Alte Grenzsteine zeugen von der Geschichte des Hofes Merzhausen bei Rosenthal und des Deutschen Ordens

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1 Alte Grenzsteine zeugen von der Geschichte des Hofes Merzhausen bei Rosenthal und des Deutschen Ordens Der Deutsche Orden ist eine geistliche Ordensgemeinschaft und wird auch Deutschherrenoder Deutschrittenorden genannt. Seine Gründung entstand auf dem Höhepunkt der abendländischen Kreuzzugsbewegung. Aus einer Bürgerstiftung Ende des 12.Jahrhunderts in einem Feldhospital in der Nähe der heute israelischen Stadt Akkon als Hospitalbruderschaft gegründet, und dies während des III. Kreuzzuges zur Rückeroberung des Heiligen Landes. Die Ordensgemeinschaft verfolgte als Hauptziel die Bekehrung der Ungläubigen und kranke Pilger und verwundete deutschsprachige Kriegsteilnehmer zu versorgen. Dies übernahmen um 1190 deutsche Kaufleute aus Bremen und Lübeck. Durch die Vermittlung der Hohenstaufer erwarben sie beim Papst die Rechte einer geistlichen Vereinigung erteilte der Papst einen Stiftungsbrief. Zwei Jahre später wurde in Akkon auf einer Versammlung führender deutscher Adliger - unter ihnen Landgraf Hermann von Thüringen - und anderer Großen die Umwandlung der Bruderschaft in einen Ritterorden beschlossen. Der Orden setzte sich überwiegend aus deutschen Rittern und Fürsten zusammen. Geistliche und Laien bildeten eine karitative Gemeinschaft zur Pflege der Kranken und Armen, die nach der Johanniterregel erfolgte. Für Ritter- und Priesterbrüder galten die Regeln der Templer. Dem Orden gehörten bei gleichen Rechten nicht nur Ritter an, auch Bürger und Bauern wurden aufgenommen. Nur in der Kleidung waren Unterschiede zu erkennen. Adlige Ordensbrüder trugen den weißen, die übrigen den grauen Mantel mit dem Kreuz der Ordensritter. Anfang des 13.Jahrhunderts entwickelte sich die Gemeinschaft im Deutschen Reich zum drittgrößten Ritterorden in Europa. Diese Einrichtungen wurden von Mitgliedern des Ordens unter Leitung eines Komturs geführt. Jedes Bruderhaus war für den Grundbesitz einer bestimmten Region zuständig. Mehrere Häuser oder Kommenden eines weiteren Gebietes, die ihrerseits einem Haupthaus unterstanden, bildeten eine Ballei den höchsten übergeordneten Verwaltungsbezirk dem ein Landkomtur vorstand. Unter ihnen befand sich auch die Ballei in Marburg, die den Besitz in der Ordenprovinz Hessen verwaltete. Der Deutsche Orden steht in der Rechtsnachfolge des Ritterordens aus der Zeit der Kreuzzüge. Ihm gehören gegenwärtig 1100 Mitglieder an, die sich vorwiegend karitativen Aufgaben stellen. Der Hauptsitz des Ordens befindet sich heute in Wien. 1

2 Der Deutschordenshof Merzhausen gehörte zur Niederlassung der Deutschherren in Marburg. Vor den Toren der Stadt an der Lahn hatte die geistliche Gemeinschaft 1234 das Grabmal der soeben heiliggesprochenen Landgräfin Elisabeth von Thüringen und das von ihr gegründete kleine Franziskushospital bei Marburg übernommen. Mit dem Hospital verband sich zugleich die Pflege des Grabes der Landgräfin, das sich bereits unmittelbar nach dem Tod zu einem vielbesuchten Wallfahrtsort entwickelt hatte. Dadurch stellten sich dem Orden Aufgaben, die weit über die Pflichten im herkömmlichen Hospitaldienst hinausreichten. Innerhalb weniger Jahrzehnte entwickelte sich diese personell wie materiell gut ausgestatteten Ballei zu einem organisatorischen Mittelpunkt im Reich, dem auch durch Schenkungen und Kauf erworbene Besitzungen in Merzhausen angeschlossen wurden überließ Graf Berthold von Ziegenhain dem Deutschen Orden seine Güter in Merzhausen mit allem Zubehör. Bereits 1261 läßt sich ein von Mitgliedern des Marburger Konvents geführter Gutsbetrieb nachweisen. Die Leitung bekam ein Pfleger oder procurator curie übertragen. Der Name Procurator kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Zahlmeister, der das Wichtigste nicht aus den Augen verliert, nämlich das Geld. Dieser Bruder übte sein Amt als landwirtschaftlicher Verwalter im Auftrag des Marburger Hauses aus, das sonst für alle Belange seiner Außenstelle, besonders bei Rechtsstreitigkeiten, Sorge trug. Der Ordenshof wurde finanziell und materiell von der Zentrale unterhalten. Mit ausdrücklicher Bewilligung des Ordens erbaute sich Landgraf Heinrich um 1280 innerhalb des Hofes ein Jagdhaus. Im Jahre 1289 erklärte er, daß das Haus samt Grunde auf dem es stehe, dem Orden als Eigentum gehöre und verbot selbst seinem Schwiegersohn, dem Grafen von Ziegenhain, in seinem Burgwald zu jagen oder jagen zu lassen. Mit dem Mönchwald hatte der Deutsche Orden den größten Ordenswald in Hessen im Besitz. Um 1700 betrug die Größe des Hofgutes Merzhausen an Ackerland 123 Morgen, an Wiesen 41 Morgen, an Teichen sechs Morgen und an Wald 1036 Morgen. In dieser Zeit erfolgte auch eine neue Grundvermessung zum Burgwald hin, die als Grundlage für die im Jahr 1736 erfolgte Versteinung der Außengrenzen diente. 2

3 Repro.Hessisches Staatsarchiv Marburg, Karte P II Die farbige Handzeichnung, aufgenommen von Hermann Rudolphi 1700, ist eine beglaubigte Kopie von Johann Leonhardt Jungert vom 07. März 1753 und zeigt den Deutschordenshof Merzhausen und den zugehörigen Mönchwald von Die als Inselkarte gezeichnete Darstellung zeigt außerhalb des durch Grenzlinien und Grenzsteine scharf abgegrenzten Bezirks von Hof Merzhausen und dem zugehörigen Mönchwald nur die Wasserläufe und Wege mit Angabe der Zielorte. Das Gelände des Hofes mit Gebäuden, Feldern, Wiesen, Teichen und Wasserläufe ist durch Zeichnung und Farbgebung von dem umliegenden Mönchwald, der durch Baumdarstellungen gekennzeichnet ist, abgehoben. Die Karte ist Teil einer umfangreichen Aufnahme der Freihöfe und Waldungen des Deutschen Ordens, die im Jahr 1700 auf Anordnung des Landkomturs Grafen von der Lippe durch den hessischen Geometer Johann Hermann Rudolphi vorgenommen wurde. Von kulturhistorischer Bedeutung sind die fast drei Jahrhunderte alten Grenzmarken des ehemaligen Deutschordenshofes Merzhausen. Etwa 60 Grenzsteine sind auf dem Plan des Teutschen Freijen Ordens Hoffs Mertzhausen von Geometer Hermann Rudolphi verzeichnet. Heute sind nur noch 25 historische Grenzmarken in überwiegend guterhaltenem Zustand an den ehemaligen Außengrenzen des Deutschordenshofs zu finden. Einige von ihnen wurden vom Forst in der Folgezeit zu Abteilungssteinen (Distriktsteine) umfunktioniert. Leider sind die aus dem 18. Jahrhundert stammende Grenzsteine nur noch an der ehemaligen West-, Ost- und Nordgrenze des einstigen Deutschordenshofes anzutreffen. Während die ehemalige Ostgrenze heute die Gemarkungsgrenze zwischen Wohratal und Rauschenberg - Bracht markiert, bildet die damalige Nordgrenze heute den Grenzverlauf der Landkreise Waldeck-Frankenberg und Marburg - Biedenkopf. Diese Grenze ist auch zugleich die Gemarkungsgrenze - Süd der Burgwaldstadt Rosenthal. Die einstige Süd- und Westgrenze des Ordenshofes ging in die Waldflur Rauschenberg - Bracht über. An der Südgrenze sind nur noch der Eckstein Nr. 40 unweit vom Stern (Waldwegekreuz) und der Ordensstein Nr. 28 anzutreffen. Die ehemalige Westgrenze und darüber hinaus zeigt uns noch vier Grenzsteine mit der Jahreszahl Zwei von ihnen tragen noch das Ordenskreuz und eine Steinnummer. Während zwei weitere Steine zu Abteilungssteinen umfunktioniert wurden, aber noch Anzeichen des gemeißelten Ordenskreuzes erkennen lassen. Alle historischen Grenzmarken haben einen gewölbten Kopf. Im Mönchwald anzutreffende Grenzsteine tragen das eingemeißelte romanisches Ordenskreuz auf der Frontseite und die Jahreszahl 1736 mit dem (H) -Landgrafschaft Hessen- auf der Steinrückseite. Bei diesen Grenzmarken ist auf der schmalen Steinseite ein eingemeißeltes und auf den Kopf gestelltes N (Umklappung) mit der Steinnummer zu erkennen. An der ehemaligen nördlichen Außengrenze des Deutschordenshofes hin zur Gemarkung der Stadt Rosenthal und der Kreisgrenze Waldeck - Frankenberg und Marburg - Biedenkopf, treffen wir auf weitere Grenzmarken deren Steinnummern mit Farbe aufgetragen sind. Neben dem eingemeißelten (R) für Rosenthal ist auf der Steingegenseite ein gemeißeltes (M) für Merzhausen oder ein (H) für Landgrafschaft Hessen zu sehen. Hier entlang der Teiche und dem Krimmelbachgrund sind weitere historische Grenzmarken einzusehen, deren eingemeißelten Ordenskreuze unterschiedlichen Epochen zuzuordnen sind. Das in Stein geschlagene Tatzenkreuz der Ordensritter und ein großes gemeißeltes X (schrägliegendes Andreaskreuz) mit einem später eingemeißelten (H) für Landgrafschaft Hessen, lassen diese unterschiedlichen Zeitabschnitte vermuten. 3

4 Verschiedene Grenzmarken 4

5 Auf diesem Grenzabschnitt in der Feldflur Merzhausen zu Rosenthal sind auch einige Steine mit einem gemeißelten schlichten lateinischen Kreuz und darunter einem (M) für Merzhausen anzutreffen. Hierbei handelt es sich vermutlich um Gütersteine die Anfang des 18. Jahrhunderts gesetzt wurden um den Ordensbesitz an Wiesen und Äckern zu markieren. In jener Zeit war es üblich, daß insbesondere auswärtige Grundbesitzer vor dem Aufkommen der Grundbücher ihr Eigentum kennzeichneten. Aus Sandstein ist das Material aller aufgespürten Grenzsteine des Deutschordenshofes, da Steinbrüche in der Burgwaldregion reichlich vorhanden waren. Alle historischen Grenzsteine des Ordenshofes sind über die textliche Beschreibung hinaus auch fotografisch dokumentiert und mit einem Symbol auf Liegenschaftskarten erkennbar. Die Bestandsaufnahme erfolgte 2010/11 für das Amt für Bodenmanagement Marburg von Helmuth Vaupel -Obmann für historische Grenzsteine um Rosenthal-. Neben den Grenzsteinen sind zwei Wappensteine von historischer Bedeutung. Dies ist der Wappenstein der Heiligen Elisabeth um 1550 und der Wappenstein des Landcomturs Johann von Rehen aus dem Jahr Ein herausragendes kulturhistorisches Zeugnis ist der aus rotem Sandstein gefertigte Wappenstein um 1550, der Anfang der 1960iger Jahre bei Umbauarbeiten im alten Förstergehöft, dem Nachfolgebau der Ordensniederlassung in Merzhausen, gefunden und an das Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Philipps-Universität Marburg überwiesen wurde. Auf dem Rahmenstreifen über dem Wappen ist die Inschrift HOLDINGHAVE(N) zu lesen. Der linke Teil des Reliefsteins mit einem zweiten Wappen ist abgeschlagen, vermutet wird das Wappen des Landkomturs Johann von Rehen. Er war ab 1545 Leiter der Ballei Hessen in Marburg. Die Steinmitte zeigt die Hl. Elisabeth mit Kirchenmodell und Bettler, daneben das Wappen des Deutschordens, mit Herzschild Gottfried von Holdinghausen den Trappierer (Vermögensverwalter). Der Wappenstein befand sich ehemals an dem im 19. Jahrhundert abgebrochenen Deutschordenshaus in Merzhausen, Die heutigen Maße des Sandsteins: Höhe 78 cm, Breite 88 cm, Tiefe 15 cm. 5

6 Museum für Kunst und Kulturgeschichte Sammlungen im Landgrafenschloß und im Ernst-von-Hülsen-Haus Bildarchiv Foto Marburg Ein weiteres Relikt der frühen Neuzeit ist das Wappen des Landkomturs Johann von Rehen auf dem gotischen Türsturz über dem Tor zum Gewölbekeller der Mönche. Der Wappenstein mit der eingemeißelten Jahreszahl 1551 gehört zu den letzten baulichen Spuren, die auf das Leben der ehemaligen Ordenskastnerei Merzhausen hinweisen. Über der Jahreszahl sind fünf Buchstaben eingemeißelt mit den Initialen des Landkomturs : -J-V-R-L-C- = Johann von Rehen -Landcomtur-. In der Elisabethkirche in Marburg hängt im Hohen Chor ein Wappenschild der Familie von Rehen mit der Aufschrift Johannes von Ryn (anno) Das Familien - Wappen beinhaltet in der Mitte einen nach rechts gewandten Hahnenkopf. Der Wappenstein in Merzhausen wurde mit Sandstrahl gereinigt und hat daher einen hellen Farbton. Durch die Kaiser Napoleon betriebene Auflösung geistlicher Besitzungen im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses verlor der Deutsche Orden 1809 seine Güter in der Ballei Hessen. Der Waldbesitz wurde Staatswald, das Hofgut Merzhausen in Erbleihe gegeben und dem Ortsverband Rosenthal eingegliedert. Das einstige Ordenshaus der Brüder aus Marburg wurde abgerissen und durch ein Wirtschaftsgebäude 1836 ersetzt, später das Forsthaus genannt wurde es dem Forstfiskus verkauft, der die Anlage als Forsthof nutzte. Am 17.April 1888 schied Merzhausen aus dem Ortsverband Rosenthal aus und wurde dem Gutsbezirk Oberförsterei Bracht und damit dem Kreis Marburg zugeschlagen. Heute befindet sich der Gebäudekomplex in Privatbesitz und wurde sorgfältig renoviert. Literaturnachweis: Prof. Dr. Ursula Braasch Schwersmann: Das Deutschordenshaus Marburg Wirtschaft und Verwaltung einer spätmittelalterlichen Grundherrschaft Marburg 1989 Fritz Himmelmann -Volksschullehrer-: Heimatbuch der Stadt Rosenthal von 1939 Protokollauszüge: Der Kreis Frankenberg: Geschichte seiner Gerichte und Ämter von 1928 Helmuth Vaupel 6