Grußwort Dr. Udo Lenke Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg
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- Jobst Althaus
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1 50. Bodenseetagung der BZK Tübingen am 18. und 19. September 2015 in Lindau Grußwort Dr. Udo Lenke Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg (Es gilt das gesprochene Wort) Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, namens des Vorstandes der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg gratuliere ich der BZK Tübingen heute sehr herzlich zur 50. Bodenseetagung, verbunden mit den besten Wünschen für eine interessante und erfolgreiche Fortbildungsveranstaltung für alle hier anwesenden Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Land. Der volle Saal beweist einmal mehr, nicht nur die Beliebtheit der Bodenseetagung, sondern zeigt auch nach außen eindrucksvoll die hohe Motivation und Fortbildungsbereitschaft der badenwürttembergischen Zahnärztinnen und Zahnärzte, immer fachlich up to date sein zu wollen. Das ist zugleich die notwendige Voraussetzung, um die belegbare hohe Qualität der zahnärztlichen Versorgung im Ländle für unsere Patienten nachhaltig zu sichern. Ein Blick ins heutige Tagungsprogramm zeigt mir, dass die hauptverantwortlichen Organisatoren der Jubiläums-bodenseetagung sich in diesem Jahr besonders darum bemüht haben, ein wirklich meines Erachtens sehr gelungenes Tagungsprogramm mit hochinteressanten fachlichen Themen und TOP-Referenten zusammen-zustellen. Dafür ein herzliches Seite 1 von 6
2 Dankeschön an alle Verantwortlichen der BZK Tübingen sowie auch an Herrn Prof. Haller von der Uni Ulm, stellvertretend für den universitären Bereich. Applaus! Als Kammerpräsident und ganz persönlich beschäftigt mich derzeit neben dem wichtigen Thema der zahnärztlichen Fortbildung aber ein ganz anderes Thema, dass tagtäglich in allen Medien zur Sprache kommt, was uns alle betrifft und uns alle zutiefst emotional berührt, ich spreche von der aktuellen Flüchtlingssituation in unserem Lande und den damit verbundenen offenen Fragen und Problemstellungen, auch für den zahnärztlichen Bereich. Kurz einige Zahlen zur Dimension der aktuellen Flüchtlingswelle: Während für ganz Deutschland mit rund bis ca. 1 Million Flüchtlingen bis Ende des Jahres gerechnet wird, werden für Baden-Württemberg nach Aussagen des Ministeriums für Integration des Landes bis Dezember 2015 noch mindestens Flüchtlinge erwartet, zumeist aus Bürgerkriegsgebieten wie Syrien, Afghanistan, der Ukraine, aber auch Asylsuchende aus dem Balkanstaaten und aus Afrika. Nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel, der die bundesweiten Verteilungsquoten für Asylsuchende pro Jahr entsprechend der Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der jeweiligen Bundesländer berechnet, beträgt die Quote für Baden-Württemberg in diesem Jahr 12,97 Prozent. Seite 2 von 6
3 Das ist die dritthöchste Quote nach Nordrhein- Westfalen und Bayern. Bei der eingangs genannten Gesamtanzahl der deutschlandweit noch für 2015 zu erwartenden Flüchtlinge, könnten auf Baden- Württemberg in diesem Jahr somit bis zu Flüchtlinge zukommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aufnahme sowie die medizinische wie zahnmedizinische Versorgung der Flüchtlinge ist eine gewaltige gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der wir uns alle mit vereinten Kräften stellen müssen. Als Zahnärzte stehen wir in besonderer berufsethischer Verantwortung und Verpflichtung, erkrankte Menschen zahnmedizinisch zu versorgen. Viele Kolleginnen und Kollegen in ganz Deutschland engagieren sich ehrenamtlich bei der zahnmedizinischen Erstversorgung von Flüchtlingen in Flüchtlingsunterkünften oder wie beispielsweise in Berlin durch die Einrichtung von zahnmedizinischen Behandlungszentren auch für nicht registrierte Flüchtlinge. Auch das vorbildliche ehrenamtliche Engagement bei uns in Baden-Württemberg sollte nicht unerwähnt bleiben. Zum Beispiel beim Besuch der Schmerzpatienten in den Landeserstaufnahmestellen, kurz LEA genannt, in Karlsruhe, Meßstetten oder Ellwangen. Auch diejenigen Zahnarztpraxen, die sich in der Nähe von Asylbewerberheimen befinden, haben derzeit einen starken Zustrom an Flüchtlingen zu verzeichnen. Seite 3 von 6
4 Das übergeordnete Ziel dabei ist immer, eine schnelle und unbürokratische Hilfe und zahnmedizinische Versorgung aller bedürftigen Flüchtlinge zu erreichen. Dabei gibt es aber einige Dinge, die problematisch sind. Beispielsweise stehen dann Asylanten vor der Tür, die zwar eine sofortige Behandlung einfordern, aber keinen Behandlungskrankenschein haben. Dazu kommt das Problem der sprachlichen Verständigung, die meist ohne Dolmetscher nicht funktioniert und ebenso eine Schmerzanamnese oder Aufklärung teilweise oder ganz unmöglich macht. Oder auch die fehlenden Ergebnisse des obligatorischen Gesundheitsschecks im Erstaufnahmelager, so dass nicht klar ist, ob eine Ansteckungsgefahr, zum Beispiel bei einer Tuberkuloseerkrankung, für Arzt und andere Patienten gegeben ist. Insgesamt problematisch sind die derzeitig geltenden Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes für Flüchtlinge, das eine Behandlung von Asylbewerbern nur bei akuten Erkrankungen mit Schmerzzuständen regelt. Durch die zunehmende Bearbeitungszeit vieler Asylverfahren, die schon mal über ein Jahr in Anspruch nehmen, besteht auch das Problem, dass bei der ausgeschlossenen Zahnprophylaxe die Entstehung von Karies und die Entwicklung anderer Zahnerkrankungen zumindest nicht vermindert wird oder sogar eine Erkrankung erst festgestellt werden kann, wenn bereits irreparable Schäden entstanden sind. Seite 4 von 6
5 Diesem Problem kann solange nicht ernsthaft begegnet werden, solang eine eingehende Untersuchung im Sinne der BEMA Nummer 1 Position nicht stattfindet. Hier ist meines Erachtens aus medizinischen und humanitären Gründen dringender Verbesserungsbedarf vorhanden. Ob die Leistungsansprüche für die medizinische Versorgung von Flüchtlingen generell ausgeweitet werden, das sollten die verantwortlichen Gesundheitspolitiker möglichst schnell entscheiden. In diesem Sinne kann ich unserem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zustimmen, der schnellstmöglich die bundesweite Einführung einer Gesundheitskarte für Flüchtlinge fordert. Von Kammerseite aus haben wir gerade in Kooperation mit der Bundeszahnärztekammer einen Informationsleitfaden für alle interessierten Kolleginnen und Kollegen erarbeitet, indem noch einmal alle hier aufgeführten Probleme der Behandlung von Asylbewerbern ausführlich beschrieben worden sind und der jetzt bereits ab kommender Woche veröffentlicht werden wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, der hier skizzierte Problemaufriss zur aktuellen Flüchtlingssituation zeigt, dass es noch viel zu tun gibt, um die zukünftige Flüchtlingspolitik besser zu koordinieren und zielgerichteter zu regeln. Das kann nur gelingen, wenn alle mit anpacken und zusammen mitwirken und gemeinsam Lösungen finden, die wirklich helfen, die Situation für die vom Seite 5 von 6
6 Leid gezeichneten Flüchtlinge zu verbessern, angefangen beim Bund, über die Länder, Kommunen, Wohlfahrtverbände, Behörden bis zu den ehrenamtlichen und karitativen Einrichtungen. Deshalb appelliere ich an die EU-Politik, endlich feste Quoten zur fairen Verteilung der Anzahl der Asylanten auf alle EU-Mitgliedsstaaten schnellstmöglich einzuführen, um hier Stabilität und Ordnung in der Asylpolitik zu schaffen Ich appelliere an die deutsche Politik, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Asylverfahren zu beschleunigen und die Lasten für Bund, Länder und Kommunen ausgeglichen zu verteilen. Ich hoffe, dass auf dem Flüchtlingsgipfel von Bund und Ländern am 24. September auch über Finanzfragen und mögliche Gesetzesänderungen gesprochen und die Forderung der Länder nach finanzieller Hilfe ausreichend berücksichtigt wird, um Überlastungen zu vermeiden. Und last but not least appelliere ich an uns selbst, an unseren Berufsstand, unseren Beitrag zu leisten und sich angesichts dieser humanitären Notsituation, die Deutschland nachhaltig verändern wird, mit persönlichem Einsatz und pragmatischer Hilfe bei der Flüchtlingshilfe mitzuwirken, um die von Frau Bundeskanzlerin Merkel beschriebene deutsche Willkommenskultur mit Inhalt, Menschlichkeit und Nächstenliebe zu füllen. Am Ende meines Grußwortes bleibt mir nur, Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die nächsten beiden Tage viel Erfolg, interessante Vorträge und gute kollegiale Gespräche im Rahmen der 50.Bodenseetagung zu wünschen! Seite 6 von 6
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