Weimarer Republik. Ausrufung der Republik und der Räterepublik. Kampf gegen die KPD
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- Leonard Braun
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1 Weimarer Republik Am Ende des Ersten Weltkriegs war es in Deutschland zu Veränderungen gekommen. Um zu einem Waffenstillstand zu kommen, war Deutschland (gemäss den Forderungen des amerikanischen Präsidenten) zu einer parlamentarischen Republik geworden. Matrosen hatten gemeutert, Arbeiter- und Soldatenräte versuchten die Macht an sich zu reissen, Kaiser Wilhelm II. hatte abgedankt und war nach Holland gefahren. In diesem Kontext spricht man auch von Novemberrevolution, aber das Geschehen kann man nur bedingt als Revolution bezeichnen, weil die Verwaltung ohne Unterbrechung weiterarbeitete und fast alle Beamten, Richter und Offiziere ihre Stelle behielten. Ausrufung der Republik und der Räterepublik Am 9. November 1918 kam es zur Ausrufung der Republik durch Philipp Scheidemann (SPD). Man bildete sofort eine neue provisorische Regierung, den Rat der Volksbeauftragten. Aber am gleichen Tag kam es auch zur Ausrufung der Räterepublik durch Karl Liebknecht (Spartakusbund) Kampf gegen die KPD Die Spartakisten unter der Führung von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg wollten eine radikale Veränderung erreichen, eine Räterepublik nach dem russischen Vorbild. Deshalb versuchten sie, durch Streiks und bewaffnete Demonstrationen die Situation zu destabilisieren. Die Sozialdemokraten wollten eine parlamentarische Demokratie aufbauen und so schnell wie möglich Wahlen zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung durchführen. Als im Januar 1919 diese Wahlen stattfinden sollten, versuchte die KPD, die aus dem Spartakusbund entstanden war, durch einen Aufstand diese zu stören. In Berlin kam es zu schweren Strassenkämpfen. Die Regierung brauchte aber in diesem Kampf die Hilfe der Rechten, das heisst der Obersten Heeresleitung der Reichswehr (Ebert-Groener-Pakt) und der Freikorps 1. Der Aufstand wurde niedergeschlagen (156 Tote in Berlin). Als Freikorps-Offiziere die Führer der KPD, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordeten, gab es in ganz Deutschland Aufstände und Streiks, Arbeiter verlangten die Einführung des Rätesystems, aber es gab keine zentrale Führung, so dass all diese Versuche wenig Erfolg hatten. In München entstand aber eine Räterepublik, die durch Regierungstruppen und Freikorps aufgelöst wurde. Erst Ende April 1919 war die Ordnung in Deutschland wiederhergestellt. Es war damit der Regierung gelungen, die parlamentarische Demokratie einzuführen. Die KPD und ihre Idee der Räterepublik hatten verloren. Aber die Regierung brauchte dazu die Hilfe der Rechten (Reichswehr und Freikorps) und verzichtete auf eine klare Veränderung der Gesellschaft- 1 Die Freikorps waren Freiwillige, d.h. Offiziere und Soldaten der alten aufgelösten Armee, die keine Arbeit gefunden hatten. Einige von ihnen waren auch Republikaner, die gegen den Bolschewismus kämpfen wollten. Die Freikorps waren nicht nur eine Hilfe für den Staat, sondern wurden auch eine Gefahr für ihn (Nationalisten, Rechtsextreme). Die Freikorps standen unter der Führung von Gustav Noske (SPD). Als die Regierung von Friedrich Ebert Ende 1918, Anfang 1919 Freiwillige suchte, fand sie rund Mann.
2 Weimarer Republik 2 Die Wahl zur Nationalversammlung Prozente Wahlergebnisse USPD SPD DDP Zentrum Sonstige DVP DNVP Am 19.Januar 1919 fanden die Wahlen zur Nationalversammlung statt. Folgende Parteien waren vertreten: Parteien, die für die parlamentarische Demokratie waren SPD (38,7%) Sozialdemokratische Partei Deutschlands, vertrat die Interessen der Arbeiter, war bis 1932 stärkste Partei Zentrum (21,6%) Christliche Volkspartei, christlich, katholisch orientiert, vertrat die Interessen des Mittelstands und der Bauern DDP (17,7%) Deutsche Demokratische Partei, liberal, sozial orientiert, vertrat die Interessen der Handwerker und des Mittelstandes Gegner der parlamentarischen Demokratie DNVP (10,4%) Deutschnationale Volkspartei, rechts orientiert, wollte eine Monarchie, vertrat die Interessen des Adels, der Grossgrundbesitzer und der Industriellen DVP (4,5%) Deutsche Volkspartei, bis 1929 liberal orientiert, wollte eine Monarchie, vertrat die Interessen der Industriellen und des Mittelstandes USPD (5,2) Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands, sozialistisch, wollte die Revolution weiterführen, vertrat die Interessen der Arbeiter Die SPD war zwar die grösste Partei, aber die Sozialisten waren trotzdem enttäuscht, dass es keine sozialistische Mehrheit gab. So waren sie gezwungen, mit den bürgerlichen Demokraten zusammenzuarbeiten, um den neuen Staat aufzubauen. Nach der Wahl trafen sich die Gewählten in Weimar. Ein Treffen in Berlin war wegen den Unruhen nicht möglich (> daher der Name Weimarer Republik ). Die wichtigsten Aufgaben waren die Wahl eines Reichspräsidenten, die Ausarbeitung einer Verfassung und die Unterzeichnung eines Friedensvertrags. Friedrich Ebert (SPD) wurde zum Reichspräsidenten gewählt.
3 Weimarer Republik 3 Die Weimarer Verfassung Ebert ernannte eine Regierung unter dem Sozialdemokraten Scheidemann. Zur Regierung gehörten Mitglieder der SPD, des Zentrums und der DDP. Diese Weimarer Koalition 2 besass eine grosse Mehrheit im Parlament. Nach fünf Monaten intensiver Diskussionen stimmte die Nationalversammlung der neuen Verfassung zu, und am 11. August wurde sie von Ebert unterzeichnet. Das Volk (Frauen und Männer) wählt einerseits den Reichstag und andererseits den Reichspräsidenten. Der Reichstag wurde nach dem Proporzsystem für 4 Jahre gewählt. Dieses Wahlsystem ist verantwortlich dafür, dass viele, auch kleinere Parteien gewählt wurden. Der Reichstag (die Legislative) beschloss die Gesetze, hatte das Budgetrecht und sprach dem Reichskanzler und den Ministern das Vertrauen oder das Misstrauen aus. Was an dieser Verfassung auffällt, ist die starke Position des Reichspräsidenten. Er wurde für 7 Jahre gewählt, und eine Wiederwahl war möglich. Der Reichspräsident ernennt oder entlässt die Reichskanzler, kann das Parlament auflösen, ernennt das Reichsgericht (Judikative) und hat den Oberbefehl über die Reichswehr. Eine fast diktatorische Macht erhielt er durch den Artikel 48 der Verfassung (Notstandsartikel). Dieser gab ihm das Recht, bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit den Ausnahmezustand zu verhängen und Notverordnungen zu erlassen, und machte ihn zu einem Ersatzkaiser. 2 Unter Weimarer Koalition versteht man die Zusammenarbeit der SPD, des Zentrums und der DDP. Alle drei Parteien waren für eine parlamentarische und repräsentative Demokratie. Bis 1932 waren Zentrum und DDP an allen 18 Regierungen beteiligt, die SPD war auch oft in der Regierung beteiligt oder tolerierte und unterstützte Minderheitsregierungen.
4 Weimarer Republik 4 Die Republik und die schwierigen Anfangsjahre Dolchstosslegende Titelblatt der Süddeutschen Monatshefte, April 1924 Versailler Vertrag Die Einführung der Demokratie geschah, als Deutschland den Krieg hatte beenden müssen. Hindenburg, Ludendorff (die während des Krieges die Oberste Heeresleitung innehatten und von den Politikern eine Ende des Krieges verlangt hatten) und rechtsradikale und nationalistische Gruppen behaupteten nun, die Revolution im November habe der Reichswehr den Dolch in den Rücken gestossen. Die Novemberverbrecher hatten ihrer Meinung nach sie verraten. Diese Dolchstosslegende und der Hass auf die Novemberverbrecher führten bei nationalistischen Kreisen dazu, dass sie ganz klar gegen die neue Weimarer Republik eingestellt waren. Die Mehrheit der Nationalversammlung sah sich gezwungen, den Vertrag zu unterzeichnen. Wenn Deutschland den Vertrag nicht unterzeichnet hätte, wäre der Krieg von den Alliierten weitergeführt und so Deutschland besetzt worden. Dies führte aber dann dazu, dass die rechtsradikalen Gruppen gegen die Parteien der Weimarer Koalition zu hetzen begannen. Kapp-Putsch Im März 1920 unternahm Wolfgang Kapp mit der Hilfe von Reichswehroffizieren und Freikorps einen Putschversuch. Die Regierung musste ihren Sitz nach Stuttgart verlegen. Erst ein von den Gewerkschaften organisierter Generalstreik konnte den Putschversuch stoppen. Nach dem Ende des Putsches zeigte sich, dass die Richter mit den am Putsch Beteiligten sympathisierten, nur ein einziger von den 700 Putschisten wurde verurteilt. Die Justiz war rechts, nationalistisch ausgerichtet. Kampf gegen die Kommunisten Die Kommunisten hatten von der komplizierten Situation profitiert. Im Ruhrgebiet, in Sachsen und Thüringen hatten sie Aufstände begonnen. Doch diesmal war die Reichswehr bereit zu handeln und beendete diese Aufstände. Die Reparationen 1921 hatten die Siegermächte die Höhe der Reparationen auf 138 Milliarden Goldmark festgelegt. Sie besetzten auch einige wirtschaftliche wertvolle Gebiete, um damit Deutschland zu Zahlungen zu zwingen.
5 Weimarer Republik 5 Die Inflation Bereits während des Krieges hatte die Mark an Wert verloren.. Nach dem Ende des Krieges brauchte Deutschland viel Geld. Der Staat hatte dafür aber zu wenige Mittel, weil er nur geringe Steuerneinnahmen hatte (schlechte wirtschaftliche Lage). In dieser Situation liess der Staat Papiergeld drucken, so konnte er das Nötigste bezahlen, aber dies führte auch zu einem weiteren Wertverlust der Mark. Diese Situation verschlimmerte sich im Krisenjahr 1923 noch mehr und konnte erst durch eine radikale neue Währungspolitik gelöst werden. Das Krisenjahr 1923 Ruhrbesetzung - Währungsreform Da Deutschland die geforderten Reparationslieferungen nicht voll erfüllt hatte, besetzten französische (und belgische) Truppen im Januar 1923 das Ruhrgebiet. Die Reichsregierung verkündete den passiven Widerstand, d.h. die Deutschen waren nicht bereit für die Franzosen zu arbeiten. Frankreich reagierte mit starken Repressionen, die Deutschen mit Streiks, Demonstrationen und Sabotage. Mehr als Deutsche mussten das Ruhrgebiet verlassen. Dieser Ruhrkampf kostete die Regierung enorm viel Geld. Sie musste die Streikenden und die Flüchtlinge unterstützen, deshalb liess sie immer mehr Papiergeld drucken, was zu einer Hyper-Inflation führte. Beispiele für den Preisverfall Am 9. Juni 1923 kostete in Berlin: Am 20. November 1923 kostete in Berlin: 1 Ei Reichsmark (RM) 1 Ei Milliarden Reichsmark (RM) 1 Liter Milch RM 1 Liter Milch Milliarden RM 1 Kilo Kartoffeln RM 1 Kilo Kartoffeln - 90 Milliarden RM 1 Straßenbahnfahrt RM 1 Straßenbahnfahrt - 50 Milliarden RM 1 Dollar entsprach RM. 1 Dollar entsprach 4,21 Billionen RM Jeweilige Verzehnfachung des Dollarkurses seit Kriegausbruch 1 Goldmark = Papiermark Datum Dollarkurs in Mark Zeitraum 1 Juli ,20 10 Januar ,98 5 1/2 Jahre Juli ,00 2 1/2 Jahre Oktober , Tage Januar , Tage Juli , Tage August ,00 13 Tage September ,00 30 Tage Oktober ,00 26 Tage Oktober ,00 8 Tage Oktober ,00 11 Tage November ,00 11 Tage November ,00 17 Tage
6 Weimarer Republik 6 In dieser schwierigen Lage gab es unter Gustav Stresemann (DVP) wieder eine Regierung der Grossen Koalition. Diese Regierung beschloss den passiven Widerstand aufzugeben, eine Währungsreform durchzuführen und eine Sparpolitik zu machen. Am 15. November 1923 wurde das wertlose Papiergeld ersetzt durch die Goldmark (1 Goldmark = 1 Billion Papiermark). Damit war es möglich, dass die Wirtschaft wieder normal funktionieren konnte. Neben der Ruhrbesetzung und der Inflation waren 1923 hatte die Weimarer Republik noch mit anderen Problemen zu kämpfen. Im Oktober hatten Separatisten, die von Frankreich unterstützt wurden, versucht, das Rheinland von Deutschland abzutrennen. Der Widerstand der Bevölkerung stoppte aber diesen Putschversuch. Gleichzeitig gab es wieder Konfrontationen mit den Kommunisten. In Hamburg kam es zu Strassenkämpfen zwischen Polizei und Kommunisten, in Sachsen und Thüringen intervenierte die Reichswehr. In München gab es verschiedene rechtsradikale Gruppen. Adolf Hitler, der Führer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-partei (NSDAP), machte während des Ruhrkampfes intensive Propaganda gegen die Weimarer Republik. Zusammen mit General Ludendorff wollte er nach dem Beispiel Mussolinis einen Marsch nach Berlin machen. Am 8. November 1923 unternahmen Hitler und Ludendorff einen Putschversuch und riefen die Diktatur aus. Am nächsten Tag aber wurde ein Demonstrationszug der Putschisten von der Polizei gestoppt. Hitler konnte fliehen, wurde aber zwei Tage später verhaftet Gleichberechtigung und Stabilisierung Das Ende der Isolation Bereits 1922 hatte Deutschland den Rapallo-Vertrag mit der Sowjetunion geschlossen. Das isolierte Deutschland versuchte aus der Isolation zu kommen durch die Zusammenarbeit mit der isolierten Sowjetunion. Für jene war die Anerkennung durch Deutschland wichtig. Für Deutschland war es positiv, dass die SU auf Kriegsentschädigungen verzichtete und dass es einen Handelsvertrag gab. Die deutschen Militärs erreichten eine militärische Zusammenarbeit. Während einigen Jahren erhielten deutsche Soldaten in der Sowjetunion eine Ausbildung in Panzern und Flugzeugen. Der ehemalige Kanzler Stresemann war für die Außenpolitik verantwortlich. Er wollte Deutschland aus der Isolation führen, d.h. wieder zu einem gleichberechtigten Land machen, und das Problem der Reparationen lösen.
7 Weimarer Republik 7 Stresemann musste sich zuerst um das Problem der Reparationszahlungen kümmern. Im August 1924 wurde der so genannte Dawes-Plan angenommen. 3 Obwohl die Bedingungen hart waren, war das Dawes-Abkommen für Deutschland auch positiv. Damit es überhaupt zahlen konnte, erhielt es eine große internationale Anleihe (800 Mio. Mark). Die deutsche Wirtschaft begann wieder besser zu funktionieren, der Lebensstandard stieg an. Stresemann konnte auch eine Diskussion über die Räumung des Ruhrgebietes beginnen: Einige Orte wurden gleich geräumt, das Gesamtgebiet Der Locarno-Pakt und der Eintritt in den Völkerbund Um Frankreich die nötige Sicherheit zu garantieren, war Stresemann 1925 zum Locarno-Pakt bereit. Die deutsche Westgrenze wurde als endgültig anerkannt; Deutschland verzichtete damit noch einmal - nun freiwillig - auf Elsaß-Lothringen. Der Pakt bedeutete aber auch, daß Frankreich definitiv auf das Rheinland verzichtete. Großbritannien und Italien garantierten den Bestand der Grenze. Gleichzeitig wurde auch die Grenze mit Belgien garantiert. Ein Ost-Locarno gab es nicht, aber Deutschland schloss mit der Tschechoslowakei und Polen separate Verträge ab, die gewaltsame Grenzveränderungen verurteilten. Gleichzeitig blieb Deutschland aber auch mit der Sowjetunion verbunden. Es schloss 1926 den Berliner Vertrag, der den Rapallo-Vertrag bestätigte und der Sowjetunion im Fall eines Angriffs von dritter Seite die Neutralität Deutschlands versprach. 33 Deutschland musste zuerst während vier Jahren ansteigend 1-1,7 Milliarden Goldmark zahlen, in den folgenden Jahren mindestens 2,5 Milliarden. Ein Ende der Zahlungen und damit ihre Gesamthöhe wurden aber nicht festgelegt
8 Weimarer Republik 8 Am wurde Deutschland in den Völkerbund aufgenommen und erhielt als Großmacht einen ständigen Ratssitz. Deutschland unterzeichnete auch den 1928 geschaffenen Briand-Kolleg-Pakt, der den Frieden sichern wollte und den Krieg als Mittel der Konfliktlösung ächten wollte. Der Young-Plan 1929 begannen neue Verhandlungen über die definitive Lösung der Reparationszahlungen. Stresemann verlange die vorzeitige Räumung des Rheinlandes. Damit hatte er Erfolg. Es war sein letzter. Am starb Stresemann. Als erster Deutscher hatte er (zusammen mit dem französischen Aussenminister Aristide Briand) den Friedens-Nobelpreis bekommen. Das Young-Abkommen legte 1930 einen Zahlungsplan fest, der die Jahreszahlungen um durchschnittlich 450 Millionen verkleinerte, aber bis 1988 reichte. Die innere Entwicklung Deutschlands Die Jahre waren eine Zeit der Entspannung. Es gab einen wirtschaftlichen Aufschwung, der Lebensstandard stieg, der Staat verbesserte die Sozialleistungen. Putschversuche und politische Morde hörten auf. Aber die Zeit war zu kurz, um die Republik wirklich zu stabilisieren. Viele Menschen lehnten die Weimarer Republik ab oder waren ihr gegenüber gleichgültig. In keiner Reichstagswahl erreichten die Parteien der Weimarer Koalition auch nur die Hälfte aller Stimmen. Auch viele Richter lehnten den neuen Staat ab. Nationalistische Täter wurden milde oder gar nicht bestraft, während linke Täter hart bestraft wurden. So wurde zum Beispiel die Putschisten Hitler und Ludendorff relativ milde bestraft. Ludendorff wurde freigesprochen; Hitler erhielt 5 Jahre Festungshaft, von der er nur 8 Monate abzusitzen brauchte. Die Wahl Hindenburgs Am 28. Februar 1925 starb Reichspräsident Ebert. Als sein Nachfolger wurde der 77-jährige Feldmarschall Hindenburg gewählt. Damit war ein Mann der alten Ordnung, der antidemokratisch und gegen die Republik war, an die wichtigste Position gekommen. Obwohl er die Parteien ablehnte, arbeitete er zuerst loyal und korrekt mit ihren Politikern zusammen. Erst als Deutschland Jahre später eine politische Krise erlebte, wurde sichtbar, dass mit der Wahl des Jahres 1925 eine Entscheidung gegen die Demokratie gefallen war. Wirtschaft und Verkehr Die deutsche Industrieproduktion stieg wieder stark an. Dieser Erfolg war aber nur möglich, weil die Industrie modernisiert und konzentriert wurde. Es entstanden Grossunternehmen und Konzerne. Die Unternehmer wurden dadurch auch in der Politik immer wichtiger (DNVP, DVP). Der Aufschwung war aber nur möglich gewesen, weil die Wirtschaft und der Staat Kredite aus dem Ausland (USA) bekommen hatten. Ein grosser Teil dieser Kredite waren aber nur kurz- oder mittelfristige Kredite (3 Monate bis 3 Jahre), die im Falle einer Krise wieder schnell aus Deutschland abgezogen werden konnten.
9 Weimarer Republik 9 Die Auflösung der Republik Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen für Deutschland Die Weltwirtschaftskrise war das Resultat einer industriellen Überproduktion und einer übertriebenen Spekulation in den USA. Am Schwarzen Freitag ( ) brach die New Yorker Börse zusammen (Verlust von 30 Mrd. Dollar). Die Folge war eine Absatzkrise, die sich schnell ausbreitete und die zu Konkursen, hoher Arbeitslosigkeit und Armut führte. In Deutschland hatte dies katastrophale Folgen. Die amerikanischen Banken zogen ihre kurzfristig investierten Kredite zurück. Damit war Deutschland in einer sehr schwierigen Lage. Da kein Geld vorhanden war und auch noch die Reparationen zu bezahlen waren, wurde die Krise immer schlimmer. Im Jahre 1932 erreichte die wirtschaftliche Depression in Deutschland ihren Höhepunkt: Die industrielle Produktion sank auf 60 % ihres Standes von 1928, die Zahl der Arbeitslosen stieg von 2,8 Millionen im Januar 1928 auf 6 Millionen im Januar 1932: Jeder Dritte war arbeitslos. Deshalb verschärften sich die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Spannungen. Seit 1928 gab es eine Regierung der Grossen Koalition, die von der SPD bis rechts zur DVP reichte zerbrach die Koalition, weil die Gegensätze zwischen SPD und DVP zu gross waren. Bei der Diskussion über die Arbeitslosenversicherung konnte keine Lösung gefunden werden, weil die SPD die Interessen der Arbeiter vertrat und die DVP jene der Unternehmer. Eine regierungsfähige Mehrheit war im Reichstag nicht mehr zu finden Die Parteien hatten Angst, in der Krise die Verantwortung für eine Finanz- und Wirtschaftspolitik zu übernehmen, die von den Bürgern grosse Opfer verlangte. Die Wirtschaftskrise lähmte die Demokratie Die Präsidialregierung Brüning Da die Parteien im Parlament nicht mehr zusammenarbeiteten, übernahm jetzt der Reichspräsident die führende Rolle. Die Verfassung erlaubte ihm, eine Regierung zu ernennen, die nur von seinem Vertrauen getragen wurde (Präsidialregierung). Hindenburg ernannte Dr. Brüning (ehemals Zentrum) zum Reichskanzler. Der Präsident wollte von der neuen Regierung einen "Ruck nach rechts" und eine autoritäre Regierungsweise. Wenn der Reichstag ihn nicht unterstützen würde, dann sollten die Regierungsvorlagen als Notverordnungen des Reichspräsidenten gemäß Artikel 48 der Verfassung in Kraft gesetzt werden. Brüning sollte die Finanzen Deutschlands in Ordnung bringen und gleichzeitig die Not der Menschen verkleinern. Brünings wichtigstes Ziel war, eine neue Inflation zu verhindern. Steuern, Zölle, Versicherungsbeiträge wurden erhöht, Gehälter, Staatsaufträge und Unterstützungen gekürzt. Da der Reichstag mit diesen Massnahmen nicht einverstanden war, wurden sie durch Notverordnungen in Kraft gesetzt. Der Reichstag hatte nach der Verfassung das Recht, diese zu annullieren. Als das geschah, wurde er von Hindenburg aufgelöst.
10 Weimarer Republik 10 Reichstagswahlen (in %) (NV: Nationalversammlung RT: Reichstag) DVP BVP Parteien KPD USPD SPD DDP Zentrum Wirtschaftspartei Landvolkpar-tei u. Bauernpartei Landbund Christlichsozialer Volksdienst Konservative Volkspartei DNVP NSDAP NV RT 7,6 37,9 18,6 19,7 19,0 0,7 10,3 2,0 18,0 21,6 8,4 13,6 14,0 4,2 0,8 15, RT 12,6 20,5 5,7 13,4 9,2 3,2 2,4 1,9 19,5 6, RT 9,0 26,0 6,3 13,6 10,1 3,7 3,3 1,7 20,5 3, RT 10,6 29,8 4,9 12,1 8,7 3,1 4,5 3,5 0,7 14,2 2, RT 13,1 24,5 3,8 11,8 4,5 3,0 3,9 4,2 0,6 2,5 0,8 7,0 18, RT 14,6 21,6 1,0 12,5 1,2 3,2 0,4 0,6 0,3 0,9 5,9 37, RT 16,9 20,4 1,0 11,9 1,9 3,1 0,3 0,4 0,3 1,2 8,8 33, RT 12,3 18,3 0,9 11,2 1,1 2,7 0,3 0,2 1,0 8,0 43,9 Die Neuwahlen vom zeigten die politischen Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Die Nationalsozialisten zogen mit 107 (bisher 12) Abgeordneten (18,3%) als zweitstärkste Partei in den Reichstag ein, die Kommunisten wurden drittstärkste Fraktion. Fast 40% aller Wähler hatten Parteien gewählt, die offen gegen den Staat kämpften. In Zukunft mussten die bürgerlichen Parteien Brünings Politik unterstützen, denn sie hatten Angst, dass bei weiteren Neuwahlen die radikalen Parteien noch stärker würden. In der Außenpolitik setzte Brüning die Politik Stresemanns fort. Gut für Deutschland war, dass der amerikanische Präsident Hoover im Sommer 1931 vorschlug, dass alle Kriegsschulden- und Reparationszahlungen für ein Jahr nicht bezahlt werden mussten. Das Leben in Deutschland Die Lebenssituation war für die meisten Menschen sehr schwierig. Ein Drittel der Bevölkerung litt Hunger, weil die Arbeitslosenunterstützung zu klein war. Auf den Strassen sah man überall Bettler.
11 Weimarer Republik 11 Die Feinde der Republik profitierten von dieser Situation. In ihrer Propaganda war klar, dass die Rache des Auslands und das Versagen der Weimarer Republik für die Krise verantwortlich waren. Sie versprachen allen Arbeit und Brot. Viele Deutsche, die keine Hoffnung mehr hatten, begannen ihnen zu glauben. Wenn man Hunger hat, wird die Demokratie unwichtig. Die politischen Konfrontationen fanden auch auf der Straße statt. Oft gab es Strassenschlachten zwischen uniformierten und manchmal bewaffneten Anhängern der verschiedenen Parteien. Politische Versammlungen oder einzelne Personen wurden angegriffen. Jeder Wahlkampf kostete Dutzende von Toten und Hunderte von Verletzten. Am radikalsten waren die Nationalsozialisten und die Kommunisten. Sie hatten auch die größten Verluste. Beiden Parteien ging es vor allem um die Zerstörung der bestehenden Ordnung. Dieser politische Kampf wurde von den so genannten Kampfverbänden geführt. Die Kommunisten hatten 1924 den Roten Frontkämpferbund gegründet ( Mitglieder). Viel mehr Mitglieder hatte die nationalsozialistische SA (Sturmabteilung). Sie war militärisch organisiert. Der Stahlhelm, ein den Deutschnationalen nahe stehender Frontsoldatenverband, war seit seiner Gründung ein Gegner der Republik, während das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold von den Weimarer Parteien aufgebaut wurde, um gegen Putschversuche zu kämpfen und die eigenen Versammlungen zu schützen. Die Kommunisten Die Führer der KPD (Thielmann, Pieck) führten die Politik aus, die ihnen die Kominternzentrale befahl. Da im Moment eine Revolution nicht möglich war, versuchten die Kommunisten mit Streiks, Demonstrationen und Strassenschlachten die Ordnung des Staates zu zerstören. Der Kampf der KPD richtete sich gegen den "Hauptfeind", die SPD. Die Kommunisten warfen ihr vor, durch ihre Politik die Arbeiterklasse zu spalten und zu verraten. In Wirklichkeit vergrösserte aber die KPD die Spaltung und schwächte damit entscheidend die Widerstandskräfte gegen den Nationalsozialismus, den die Kommunisten zwar auf der Straße bekämpften, mit dem sie aber in den Parlamenten und bei Arbeitskämpfen auch oft gegen den Staat zusammenarbeiteten. Die Deutschnationalen Seit 1928 führte Alfred Hugenberg die DNVP. Als Besitzer eines großen Zeitungskonzerns und der größten deutschen Filmgesellschaft, der UFA, verfügte er über starke Propagandamittel, um die öffentliche Meinung im antidemokratischen Sinne zu beeinflussen. Hugenberg wollte eine autoritäre Regierungsform, die Entrechtung der Gewerkschaften und eine nationalistische Außenpolitik. Seine Partei wurde durch die Schwerindustrie, viele Großgrundbesitzer Ostdeutschlands, von einem großen Teil der höheren Beamten und der Professoren unterstützt. Diese soziale Gruppierung gab der Partei einen grossen Einfluß, ihr fehlte aber eine Massenbasis. Deshalb suchte Hugenberg einen Helfer, der die Massen gegen die Republik mobilisieren sollte. Er glaubte ihn in Hitler gefunden zu haben, den er deshalb finanziell unterstützte. In Bad Harzburg kam es 1931 zu einer gemeinsamen Aktion der DNVP, der NSDAP und nationalistischer Verbände (Harzburger Front).
12 Weimarer Republik 12 Die Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) a) Kurzbiografie Adolf Hitler ( ) April: Adolf Hitler wird als Sohn des Zollbeamten Alois Hitler (bis 1877 Schicklgruber) und seiner Frau Clara in Braunau am Inn (Oberösterreich) geboren. Besuch der Realschule in Steyr Tod des Vaters Hitler verlässt die Realschule ohne Abschlussexamen und ist zuerst nicht gezwungen zu arbeiten. Hitler liest viele völkische Schriften. Besonders stark beeinflusst ihn der Pangermanismus Georg von Schönerers ( ) Nach dem Tod der Mutter geht er nach Wien, wo er zweimal versucht, an der Kunstakademie aufgenommen zu werden. Während dieser Zeit geht er oft in die Oper und macht künstlerische Versuche. Er bezeichnet sich selbst. als Schriftsteller und Kunstmaler. Während einiger Zeit kann er noch von seinem Erbe leben, aber dann lebt er von Gelegenheitsarbeiten und muss ins Obdachlosenasyl gehen. Die Erlebnisse in der Hauptstadt des Vielvölkerstaates und die Lektüre antisemitischer Zeitungen und Bücher bestimmen Hitlers "Weltanschauung" und führen zu einem Judenhass und zu seiner radikalen Feindschaft gegen Marxismus und Liberalismus geht Hitler, um nicht in Österreich in den Militärdienst gehen zu müssen, nach München August: Hier tritt er als Kriegsfreiwilliger in das Bayerische Reserve- Infanterie-Regiment Nr. 16 (später Regiment "List") ein. Während des Krieges wird er verwundet. Er erhält auch das Eiserne Kreuz II. Klasse und später I. Klasse. Das Erlebnis des Krieges war für Hitler entscheidend. Die militärische Hierarchie (Führerprinzip), die Erfahrung der Gemeinschaft ( Volksgemeinschaft ) und die militärischen Werte wurden sehr wichtig für ihn Oktober: Durch einen Gasangriff erblindet er eine einige Zeit. Dieses Erlebnis veranlasst ihn, "Politiker" zu werden. Ende November geht er nach München zurück und ist für die Reichswehr als "Verbindungsmann" und "Aufklärungsredner" tätig Juni: Hitler besucht einen Rednerkurs für "Propagandaleute" an der Universität München und zeigt sich dabei als talentierter Redner. August: In seinen ersten schriftlichen politischen Notizen betont er als wichtigstes Ziel die "Entfernung der Juden überhaupt". 12. September: Hitler besucht in seiner Funktion als Informant eine Versammlung der extrem antisemitischen kleinen Deutschen Arbeiterpartei (DAP) und tritt ihr wenige Tage später mit der Mitgliedsnummer 555 bei. Die Partei hatte ihre Zählung bei 500 begonnen, um eine größere Mitgliedschaft vorzutäuschen. 16. Oktober: Hitler hält seine erste politische Rede vor Mitgliedern der DAP Februar: Mitarbeit am Programm der in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) umbenannten Partei. 31. März: Der Gefreite Hitler wird aus der Reichswehr entlassen und arbeitet jetzt nur noch für die Partei Juli: Der Agitator und Propagandachef Hitler übernimmt die Führung der Partei mit diktatorischen Vollmachten.
13 Weimarer Republik November: Der Hitler-Putsch in München wird von Regierungstruppen mit Waffengewalt gestoppt. Die NSDAP wird am folgenden Tag verboten. Hitler flieht und wird zwei Tage später verhaftet Februar: Hitler wird zusammen mit Ernst Röhm, General Erich Ludendorff u.a. des Hochverrats angeklagt und schließlich zu fünfjähriger Festungshaft verurteilt. Den Prozess benutzt Hitler als Forum für seine antirepublikanische Agitation. 20. Dezember: Vorzeitige Entlassung aus der Festung Landsberg, in der mit Hilfe von Rudolf Hess den ersten Band seiner Schrift "Mein Kampf" geschrieben hat Februar: Neugründung der NSDAP. 30. April: Hitler verzichtet auf die österreichische Staatsangehörigkeit und ist seither staatenlos Bei den Reichstagswahlen vom 14. September wird die NSDAP mit 107 Sitzen (18,2%) zweitstärkste Fraktion nach der SPD Oktober: Reichspräsident Paul von Hindenburg empfängt Hitler zum ersten Mal zu einem Gespräch. 11. Oktober: Bildung der Harzburger Front, in der alle rechten antirepublikanischen Gruppierungen vereinigt sind: NSDAP, Deutschnationale Volkspartei (DNVP), Alldeutscher Verband, Stahlhelm Februar: Hitler erhält die deutschen Staatsbürgerschaft. 13. März: Im ersten Wahlgang zur Reichspräsidentenwahl erhält Hitler rund 30 Prozent der Stimmen. 10. April: Im zweiten Wahlgang erhält er knapp 37 Prozent der Stimmen. Reichspräsident Hindenburg wird wiedergewählt. Bei den Reichstagswahlen vom 31. Juli wird die NSDAP stärkste Fraktion (37,4%) 6. November: Trotz starker Verluste - etwa zwei Millionen Stimmen - bleibt die NSDAP stärkste Fraktion im Reichstag Januar: Hitler wird zum Reichskanzler ernannt. b) Die nationalsozialistische Ideologie Am wird in München die Deutsche Arbeiterpartei (DAP) gegründet. Als (5)55. Mitglied tritt Adolf Hitler der Partei bei, wird bald als Propagandaleiter in den Vorstand und am zum Führer der Partei gewählt. Am wird die Partei in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) umbenannt. Bereits das erste Programm der NSDAP vom enthält in 25 Punkten die wesentlichen Ziele, die für den Nationalsozialismus bestimmend bleiben, vor allem: Aufhebung des Versailler Vertrags und Zusammenschluss aller Deutschen in einem großdeutschen Reich Staatsbürgerschaft nur für Menschen deutschen Blutes, Juden und Andersrassige können nicht Volksgenossen sein und dürfen kein öffentliches Amt ausüben. Verbot der Zuwanderung (und wenn nötig Ausweisung) von Ausländern Schutz des Mittelstandes gegen Grossbetriebe, Gross-Warenhäuser usw. Massnahmen zur Volkshygiene (körperliche Ertüchtigung usw.)
14 Weimarer Republik 14 Neuorientierung von Justiz, Presse und Kultur nach deutschen, Wert- und Moralvorstellungen starke Zentralgewalt, Ausschaltung der Parlaments- und Parteienwirtschaft. Neben diesem Parteiprogramm ist besonders Hitlers Buch Mein Kampf (1925/27) als Quelle für die nationalsozialistische Ideologie interessant. Hitler schreibt es nach dem gescheiterten Putschversuch vom Die wesentlichen Elemente der Ideologie Hitlers sind: Rassismus: Idee, dass es biologisch verschiedene Menschenrassen gibt, die arische, nordische oder germanische Rasse gehört zu den Edelrassen, Slawen, Asiaten, vor allem aber sind Juden minderwertig. Die Aufgabe des Staates besteht darum in der Erhaltung und Pflege der rassischen Substanz. 4 Antisemitismus: Der Antisemitismus ist eine alte Erscheinung. Die Besonderheiten der jüdischen Lebensform, religiöse Vorurteile und Sozialneid haben schon im Mittelalter zur Gettoisierung der Juden und zu Pogromen geführt. Die neue Variante des Judenhasses ist der rassische Antisemitismus. Mit ihm wird die Minderwertigkeit der jüdischen Rasse biologisch begründet. Ausserdem werden die Juden als Schmarotzer gesehen, die sich bei fremden Völkern einnisteten um ihnen die Lebenskraft auszusaugen. Liberalismus, Kapitalismus, Bolschewismus, Pazifismus sind Teile einer jüdischen Weltverschwörung mit dem Ziel, die überlegenen Rassen zu vernichten. Sozialdarwinismus: Charles Darwin ( ) 5 spricht in der Biologie von der natürlichen Selektion (Auslese). Im ständigen Konkurrenzkampf überlebten nur die stärksten und am besten angepassten Lebewesen einer Gattung. Die Übertragung dieser Theorie auf den Menschen bezeichnet man als Sozialdarwinismus. Danach ist auch die Geschichte der Menschen nur ein Kampf ums Dasein, wobei es das Recht des Stärkeren sein soll, die Schwächeren zu verdrängen und auszumerzen. Diese biologische Geschichtsideologie (Geschichtsdarwinismus) ist inhuman, da sie den Menschen auf gleiche Stufe mit dem Tier stellt und die spezifisch menschlichen Eigenschaften - Vernunft, Geist, Moralempfinden usw. - übergeht. Führerprinzip: Entsprechend dem aristokratischen Grundgedanken der Natur (Herrschaft der Besten) werden Demokratie und Mehrheitsprinzip abgelehnt. Die Herrschaft müsse durch den besonders begabten und von der Vorsehung ausgewählten Führer ausgeübt werden. Nationalismus: Der bereits zur Zeit von Wilhelm II. stark vorhandene Nationalismus wird verbunden mit der Idee von der Volksgemeinschaft und der Verheissung einer Erfüllung nationalen Lebens im Tausendjährigen Dritten Reich. 4 Die Grundgedanken dieser Rassenlehre gehen auf die Werke Gobineaus (Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen, 1853/55) und Houston Stewart Chamberlains (Die Grundlagen des 19. Jahrhunderts, 1899) zurück. 5 "Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl,1859
15 Weimarer Republik 15 Imperialismus: Der NS-Imperialismus orientiert sich am Mittelalter und will eine Expansion nach Osten. Er ist auch stark mit der Rassentheorie verbunden. Es sei ein Recht der arisch-deutschen Rasse, die slawischen Rassen im Osten zu versklaven und sich den Lebensraum zu erobern, der zum Überleben der eigenen Rasse notwendig sei. Die imperialistische Zielsetzung ist also eng mit der sozialdarwinistischen Vorstellung vom Lebenskampf verbunden ( Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein. ). Militarismus: Die militärische Stärke ist Voraussetzung für den Kampf ums Dasein und die Eroberung des Lebensraumes, der für die Entwicklung der Rasse notwendig sei. Die soldatischen Eigenschaften - Tapferkeit, Disziplin, Gehorsam, Opferbereitschaft - werden entsprechend stilisiert und als besonders wertvolle charakterliche Merkmale der arischen Rasse angesehen. Sozialismus: Mit Sozialismus im Sinne des Marxismus und der Arbeiterbewegung (Klassenkampf) hat er nicht viel gemeinsam. Sozialismus steht bei den Nationalsozialisten vielmehr für Volksgemeinschaft und überwindet so die sozialen Unterschiede. Er ist antikapitalistisch und agitiert gegen Plutokratie (Geldherrschaft). Antiintellektualismus: Die nationalsozialistische Ideologie betont das gesunde, natürliche Volksempfinden. Produkte der modernen Literatur, Kunst und Musik werden als entartet diskreditiert und später verboten (z. B. Bücherverbrennung am ). Die nationalsozialistische oder völkische Kunst, die realisiert wird, ist heute nur noch von historischem Interesse. Antifeminismus: Der Anfang einer Emanzipation, wie sie in der Weimarer Republik geschaffen worden sind, wird rückgängig gemacht. Die Rolle der Frau wird reduziert auf die der Mutter und Hausfrau. Hindenburgs Wiederwahl und Brünings Sturz Bei der Reichspräsidentenwahl des Jahres 1932 beschlossen die demokratischen Parteien unter Führung Brünings, Hindenburg zu unterstützen, um einen Präsidenten Hitler zu vermeiden. Hindenburg siegte mit 19,4 Millionen Stimmen über Hitler (13,4 Mio.) und Thälmann (3,7 Mio.). Der 85jährige Hindenburg war stark von seiner Umgebung abhängig. Zu seinen wichtigsten Beratern gehörten General von Schleicher, der Staatssekretär Meißner und sein Sohn Oskar von Hindenburg. Diese Männer waren nicht einverstanden, dass Brüning versuchte, mit den demokratischen Parteien den Kontakt zu behalten. Der Präsident machte Brüning dafür verantwortlich, dass er seine Wiederwahl sozialdemokratischen und katholischen Wählern verdankte. Unter dem Einfluss seiner Umgebung entzog ihm Hindenburg sein Vertrauen. Am 30. Mai 1932 ist Brüning zurückgetreten. Die Regierung Papen Der wichtigste Mann im Hintergrund war General von Schleicher. Er suchte einen Kanzler, den er beeinflussen konnte und der gleichzeitig von Hindenburg akzeptiert wurde. Er fand ihn in Franz von Papen; dieser stand den Großgrundbesitzern und der Schwerindustrie nahe. Der neue Kanzler bildete eine Regierung, die den Deutschnationalen nahe stand, ein "Kabinett der Barone"; Reichswehrminister
16 Weimarer Republik 16 wurde Schleicher. Papen versuchte gar nicht, eine Mehrheit im Reichstag zu erhalten. Er regierte mit Notverordnungen. Er hoffte aber auf die Unterstützung der Nationalsozialisten. Er hob das SA-Verbot auf, das Brüning ausgesprochen hatte, und wollte Neuwahlen, denn er glaubte, dass die Nazis wegen der weiterhin sehr schlechten Wirtschaftslage weitere Stimmen gewinnen würden. In Preußen setzte Papen am 20. Juli 1932 mit Hilfe der Reichswehr die sozialdemokratische Regierung ab (Preussenschlag). Diese Regierung des größten deutschen Landes hätte seiner Absicht, die Weimarer Demokratie zu beseitigen, mit ihrer Polizei grosse Schwierigkeiten machen können. Hindenburg ernannte Papen zum "Reichskommissar" in Preußen Während der Regierungszeit Papens gab es eine Konferenz in Lausanne, auf der das Young-Abkommen aufgegeben wurde, so dass damit die Reparationszahlungen endeten. Papen bekam, was Stresemann begonnen hatte. Die Reichstagswahlen vom brachten der NSDAP den erwarteten Erfolg. Sie erhielt 38% der Parlamentssitze; da die Kommunisten auf 14% kamen, konnten die Radikalen den Reichstag endgültig blockieren. Die Deutschnationalen, die als einzige hinter Papen standen, waren auf 6% abgesunken. Hitler wurde der Posten des Vizekanzlers angeboten, aber Hitler lehnte ab, er wollte Kanzler werden. So kam es zu keiner Zusammenarbeit mit Papen und der eben gewählte Reichstag wurde gleich wieder aufgelöst. Durch weitere Neuwahlen hoffte man, die NSDAP "abzunutzen". Am 6. November 1932 verlor die NSDAP bei den letzten völlig freien Reichstagswahlen in Deutschland 2 Millionen Wähler, die KPD gewann dafür An der Gesamtlage änderten die Wahlen nichts. Papen trat zurück, nachdem ihm Schleicher die Hilfe der Reichswehr für ein geplantes Verbot der Parteien und der Gewerkschaften - für einen Staatsstreich also geben hatte: Die Armee sei nicht stark, in einem Bürgerkrieg Nationalsozialisten und Kommunisten zugleich zu besiegen. Hitlers Ernennung zum Reichskanzler Kanzler wurde jetzt Schleicher. Sein Versuch, die NSDAP zu spalten, scheiterte wie auch sein Plan, sich den Gewerkschaften zu nähern. Gegen Schleicher wandten sich nun alle, die in den vergangenen Monaten die "autoritäre" Regierungsform gestützt hatten: - Industrielle, weil sie nicht wollten, dass Schleicher mit den Gewerkschaften zusammenarbeitete, - Großgrundbesitzer, die wieder um ihre Güter Angst hatte, - Hugenberg und vor allem Papen, der Schleicher wegen seines Sturzes nicht mochte. Papen war noch immer der Vertraute Hindenburgs, Schleichers Einfluß dagegen sank. Die Gegner Schleichers wollten nun einen Kanzler Hitler akzeptieren, um den autoritären Kurs zu erhalten. Sie wollten aber zu ihrer Sicherheit und um Hindenburg für sich zu gewinnen, die Macht des neuen Kanzlers einschränken. Das hielten sie für möglich, wenn in dem neuen Kabinett die nationalsozialistischen Minister in der Minderheit blieben und Papen als Vizekanzler fast gleiche Rechte wie der Kanzler bekam. Kreise der Hochfinanz stellten die Verbindung zwischen den Gegnern Schleichers und Hitler her; Hitler nahm die Bedingungen an. Hindenburg wurde von seiner Umgebung überredet. Er entließ Schleicher und ernannte am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler.
17 Weimarer Republik 17
18 Weimarer Republik 18 Weimarer Republik: Zeittafel Zeit der relativen Stabilisierung der Republik ( ) Anfangs- und Krisenjahre der Weimarer Republik ( ) auf Druck der USA (Vorbedingung für Waffenstillstand): Verfassungsänderung (Parlamentarisierung des Reiches > Regierung wird vom Parlament abhängig) Matrosenaufstand in Kiel »Novemberrevolution«, Doppelausrufung der Republik Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten Bildung des Rats der Volksbeauftragten (Revolutionsregierung) 1919 Jan. Januaraufstand des kommunistischen Spartakusbundes in Berlin wird niedergeschlagen Wahlen zur Nationalversammlung (»Weimarer Koalition«(SPD, DDP, Zentrum) Friedrich Ebert (SPD) wird Reichspräsident rechtsgerichteter Kapp-Putsch wird durch Generalstreik niedergeschlagen Besetzung des Ruhrgebiets durch die Franzosen und Belgier (Ruhrbesetzung) mit anschliessendem passivem Widerstand (»Ruhrkampf«bis September) Okt. Separatistenbewegung im Rheinland Reichswehreinsatz gegen Volksfrontregierungen (KPD, SPD) in Sachsen und Thüringen Nov. Höhepunkt der galoppierenden Inflation Währungsreform (Rentenmark) Hitler-Putsch in München Wahl Paul von Hindenburgs zum Reichspräsidenten 1928 Mai letzte parlamentarische Koalitionsregierung: Große Koalition (SPD, Zentrum, DDP, DVP), Reichskanzler Hermann Müller (SPD) Endphase der Weimarer Republik ( ) Zusammenbruch der New Yorker Börse = Beginn der Weltwirtschaftskrise Heinrich Brüning (Zentrum) Kanzler der ersten Präsidialregierung (»Hindenburg-Kabinett«) Reichstagswahlen (»Septemberwahlen«): starke Zunahme der NSDAP 1931 Akute Wirtschaftskrise: Massenarbeitslosigkeit, Konkurse, Preisverfall Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten Reichstagswahlen (»Juliwahlen«): keine regierungsfähige Mehrheit mehr für die»staatstragenden«parteien Der Beginn der nationalsozialistischen Diktatur Hindenburg ernennt Adolf Hitler zum Reichskanzler 1.2. Auflösung des Reichstages - Neuwahlen im März nach dem Reichstagsbrand»Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat«(Aussetzung wichtiger Grundrechte) Verbot der KPD 5.3. Reichstagswahlen: NDSAP erringt nicht die absolute Mehrheit der Stimmen 24.3.»Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich«(Ermächtigungsgesetz): Ausschaltung des Parlaments 2.5. Verbot der Gewerkschaften Juni/Juli Selbstauflösung der Parteien
19 Weimarer Republik 19
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