1 Gebrauchsanweisung. Sie für Ihr Leben und für Ihren Umgang mit der Erkrankung die Verantwortung.
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- Peter Baumhauer
- vor 7 Jahren
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1 1 Gebrauchsanweisung 1.1 Gebrauchsanweisung für Betroffene Wenn Sie dieses Buch aufgeschlagen haben und diesen Abschnitt lesen, haben Sie bereits einen sehr wichtigen Schritt getan: Sie haben begonnen, sich mit Ihrer Erkrankung zu beschäftigen, und Sie bringen die Offenheit mit, mehr darüber zu erfahren. Wir möchten Sie ermutigen, auf diesem Weg weiterzugehen. In diesem Buch wird es darum gehen, was Sie tun können, um Ihre Erkrankung zu bewältigen. Auf dem Weg, den Sie mit dem Aufschlagen des Buchs begonnen haben, möchten wir Sie ein Stück begleiten. Übernehmen Sie für Ihr Leben und für Ihren Umgang mit der Erkrankung die Verantwortung. Sie sind für Ihr Leben und Ihren Umgang mit der Erkrankung verantwortlich. Auf dieser Grundlage haben wir dieses Buch geschrieben. Niemand kann Ihnen die Entscheidung abnehmen, etwas von dem zu tun, was hier steht. Zur Unterstützung Ihrer Entscheidung wollen wir Ihnen Informationen anbieten und Stellung beziehen. Wir hoffen, dass Sie von den Anregungen in diesem Buch profitieren können. Wir selbst sind davon überzeugt, dass die Themen, die wir ansprechen, wichtig sind und dass die Handlungsvorschläge, die wir geben, zur Bewältigung Ihrer Erkrankung beitragen können. Vermutlich ist es Ihnen schwer gefallen, dieses Buch in die Hand zu nehmen. Die meisten Betroffenen, die wir kennen gelernt haben, haben die Auseinandersetzung mit der Erkrankung als einen schwierigen, oft auch schmerzhaften Prozess erlebt, 1.1 Gebrauchsanweisung für Betroffene 1
2 den sie lieber hätten vermeiden wollen. Das ist sehr verständlich. Niemand setzt sich freiwillig mit einer ernsten Erkrankung auseinander. Dennoch ist es richtig und wichtig, dass Sie sich hin und wieder Zeit nehmen, sich über die Art der Erlebnisse und Probleme, die im Zusammenhang mit Ihrer Erkrankung aufgetreten sind, Klarheit zu verschaffen, und dass Sie Wege suchen, eine dauerhafte Stabilisierung zu erreichen. Das wichtigste Ziel, das wir mit Ihnen zusammen verfolgen wollen, ist die dauerhafte Stabilisierung. Nach einer psychotischen Episode (wir werden uns später genauer damit beschäftigen, was damit gemeint ist) wieder in den Alltag zurückzufinden ist eine Herausforderung. Meistens kann dieses Ziel nur erreicht werden, wenn Sie selbst, Ihre Angehörigen (sofern Sie Angehörige haben) und das für Sie zuständige Behandlungsteam an einem Strang ziehen. Dieses Buch ist ein Arbeitsbuch. Es soll Sie bei Ihrer Auseinandersetzung mit der Erkrankung unterstützen und Ihnen aufzeigen, was Sie für die Bewältigung der Erkrankung selbst tun können. Sie finden im Anhang einige Arbeitsmaterialien, die Sie mit Hilfe des Textes, aber auch mit Hilfe Ihrer Angehörigen und evtl. mit Hilfe Ihres Arztes oder Ihres Psychotherapeuten bearbeiten können. Sie werden feststellen, dass die Sichtweise von Angehörigen immer wieder direkt angesprochen wird, da auch Ihre Angehörigen von Ihrer Erkrankung mitbetroffen sind. Die Umsetzung unserer Vorschläge benötigt oft Zeit und Übung. Nehmen Sie das Buch bei Bedarf immer wieder zur 2 1 Gebrauchsanweisung
3 Hand, und lesen Sie die entsprechenden Abschnitte erneut. Wir gehen nicht davon aus, dass Sie dieses Buch an einem Stück von vorn nach hinten durchlesen. Wenn Sie die Vorschläge in diesem Buch gut finden, allein aber nicht damit klarkommen, dann sehen Sie darin bitte keine persönliche Niederlage, sondern holen Sie sich Unterstützung. Wir haben uns bemüht, die Abschnitte so zu schreiben, dass sie auch einzeln verständlich sind. Allerdings baut manches aufeinander auf. P Die ersten Kapitel (Kap. 2 und 3) betreffen vor allem das Verständnis psychotischer Erkrankungen. Falls Sie sich fragen, ob bei Ihnen überhaupt eine solche Erkrankung vorliegt, sollten Sie hier beginnen. P Im Anschluss daran beschreiben wir unser Grundverständnis der Behandlung (Kap. 4 und 5). Wenn Sie sich fragen, ob eine Behandlung bei Ihnen überhaupt sinnvoll ist, beginnen Sie hier. P Die aktive Bewältigung der Erkrankung setzt eine erhöhte Achtsamkeit im Umgang mit sich selbst voraus. Das ist für uns eine der wesentlichen Botschaften, die wir Ihnen vermitteln wollen. Darauf bauen dann die Strategien für die Bewältigung von Alltagsbelastungen, Krisen und Krankheitssymptomen auf (Kap. 6, 7 und 8). Bevor Sie jetzt weiterlesen, entscheiden Sie bitte, ob Sie sich auf den Weg machen wollen. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich dazu entschließen. 1.2 Gebrauchsanweisung für Angehörige Psychotische Erkrankungen sind nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Angehörigen eine Belastung. Sie sind als Angehöriger durch diese Erkrankungen mitbetroffen. Sie haben im Vorfeld der Erkrankung und/oder während der akuten Erkrankungsphase erlebt, dass sich Ihr Angehöriger verändert hat, Ihnen fremd wurde, vielleicht auch bedrohlich erschien. Mögli- 1.2 Gebrauchsanweisung für Angehörige 3
4 cherweise war im Umgang mit Ihrem erkrankten Angehörigen nichts mehr selbstverständlich. In den Kapiteln 2 und 3 finden Sie Fallbeispiele und Beschreibungen von Krankheitssymptomen, die Ihnen helfen sollen einzuordnen, was bei Ihrem Angehörigen geschehen ist. Vielleicht sind Sie im Zusammenhang mit der Erkrankung von Schuldgefühlen geplagt und fragen sich, ob Sie für die Erkrankung mitverantwortlich sind. Wir möchten Sie daher in Kapitel 4 darüber informieren, wie der Erkenntnisstand zu Ursachen psychotischer Erkrankungen ist. Die Hauptbotschaft wird sein: Nein, Sie sind nicht schuld an der Erkrankung Ihres Angehörigen. Zu den Ursachen der Krankheit ist jedoch mehr zu sagen, und wir möchten Sie einladen, dies nachzulesen. Vermutlich haben Sie sich oft gefragt, wie Sie mit Ihrem erkrankten Familienmitglied umgehen sollen. Hierzu gibt es keine einfachen Antworten. In Kapitel 5 versuchen wir, dazu einiges Grundsätzliche zu sagen. So, wie sich die Betroffenen mit ihrer Erkrankung in einem längeren Prozess auseinander setzen müssen, so sollten sich unserer Meinung nach Angehörige und Betroffene so weit wie möglich gemeinsam darüber verständigen, wie sie das Zusammenleben neu gestalten möchten. Meistens gibt es nicht Richtig oder Falsch. Wenn Angehörige und Betroffene eine neue Verständigung beginnen, gibt es häufig Klärungsbedarf zu folgenden Fragen: P Wie sieht eine angemessene Behandlung aus (Kap. 5)? P Wie können Angehörige in Krisen helfen (Kap. 6)? P Wie soll das alltägliche Zusammenleben in der Familie aussehen (Kap. 7 und 8)? P Was ist zu tun, wenn erneut Symptome der Erkrankung auftreten (Kap. 6 und 9)? 4 1 Gebrauchsanweisung
5 Auf diese und ähnliche Fragen werden wir eingehen. Wir würden uns wünschen, dass es dann nicht beim Lesen bleibt, sondern dass Sie hier Anregungen zum Gespräch mit Ihrem erkrankten Angehörigen finden. Besonders wichtig ist auch der Austausch mit anderen Angehörigen, in deren Familien eine ähnliche Erkrankung aufgetreten ist. Wir möchten Sie ermutigen, Anschluss an eine Angehörigengruppe zu suchen und Fragen, die in diesem Buch nicht ausreichend angesprochen werden konnten, dort zu vertiefen. Möglicherweise haben Sie sich im Zusammenhang mit der Erkrankung Ihres Familienmitglieds zurückgezogen und nehmen immer weniger am sozialen Leben teil. Dies ist einerseits verständlich, kann aber andererseits in die soziale Isolation und zu einer eigenen psychischen Beeinträchtigung führen. Angehörigengruppen können hier eine wichtige Hilfe sein (s. Kap. 8.2 und 10.2). Sie sind ebenso wie der Betroffene gefordert, die Erkrankung aktiv zu bewältigen. Wir hoffen, dass Sie in diesem Buch Anregungen, Entlastung und Ermutigung finden. 1.3 Gebrauchsanweisung für Therapeuten Dieses Arbeitsbuch für Betroffene und Angehörige ist direkt bezogen auf das Behandlungsmanual: Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Störungen von Klingberg, Schaub und Conradt (Weinheim: BeltzPVU). Die Informationen und Arbeitsanregungen sind weitgehend inhaltsgleich. Daher eignet sich das Buch als begleitende Lektüre während einer solchen psychotherapeutischen Behandlung. Es ist allerdings so geschrieben, dass es auch für sich, d.h. ohne begleitende Therapie, für Patienten und Angehörige hilfreich sein kann. 1.3 Gebrauchsanweisung für Therapeuten 5
6 1.4 Über die Autoren Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Informationen über uns geben und Ihnen erläutern, was uns veranlasst hat, dieses Buch zu schreiben. Stefan Klingberg. Ich bin seit mehr als zehn Berufsjahren in der stationären und ambulanten Behandlung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen tätig. Gegenwärtig arbeite ich als Hochschuldozent und leitender Diplom-Psychologe an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen. Als Psychologischer Psychotherapeut und Supervisor hat mich besonders die Frage beschäftigt, wie (gerade bei schweren Erkrankungen) die Behandlung durch psychotherapeutische Methoden verbessert werden kann. Dazu greife ich auf meine Berufserfahrung und auf Weiterbildungen in kognitiver Verhaltenstherapie und klientenzentrierter Gesprächspsychotherapie zurück. Ich bin verheiratet und Vater von zwei Kindern. Michael Mayenberger. Seit 1998 arbeite ich als Arzt an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen. Mein Studium sowie die Weiterbildungen in kognitiver Verhaltenstherapie und Tiefenpsychologie absolvierte ich in Stuttgart, Ulm und Tübingen. Neben meinem Interesse für Lehrtätigkeiten und sozialpsychiatrische Aufgaben gilt meine Vorliebe der Psychotherapie. Meine vielfältigen Erfahrungen mit schizophrenen Patienten und ihren Angehörigen haben mir deren Not sehr nahe gebracht. Es ist mir deshalb ein Anliegen, weitere Möglichkeiten in der Behandlung von Menschen mit schizophrenen Psychosen zu finden. Auch gilt mein Interesse der Früherkennung und -behandlung der Schizophrenie. Ich bin 1969 in Ravensburg geboren, Vater von drei Kindern und lebe in Tübingen. Gabriele Blaumann. Seit 1996 arbeite ich als Diplom-Psychologin an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen. Ich habe eine Ausbildung zur kognitiven Verhaltenstherapeutin absolviert und war im stationären und ambulanten Bereich in der Behandlung schizophrener Patienten und 6 1 Gebrauchsanweisung
7 deren Angehöriger tätig. Die Arbeit hat mir, trotz der Schwere der Erkrankung, stets Spaß gemacht, aber auch Grenzen des therapeutischen Handelns aufgezeigt. Ich habe mehrere Jahre in Forschungsprojekten zu ¾ngsten, Depressionen und Schizophrenie gearbeitet. Ich bin Mutter von zwei Kindern und lebe in Tübingen. Neben meiner beruflichen Tätigkeit mit schizophrenen Patienten bin ich auch gleichzeitig Angehörige. Eines meiner Kinder ist selbst an einer Schizophrenie erkrankt. Trotz meiner langjährigen Erfahrung hatte ich keine Möglichkeit, den Ausbruch der Erkrankung zu verhindern. Die mit der Erkrankung verbundenen Gefühle und Erfahrungen sind mir deshalb vertraut und haben sicherlich einen Einfluss auf meine Zusammenarbeit mit Angehörigen. Uns Autoren verbindet die intensive Beschäftigung damit, die Therapiemöglichkeiten für Menschen mit schizophrenen Erkrankungen zu optimieren. Zusammengeführt hat uns die Tätigkeit in einem Forschungsprojekt zur Verbesserung der Psychotherapie bei neu aufgetretenen psychotischen Erkrankungen. Aus dem gegenwärtigen Wissen um die Erkrankung, aus internationalen Erkenntnissen über die Erfordernisse einer guten Behandlung und auf der Basis unserer Berufs- und Lebenserfahrung haben wir Behandlungsstrategien erarbeitet, die wir in wissenschaftlichen Studien überprüfen. Zwei Hinweise. Wir verwenden im nachfolgenden Text ausschließlich die männliche Form, wenn wir von Betroffenen, Angehörigen, Freunden oder Therapeuten sprechen. Dies dient der leichten Lesbarkeit des Textes. In jedem Fall sind Patientinnen, Mütter, Schwestern, Freundinnen und Therapeutinnen selbstverständlich in gleicher Weise gemeint und angesprochen. Diese Publikation wurde im Rahmen des Kompetenznetzes Schizophrenie erstellt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Kennzeichen ). 1.4 Über die Autoren 7
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