Quo vadis Organzentren? Wird künftig alles zertifiziert? Und warum?
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- Berthold Dressler
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1 Quo vadis Organzentren? Wird künftig alles zertifiziert? Und warum? 20. Onkologische Konferenz Eisenach, 16. November 2007 Harald Schmalenberg Klinik für Innere Medizin II Universitätsklinikum Jena
2 Historisches zur Zertifizierung (1) Earnest A. Codman, MD Chirurg, Boston ab 1913 Clinical Congress of Surgeons of North America: Bewertungssystem für Krankenhäuser - Erteilung von Lizenzen - Zertifizierung von Ärzten - Betriebsgenehmigungen für Einrichtungen - Wirtschaftlichkeit von Maßnahmen - => Gründung des American College of Surgeons, seit 1952 Fortführung als Joint Commission of Accreditation - Forderte bereits 1913 die Veröffentlichung vergleichbarer Statistiken über das outcome von Pat. verschiedener Krankenhäuser Ich habe eigentlich immer unter der Isolierung gelitten, weil andere Kollegen mit dem einen oder anderen meiner Gedanken und Stellungnahmen nicht übereinstimmten.
3 Historisches zur Zertifizierung (2) 1. Strukturqualität Betriebstyp des KH, Organisationsform, bauliche Gestaltung Personelle (Zahl und Qualifikation d. MA) und materielle Ressourcen Art des Gesundheitssystems 2. Prozessqualität umfasst alle patientenorientierten Handlungen beschrieben durch Prozessstandards Avedis Donabedian, MD Ergebnisqualität Gesundheits- und Zufriedenheitszustand der Patienten in Bezug auf die Veränderung des Gesundheitszustandes im Einvernehmen seiner physischen, psychischen und sozialen Situation.
4 Rationale für ein interdisziplinäres Brustzentrum Vermeidung der psychischen Belastung einer wochenlangen Abklärung Aufbau eines interdisziplinären Teams aus Spezialisten zur Diagnostik und Therapie von Brustkrebs Konzentration von Erfahrung und Kompetenz durch hohe Fallzahlen Patientinnenfokussierte psychosoziale und rehabilitativeversorgung verbesserte Früherkennung, schnelle adäquate Therapie und kompetente Nachsorge modifiziert nach C. Lee, Comprehensive Breast Centers: Priorities and Pitfalls, Breast J 1999; 5(5):319-24
5
6 Rationale für die Zertifizierung von Brustzentren Brustzentrum ist ein ungeschützter Begriff und sagt nichts über die Qualität der Versorgung aus Vergabe eines Gütesiegels zur Information der Patientinnen Qualitätssteigerung durch Einführung eines Qualitätsmanagementsystems Umsetzung von Leitlinien der Fachgesellschaften und deren externe Überprüfung Förderung der Interdisziplinarität in der Behandlung des Mammakarzinoms Förderung klinischer Studien
7 Historie (1) Herbst 2000 November 2001 April 2002 August 2002 Dezember 2002 Januar Januar 2003 Erstellung der ersten Checkliste für Brustzentren (S. Sänger, K. Höffken), Kombination aus QM-System und Fachlichen Anforderungen für Brustzentren (1. Version einer Checkliste ) Erste Probezertifzierung Brustzentrum Vogtareuth (Prof. Feller) Zweite Probezertifizierung Brustzentrum des Universitätsklinikums Ulm (Prof. Kreienberg) Dritte Probezertifzierung am Euregio Brustzentrum (Prof. Fuchs u.a.) Pilotzertifizierung des Brustzentrums am Universitätsklinikum Tübingen (Prof. Wallwiener) mehrfache Überarbeitung der Checkliste, Trennung von Fachlichen Anforderungen und QM-Anforderungen
8 Historie (2) April 2003 Juni 2003 Jul/Okt 2003 Juli 2003 Oktober 2004 Dezember 2004 nach erneuter Abstimmung zwischen den Fachgesellschaften Veröffentlichung der Fachlichen Anforderungen für Brustzentren Aufbau von OnkoZert zunächst bei der Geschäftsstelle der Deutschen Krebsgesellschaft Schulungsveranstaltungen für Fachexperten (OnkoZert) Beginn des regulären Zertifizierungsverfahrens (Marienhospital Stuttgart) 50 Brustzentren sind zertifiziert OnkoZert nimmt als selbstständige Zertifzierungsstelle der DKG seine Arbeit auf
9 Organzentrum: Zertifizierungsverfahren Brustzentren OnkoZert Zertifizierungsstelle der DKG Zusammenarbeit mit der Zertifizierungskommission DKG/DGS legt Erhebungsbogen vor Brustzentrum vereinbart Zertifizierungsaudit Zertifizierer für Qualitätsmanagementsysteme Auswahl / Schulung Auswahl / Schulung Pool Fachexperten stellt Zertifizierungsaudit im Brustzentrum durchgeführt durch: Fachexperte DKG/DGS QM-Auditor stellt Pool QM-Auditoren Zertifizierungs- Kommission DKG/DGS Vorsitz: Prof. Kreienberg Ausschuß Zertifikatserteilung Prüfung Bericht Fachexperte DKG/DGS Bericht des QM-Auditors Prüfung positives Votum vom Ausschuß Zertifikatserteilung, QM-Zertifikat liegt vor Zertifikat DKG/DGS Zertifikat QM-System Anforderungen des QM-Systems sind erfüllt
10 Allgemein QM-System nach DIN ISO 9001:2000 Verfahren Organzentren Normgeber u.a. Deutsches Institut für Normung e.v. Gemeinsame Zertifzierungskommission entwickelt Qualitätsanforderungen Norm: DIN 9001:2000 Fachliche Anforderungen bildet die Grundlage für Kontrollinstanz Zugelassene ( akkreditierte ) Institute OnkoZert wählt aus / schult Gutachter berichten erteilt nach Prüfung ISO- Auditoren Fachexperten DKG/DGS Zertifikat Zertifikat nach ISO DIN EN 9001:2000 Zertifikat
11 OnkoZert: Zertifizierte Brustzentren Sep 07 Nov 07 Jul 07 Mai 07 Sep 05 Nov 05 Jan 06 Mrz 06 Mai 06 Jul 06 Sep 06 Nov 06 Jan 07 Mrz 07 Jul 05 Mai 05 Mrz 05 Jan 05
12 Zertifizierte Brustzentren (DKG/DGS) Stand: 11/2007
13 Anteil der Universitätskliniken an den zertifizierten Brustzentren in Deutschland 21 (14,8 %) Universitätskliniken nicht-universitäre Kliniken 120 (85,2%) Stand 6/2007
14 OnkoZert: Aktueller Stand - Organzentren ( ) Darmzentren Brustzentren Prostatakarzinomzentren Lungenzentren Hauttumorzentren Anfragen Laufende Verfahren Zertifizierte Zentren Zertifizierte Standorte Primärfälle gesamt Anteil an Primärfällen in Deutschland % ,9% In Vorbereitung In Vorbereitung Annahme Primärfälle in Deutschland
15 Ministerium für Gesundheit NRW beauftragt/bildet Arbeitsgemeinschaft Qualitätsentwicklung in NRW berät berät Normgeber zertifiziert beauftragt Ärztekammer Westfalen-Lippe Zertifizierer Brustzentrum in NRW ernennt (Krankenhausplanung) Normenausschuss Konsensusverfahren erläßt Anforderungskatalog
16 Aktuelle Struktur zur Versorgung von Tumorpatienten Keine Zentrumsbildung Organzentren Reha Internistische Onkologie Facharzt Onkologische Patienten Tumorkonferenz Chirurgische Onkologie Radioonkologie Fachabteilung (Gynäkologie / Urologie / HNO etc.) Hausarzt Krankenhaus Palliativstation Pathologie Radiologie Hospiz
17 Aktuelle Struktur zur Versorgung von Tumorpatienten Keine Zentrumsbildung Vorteile: - Patienten werden immer vom gleichen Team betreut - Eindeutige Ressourcenzuweisung möglich - kurze Entscheidungswege Nachteile: - Ressortegoismen - getrennte Budgets - fachliche Defizite möglich - Interdisziplinarität hängt von Ärzten vor Ort ab - zufällige Einweisung der Patienten in die Abteilungen - keine externe Qualitätssicherung
18 Aktuelle Konzepte für Tumorzentren Deutsche Krebsgesellschaft Comprehensive Cancer Center Onkologisches Zentrum Fachübergreifende Versorgung durch Pathologie, Radiologie, Int. Onkologie, Radioonkologie, Operative Onkologie Organzentren (Brustzentrum, Darmzentrum, Prostatazentrum etc.) (Bamberg, Forum 7/2006)
19 Aktuelle Konzepte für Tumorzentren Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie Onkologisches Zentrum Stationäre Versorgungseinheit (Klinik für Innere Medizin) Ambulante Versorgungseinheit (Onkologische Ambulanz/ Praxen für Hämatologie / Onkologie) Palliativmedizin Sozialdienst/ Psychosoz. Betreuung Chirurg. Onkologie Strahlentherapie Pathologie Radiologie Obligatorische Kooperationen Kooperationen (Gynäkologie, Urologie, Dermatologie, Pulmonologie, Hospiz, Endoskopie etc.)
20 Aktuelle Konzepte für Tumorzentren Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg Direktorium Translationale Onkologie Medizinische Onkologie Präventive Onkologie Translationale Studien Interdisziplinäre Tumorkonferenz Studien Molekulare SZ-Forschung u.a. Studien u.a. Beratung u.a. Beratung / Dienstleistung Patientenvorstellung Andere Institutionen / Kliniken / Praxen (Nach Kalle et al., forum 7/2006)
21 Kritik der bestehenden Konzepte Konzepte wurden für große Zentren / Universitätskliniken erstellt Kleinere Häuser, die die Mehrheit der Patienten behandeln, bleiben unberücksichtigt Qualität der Versorgung wird für die meisten Patienten durch die Konzepte nicht verändert, bestehende Exzellenz-Zentren werden nur erneut bestätigt Flächendeckende Versorgung ist damit nicht sichergestellt Beispiel Brustzentren: > 85 % nicht-universitäre Institutionen Externe Qualitätssicherung: ein flächendeckendes Zertifizierungsverfahren lohnt sich nicht für Zentren in Deutschland Organzentren nutzen mögliche Synergien nicht, Translationsforschung läßt sich nicht nach Organen aufteilen
22 Interdisziplinäres Tumorzentrum Strukturvorschlag Onkologische Patienten Zentrale Tumorambulanz / Tagesklinik Pathologie Radiologie Vorstellung in spezialisiertem Zentrum Interdisziplinäre Tumorboards Tumornachsorge Individueller Therapieplan Int. Onkologie Chirurgie Radiotherapie Fachabteilung Weiterbetreuung Hausarzt / Facharzt Palliativstation Hospiz
23 Konzept für abgestufte Tumorzentren Kerntumorzentrum / Regionales Tumorzentrum Überregionales Tumorzentrum Comprehensive Cancer Center Referenzzentrum Sozialdienst Strahlentherapie Internistische Onkologie PsychoonkologieStudien / Dokumentation Grundlagen- Forschung Interdisziplinäre Tumorkonferenz Lehre Chirurg. Onkologie Pathologie Radiologie Palliativmedizin Translationale Forschung Behandlung seltener Tumorentitäten Dermatologie Urologie Studienzentrale Gynäkologie Tumorregister
24 Zusammenfassung Qualitätssicherung mit Überprüfung vor Ort (Zertifizierung) hat eine lange Tradition Insbesondere die Behandlung von onkologischen Krankheitsbildern erfordert einen interdisziplinären Ansatz Das Zertifizierungsverfahren für Brustzentren konnte in Deutschland beispielhaft etabliert werden und trägt zu einer flächendeckenden Verbesserung der Versorgung bei Die Adaptation des Verfahrens für andere Tumorentitäten wird zur Zeit umgesetzt Ziel muss die Versorgung onkologischer Patienten in Tumorzentren sein, nicht die Etablierung einzelner, weniger Organzentren Möglichst alle Patienten müssen flächendeckend Zugang zu zertifizierten Interdisziplinären Tumorzentren haben, neben den Spitzenzentren müssen daher auch regionale Tumorzentren geschaffen werden
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