Nachhaltige Reinraumlabore aus baulicher und betrieblicher Sicht
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- Luisa Graf
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1 Nachhaltige Reinraumlabore aus baulicher und betrieblicher Sicht Dipl.- Ing. (FH) Nikolaus Ferstl Zusammenfassung: Bei der Auswertung der nutzungsspezifischen Betriebskosten eines Universitätsklinikums lässt sich feststellen, dass mitunter Reinraumlabore bezogen auf die Nutzfläche eine der größten Energieverbraucher sind. Nachhaltig bedeutet nicht nur die für den Betrieb erforderliche notwendige Energien regenerativ zu erzeugen bzw. einzukaufen, sondern den ganzen Prozess von der Planung über die Realisierung bis zum Betrieb auf seine Nachhaltigkeit zu überprüfen und ggf. anzupassen ohne dafür immense Investitionskosten tätigen zu müssen. Schlagwörter: Reinraum, Labor, GMP, Nachhaltigkeit, Energieverbrauch Einleitung Durch steigende Energiekosten und die Notwendigkeit der Reduktion der CO2- Emissionen rücken die Nutzungsbereiche mit einem hohen spezifischen Energieverbrauch zunehmend in den Fokus. Hier lässt sich durch eine gesamtheitliche Analyse ausgehend von der Überprüfung der zweckgebundenen Nutzung, Klärung der zu erfüllenden Gesetze, Vorschriften, Normen, Optimierung des Funktionslayouts und der Anlagentechnik bis zur Reorganisation der wiederkehrenden Instandhaltungs- und Wartungstätigkeiten enormes Einsparpotential generieren ohne außerordentliche Investitionskosten veranschlagen zu müssen. Unterschiedliche Nutzung von Reinraumlaboren Reinraumlabore findet man an Universitätskliniken für unterschiedliche Anwendungsbereiche wie z. B: zur Forschung und/oder für die Herstellung von Arzneimittel, Stammzellen, Thrombozyten oder auch im Bereich der Mikrobiologie. Eine eindeutige Definition der Nutzung ist zur Klärung des Genehmigungsverfahrens und die damit verbundene Erteilung der Herstell- oder Betriebserlaubnis durch die zuständige Genehmigungsbehörde zwingend erforderlich. Auf dieser Basis können die grundsätzlichen Anforderungen wie Reinraumklassifizierung (Partikel, Mikroorganismen), Luftzustände (Temperatur, Feuchte), Hygienekonzept (Hygiene-, Druckzonen, Schleusenkonzept, Personal-, Material-, Abfallfluss) festgelegt werden. Weiterhin können Anforderungen an Materialien und Oberflächen und auch der Umfang der Reinraum Qualifizierung über alle Projektphasen (Planung DQ, Errichtung IQ und Betrieb OQ) festgelegt werden. Abbildung: Reinraumlabor Klasse A in B
2 Regularien, Reinheitsklassen An erster Stelle stehen hier die nationalen Gesetze wie das Arzneimittelgesetz (AMG), Medizinproduktegesetz (MPG), die Arzneimittelwirkstoffherstellverordnung (AMWHV), die europäische EG-GMP-Richtlinie und weitere Leitfäden wie z.b. die der WHO oder FDA. Nachfolgend sind die entsprechenden Normen und Richtlinien der Fachverbände u.a. die DIN EN ISO 14644, VDI 2083 zu beachten. Die eigentliche Reinheitsklassifizierung geschieht durch drei Angaben, die Klassenangabe selbst, die betrachtete Partikelgröße (ggf. auch mehrere) und den Betriebszustand. Andere Anforderungen, wie Temperatur und rel. Feuchte sind vom Produkt und Verfahren bestimmt und sind unabhängig vom Reinheitsgrad. Die Definition erfolgt in Abhängigkeit der Produktanforderung nach der Klassifizierung der DIN EN ISO 14644, des EG-GMP-Leitfaden, Annex 1: Reinraumklassifizierung oder des FDA- Guidance je nach zuständiger Genehmigungsbehörde. Hierbei ist beachten, dass die FDA nur die Partikelgröße 0,5µ im Betriebszustand under dynamic conditions definiert. Bezüglich Energieeffizienz lassen sich ausschließlich in der VDI 2083 Blatt 4.2 Hinweise finden. Nachhaltiger Planungsprozess Bereits bei der Layout Entwicklung ist eine detaillierte Prozessanalyse erforderlich. Hierbei ist der Prozessablauf in seine Einzelschritte zu zerlegen und ein entsprechendes Flussdiagramm mit Darstellung der Flüsse von Material, Personal, Abfall etc. und die erforderliche Reinraum-klasse zu erstellen. Danach erfolgt die Vernetzung der Prozessschritte, Analyse der Flüsse und letztendlich die Entwicklung von Layoutkonzepten und Ermittlung des Flächenbedarfs. Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass die Räume mit hoher Reinraumanforderung möglichst klein gehalten werden, bzw. nur die Prozesse in den dafür vorgesehenen Räumen mit der entsprechenden Reinraumklasse stattfinden wo es auch wirklich erforderlich ist. Bei den lufttechnischen Schutzkonzepten wird zwischen der turbulenten Mischströmung (TMS) für ISO Klasse 7 und 8 und der turbulenzarmen Verdrängungsströmung (TAV) für ISO 5 und besser unterschieden. Bei der turbulenten Mischströmung wird die Reinluft turbulent (verwirbelnd) in den Reinraum eingeführt und erzeugt eine stetige Verdünnung und damit "Säuberung" des Reinraumes. Die geforderte Reinheitsklasse wird bei entsprechendem Verhalten des Personals aufrechterhalten. Bei der turbulenzarmen Verdrängungsströmung strömt die Reinluft turbulenzarm ("laminar") in den Reinraum und bewirkt, dass die sensiblen Arbeitsbereiche und Maschinen möglichst gering kontaminiert werden Um luftger ät Filt erauslass Abbildung: Turbulente Mischströmung (TMS)
3 Bezüglich Verhältnis der Reinraumklassen bzw. Luftwechsel zur Größe der Raumlufttechnischen Anlage kann je Steigerung der Reinraumklasse von ISO 8 zu ISO 6 von mindestens einer Verdoppelung der Luftmenge und Verdoppelung der Raumlufttechnischen Anlage ausgegangen werden. Von ISO 6 zu ISO 5 (laminar) muss sogar mit einem Faktor 7 gerechnet werden. Klarheit bzw. Planungssicherheit kann mit einer entsprechenden Strömungssimulation verschiedener Varianten erreicht werden. + - Abbildung: Turbulenzarme Verdrängungsströmung (TVS) Energieeffiziente, nachhaltige Anlagentechnik Gemäß der Laborrichtlinie sind Reinraumlaboren zu 100% mit Außenluft zu versorgen. Da somit jeder m³ Luft in Abhängigkeit des Außenluftzustands und der Reinraumanforderung zu konditionieren ist (filtern, erhitzen, kühlen, befeuchten, entfeuchten) muss besonders hier auf effiziente Anlagentechnik geachtet werden. Im Detail sind dies folgende Punkte: Auslegungsparameter (Druckverlust, Schall, Stromverbrauch) Strömungsgünstige Luftführung, z.b. Leitbleche, etc. einsetzen Auswahl und Anordnung der Komponenten, (Ansaugung, Befeuchtung, Filter, etc.) Filtertechnik (Stufen, Abscheideleistung, Standzeit, Druckverlust) Hocheffiziente Wärmerückgewinnung Luftdichtigkeit für Leitungen Klasse C nach DIN EN Materialauswahl (Gütesiegel) Frequenzumformer bei Ventilatoren und Pumpen verwenden Auswahl des Luftauslasses (Luftwechsel vs. Behaglichkeit) Ausreichende Platzverhältnisse, Zugängigkeit, etc. für Wartung und Reparatur Auf Qualität bei der Planung und Errichtung achten in allen Bereichen Abnahmen, Inbetriebnahmen nach Vorschriften und nur bei entsprechenden Voraussetzungen Maßgeblich entscheidend ist natürlich auch eine energieeffiziente Regelstrategie. Die Integration des Reinraum- Monitoring Systems mit der Gebäudeautomation ist die Basis für die effiziente Optimierung der Regelstrategien der Anlagen, unter Beachtung der Aufrechterhaltung der kritischen Umgebungsbedingungen in den Produktionsräumen.
4 Folgendes ist hierbei zu berücksichtigen: Ein Monitoring- Konzept für die Reinraumkritischen Parameter, gemeinsam genutzte Messstellen, eine kontinuierliche Überwachung und damit die Optimierung des Energieverbrauchs. Autarkes Monitoringsystem nur zur Dokumentation (Partikel, Temperatur, Feuchte, Luftwechsel, Differenzdruck Autarke Regelung der Lüftungsanlage zur Aufrechterhaltung der Raumbedingungen Integration der Zutrittskontrolle (Schleusensteuerung) Verbindung zwischen Messen, Regeln, Kontrollieren Abbildung: Monitoring und Gebäudeautomation Die Optimierung des Energieverbrauchs lässt sich wie folgt realisieren: durch Zeitprogramme (Betriebsphasen in operation / at rest ) Spülung nach Arbeitsende und vor dem geplanten Arbeitsbeginn Zutrittskontrolle mit möglichem Zutritt nur in der Arbeitszeit ( in operation) Luftwechsel in der Phase at rest wird bestimmt durch: Partikelzahl, Druck, Temperatur, Feuchte, nach Vorgaben der Hygiene Die Sicherstellung der Reinraumkonformen Raumkonditionen ist in allen Betriebsphasen gewährleistet. Abbildung: Vernetzte Regelstrategie Energieeffizienter, nachhaltiger Betrieb Verantwortlich für den hygienegerechten Betrieb ist nach ArbStättV und Betriebssicherheitsverordnung der Betreiber. Grundlage dafür sind u.a. die folgende Richtlinien VDI 6022, Hygieneanforderungen, VDI 3810, Organisation des Betreibens, VDMA 24186, Durchführung der Wartung, VDI 6022, Hinweise zur Instandhaltungsplanung
5 Die Instandhaltungsmaßnahmen hinsichtlich Hygiene von RLTAnlagen sind nach VDI 6022 auszuführen, u.a. Vorgaben für Intervalle. Eine Kürzung der Intervalle kann nur bei entsprechender Gefährdungsanalyse erfolgen. Die Überprüfung der Einhaltung der Hygieneanforderungen hat durch geschultes Fachpersonal zu erfolgen, d.h. stichprobenartige Hygienekontrolle (Sichtprüfung, orientierende Mikrobiologische Prüfung, Dokumentation), Hygieneinspektion der RLT-Anlagen durch geschultes Fachpersonal, Hygiene- Erstinspektion und Wiederholungsinspektion (erweiterte Sichtprüfung, Mikrobiologische Untersuchung, Dokumentation) und Führen eines RLT-Betriebsbuches (vom Betreiber benannte verantwortliche Person). Ergebnis Nachhaltigkeit beginnt beim ersten Gedanken an ein Projekt und endet in Regel erst mit der Außer- Betriebnahme eines Systems bzw. Anlage. Energieeffizienz lässt sich schon durch kreative Systemoptimierungen und geringe Investitionskosten erreichen, dessen Amortisation oft schon in kurzer Zeit gegeben ist. Abbildung: Beispiel Ergebnis Fallstudie
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