Wege zur Entscheidungsfindung als Basis notärztlichen Handelns. Dr. Rainer Schäfer Abtlg. Anästhesie u. Palliativmedizin Juliusspital Würzburg
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- Katrin Geisler
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1 Wege zur Entscheidungsfindung als Basis notärztlichen Handelns Dr. Rainer Schäfer Abtlg. Anästhesie u. Palliativmedizin Juliusspital Würzburg
2 Palliativmedizin im Rettungsdienst Relevanz? derzeit 2,5 bis 4% der Gesamteinsätze mit steigender Tendenz nach Wiese u.a.
3 Notfallmedizin Notfallmedizinisches Handeln ist gekennzeichnet durch Dringlichkeit, anamnestische Kargheit und Symptomorientiertheit, häufig unter situativer Unübersichtlichkeit. Michalsen u. Dick 1998
4 Notfallmedizin Wir wissen nichts und müssen ganz schnell das Richtige tun. Salomon 1998
5 Definition Palliativmedizinische Notfälle sind wie allgemeine Notfälle plötzlich und meist unerwartet auftretende Situationen, die aufgrund einer offensichtlichen Gefährdung des Patienten sofortige Hilfe notwendig machen. Sie werden durch akute Symptome, Symptomverschlechterungen und/oder durch eine psychosoziale Überlastung des Patienten bzw. seiner Angehörigen ausgelöst. Wiese et al. DMW 2008
6 Aufgabe des Arztes ist es, unter Achtung des Selbstbestimmungsrechtes des Patienten Leben zu erhalten, Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen sowie Leiden zu lindern und Sterbenden bis zum Tod beizustehen. Positionspapier der Sektion Ethik DIVI 2012
7 Der Arzt hat im Rahmen seiner professionellen Verantwortung zu entscheiden, welche der vorhandenen Behandlungsmöglichkeiten indiziert sind. Positionspapier der Sektion Ethik DIVI 2012
8 Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung 2011 Ablehnung der aktiven Sterbehilfe und der Beihilfe zum Suizid Keine Verpflichtung zur Lebenserhaltung unter allen Bedingungen Selbstbestimmungsrecht des Patienten betont
9 Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung 2011 Basisbetreuung (unverzichtbar): z.b. menschenwürdige Unterbringung, Zuwendung, Körperpflege, Linderung von Schmerzen, Atemnot und Übelkeit, Stillen von Hunger und Durst Medizinische Behandlung: Kann in Übereinstimmung mit dem Willen des Patienten unterlassen werden (Änderung des Therapiezieles von kurativer zu palliativer Behandlung)
10 Ziel der Palliativmedizin Das Leben eines Patienten nicht um jeden Preis zu verlängern, sondern der verbleibenden Zeit Leben (Lebensqualität) zu geben. Brunner K.W. Schweiz.Med. Wochenschrift 1987
11 Zentrale Frage am Lebensende nach dem Therapieziel kurativ-palliativ??
12 Zentrale Frage: Therapieziel? Änderung des Therapiezieles - durch wen? - wann? - welche Komponenten fließen in die Entscheidung mit ein?
13 Therapiezieländerung sollte verhindern: therapeutischen Aktionismus reine Behandlungssymbolik überflüssige quälende Maßnahmen
14 Normative Voraussetzungen jeglicher ärztlicher (Be-)Handlung medizinische Indikation Zustimmung des Patienten
15 Die medizinische Indikation stellt eine fachlich begründete Einschätzung dar, dass eine Therapiemaßnahme geeignet ist, um ein bestimmtes Therapieziel mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erreichen. Positionspapier der Sektion Ethik DIVI 2012
16 Grundlagen für Therapieentscheidungen medizinische Aspekte
17 Medizinische Aspekte fachliche Erfahrung
18 fachliche Erfahrungen werden beeinflußt durch: naturwissenschaftliche Fakten Arbeitsumfeld und Intuition Leitlinien der AWMF Empfehlungen von Fachgesellschaften (DGEM, DGAI, Deutsche Gesellschaft f. Chir., DIVI u.a.) Richtlinien, z.b. der SAMW oder BMA
19 Medizinische Aspekte fachliche Erfahrung prognostische Faktoren
20 Hippocrates Prognosticon Es ist das Beste, wenn ein Arzt sich in der Prognose übt. Die Therapie wird er am richtigsten vornehmen, wenn er aus dem gegenwärtigen Stand der Krankheit deren künftigen Verlauf vorhersagt."
21 Akute Situationsabklärung bei Entscheidungen am Lebensende Prognostische Kriterien: aktuelle Diagnose Komorbidität prämorbider funktioneller Status Multiorgandysfunktion nach Valentin Intensiv-News 2014
22 Medizinische Aspekte fachliche Erfahrung prognostische Faktoren medizinische Nutzlosigkeit (medical futility)
23 Medical futility: Sinnlose, nutzlose, ineffektive oder aussichtslose medizinische Maßnahmen (in quantitativer und/oder qualitativer) Hinsicht Treatments that have no beneficial physiologic effects (Consensus Statement Ethics Committes Crit. Care Med. 1997)
24 Futility? von 1125 Intensivpatienten erhielten: 80 % keine sinnlose Therapie 8,6 % eine mögliche sinnlose Therapie 11 % eine sinnlose Therapie nach Huynh T.N. JAMA Intern. Med. 2013
25 Medizinische Aspekte sind beeinflusst durch: fachliche Erfahrung prognostische Faktoren medizinische Sinnhaftigkeit vorhandene medizinische Infrastruktur
26 Grundlagen für Therapieentscheidungen medizinische Aspekte ethische
27 Ethische Entscheidungsfindung Achtung der Autonomie Würde Verbesserung der Lebensqualität Abhalten von zusätzlichem Schaden Verteilungsgerechtigkeit modif.nach Beauchamps u. Childress 1994
28 Grundlagen für Therapieentscheidungen medizinische Aspekte ethische juristische sozio-kulturelle
29 Grundlagen für Therapieentscheidungen medizinische Aspekte ethische juristische sozio-kulturelle (ökonomische) (wissenschaftliche)
30 Einflußfaktoren auf Therapieverzicht bei Notärzten kurze Lebenserwartung 72% erwartete Lebensqualität 42% Palliativpatient 30% Schmerzen 30% aktuelle Lebensqualität 30% fortgeschrittenes Alter 26% Ferrand u.a. Int.Care Med. 2006
31 Einflußfaktoren auf Therapiebegrenzungen Patientenwunsch internationale Standards eigene Erfahrung schwere Begleiterkrankungen Multimorbidität Baberg et al. DMW 2002
32 Therapiestufen Maximaltherapie Therapieerhalt Therapiereduktion (-veränderung) bei weiter erhaltener Basisversorgung
33 Umfrage bei neurologischen Chefärzten 32%: indirekte Sterbehilfe ist strafbar 45%: Behandlung der terminalen Atemnot mit Morphin = aktive Sterbehilfe 60%: Angst vor Rechtsfolgen beim Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen 47%: eigene Ausbildung für die Begleitung in der Terminalphase mäßig bis schlecht nach Borasio 2003
34 Normative Voraussetzungen jeglicher ärztlicher (Be-)Handlung medizinische Indikation Zustimmung des Patienten
35 Aktuell erklärter Wille des aufgeklärten und eiwilligungsfähigen Patienten Wenn nicht möglich Vorausverfügter Wille, durch einen Patientenverfügung erklärt, schriftlich oder mündlich Wenn nicht möglich Mutmaßlicher Wille, aus früheren Äußerungen und Wertvorstellungen zu ermitteln Wenn nicht möglich Flussdiagramm zur Bestimmung des Patientenwillens" nach Joppich u.a., Anästhesist 55:2006 Entscheidung zum Wohl des Patienten, Lebensschutz hat Vorrang, Notfallindikation.
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37 Wunsch nach medizinisch indizierter Therapie bzw. Therapiebegrenzung (z.b. Ablehnung einer Reanimation) Patient ist urteilsfähig Patient ist nicht urteilsfähig Entscheidung und Dokumentation in Form einer Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und eines Krisenbogens; Erarbeitung ggf. in Kooperation mit dem Hausarzt Entscheidungsfindung in Kooperation zwischen Patienten, Angehörigen, Betreuuer, Ärzten, Psychologen und Juristen Teamkonferenz; ggf Ethikkonsil Regelmäßige Dokumentation des aktuellen Willens empfohlen Entscheidung und Dokumentation Erstellung einer Patientenverfügung und eines Palliativkrisenbogens Regelmäßige Dokumentation durch beteiligte Personen Akzeptanz der Patientenentscheidung Akzeptanz der Entscheidung im Sinne des Patienten nach Wiese et al. Notarzt 2008
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42 abgestufte Palliativmedizinische Versorgung Versorgungsbereiche Grundversorgung Spezialisierte Hospizund Palliativversorgung Stationäre Akutversorgung Akut Krankenhaus Palliativstationen Stationäre Langzeitversorgung ambulante Versorgung zu Hause Alten- und Pflegeheime niedergelassene Ärzte Fachambulanzen Sozialstationen stationäre Hospize ambulante Palliative- Care-Teams und Hospizdienste Netzwerkbildung
43 Die Gewinnung und die Erhaltung des Vertrauens in die künftige Akutmedizin. setzen voraus, dass Sachkompetenz und ethische Reflexion die Entscheidungen und Handlungen lenken. Diese schwierige Aufgabe darf jedoch von der Öffentlichkeit nicht allein den Notärzten im Besonderen oder der Medizin im Allgemeinen zur Lösung aufgebürdet werden Bauer A., zit n. Burghofer Notfall Rettungsmed 9:2006
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