Veränderte Kundenanforderungen im weltweiten Nutzfahrzeuggeschäft: Von der Produkt- zur Systemlösung Vortrag von
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- Bernd Althaus
- vor 8 Jahren
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1 Veränderte Kundenanforderungen im weltweiten Nutzfahrzeuggeschäft: Von der Produkt- zur Systemlösung Vortrag von Leif Östling Vorsitzender des Vorstandes der Scania AB
2 Der Innovationsreichtum und die technische Entwicklung in der Transport- und Logistikbranche waren in den letzten 20 Jahren der Schlüssel zum Erfolg der europäischen Industrie. Die Logistikbranche Westeuropas ist die Beste der Welt. Wäre dies nicht der Fall, wären unser Wirtschaftssystem und unser Wohlstand undenkbar. In unserem Teil der Welt können Industrie- und Produktionsbetriebe nur dann wettbewerbsfähig sein, wenn sie besser organisiert, besser gemanagt und effizienter genutzt werden als die Konkurrenz aus Billiglohnländern. Dies gilt erst recht für ein Unternehmen aus Schweden, das nur einen kleinen Binnenmarkt besitzt und einen faktischen Nachteil beim Transport seiner Waren in die Exportmärkte hat. In Europa belaufen sich die Logistikkosten derzeit auf ca. zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Sie liegen damit genauso hoch wie in den USA, aber sechs Prozent unter dem Niveau in Asien, mit Ausnahme von China. Der Straßentransport ist das Rückgrat unseres Transportsystems. Für den Verteiler- und Güternahverkehr gibt es keine vernünftige Alternative. Im Fernverkehr ist angesichts der mittlerweile gut organisierten Just-in- Time- und Just-in-Sequence-Systeme, die zur Minimierung der Lagerbestände führen, nur der Lkw mit seiner Flexibilität und Zuverlässigkeit wettbewerbsfähig. Für Massengüter mit geringem Mehrwert empfiehlt sich der Transport auf dem Schienen- oder Seeweg, während der Lufttransport die logische Wahl für Produkte mit besonders hohem Mehrwert ist. Die Transportbranche hat eine tiefgreifende Entwicklung durchlaufen. Für Scania als einen der führenden globalen Hersteller von schweren Nutzfahrzeugen und Bussen ist der Logistikmarkt das Kerngeschäft der Kunden unserer Kunden. Lkw-Unternehmen stehen vor immer neuen Herausforderungen, da die Logistikbranche ihren Wettbewerbsvorteil weiter ausbaut. In den letzten zehn bis 15 Jahren sind in der Logistikbranche ein paar große, global agierende Unternehmen entstanden. Der europäische Transportmarkt beläuft sich momentan auf rund 180 Mrd. Euro. Für die kommenden Jahre wird ein weiteres Wachstum von durchschnittlich fünf bis sechs Prozent pro Jahr erwartet. Sechs Unternehmen teilen sich derzeit einen Marktanteil von zehn Prozent. Der Markt ist geprägt von starker Konsolidierung. Die Unternehmen spezialisieren sich auf die Bereiche Supply-Chain-Management, Informationssysteme, Logistik- und Transportmanagement. Sie bedienen Kunden auf globaler oder regionaler Ebene, wobei Ländergrenzen keine oder nur eine geringe Rolle spielen. Die neuen Global Player sorgen dafür, dass auf dem Straßentransportmarkt ein harter Wettbewerb herrscht. 2
3 Ausgehend von dieser Geschäftslogik rechnen wir mit einer Polarisierung, die mit einer Sättigung der Märkte einhergehen wird. Große Unternehmen können sich aufgrund ihres Know-hows und ihrer geografischen Präsenz auf kontinentaler Ebene zunehmend gegenüber dem Wettbewerb behaupten. Sie bieten komplette Logistiklösungen, sogar inklusive Risikomanagement, an. Größe wird zu einem Wettbewerbsvorteil, um einerseits die Reichweite zu maximieren und andererseits die Flexibilität zu optimieren. Eigene Fahrzeugflotten und Fahrer tragen wegen der höheren Fixkosten und der Kapitalbindung kaum zu einem Wettbewerbsvorteil bei. Die großen Unternehmen werden aller Voraussicht nach immer größer und zahlenmäßig weniger werden und einige von ihnen werden sich zu Logistikanbietern entwickeln. Mittelständische Unternehmen brauchen Nischenkenntnisse, um erfolgreich zu sein. Als allgemeine Logistikanbieter werden sie nicht in der Lage sein, in puncto Reichweite und Größe mit den Großen der Branche mitzuhalten. Als Transportanbieter werden sie weniger wettbewerbsfähig sein als die kleinen Unternehmen, da sie höhere Gemeinkosten haben. Ihre Nische werden Spezialtransporte sein, die eine besondere Handhabung erfordern, wie zum Beispiel Gefrierprodukte oder Chemikalien. Kleine Unternehmen werden zahlenmäßig zunehmen, da sie als Subunternehmer von den großen Logistikunternehmen beauftragt werden. Sie werden aufgrund ihrer geringeren Gemeinkosten erfolgreich mit den mittelständischen Unternehmen konkurrieren können und vornehmlich auf einem sehr lokalen Markt agieren. Das Ergebnis dieses Durcheinanders stellt für alle Beteiligten eine Herausforderung dar. So kann es beispielsweise vorkommen, dass ein lettischer Fahrer in einem schwedischen Lkw unterwegs ist, um auf Basis eines Vertrages mit einem deutschen Logistikunternehmen Produkte von England nach Spanien zu transportieren. Für Scania als Hardware-, Lkw-, Software- und Dienstleistungsanbieter besteht daher die zukünftige Herausforderung darin, dafür zu sorgen, dass der Lkw von seinem Ausgangsort bis zu seinem Zielort mobil bleibt und der lettische Fahrer jede Unterstützung bekommt, die er braucht, um seinen Auftrag auszuführen. 3
4 Lkw-Unternehmen werden mit ständig steigenden Anforderungen an Qualität und Pünktlichkeit, geografische Reichweite, Spezialisierung und niedrigere Kosten konfrontiert, die sie alle gleichzeitig erfüllen sollen. Die jährliche Laufleistung eines Lkw hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen und sich von rund km pro Jahr und pro Fernlaster auf weit mehr als km erhöht. Ein Lkw ist heute quasi rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche im Einsatz. Er ist Teil eines ausgeklügelten Materialflusses. Zuerst müssen die für die Produktion benötigten Teile in die Fabrik gebracht werden. Anschließend müssen die fertigen Produkte, die einen höheren Mehrwert haben, so schnell wie möglich an die Kunden ausgeliefert werden, damit der Originalhersteller eine Rechnung schreiben und den Kapitelfluss verbessern kann. Für Scania steht der Kunde im Mittelpunkt. Er bildet die Grundlage für alles, was wir tun. Unser Geschäft ist es, dem Lkw-Unternehmer dabei zu helfen, in diesem anspruchvollen Markt erfolgreich zu sein. Wir tun dies, indem wir auf zweierlei Weise einen Kundennutzen schaffen: Wir helfen dem Lkw-Unternehmer dabei, seinen Umsatz zu steigern und seine Kosten zu senken. Für den Erfolg eines jeden Unternehmens ist es unerlässlich, dass es seine Kunden und ihre Bedürfnisse versteht. Die Strategie von Scania lässt sich mit zwei Worten zusammenfassen: Profitables Wachstum. Das bedeutet, dass wir zwei Ziele miteinander in Einklang bringen müssen. Wir müssen unseren Kundenstamm ausbauen und nach Wegen suchen, um den Wert unseres vorhandenen Kundenstamms zu erhöhen. Unsere Strategie ist sehr fokussiert. Wir konzentrieren uns ausschließlich auf das Segment der Nutzfahrzeuge für den Schwertransport. Wir haben eine Premiummarke und der Bedarf an kundenspezifischen Anpassungen und maßgeschneiderten Produkten, der in diesem Segment besteht, erlaubt es uns, einen Premiumpreis zu erzielen. Dank unseres modularen Produktsystems mit seiner begrenzten Anzahl an Komponenten und seinen standardisierten Schnittstellen haben wir das Beste aus zwei Welten: Eine Angebotspalette, die sich durch ein Höchstmaß an kundenspezifischer Anpassung ausgezeichnet sowie Größenvorteile im F&E- Bereich und der Lieferkette. Die weltweite Nachfrage nach hochwertigen Schwerlastern ist untrennbar verknüpft mit dem Wachstum des BIP, dem Ausbau der Straßeninfrastruktur sowie mit ausgereifteren Logistiksystemen. Mit zunehmendem BIP wird Europa zu einem Wachstumsmarkt. Das bedeutet, dass auch die neuen EU-Mitgliedsstaaten, die restlichen mittel- und osteuropäischen 4
5 Länder sowie Russland zu den Wachstumsmärkten gehören. Auch viele andere Märkte, wie die Türkei, Südkorea, Brasilien und Argentinien, werden sich zu interessanten Wachstumsmärkten entwickeln. Scania erschließt neue Märkte mit einer langfristigen Perspektive und einem entschlossenen Engagement gegenüber unseren Kunden. In China sind wir bereits dabei, ein Servicenetz und einen kleinen Betrieb aufzubauen, obwohl wir wissen, dass es noch lange dauern wird, bis der Markt für unsere Produkte anläuft. Die Logistikkosten in China belaufen sich auf sage und schreibe 23 Prozent des BIP. Die chinesische Industrie kann sich das leisten, solange sie aufgrund der niedrigen Arbeitskosten einen Wettbewerbsvorteil hat. Angesichts eines unzureichenden und nicht konkurrenzfähigen Logistiksystems ist der Bedarf an hochwertigen Schwerlastern aus dem westlichen Ausland jedoch begrenzt. Gegenwärtig ist unser Marktsegment in China mit rund Lkw pro Jahr nicht viel größer als der finnische Markt für Schwerlaster. Aber das wird sich ändern - vermutlich sogar schneller als viele erwarten. Der natürliche Kundenstamm von Scania in den europäischen und lateinamerikanischen Binnenmärkten und den neuen Märkten wächst parallel mit der Wirtschaft und dem Ausbau der industriellen und logistischen Systeme. Aber Scania ist nicht nur ein Fahrzeughersteller, sondern auch ein differenzierter Anbieter von hoch entwickelten Dienstleistungen. Die Fahrzeuge bilden zwar die Basis unserer Angebotspalette, aber wir bieten auch Wartungs- und Reparaturarbeiten, Finanzdienstleistungen und Versicherungen, Fahrertraining und Pannenhilfe an. Wir konzentrieren uns auf bestimmte Leistungsmerkmale, um den Kundennutzen zu erhöhen. Hierzu gehören beispielsweise die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs, die Minimierung von Fahrzeugausfallzeiten und die Maximierung der Ladekapazität. All dies bringt unseren Kunden einen entscheidenden Vorteil: betriebliche Sicherheit. Und für Scania bedeutet das ein kontinuierliches und permanentes Engagement für eine immer größer werdende Fahrzeugflotte und somit einen stabilen Umsatz. Und damit wären wir beim zweiten Teil der Wachstumsstrategie. Während der letzten 15 Jahre hat Scania einen deutlichen Strukturwandel vollzogen. 40 Prozent unserer Vermögenswerte und Mitarbeiter kommen heute im Vertriebs-, Verkaufs- und Servicebereich zum Einsatz. Ende der 80er Jahre waren es gerade einmal zehn Prozent. Die 5
6 treibende Kraft hinter dieser proaktiven Umstrukturierung entlang der Wertschöpfungskette ist unser Verständnis der Bedürfnisse unserer Kunden. Viele Transportunternehmer, die früher einen eigenen Servicebetrieb hatten, um ihren Fuhrpark zu warten, tendieren heute dazu, sich nur noch auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Dies hat zur Folge, dass zunehmend Fremdfirmen mit den an den Lkw durchzuführenden Wartungs- und Servicearbeiten beauftragt werden. Drei Trends tragen zu dieser Entwicklung bei. Angesichts der deutlich verbesserten Qualität der Lkw besteht ein geringerer Service- und Reparaturbedarf. Folglich ist die Werkstatt nicht ausreichend ausgelastet und es wird immer schwieriger, die entsprechenden Kosten zu rechtfertigen. Gleichzeitig hat die technische Komplexität der Fahrzeugmanagementsysteme zugenommen die Anforderungen an die technische Kompetenz des Werkstattmechanikers werden folglich immer höher. Und schließlich erfordert die höhere Auslastung der Lkw detailliertere und sorgfältig ausgearbeitete Reparatur- und Wartungspläne. Um wettbewerbsfähig zu sein, muss eine Werkstatt einen hohen Auslastungsgrad haben. Ferner muss sie ihre Service- und Reparaturkapazitäten rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche zur Verfügung stellen, um die Anforderungen des Transportsunternehmers im Hinblick auf die Maximierung der Fahrzeugverfügbarkeit zu erfüllen. Scania entwickelt Fahrzeuge, die die Anforderungen der Kunden erfüllen und das mit Erfolg. Hierin liegt das Fundament unseres historischen Wachstums und unserer Rentabilität. Der Schlüssel hierfür war die kontinuierliche Suche nach erstklassiger Qualität. Wir haben unser eigenes Produktionssystem das Scania Production System, kurz SPS entwickelt, das auf unserer Zusammenarbeit mit Toyota beruht. Die Basis für das System bilden unsere Kernwerte der Kunde steht an erster Stelle und jeder einzelne verdient Qualität und Respekt. Dahinter steckt die Idee, unsere Arbeitsmethoden auf der Basis von allgemein gültigen Werten und Grundsätzen zu standardisieren. Wenn wir die Arbeit so organisieren, dass sich alle Mitarbeiter Gedanken über die Methoden und Prozesse machen und nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen, können wir uns als lernende Organisation bezeichnen. Wir sind ständig auf der Suche nach Verbesserungen. So ist es uns beispielsweise gelungen, die Qualität zu steigern und unsere Produktivität von zwei Lkw pro Jahr und Mitarbeiter auf etwas mehr als fünf Lkw pro Jahr und Mitarbeiter zu erhöhen. Den gleichen Ansatz verfolgen wir bei der Produktentwicklung, wo wir ähnliche Ergebnisse erzielen. 6
7 Wichtig für die Umsetzung dieses Konzepts war unsere Fähigkeit, funktionsübergreifende und parallele Arbeitsgruppen zu organisieren. Die Bereiche Produktentwicklung und Produktion arbeiten sehr eng zusammen. Neue Produkte und Produktmerkmale werden in Kooperation mit den Mechanikern entwickelt, die später die Endmontage in der Fabrik oder die Wartungsarbeiten in der Werkstatt durchführen. Dies ist aus drei Gründen wichtig. Die Entwicklungsingenieure können sich von Anfang an auf den Faktor Qualität konzentrieren und die Risiken eliminieren, dass später bei der Produktion etwas schief geht. Voraussetzung hierfür ist, dass unsere Ingenieure neue Produkte entwickeln, die mit dem vorhandenen Produktionssystem gefertigt werden können. Auf diese Weise werden sowohl die Kosten der neuen Produkte als auch die Risiken verringert. Und schließlich macht es die Arbeit für alle Beteiligten interessanter. Für uns ist es wichtig, die Bereiche Produktion und F&E zusammenzuhalten und sicherzustellen, dass der Kunde stets oberste Priorität hat. Wir reduzieren das Outsourcing von Schlüsselkomponenten auf ein Minimum. Ausnahmen bilden lediglich sehr arbeitsintensive Montageschritte, wie beispielsweise der Zusammenbau der Buskarosserie, wo es nicht möglich ist, mit einer europäischen Arbeitskostenstruktur konkurrenzfähig zu sein. Wir glauben, dass das Outsourcing der Produktion in Billiglohnländer ein einfacher Ausweg für diejenigen ist, die zu faul sind, sich intensiv mit den Themen Innovation, Nachhaltigkeit und Mehrwert zu befassen. Das Outsourcing bringt einen kurzfristigen Wettbewerbsvorteil in Bezug auf die Kosten. Gleichzeitig wird jedoch die Suche nach Erstklassigkeit in den Bereichen Qualität, F&E und Fertigungstechnik vernachlässigt. Die durchschnittliche Auslastung der Produktionseinrichtungen in der schwedischen Industrie beläuft sich auf Prozent. Scania strebt Prozent an. Wir bestärken und schulen unsere Zulieferer darin, ebenfalls nach dem Scania Production System zu arbeiten. Die Zulieferer unserer Branche standen und stehen unter enormem Druck. Die erste Hürde, die sie nehmen mussten, war der Preisdruck. Dann verlangte man von ihnen, dass sie mehr Verantwortung für die Produkt- und Systementwicklung übernehmen sollten. Dies ermöglichte ihnen eine engere Zusammenarbeit mit den Originalgeräteherstellern (OEM) und war der Beginn einer Umstrukturierung der Zulieferindustrie. Bei den Zulieferern wird heute zwischen First-Tier-, Second-Tier- und sogar Third-Tier-Suppliern unterschieden. Dann hat unsere Branche erkannt, wie verletzlich sie geworden war. Es gibt zahlreiche Fallstudien darüber, welche fatalen Auswirkungen Lieferprobleme in der Lieferkette haben. Der aktuelle Trend heißt Risikominimierung - wann immer möglich, setzen wir auf Wettbewerb und arbeiten bei vielen unserer Komponenten mit zwei Zulieferern zusammen. Außerdem möchten wir, dass 7
8 sich unsere Zulieferer an der Qualitäts- und Entwicklungsarbeit und an unserer Suche nach Erstklassigkeit beteiligen. Das bedeutet, dass wir unsere strategischen Zulieferer schulen müssen, damit sie bei der Produktentwicklung und der Produktion die gleiche Philosophie zugrunde legen wie wir das Scania Production System. Nur dann wissen wir, dass sie zu unserer eigenen Leistung beitragen. Das ist eine gute Möglichkeit, um sicherzustellen, dass der Kunde in den Köpfen der Zulieferer unserer Branche präsent ist. Auf diese Weise erhöht sich sowohl unsere als auch ihre Wettbewerbsfähigkeit. Die Vorteile liegen auf beiden Seiten und sind somit nachhaltig. Wenn wir die Entwicklungen im Logistikmarkt betrachten und uns die zunehmende Komplexität bei der Nutzung der Lkw und bei den Lkw selbst anschauen dann zeigt sich, dass die lokalen Händler und Werkstätten nicht ausreichend ausgerüstet sind, um den neuen Anforderungen der Lkw-Unternehmer gerecht zu werden. Hinzu kommen die Globalisierung und der intensivere innergemeinschaftliche Handel infolge der EU-Erweiterung, die im Anschluss an den Zusammenbruch der ehemals sozialistischen und weitgehend isolierten Gesellschaften erfolgte. Viele der neuen Händler- und Servicebetriebe waren traditionell kleine Betriebe, die sich häufig in Familienbesitz befanden und darauf ausgerichtet waren, Kunden aus dem näheren Umkreis zu bedienen. Die Umstrukturierung von Scania hin zu einer Vertriebs-, Verkaufs- und Serviceorganisation erfolgte in gewissem Maße parallel zum Aufkommen einer neuen Generation in diesen Betrieben. Das Ziel dieser mehrschichtigen, synergistischen Investition ist einfach. Nachdem wir uns zunächst darauf konzentriert hatten, die Geschäfte unserer Kunden zu verstehen, um Lkw für den professionellen Einsatz zu entwickeln, möchten wir nun das Serviceportfolio und das Verkaufs- und Servicenetz verbessern, um den Kundennutzen zu maximieren. Das Verkaufsund Servicegeschäft bleibt lokal, aber die Anforderungen des professionellen Transportunternehmers sind universal. Er möchte die volle Unterstützung der gesamten Scania- Organisation, da sie ihm einen direkten und greifbaren Vorteil für sein Unternehmen bringt. Die neue Logik des Straßentransportmarktes erfordert die Unterstützung eines wirklich integrierten Vollservicedienstleisters wie Scania. Der globale Wettbewerb wird weiter zunehmen und die Nachfrage nach mehr Effizienz und Innovationen im Logistikbereich untermauern. Um unser Verständnis der Bedürfnisse unserer Kunden optimal zu nutzen, müssen wir in jeder Hinsicht noch enger mit unseren Kunden zusammenarbeiten. Dann werden wir gemeinsam mit unserem Kundenstamm wachsen. 8
9 Die Tools, die uns zur Verfügung stehen, um dies zu erreichen, sind die gleichen Tools, die wir bei der Entwicklung des F&E-Bereichs und der Produktion verwendet haben. Eine echte lernende Organisation, bei der der Kunde im Mittelpunkt steht und die mit standardisierten und qualitätsgesicherten Methoden arbeitet. Funktionsübergreifende Teams, die sich Gedanken über unsere Methoden und Prozesse machen, Verantwortung für unsere Arbeit übernehmen und Fehler offen zugeben, um besser zu werden. Gleichzeitig können wir uns weiter verbessern und von unseren Skaleneffekten profitieren. Die Optimierungsarbeit ist eine großartige Triebfeder für neue Ideen und dieser strukturierte Ansatz wird zu wahrem Unternehmergeist führen auch im Verkaufs- und Servicebereich. In den 80er Jahren, als der Markt im Keller war und sich Pessimismus in der Lkw-Branche breit machte, hat Scania in ein neues Montagewerk im französischen Anger investiert, um seine Produktionskapazität zu erhöhen. Die Endmontage erfolgt eng am Markt. Kürzlich haben wir aus dem gleichen Grund ein neues Montageband im niederländischen Zwolle in Betrieb genommen. Schritt für Schritt werden Engpässe bei unserem globalen Produktionssystem reduziert, um für das nächste Hoch bei der Lkw-Nachfrage gerüstet zu sein. Große Investitionen sind nicht erforderlich, da unsere Produktivitätsverbesserungen den Weg für ein weiteres Wachstum ebnen. Wir haben die strategische Fertigung unserer Komponenten auf Schweden konzentriert. Der Grund hierfür ist, dass eine räumliche Nähe zwischen dem F&E-Bereich und der Fertigung zwingend erforderlich ist, um die Zusammenarbeit zu erleichtern. Außerdem hat Scania damit begonnen, in den Teil der Wertschöpfungskette zu investieren, der die Schnittstelle zum Kunden bildet. In zehn Jahren wird sich die Mehrzahl der Vermögenswerte und Mitarbeiter von Scania wahrscheinlich am oberen Ende der Wertschöpfungskette befinden und in lokalen Verkaufs- und Servicebetrieben zum Einsatz kommen, wo mit einem globalen, auf allgemein gültigen Methoden basierenden Serviceangebot lokale, regionale und globale Kunden betreut werden. Drei Faktoren machen dieses Szenario wahrscheinlich. Erstens wird die Kundennachfrage nach einem derartigen Angebot steigen. Zweitens hat Scania einen Wettbewerbsvorteil, da wir die Bedürfnisse unserer Kunden verstehen und daraus Kapital schlagen werden. Und drittens verfügt Scania über die Größe und die Ressourcen, um von Skaleneffekten zu profitieren. Wir sehen, wie sich die Lektionen, die wir gelernt haben, in beiden Richtungen entlang der Wertschöpfungskette erstrecken. Unsere wichtigsten Zulieferer haben mittlerweile die Philosophie hinter dem Scania Production System verinnerlicht. Sie übernehmen eine größere Verantwortung für unseren Ehrgeiz, Kundennutzen zu schaffen. Dies ist auch die Basis für die Entwicklung der Kundenschnittstelle mit den Bereichen Verkauf, Service, Finanzierung und 9
10 Reparatur. Man sollte niemals das geistige Eigentum eines Industrieunternehmens unterschätzen, wenn man sein künftiges Potenzial beurteilt. Welche allgemeinen Lektionen können wir nun aus diesem Überblick über die Entwicklung von Scania ziehen? Lassen Sie mich ein paar Beispiele aus drei verschiedenen Bereichen anführen: Da wäre als Erstes die Zukunft der europäischen Maschinenbauindustrie zu nennen. Natürlich spürt sie bereits den Wettbewerbsdruck der neuen Großmächte China und Indien. Die Hälfte aller Kameras auf der Welt trägt die Kennzeichnung Made in China. Jeder fünfte Kühlschrank wird in China gefertigt. Jede vierte Waschmaschine und jeder dritte Fernseher weltweit stammen aus chinesischer Produktion. Noch ist die europäische Maschinenbauindustrie wettbewerbsfähig und sie hat auch noch genauso viele Beschäftigte wie vor 20 Jahren, was eine ziemliche Leistung ist, wenn man sich die Entwicklung in anderen Industriezweigen über den gleichen Zeitraum anschaut. Der europäische Maschinenbau trägt nach wie vor in steigendem Maße zur Schaffung von Wohlstand bei. Innovation und industrielle Kompetenz müssen weiterhin oberste Priorität haben, um gegen die niedrigen Arbeitskosten anzukommen. Schließlich gibt es nur drei Möglichkeiten: Entweder man übernimmt die Führung oder man schwimmt hinterher oder man geht unter. Schauen wir uns als Zweites den europäischen Transportmarkt an. Wichtig ist, dass es ihm gelingt, seine Kunden zufrieden zu stellen, denn dann wird er die Leistungsfähigkeit der europäischen Industrie verbessern und zu finanziellem Wachstum und Wohlstand beitragen. Gleichzeitig muss er sich den Herausforderungen in puncto Umweltverschmutzung und Nachhaltigkeit stellen. Aber zu glauben, dass wir ohne einen wachsenden Straßentransportsektor unsere Ziele im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum erreichen können, wäre naiv. Europa kann kein florierender Kontinent sein, wenn die Menschen ausschließlich im Dienstleistungssektor tätig sind und von zu Hause aus an Telearbeitsplätzen arbeiten. Europa braucht eine hervorragende physikalische Infrastruktur und dazu gehören auch Straßen. Dies ist eine Voraussetzung für die Umsetzung der Lissabon-Strategie nachhaltige Vollbeschäftigung, Wirtschaftswachstum und Wohlstand, um dann wiederum andere Problembereiche, wie das Gesundheitswesen, die Sozialversicherungen usw., zu finanzieren. Die Lkw-Branche spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Wettbewerbsfähigkeit des Transportsektors zu erhöhen und gleichzeitig die besten Lösungen im Hinblick auf eine Reduzierung des Energieverbrauchs und des Schadstoffausstoßes anzubieten. 10
11 Drittens die Notwendigkeit politischer Sensitivität. Der wichtigste Aspekt für Scania und die Zukunft der europäischen Maschinenbauindustrie ist, dass unsere Ausbildungssysteme in der Lage sein müssen, den Bedarf der Industrie an hoch qualifizierten Mitarbeitern, Forschern und Führungskräften zu erfüllen. Eine hohe Qualität in den Bereichen Ausbildung und Forschung, die eng mit den industriellen Tätigkeiten verknüpft ist, ist die beste Möglichkeit, um die junge Generation dazu zu veranlassen, eine Karriere in der Maschinenbauindustrie anzustreben. Bei Scania betrachten wir das Ausbildungssystem als unseren wichtigsten Zulieferer. Akademische Forschung auf der Basis von pragmatischen industriellen Anforderungen und eine enge Zusammenarbeit mit den Universitäten sind der Weg, um in Zukunft Kompetenz und Innovation sicherzustellen. Außerdem braucht die Industrie Stabilität im Hinblick auf wirtschaftliche und sonstige Maßnahmen, die ihr ein Wachstum ermöglichen aber eine Fokussierung auf die Erhöhung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit darf sich nicht allein auf die Industriepolitik erstrecken. Sie muss die Ausbildung in den Mittelpunkt von Industriepolitik und Wettbewerbsfähigkeit stellen. Schließlich braucht der Maschinenbausektor eine Infrastruktur, die es ihm ermöglicht, seine Wettbewerbsfähigkeit im Logistik- und Transportbereich zu erhöhen. Und Scania wird seinen Beitrag zu diesem Erfolg beisteuern. Fakten: Scania ist ein führender Hersteller von Schwerlastern, Bussen, Industrie- und Schiffsmotoren. Des Weiteren vermarktet und verkauft das Unternehmen eine breite Palette an serviceorientierten Produkten und Finanzdienstleistungen. Es ist weltweit der drittgrößte Hersteller von schweren Lkw und Bussen. Scania ist ein globales Unternehmen mit Niederlassungen in Europa, Lateinamerika, Asien, Afrika und dem Südpazifikraum. Das Unternehmen beschäftigt weltweit ca Mitarbeiter, davon rund in Europa und rund in Lateinamerika. Darüber hinaus arbeiten etwa Beschäftigte in der unabhängigen Verkaufs- und Serviceorganisation von Scania. Das vor mehr als 100 Jahren gegründete Unternehmen weist seit Mitte der 1930er Jahre einen Gewinn auf. Seit den 1970er Jahren konnte es sein Produktions- und Verkaufsvolumen und seine im Einsatz befindliche Fahrzeugflotte alle zehn Jahre mehr oder weniger verdoppeln. Eine halbe Million Lkw von Scania sind auf den Straßen unterwegs und bilden die Basis für das schnell wachsende Serviceportfolio des Unternehmens. 11
12 Scania hat sich zum Ziel gesetzt, mit nachhaltiger Rentabilität zu wachsen und so einen Aktionärsnutzen zu schaffen. Leif Östling kam 1972 zu Scania und steht seit 1989 an der Spitze des Konzerns. 12
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