fit -Verfahren werden dann Rumpf und Deck aneinander geklebt umesswerte (INNEN) Koje Vorschiff ,15 x 1,90/0,46 m Koje Achterkammer ,15 x 1,50/0,55 m Höhe Salon vor Niedergang ,70 m Höhe Salon vorn ,67 m Stauraum Salon ca. 120 l Stauraum Achterkammer ca. 230 l Stauraum Backskiste ca. 800 l uausstattung UND PREISE Grundpreis ab Werft Euro Motor, Groß und Vorsegel, Polster, klappbare Rückenlehnen, Schoten, Reling, Beleuchtung (Position), Anker, Festmacher, Feuerlöscher inklusive Kompass Euro Segelkleid Euro Fäkalientank mit Absaugung an Deck Euro Elektrische Kühlbox Euro Zuwasserlassen/Übergabe Euro Preis segelfertig (nach YACHT-Definition) Euro Darüber hinaus im Grundpreis enthalten (Auszug) Am Mast vormontierte Beschläge für Backstagen, Kielschwert-Version, Epoxidharz für die Außenhaut Generelle Garantie Jahre Werft Waarschip Werf Delfzijl, Member of Yachting Delfzijl Group, Heemsesweg 4, 9936 HG Farmsum/ Niederlande; Telefon 0031/596/ , Fax ; Vertrieb Direktvertrieb über Werft usegelleistungen O. ABDRIFT U. STROM Am Wind (ca. 40 Grad) ,9 kn 60 Grad Windeinfall ,3 kn 90 Grad Windeinfall ,8 kn 130 Grad Windeinfall ,4 kn 180 Grad Windeinfall ,0 kn Testbedingungen Windgeschwindigkeit 10 kn Windstärke 3 Bft., Wellenhöhe 0,1 m uschalldruck Y Gemessen in Marschfahrt (70 % der Höchstdrehzahl): 5,7 kn, 2700 min -1 Plicht Kajüte Achterkajüte Vorschiff 66 db(a) 73 db(a) 74 db(a) 80 db(a) LEISE 70 db(a) NORMAL 80 db(a) LAUT Der Volvo-MD-2020-Motor mit Saildrive ist ausreichend schallisoliert. 2-Blatt-Volvo-Faltpropeller. Die Erreichbarkeit für Wartung und Reparatur ist akzeptabel Y - BEWERTUNG Mit dem neuen Waarschip 910 ist der kleinen Werft ein weiterer eleganter Wurf gelungen. Er dürfte helfen, die Produkte aus Holz und Epoxidharz auf dem Markt zu etablieren ukonstruktion und Konzept Å Frischer Waarschip-Look, moderne Bauweise Å Möglichkeit zum Selbstausbau gegeben Í Gewöhnungsbedürftige Optik usegelleistung und Trimm Å Einfache, aber effektive Handhabung des Riggs Í Yacht zeigt sich unter Fock manchmal untertakelt Í Etwas schwergängig auf dem Ruder uwohnen und Ausbauqualität Å Wohnliche Atmosphäre durch Holzbau Í Vorschiffskammer etwas eng uausrüstung und Technik Å Markenartikel an und unter Deck Å Ausgetüfteltes, robustes Rudergestänge Å Leistungsfähige Hydraulikpumpe für den Kiel 70

6 Waarschip 910 Test DIE KONKURRENZ IM VERGLEICH FOTOS: (V. L. N. R.) H.-G. KIESEL, YACHT/A. MINKEMA, B. KOLTHOF, K. SCHUBERT; ZEICHNUNGEN: A. HOPPENHAUS uelan 31 Lüa (Rumpflänge) ,20 m LWL (Wasserlinienlänge).... 8,21 m Breite ,20 m Verdrängung ,7 t Segelfläche ,5 m 2 Segeltragezahl ,80 Preis Euro Gebaut seit Stückzahl YACHT-Test /2002 Fax-Abruf / Das Schiff aus der slowenischen Werft ist recht sportiv, was sich auch an der hohen Segeltragezahl zeigt. Solide Bauweise upegaz 31 Lüa (Rumpflänge) ,32 m LWL (Wasserlinienlänge) ,30 m Breite ,94 m Verdrängung ,0 t Segelfläche ,0 m 2 Segeltragezahl ,27 Preis Euro Gebaut seit Stückzahl YACHT-Test /2003 Fax-Abruf / Die Pegaz 31 wurde mit ihrem variablen Tiefgang konsequent als Fahrtenyacht für Binnengewässer konzipiert. Diesen Zweck erfüllt sie uocéanis 323 Lüa (Rumpflänge) ,75 m LWL (Wasserlinienlänge).... 8,90 m Breite ,24 m Verdrängung ,8 t Segelfläche ,7 m 2 Segeltragezahl ,55 Preis Euro Gebaut seit Stückzahl YACHT-Test /2000 Fax-Abruf / Die Neue von Bénéteau ist eine gut ausgestattete und preisgünstige Alternative bei den Yachten mit einer Länge von unter zehn Metern 1 Dimensionslose Zahl. Berechnung: 2 S/ 3 V. Je höher der Wert, desto mehr Segelfläche (S) hat das Schiff in Relation zur Verdrängung (V) 2 Gemäß YACHT-Definition 3 Tests der vergleichbaren Schiffe erhalten Sie mit Ihrem Faxgerät (Funktion Abruf oder Polling ). Kosten: 0,62 Euro pro Minute aus dem deutschen Festnetz (Talkline InfoDienste) usirius 32 Lüa (Rumpflänge) ,60 m LWL (Wasserlinienlänge) ,33 m Breite ,18 m Verdrängung ,1 t Segelfläche ,8 m 2 Segeltragezahl ,02 Preis Euro Gebaut seit Stückzahl YACHT-Test /2000 Fax-Abruf / Eine echte Fahrtenyacht für fast jedes Wetter. Zu der Pinne im Cockpit kommt noch ein Rad unter Deck. Viel solide Handarbeit ne Hydraulikpumpe bringt das Blatt innerhalb weniger Minuten unterhalb des Rumpfes in die Horizontale. In der Vorschiffskammer nämlich ist die Pumpe montiert, auf die die ganze Mechanik angewiesen ist. Sie wird manuell über einen abnehmbaren Schwengel betrieben, der durch die Tür zum Vorschiff in den Salon hereinragt. Zum einen wird so kein Platz in der Kabine geopfert, die Bilge bleibt schier, es wird kein Kielkasten eingebaut. Der hängt unter dem Schiff. Der Ballastträger fasst auch deswegen so gut in seiner Verankerung, weil er sicher im Kasten lagert. Und zum anderen wird durch die Kielklapp-Mechanik eine hohe mechanische Sicherheit gewährleistet: Das Waarschip 910 steht auf dem Trockenen sicher auf den beiden Ruderblättern und dem Kielkasten. Technik vermittelt Sicherheit Ein besonderer Trick an der Hydraulik, die den Kiel schwenkt, ist ein Überdruckventil. Rammt die Flosse bei Grundberührung den Boden, gibt es sofort die Mechanik frei und lässt den Ballastkörper hochklappen. Beim Segeln bemerkt man die komplexen Mimiken, das Doppelruder und die Kielschwenkanlage kaum. Höchstens daran, dass die 910 nicht eben ein Riese ist, was Stabilität angeht. Das Krängungsverhalten bleibt aber in angemessenem Rahmen: Nimmt die Schräglage zu, muss nicht durch extreme Ruderlagen ausgeglichen werden, die dazu führen können, dass die Strömung an den Blättern abreißt. U 71

7 Test Waarschip 910 Holz überall: Das Interieur des Waarschips 910 mutet leicht und wohnlich zugleich an. Wenn die hydraulische Kielpumpe in Betrieb ist, steht die Tür zum Vorschiff offen Ausgefeilte Details: In der Nasszelle sind selbst die Ecken hübsch modelliert Viel Platz: Auf dem Testschiff fand sich unter dem Kocher noch ein Stau-Schapp Natur in geschickter Verarbeitung Ebenso angenehm fällt unter Deck gleich auf, dass Werftchef Hijlkema viel von Holz versteht. Fungiert das Material im Rumpf noch teilweise als Kern, der von außen durch einen Gewebeüberzug zusätzliche Festigkeit erhält, so wird es im Interieur unverstärkt verarbeitet (es sei denn, der Kunde wünscht dies). Fast in jedem Fall jedoch erfüllt Holz eine Doppelfunktion, weil es gut aussieht und gleichzeitig Kräfte abfängt. Beispiel Kielstruktur: Sie kommt fast ohne Metall aus, weil sämtliche Lasten auf Stringer und Bodenwrangen verteilt werden die allesamt aus Holz sind. Der Blick in die Bilge enthüllt also eine ungewohnte Optik: Sauber sieht sie aus. Wie etwas, dem man als Segler mit Hobel und Lackpinsel beikommen kann und nicht erst verschiedene Gewerke wie Schlosser 72 Viel Licht: Dank der Lackierung von Deck und Schale wirkt die Kammer freundlich Natürliche Struktur: Das Rückgrat des Waarschips 910 ist fast komplett aus Holz oder Formenbauer um sich scharen muss. Gleich dem Rest des Bootes ist auch das Kajütdach komplett aus Holz gefertigt. Solche Aufbauten sind heutzutage in der Serienproduktion selten. Zudem ist die Oberfläche lackiert, sodass die Anmutung des Interieurs der 910 nicht die einer Holzhandlung ist. Die Struktur des Kajütdachs verrät jedoch das Material, aus dem es gebaut wurde, und das verbreitet eine wohlige Wärme unter Deck. An Deck ist das Material des Bauteils noch besser getarnt als im Salon. Denn da verschwindet das Holz vollständig unter einer glatten Lackierung, die nicht durch Decksbalken oder Verstärkungsknie unterbrochen werden. Nur die Seitenteile des Aufbaus sind klar lackiert. Sie verkleinern das Dach optisch und rahmen die schmalen ins Holz eingelassenen Fenster. Weitere Öffnungen befinden sich übrigens jeweils an der Innenseite des Niedergangs. Dort verschwinden Schoten und Fallen, sodass beim Segeln im Cockpit Ordnung herrscht. Aber auch der schönste Segeltag geht mal zu Ende, und die Maschine, ein Volvo Penta 2020, springt an. Dann fällt sofort auf, dass auch hier etwas anders ist: Die Maschine wurde zugunsten des Platzangebots im Salon umgedreht; der Saildrive sitzt vorn. Fazit: Der Markt ist mit dem Waarschip 910 um eine Alternative aus Holz reicher geworden. Und obendrein bietet das Schiff die Möglichkeit des kompletten oder teilweisen Ausbaus durch den Eigner. Matthias Beilken Weitere Informationen zu den Themen Test und Technik gibt Netz unter:

8 uwaarschip UND SEINE NACHKOMMEN Der Holz-Epoxid- Mann: Hijlkema baut nur modern Louis Hijlkema, Chef der Waarschip Werf Delfzijl BV, hat ein Problem. Zum einen weiß er, dass Yachten mit der Bezeichnung Waarschip von potenziellen Käufern positiv wahrgenommen werden. Weil der große Name Erinnerungen weckt: An hundertfach produzierte Einheiten, an markante, preisgünstige Schiffe, die obendrein den Ruf exzellenter Seegängigkeit innehatten. Und an Scharen glücklicher Selbstbauer, die das Waarschip-Kaskosystem bis zum Exzess ausgereizt und in teilweise jahrelanger Arbeit gute Boote gefertigt haben. Zum anderen weiß Hijlkema, dass mit dem Nachlass des vor drei Jahren verstorbenen Waarschip-Vaters Klas Kremer kein Staat mehr zu machen ist, weil es längst modernere Technologien gibt. Deswegen versucht Hijlkema, der mit Kremer befreundet war, mit seinen neuen Waarschips aus einem bewährten einen neuen klingenden Namen zu machen. Sein Mittel dazu ist Technologie. Für die meisten Modelle der alten Waarschips liegen lediglich von Kremer handgezeichnete Linienrisse vor, die schon des Gesetzes wegen dringend digitalisiert und mit Stabilitätsberechnungen angereichert werden müssten. Doch das, wusste Hijlkema, war ein größerer Aufwand als gleich moderne Schiffe neu zu konstruieren: Nach dem Daysailer (ein vom alten Waarschip 660 abgeleitetes Boot, das aber für die neue Epoxid-Bauweise vorbereitet war), erweitert Hijlkema die Palette seiner erst sechs Jahre jungen Werft durch frische Designs. Das erste war das große Waarschip 1020 und kam aus dem Computer von Kees Van de Stadt (der aber mit dem bekannten Designbüro Van de Stadt nichts zu tun hat). Dessen Entwürfe wiederum verselbstständigten sich zu Yachten mit dem Namen Titan. Des Weiteren gibt es noch eine kleine Werft mit dem Namen Hechtschip. Und natürlich den ebenfalls kleinen Mutterbetrieb Waarschip te Waar, der die alten Modelle teils nach Originalplänen und nach der alten Holzleim-Methode baut. Weder der Name Waarschip noch der markante Multiknickspant-Look sind geschützt. Kein Wunder, dass angehende Käufer manchmal den Überblick verlieren. FOTOS: N. KRAUSS, WERFT (U.) Roll out: Ein nach dem Fast fit -Verfahren produzierter Rumpf ist fertig. Der Kunde kann jetzt selbst weiterbauen 73