Anti Counterfeiting Trade Agreement Das Ende des freien Internets? - Eine rechtliche Betrachtung. von Thilo Märtin, Rechtsanwalt
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- Richard Lorenz
- vor 8 Jahren
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1 Anti Counterfeiting Trade Agreement Das Ende des freien Internets? - Eine rechtliche Betrachtung von Thilo Märtin, Rechtsanwalt
2 Zur Person: Thilo Märtin Rechtsanwalt und Geschäftsführer der Märtin & Nitsch Gruppe, Nürnberg. Er ist seit sieben Jahren als Datenschutzberater für Konzerne und mittelständische Unternehmen tätig. Er bereitet als behördlich bestellter Datenschutz-Sachverständiger IT- Produkte auf das Datenschutzgütesiegel des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein vor. Als Autor für den Haufe Verlag erarbeitet er datenschutzrechtliche Lösungen für Personalabteilungen für das Haufe Personal Office und für Lexware.
3 Überblick Medialer Überblick Inhaltlicher Überblick Butter bei de Fische Acta konkret! Section 5, Art. 27 näher betrachtet Ausblick Wie geht s weiter?
4 Medialer Überblick Infoseiten: stopp-acta.info Golem.de + Verein digitale Gesellschaft stopacta.de Dort findet man Viel Konjunktiv - viele könnte und wenn s und möglicherweise Man findet viele Quellen, manche davon sehr reißerisch, aber die wenigsten davon mit Tiefgang. Berechtigter Vorwurf der Gegner: Das Handelsabkommen Acta wurde hinter verschlossenen Türen ausgehandelt und war vor der öffentlichen Diskussion deutlich schärfer formuliert. -> Die öffentliche Kritik war/ist schon aus diesem Punkt gerechtfertigt gewesen.
5 Überblick Medialer Überblick Inhaltlicher Überblick Butter bei de Fische Acta konkret! Section 5, Art. 27 näher betrachtet Ausblick Wie geht s weiter?
6 Inhaltlicher Überblick (1) Das grundlegende Problem: Acta ist ein Rahmenübereinkommen vieler Staaten. Die konkrete Umsetzung des Rahmens ist den Staaten überlassen. Alle Regelungen sind allgemein und vage gehalten und lassen viel Raum für Interpretation. -> jeder sieht die schlimmste Möglichkeit der Auslegung! -> für Juristen noch zu unkonkret!
7 Inhaltlicher Überblick (2) 24 Seiten Text mit 45 Artikeln Bindend ist die englische Version Regelungen zur Produktpiraterie im physikalischen Umfeld Inhaltlich interessant: Section 5: Enforcement of Intellectual Property Rights in the Digital Environment (Art. 27) Entscheidung über die Ratifizierung EU-Staaten und das EU- Parlament, aber ohne Parlamentszustimmung ist ACTA tot. Das Abkommen liest sich selbst für EU-Verhältnisse weder ungewöhnlich hölzern, noch klingen die Regelungen darin besonders drakonisch (wovon ich nach der ganzen Schreierei in der Öffentlichkeit ausgegangen war). Ganz im Gegenteil klingt es sogar zu weiten Teilen sehr vernünftig und scheint einen völlig legitimen Zweck zu verfolgen, nämlich to enforce intellectual property rights, sogar mit Zusatz taking into account differences in their respective legal system and practices (Einleitung). Dagegen ist beim besten Willen nichts zu sagen. Was Recht ist, ist ja nicht grundlos Recht. (RA Frank Stiegler)
8 Überblick Medialer Überblick Inhaltlicher Überblick Butter bei de Fische Acta konkret! Section 5, Art. 27 näher betrachtet Ausblick Wie geht s weiter?
9 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 2 näher betrachtet: [ ]Eine Vertragspartei darf in ihrem Recht eine umfassendere Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums festschreiben, als es dieses Übereinkommen vorschreibt, sofern die betreffenden Maßnahmen diesem Übereinkommen nicht zuwiderlaufen.[ ] Kritik der Gegner: Acta sei ein scharfes Schwert, weil es keine Umsetzung lascherer Maßnahmen erlaube, als in ACTA enthalten. Dem ist entgegen zu setzen: Schwammige Regelungen lassen viel Spielraum auch hinsichtlich dessen, was lascher ist. Berechtigt ist, dass die schwammigen Regelungen zu Abwägungsproblemen mit bestehenden (Grund-)rechten führen werden. Allerdings wirkt ACTA nicht unmittelbar, sondern lediglich über Ausführungsgesetze. Aber dafür gibt es dann das BVerfG, den EuGH und den EGMR.
10 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absatz 1: Jede Vertragspartei sorgt dafür, dass die [ ]aufgeführten [gerichtlichen]durchsetzungsverfahren in ihrem Recht vorgesehen werden, damit wirksam gegen jede Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, die im digitalen Umfeld erfolgt, vorgegangen werden kann; dies umfasst auch Eilverfahren zur Verhinderung von Verletzungshandlungen und Rechtsbehelfe zur Abschreckung von weiteren Verletzungshandlungen. schafft rechtliche Durchsetzungsmöglichkeiten existieren bereits im Urheberrecht ( a UrhG) Abschreckungsprinzip wohnt allen Strafnormen inne
11 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absatz 2: Über die Bestimmungen des Absatzes 1 hinaus gelten die Durchsetzungsverfahren der jeweiligen Vertragspartei auch bei der Verletzung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten über digitale Netze, was gegebenenfalls die widerrechtliche Nutzung von Mitteln zur Weiterverbreitung zu rechtsverletzenden Zwecken einschließt. Diese Verfahren sind so anzuwenden, dass rechtmäßige Tätigkeiten, einschließlich des elektronischen Handels, nicht behindert werden und dass in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei Grundsätze wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre beachtet werden. [Fußnote:] Dies umfasst beispielsweise unbeschadet der Rechtsvorschriften einer Vertragspartei die Annahme oder Aufrechterhaltung einer Regelung zur Beschränkung der Haftung von Internet-Diensteanbietern oder der Rechtsbehelfe gegen Internet-Diensteanbieter bei gleichzeitiger Wahrung der rechtmäßigen Interessen der Rechteinhaber. Art. 4 Abs. 1 (a) : Dieses Übereinkommen verpflichtet eine Vertragspartei nicht zur Offenlegung von: a) Informationen, deren Offenlegung gegen das Recht dieser Vertragspartei, einschließlich ihrer Vorschriften zum Schutz der Privatsphäre,[ ] verstoßen würde, Durchsetzung muss auch im Internet möglich sein Beachtung Schutz der Privatsphäre ist enthalten! Gegner sagen jedoch, das gelte nur für rechtmäßige Tätigkeiten (Satz 1) -> ist falsch wegen Art. 4 (s. Kasten) Diensteanbieter sollen geschützt werden eine klare Lobbyregelung.
12 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absatz 3: Jede Vertragspartei ist bestrebt, Kooperationsbemühungen im Wirtschaftsleben zu fördern, die darauf gerichtet sind, Verstöße gegen Marken, Urheberrechte oder verwandte Schutzrechte wirksam zu bekämpfen und gleichzeitig den rechtmäßigen Wettbewerb und in Übereinstimmung mit den Rechtsvorschriften der jeweiligen Vertragspartei Grundsätze wie freie Meinungsäußerung, faire Gerichtsverfahren und Schutz der Privatsphäre zu beachten. Wenig ergiebige Norm denkbar ist die Förderung von staatlichen Aufgaben in privaten Händen, z.b. VeriSign zur Domainvergabe, die quasi eigene, rechtliche Regelungen aufstellen kann.
13 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absatz 4: Eine Vertragspartei kann [ ] Behörden dazu ermächtigen, einem Online- Diensteanbieter gegenüber anzuordnen, einem Rechteinhaber unverzüglich die nötigen Informationen zur Identifizierung eines Abonnenten offenzulegen, dessen Konto zur mutmaßlichen Rechtsverletzung genutzt wurde, falls dieser Rechteinhaber die Verletzung eines Marken-, Urheber- oder verwandten Schutzrechts rechtsgenügend geltend gemacht hat und die Informationen zu dem Zweck eingeholt werden, diese Rechte zu schützen oder durchzusetzen. [ ] Knackpunkt der Kritik der Gegner: Provider müssten Traffic inhaltlich(!) überwachen, um dies zu gewährleisten. Das steht aber nirgendwo nochmal hingeguckt! Das UrhG sagt: Als Verletzter kann ich Auskunft vom Verletzter verlangen, notfalls über Offenlegung der Providerdaten (s. Kasten). eine inhaltliche Überwachung des gesamten(!) Traffics wurde im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gerade vom BVerfG verworfen. (Stichworte QuickFreeze und 7-Tage-Speicherung ) UrhG 101 Anspruch auf Auskunft (1) 1 Wer in gewerblichem Ausmaß das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Vervielfältigungsstücke oder sonstigen Erzeugnisse in Anspruch genommen werden. (9) 1 Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten ( 3 Nr. 30 TKG) erteilt werden, ist für ihre Erteilung eine vorherige richterliche Anordnung über die Zulässigkeit der Verwendung der Verkehrsdaten erforderlich, die von dem Verletzten zu beantragen ist.
14 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absatz 4 (2): Kritik der Gegner: Verletzte müsse nicht einmal die Verletzung beweisen und auch nicht über die Gerichte gehen : Auch heute ist eine nur schlüssige Darlegung einer Verletzung ausreichend (kein Beweis). Es ist ausreichend, wenn der Verletzte darlegen kann, dass eine Verletzung seiner Rechte wahrscheinlich(!) ist. Der mutmaßliche Verletzter kann dann darlegen, warum dies nicht der Fall ist (sog.sekundäre Darlegungslast). Der Begriff rechtsgenügend geltend gemacht, bedeutet nicht, dass der Verletzte seine Rechet außergerichtlich geltend machen kann (was heute schon im Rahmen von Abmahnungen geht Exkurs gewünscht?), sondern, dass die Durchsetzung dem geltenden Recht des jeweiligen Staates genügen muss. Art. 27 Abs. 4 ACTA: Eine Vertragspartei kann [ ] Behörden dazu ermächtigen, einem Online-Diensteanbieter gegenüber anzuordnen, einem Rechteinhaber unverzüglich die nötigen Informationen zur Identifizierung eines Abonnenten offenzulegen, dessen Konto zur mutmaßlichen Rechtsverletzung genutzt wurde, falls dieser Rechteinhaber die Verletzung eines Marken-, Urheber- oder verwandten Schutzrechts rechtsgenügend geltend gemacht hat und die Informationen zu dem Zweck eingeholt werden, diese Rechte zu schützen oder durchzusetzen. [ ]
15 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absatz 5: Jede Vertragspartei sieht [ ] wirksame Rechtsbehelfe gegen die Umgehung wirksamer technischer Vorkehrungen [Fußnote] vor, von denen Autoren, ausübende Künstler oder Hersteller von Tonträgern [ ] Gebrauch machen und die Handlungen in Bezug auf ihre Werke [ ] einschränken, welche die [ ] Autoren [ ] nicht erlaubt haben oder die nach dem Gesetz nicht zulässig sind. Übersetzung: Umgehung des Kopierschutzes ist verboten! Interessante Regelung deshalb, weil das UrhG sagt, dass dies zur privaten Nutzung (im nicht gewerblichen Umfeld) straffrei bleibt ( 108b Abs. 1 UrhG). Art. 6 sagt : Es sei ein wirksames Vorgehen gegen jede Verletzung von unter dieses Übereinkommen fallenden Rechten des geistigen Eigentums [zu] ermöglichen, Art. 3 Abs. 2 ACTA sagt: Dieses Übereinkommen begründet für eine Vertragspartei keine Verpflichtung, Maßnahmen zu ergreifen, wenn ein Recht des geistigen Eigentums nach ihren Rechtsvorschriften nicht geschützt ist. Art. 27 Abs. 6! Kopierschutzumgehung IST zu gewährleisten, ABER in Übereinstimmung mit nationalen Gesetzen. Abs. 8 sagt, Ausnahmen seien zulässig - > Ausgang nicht eindeutig, Änderung des UrhG aber wohl nicht erforderlich! Fußnote zu Art. 27 Abs. 5 ACTA: Für die Zwecke dieses Artikels sind technische Vorkehrungen alle Technologien, Vorrichtungen oder Bestandteile, die im normalen Betrieb dazu bestimmt sind, Werke, Darbietungen und Tonträger betreffende Handlungen zu verhindern oder einzuschränken, die von den Autoren, ausübenden Künstlern oder Herstellern von Tonträgern nicht genehmigt worden sind, entsprechend den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei. Unbeschadet des Geltungsbereichs des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte in den Rechtsvorschriften einer Vertragspartei sind technische Vorkehrungen als wirksam anzusehen, soweit die Nutzung geschützter Werke, Darbietungen oder Tonträger von den Autoren, ausübenden Künstlern oder Herstellern von Tonträgern durch eine einschlägige Zugangskontrolle oder einen Schutzmechanismus wie Verschlüsselung oder Verzerrung oder einen Mechanismus zur Kontrolle der Vervielfältigung, welche die Erreichung des Schutzziels sicherstellen, unter Kontrolle gehalten wird.
16 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absatz 7: Um elektronische Informationen für die Wahrnehmung der Rechte [Fußnote] zu schützen, sieht jede Vertragspartei [ ] wirksame Rechtsbehelfe gegen Personen vor, die wissentlich eine der nachstehenden Handlungen vornehmen, obwohl ihnen bekannt ist oder in Bezug auf zivilrechtliche Rechtsbehelfe den Umständen nach bekannt sein muss, dass diese Handlung die Verletzung eines Urheberrechts oder eines verwandten Schutzrechts herbeiführen, ermöglichen, erleichtern oder verbergen wird: a. Entfernung oder Änderung elektronischer Informationen für die Wahrnehmung der Rechte, b. Verbreitung, [ ] öffentliche [ ] Zugänglichmachung von Werken, [ ] in Kenntnis [ ], dass elektronische Informationen für die Wahrnehmung der Rechte unbefugt entfernt oder geändert wurden. Übersetzung: Das Entfernen von Copyright-Infos und dazugehörigen Zahlen und Codes ist verboten. ABER: Wann muss dies jemanden bekannt sein? Oder in Bezug auf zivilrechtliche Rechtsbehelfe bekannt sein? Gibt es hier womöglich ausnahmsweise Fälle, in denen Unwissenheit vor Strafe schützt? -> Klärungsbedarf!
17 Butter bei de Fische Acta konkret! Artikel 27 näher betrachtet Absätze 6 und 8: Die Absätze sechs und acht habe ich aus Langweiligkeitsgründen hier ausgelassen Gerne weitere Infos in der persönlichen Diskussion!
18 Überblick Medialer Überblick Inhaltlicher Überblick Butter bei de Fische Acta konkret! Section 5, Art. 27 näher betrachtet Ausblick Wie geht s weiter?
19 Ausblick wie geht s weiter? (1) Anstehende Meilensteine und Ziele: Keine Vorlage vor den EuGH, weil > das EU-Parlament scheint sich (im Moment) einig über die Ablehnung von ACTA zu sein. Erklärtes Ziel von ACTA: Westliches Schutzniveau soll in andere Staaten exportiert werden. Eine EU- Rechtsänderung sei deshalb nicht nötig [so das BMJ] EuGH hat in seiner Netlog -Entscheidung bereits entschieden, dass Provider nicht zur Überwachung des Internetverkehrs verpflichtet oder dafür haftbar gemacht werden können (Urt.v , C-360/10)
20 Resümee: Ausblick wie geht s weiter? (2) Acta ist entgegen der Gegner nicht unnötig, wenn damit ein besserer Urheberrechtsschutz in Ländern ohne solche Regelungen erreicht werden kann. Vorhandene Regelungen erscheinen nicht unrechtmäßig und schon gar nicht verfassungswidrig. Fraglich bleibt, wie die daraus resultierenden Gesetze aussehen.
21 Auf den Punkt Acta ist in seinen Regelungen sehr schwammig ja. Aber das bedeutet, dass der konkretere, nationale Gesetzgebungsrahmen Vorrang hat und haben darf: Jede Regierung wird ihre neuen (Urheberrechts-) Gesetze also zunächst am eigenen Grundgesetz messen und nicht an Acta: Acta bekommt man im Zweifel schon passend hin!
22 MÄRTIN & NITSCH GRUPPE Datenschutzberatung vom Spezialisten. VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT! KONTAKT: Thilo Märtin Rechtsanwalt Märtin & Nitsch Gruppe Kleestr Nürnberg Tel.: Fax:
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