Integration durch Qualifikation:

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1 Integration durch Qualifikation: Einige Anmerkungen aus bildungsökonomischer Sicht Ludger Wößmann ifo Zentrum für Bildungsökonomik Ludwig-Maximilians-Universität München

2 Chancen und Herausforderungen der Zuwanderung von Flüchtlingen 1. Die derzeitige Situation 2. Bildung als Schlüssel zur Integration 3. Das Qualifikationsniveau der Flüchtlinge 4. Maßnahmen zur Integration 5. Politisch umsetzbar? Die Meinung der Deutschen 6. Ausblick

3 1. Die derzeitige Situation

4 Entwicklung der Flüchtlingszahlen in Deutschland seit 2014 Erfasste Flüchtlinge pro Kalenderwoche in Tausend. Quelle: Brücker u.a. (2016), Eine vorläufige Bilanz der Fluchtmigration nach Deutschland, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), auf der Basis von BAMF.

5 Die derzeitige Situation Asylsuchende 2015 nach Deutschland gekommen 1,1 Mio. Registrierungen ( im IV. Quartal) Aber: Mehrfacherfassungen und Weiterreisen Trendumkehr: Registrierungen im I.-III. Quartal 2016 Insb. im I. Quartal Großteil noch im Asylverfahren Sept.: BAMF hat Asylanträge noch nicht beschieden anerkannte Asylbewerber (2015 und 1. Hj. 2016) Gesamtschutzquote: 56% (historisch hoch) Uneingeschränkte Arbeitserlaubnis Dauer der Aufenthaltserlaubnis hängt vom Schutzstatus ab Zunächst v.a. Rechtsstellung als Flüchtling (Befristung 3 Jahre) Mittlerweile v.a. subsidiärer Schutz (Befristung 1 Jahr) Zusätzlich: Personen mit Duldung nach abgelehntem Asylantrag Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (2016), Zeit für Reformen Jahresgutachten 2016/17, auf der Basis von BAMF und Bundesministerium des Innern.

6 Die derzeitige Situation Dauer der Asylverfahren Registrierung von Asylbewerbern bis behördliche Entscheidung in Asylverfahren: knapp 8 Monate (Juli 2016; kontinuierlich gestiegen) Plus Zeit bis zur Registrierung: schnell 1 Jahr ab Einreise und länger

7 Herkunftsländer anerkannter Asylbewerber >75% aus Syrien Personen, deren Erst- oder Folgeanträge von Jan bis Juni 2016 abgeschlossen wurden mit: Anerkennung als Asylberechtigter, als Flüchtling, Gewährung von subsidiärem Schutz, Feststellung eines Abschiebungsverbots. Quelle: SVR auf der Basis von BAMF.

8 Altersstruktur anerkannter Asylbewerber 70% <30 Jahre 70% männlich Personen, deren Erst- oder Folgeanträge von Jan bis Juni 2016 abgeschlossen wurden mit: Anerkennung als Asylberechtigter, als Flüchtling, Gewährung von subsidiärem Schutz, Feststellung eines Abschiebungsverbots. Quelle: SVR auf der Basis von BAMF.

9 Das Integrationsgesetz vom Aug. 2016: Fördern und Fordern 1. Integrationskurse Umfangreicherer und früherer Zugang, Verpflichtung 2. Begleitende Hilfen, assistierte Ausbildung 3. Sicherer Aufenthaltsstatus bei Ausbildungsplatz Während Ausbildung, bei Abschluss für weitere 2 Jahre 4. Wohnsitzauflage (Länder) Auf 3 Jahre befristet, nicht bei Arbeits- oder Ausbildungsplatz 5. Niederlassungserlaubnis erst nach 5 (statt 3) Jahren Voraussetzung: ausreichende Sprachkenntnisse, sicherer Lebensunterhalt 6. Vorrangprüfung ausgesetzt In Regionen mit unterdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit für 3 Jahre Ein-Euro-Jobs

10 2. Bildung als Schlüssel zur Integration

11 Bildung als Schlüssel zur Integration Humanitäre Aufgabe Schutz für Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen Viele: kurzfristig wenig Hoffnung auf Rückkehr in ihre Heimat Für Flüchtlinge mit hoher Bleibeperspektive Von Versorgung auf Integration umschalten Integration funktioniert nicht in Sammelunterkünften Gegen Radikalisierung: erfordert Teilnahme am normalen Leben Integration in Gesellschaft: Sprache, Kultur, Grundwerte und vieles mehr Integration am Arbeitsmarkt Voraussetzung für Integration in allen Dimensionen Auch: Voraussetzung für langfristig positiven Beitrag zu Wachstum, Wohlstand und öffentlichen Finanzen Bildung als Schlüssel zur Integration am Arbeitsmarkt Spracherwerb Berufliche Qualifikation Vgl. u.a. Wößmann (2016), Bildung als Schlüssel zur Integration, ifo Schnelldienst, Heft 1.

12 Je höher der Bildungsabschluss, desto geringer die Gefahr arbeitslos zu werden (Fach-)Hochschule 2,6 Lehre/Fachschule 4,9 ohne Berufsabschluss 19, Arbeitslosenrate nach höchstem Bildungsabschluss, in Prozent, Quelle: IAB (2015).

13 Je höher die Kompetenzen, desto höher das Einkommen USA Irland Deutschland Spanien Großbritannien Südkorea Kanada Polen Japan Niederlande Slowakei Österreich Estland Int. Durchschnitt Frankreich Belgien Finnland Zypern Dänemark Italien Norwegen Tschechien Schweden 1 Kompetenzstufe 650 Euro pro Monat 14,9% 14,2% 13,8% 13,7% 13,2% 12,7% 12,4% 12,1% 27,9% 24,1% 23,5% 22,8% 22,5% 21,7% 19,3% 19,1% 18,4% 18,3% 17,9% 17,9% 17,9% 17,8% 17,4% Durchschnittlicher Anstieg des Bruttoerwerbseinkommens je Arbeitsstunde (in Prozent) pro Anstieg der alltagsmathematischen PIAAC-Kompetenz um eine Standardabweichung, nach Berücksichtigung des Einflusses von Erfahrung und Geschlecht, 35-bis-54- jährige abhängig Beschäftigte in Vollzeit. Quelle: Hanushek/Schwerdt/ Wiederhold/Wößmann (EER 2015). 0 5% 10% 15% 20% 25%

14 3. Das Qualifikationsniveau der Flüchtlinge

15 Die Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge Stochern in einem sich langsam lichtenden Nebel Bis vor 2 Wochen: keine belastbaren Zahlen über berufliche Bildung Hinweise verschiedener Quellen zu bisherigen Asylsuchenden ~10% Hochschulabschluss ~2/3 kein berufsqualifizierender Bildungsabschluss D: 14% Zahlen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) BAMF-Flüchtlingsstudie 2014: Asylberechtigte SoKo -Daten: Asylerstantragsteller 2015 und 1. Hj IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten ( ) Jan Jan eingereiste Geflüchtete mit gestelltem Asylantrag

16 Die Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten Erste repräsentative Datengrundlage über Geflüchtete in Deutschland Derzeit: Personen in Haushalten Befragung Juni-Okt. 2016; vorläufige Daten Grundgesamtheit: im Ausländerzentralregister erfasste Geflüchtete Mind. 18 Jahre alt Jan Jan eingereist Asylantrag gestellt ( Erwachsene) 55% Bewerber (noch im Asylverfahren) 36% mit Schutzstatus 9% mit Duldung Nicht berücksichtigt: noch nicht als Asylsuchende Registrierte Bundesweite Face-to-Face-Befragung, 7 Sprachen In Privathaushalten, Gemeinschaftsunterkünften, Erstaufnahmeeinrichtungen Bisher keine Angaben über Beteiligung, Ausschöpfung Quelle: Brücker/Rother/Schupp (2016), IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten: Überblick und erste Ergebnisse, IAB-Forschungsbericht 14/2016.

17 Die Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten Schulabschluss Beruflicher Bildungsabschluss Weise (14.11.): Flüchtlinge sind besser ausgebildet als gedacht. Pressemitteilung: Geflüchtete Menschen haben eine hohe Bildungsorientierung. 46% streben Schulabschluss an, 66% beruflichen Abschluss Quelle: Brücker/Rother/Schupp (2016), IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten.

18 Das Sprachniveau der Flüchtlinge IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten Bei Einreise 90% keine Deutschkenntnisse 29% (sehr) gut Englisch Selbsteingeschätzte Deutschkenntnisse, <=2 Jahre in D: 18% (sehr) gut, 35% mittel, 47% gering/gar keine Selbsteingeschätzte Deutschkenntnisse, >2 Jahre in D: 32% (sehr) gut, 37% mittel, 31% gering/gar keine Teilnahme an Sprachkursen 1/3 Integrationskurs des BAMF besucht 2/3 Sprachkurs besucht (insg., inkl. andere Träger) Derzeitiger Besuch von Schule, Hochschule oder beruflicher Ausbildung 5% Quelle: Brücker/Rother/Schupp (2016), IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten.

19 Die Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge BAMF- SoKo -Daten ( Soziale Komponente ) Freiwillige Erhebung im Rahmen der Asylerstantragstellung durch BAMF-Mitarbeiter mit Hilfe von Dolmetscher Hier: 2015 und 1. Halbjahr 2016 Angaben von 73% (2015) bzw. 80% (1. Hj. 2016) Anzahl: (2015) bzw (1. Hj. 2016) Probleme: 1. Schulart keine Angaben über berufsqualifizierende Bildung 2. Besuch der Bildungseinrichtung, nicht Abschluss 3. Freiwillig Mögliche Selektion bei 27% bzw. 20% ohne Angabe 4. Selbstauskunft (ohne Nachweise) Überschätzung: strategische Antworten aufgrund von Erwartungshaltung 5. Vergleichbarkeit der Schularten unklar Sekundäre Schulbildung von 11 oder mehr Jahren : Vergleichbar mit deutschem Gymnasium? (ggf. auch inkl. berufliche Schulen)

20 Die Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge BAMF- SoKo -Daten, Asylerstanträge 2015 und 1. Hj Welches ist die höchste von Ihnen besuchte Bildungseinrichtung? Unabhängig davon, ob diese abgeschlossen wurde Höchste besuchte Bildungseinrichtung, volljährige Asylerstantragsteller: 62% der Asylbewerber ohne höhere Sekundarbildung Deutliche Unterschätzung aufgrund der genannten Probleme z.b. Personen mit Abbruch des Gymnasiums nach der 7. Klasse nicht mitgerechnet SoKo -Datenbank. Quelle: Rich (2016) und Neske/Rich (2016), Sozialstruktur, Qualifikationsniveau und Berufstätigkeit, BAMF-Kurzanalysen 3/2016 und 4/2016; eigene Berechnungen.

21 Die Bildungsabschlüsse der Flüchtlinge BAMF-Flüchtlingsstudie 2014 Schriftliche Befragung von Asylberechtigten und anerkannten Flüchtlingen aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Sri Lanka und Syrien Jahre; Status erhalten, Ausländerzentralregister Fragebogen auf Deutsch und je zwei Fremdsprachen, versandt Rücklauf 53%, bereinigt 39% (Gefahr: Verzerrung, z.b. nach Alphabetisierung) Anteile von nicht und höher qualifizierte Personen: Nicht : keine Schule besucht und keine Ausbildung absolviert Höher : 12+ Jahre Schule, wahrsch. Abschluss und Studium (ggf. abgebrochen) BAMF-Flüchtlingsstudie 2014, n=2.437, gewichtet. Basis: Befragte im Alter von 25 bis einschließlich 65 Jahren. Quelle: Worbs/Bund (2016), Qualifikationsstruktur, Arbeitsmarktbeteiligung und Zukunftsorientierungen, BAMF-Kurzanalyse 1/2016.

22 Das Kompetenzniveau der Flüchtlinge Kompetenzniveau schulische Grundausbildung im Herkunftsland Syrien: TIMSS-Studie, repräsentative Stichprobe der 8-Klässler in % unter PISA Stufe I (absolute Grundkompetenzen) D: 16% Durchschnitt D Syrien: 140 PISA-Punkte (~4-5 Schuljahre) Andere Herkunftsländer: Albanien sehr ähnlich Syrien hat Ruf, in der Region ein relativ gutes Bildungssystem zu besitzen Afghanistan: 38% der 15-bis-24-jährigen Männer und 68% der Frauen sind Analphabeten (Weltbank) Flüchtlinge positive oder negative Selektion? Bei Kriegsflüchtlingen eher nicht Oft mehrere Jahre in Flüchtlingslagern ohne geregelten Schulunterricht Selbst nach Spracherwerb: Viele werden Unterrichtsgeschehen kaum folgen können, oft fehlt Ausbildungsreife für hiesige Betriebe Konsistent damit: HWK München/Oberbayern: 70% der Azubis aus Syrien, Afghanistan und Irak haben Lehre nach 2 Jahren abgebrochen Vgl. u.a. Wößmann (2016).

23 Gründe für Zurückhaltung bei Ausbildung 1. Fehlende Kompetenzen (Sprache, Ausbildungsreife) 2. Unkenntnis des deutschen Systems der dualen Ausbildung 3. Kurzfristige Unterstützung der Familie im Heimatland Geringqualifizierte Beschäftigung zum Mindestlohn 4. Fehlende Planungssicherheit Aufenthaltsstatus (zunächst 1 bzw. 3 Jahre, Daueraufenthalt), etc. Beeinflusst Anreize, in für das Zielland spezifische Bildung zu investieren Und: Rechtsunsicherheit der Unternehmen (inkl. Ausführung) 5. Investitionsentscheidung: Kosten und Nutzen Kosten: zunächst für z.b. 3 Jahre Azubigehalt statt Mindestlohn Nutzen: danach deutlich höhere Gehälter am deutschen Arbeitsmarkt Bin ich in 3 Jahren überhaupt noch in Deutschland? Was ist der Nutzen der deutschen Sprache und der deutschen Zertifikate auf Arbeitsmarkt des Heimatlandes (oder anderer Zielländer)? Je länger (erwartete) Nutzungsdauer, desto mehr Bildungsinvestitionen Spezifische Bildung lohnt sich nur bei längerfristiger Bleibeperspektive

24 4. Maßnahmen zur Integration

25 Bildungsmaßnahmen zur Integration der Flüchtlinge Nur realistische Politik hilft den Menschen Keine Illusionen machen Masterplan Bildungsintegration (Aktionsrat Bildung) Asylverfahren beschleunigen 1. Verpflichtende Sprachkurse flächendeckend umsetzen Schnell; auch darum: Beschleunigung der Asylverfahren 2. Schulpflicht (und -recht) bis 21 Jahre Wenn weder berufsqualifizierender Abschluss noch Arbeitsplatz z.b. an Berufs- oder Hochschule 3. Ausbildungsbegleiter Um deutsches duales Berufsausbildungssystem zu durchschiffen 4. Ein- bis zweijährige teilqualifizierende Berufsausbildungen Praktische Fähigkeiten betonen, theoretische Grundlagen begrenzen Vgl. u.a. Wößmann (2016), Bildung als Schlüssel zur Integration; SVR (2016); Aktionsrat Bildung (2016), Integration durch Bildung Migration und Flüchtlinge in Deutschland.

26 Arbeitsmarktmaßnahmen zur Integration der Flüchtlinge Spezifische Hemmnisse am Arbeitsmarkt abbauen Ggf. zunächst ein- bis zweijährige Ausnahmeregelungen 1. Vorrangprüfung flächendeckend abschaffen Regionale Aussetzung halbherzig 2. Flexible Beschäftigungsmöglichkeiten ausbauen Aussetzen: spezifische Wartefristen, Verbot der Zeitarbeit 3. Vorübergehend vom Mindestlohn ausnehmen Direkt als Langzeitarbeitslose werten Praktika: bis 12 Monate 4. Aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nutzen Arbeitsagenturen, kommunale Jobcenter 5. Klar kommunizieren (und umsetzen): dauerhaftes Bleiberecht (nur) bei Deutschkenntnissen und dauerhafter Beschäftigung Schafft Anreize, u.a. für Bildungsinvestitionen

27 Bildungschancen für Flüchtlingskinder Größte Hoffnung! Aber: PISA-Leistungen nach Migrationshintergrund in Deutschland Entscheidend: schnell in täglichen sprachlichen Austausch mit Kindern ohne Migrationshintergrund kommen 1. Verpflichtender Kindergartenbesuch 2. Schnelle Integration in normale Regelklassen Grundschule: sofort; begleitende Sprach- u. Unterstützungsmaßnahmen Weiterführende Schulen: für kurze Phase Vorbereitungsklassen Zum gezielten Spracherwerb; keinesfalls Dauerzustand 3. Erfordert gleichmäßige regionale Verteilung Bei 1 Mio. bleibenden Flüchtlingen: ~1 Flüchtlingskind auf 2 Schulklassen 4. Unterstützendes Personal in Schulen Deutsch als Zweitsprache; Sprache der Heimatländer; Traumatisierung 5. Aus- und Weiterbildung der Lehrkräfte Umgang mit heterogenen Lerngruppen, interkulturelle Kompetenz

28 Regionale Verteilung: Wohnsitzauflage? Gründe für regionale Verteilung Ghettoisierung vermeiden Spracherwerb (gerade auch bei Familien mit Kindern), Isolation, Radikalisierung, Kriminalität Fairness bei der Bewältigung der Herausforderung Unterstützerkreise vor Ort; (bezahlbarer) Wohnraum Gründe für Freizügigkeit bzw. Ansiedlung in Zentren Netzwerke des Herkunftslandes erleichtern Zugang zum Arbeitsmarkt Arbeitsplätze und Unterstützungsmaßnahmen in Zentren Abwägung: für regionale Verteilung Wohnsitzauflage im Saldo sinnvoll Freizügigkeit bei Vorweis von Arbeits- oder Ausbildungsplatz Verteilungsformel: z.b. Arbeitslosenquote und Infrastruktureinrichtungen berücksichtigen

29 5. Politisch umsetzbar? Die Meinung der Deutschen

30 Das ifo Bildungsbarometer 2016 Jährliche Meinungsumfrage Repräsentative Stichprobe der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland Befragte; TNS Infratest; Ende April Anfang Juni 2016 Vgl. Wößmann, Lergetporer, Kugler, Werner (2016), Bildungsmaßnahmen zur Integration der Flüchtlinge Was die Deutschen befürworten, ifo Schnelldienst, Heft 1.

31 Wie schätzen die Deutschen den Bildungsstand der Flüchtlinge ein? Flüchtlinge werden überwiegend als eher niedrig gebildet eingeschätzt 22% 78% Frage: Wie schätzen Sie den Bildungsstand ein, den die Flüchtlinge mitbringen? Der durchschnittliche Bildungsstand der Flüchtlinge ist ifo Bildungsbarometer 2016

32 Können die Flüchtlinge den Fachkräftemangel verringern? Bevölkerung ist eher skeptisch besonders wenn Flüchtlinge als niedrig gebildet eingeschätzt werden 33% 53% 26% 60% 59% 31% Frage: Inwieweit stimmen Sie folgender Aussage zu: Die Flüchtlinge helfen dabei, den Fachkräftemangel der deutschen Wirtschaft zu verringern. ifo Bildungsbarometer 2016

33 Was halten die Deutschen von Maßnahmen zur Integration erwachsener Flüchtlinge? Mehrheiten für verpflichtende Sprachkurse und Schulpflicht bis 21 Jahre 75% 18% 58% 26% Fragen: Recht und Pflicht auf vom Staat finanzierte Sprachkurse: Sind Sie dafür oder dagegen, dass alle Flüchtlinge das Recht und die Pflicht haben, einen Sprachkurs in Deutsch zu besuchen, wobei der Staat die Kosten übernimmt? Schulpflicht bis 21 Jahre: Sind Sie dafür oder dagegen, dass für alle jungen Erwachsenen (auch Flüchtlinge), die weder einen berufsqualifizierenden Abschluss noch einen Arbeitsplatz haben, die Schulpflicht (zum Beispiel an der Berufs- oder Hochschule) bis zum Alter von 21 Jahren ausgeweitet wird? ifo Bildungsbarometer 2016

34 Was halten die Deutschen von Maßnahmen zur Integration erwachsener Flüchtlinge? Kein klares Bild bei Reformen der Berufsausbildung 50% 37% 45% 41% 38% 44% Fragen: Zweijähriges Bleiberecht nach Ausbildungsabschluss: Sind Sie dafür oder dagegen, dass Flüchtlinge, die einen Ausbildungsplatz haben, noch für mindestens zwei Jahre nach Ausbildungsabschluss in Deutschland bleiben dürfen, auch wenn ihr Asylverfahren in der Zwischenzeit abgelehnt wurde? Staatliche Kostenübernahme für Ausbildung: Sind Sie dafür oder dagegen, dass der Staat einen Teil der Ausbildungskosten der Betriebe übernimmt, die Flüchtlingen einen Ausbildungsplatz anbieten? Ausbau kürzerer Ausbildungsberufe: In Deutschland dauert die Berufsausbildung in der Regel drei Jahre. Sind Sie dafür oder dagegen, zusätzlich das Angebot an weniger anspruchsvollen ein- bis zweijährigen Ausbildungsberufen auszubauen, um Ausbildungsaussichten und zügigen Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge zu verbessern? ifo Bildungsbarometer 2016

35 Sollten die staatlichen Bildungsausgaben pro Flüchtling steigen? Mehrheit für unverändertes Niveau 25% 26% Frage: Sollten die staatlichen Bildungsausgaben pro Flüchtling Ihrer Meinung nach steigen, sinken oder unverändert bleiben? ifo Bildungsbarometer 2016

36 Wie sollten Flüchtlingskinder gefördert werden? Zustimmung für Kindergartenpflicht, gleichmäßige Verteilung und mehr Personal 56% 30% 81% 10% 61% 29% Fragen: Kindergartenpflicht für Flüchtlingskinder: Sind Sie für oder gegen eine Kindergartenpflicht für Flüchtlingskinder ab einem Alter von 3 Jahren, wenn die Gebühren vom Staat durch Steuergelder übernommen werden? Gleichmäßige Verteilung der Flüchtlingskinder auf alle Schulen: Sind Sie dafür oder dagegen, dass Flüchtlingsfamilien regional so verteilt werden, dass sich die Flüchtlingskinder möglichst gleichmäßig auf alle Schulen in Deutschland verteilen? Schulpersonal für Betreuung der Flüchtlinge: Sind Sie dafür oder dagegen, dass der Bund den Schulen mehr Geld zur Verfügung stellt, um Sozialarbeiter/innen, Sprachlehrer/innen und Psychologinnen/Psychologen für die Betreuung der Flüchtlinge zu bezahlen? ifo Bildungsbarometer 2016

37 6. Ausblick

38 Sind die Flüchtlinge bereits am Arbeitsmarkt angekommen? Beschäftigung von Flüchtlingen wird statistisch nicht erfasst BA-Statistik zu Personen aus nichteuropäischen Asylzugangsländern ~ 1/10 bis 1/8 der als arbeitssuchend registrierten Flüchtlinge bis Mitte 2016 in Beschäftigung Aber: noch nicht alle Flüchtlinge als arbeitssuchend registriert Arbeitsmarktintegration von Personen aus nichteuropäischen Asylzugangsländern: Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien. 7 U.a. Personen, die an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teilnehmen. Quelle: SVR (2016) auf Basis der BA-Arbeitsmarktstatistik. Vgl. auch Brücker u.a. (2016).

39 Wie lange wird es dauern? Beschäftigungsquoten nach Zuzug 50% 60% 70% 10% Beschäftigungsquoten von Flüchtlingen (anderen Zuwanderern) nach Jahren seit dem Zuzug, in Prozent: Anteil der sozialversicherungspflichtig und geringfügig beschäftigten Flüchtlinge (anderer Zuwanderer) an allen Flüchtlingen (anderen Zuwanderern), die jemals als Beschäftigte, Arbeitssuchende oder Leistungsbezieher registriert wurden. Quelle: Brücker u.a. (2016) auf Basis von IAB-SOEP-Migrationsstichprobe, Integrierte Erwerbsbiografien.

40 Ist das finanziell tragbar? Tragfähigkeitsanalyse des SVR Ergebnis der Tragfähigkeitsanalyse zur Flüchtlingsmigration. 1 Schuldenstand in Relation zum nominalen BIP. 2 Prozentuale Abweichung der Schuldenstandsquote im Vergleich zum Referenzszenario ohne Flüchtlingsmigration. 3 Prozentuale Abweichung der Schuldenstandsquote im Vergleich zum Basisszenario. Quelle: SVR auf Basis von Aretz u.a. (2016).

41 Weitere Aspekte Konkurrenz nur in bestimmten Segmenten des Arbeitsmarktes Vor allem für frühere Migranten mit geringem Qualifikationsniveau Neuartige Herausforderung Ausprobieren und evaluieren (!) Maßnahmen jenseits der Integration In Herkunftsländern darauf hinwirken, dass Krieg, Unterdrückung und Armut als Wanderungsmotive an Bedeutung verlieren Flüchtlingslager in Nachbarländern der Kriegsgebiete unterstützen Koordinierte EU-Politik zu Grenzschutz, Anerkennung vor Eintritt und nationale Asylpolitiken Herausforderung für Fundament und Errungenschaften der EU Vgl. u.a. Dustmann u.a. (2016), The Economics and Politics of Refugee Migration.

42 Migration jenseits der Flüchtlinge Deutschland ist ein Einwanderungsland Zu- und Abwanderung von AusländerInnen nach bzw. aus Deutschland sowie Saldo der Zu- und Abwanderung Bis 1990 nur Westdeutschland aufgrund von Melderegisterbereinigungen nur eingeschränkt mit Vorjahren vergleichbar. Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2016), Bildung in Deutschland 2016: Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zu Bildung und Migration, auf Basis von Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Wanderungsstatistik 2014.

43 Migration jenseits der Flüchtlinge Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund Insg.: 21% Unter 10 Jahre: 35% In einzelnen Ballungszentren: mehr als 50% Fundamentale Unterschiede zwischen Flüchtlings- und wirtschaftlicher Migration Freiwilligkeit auf beiden Seiten Wahlentscheidung auf beiden Seiten Demographischer Wandel Bedeutung für soziale Sicherungssysteme Zuwanderung für Qualifizierte ermöglichen Vgl. u.a. Dustmann u.a. (2016), The Economics and Politics of Refugee Migration; Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2016), Bildung in Deutschland 2016.

44 Integration durch Qualifikation: Einige Anmerkungen aus bildungsökonomischer Sicht Qualifikation ist DER zentrale Faktor für Flüchtlingsintegration Wer Integration will, muss in Qualifikation investieren Anreize für Investitionen in Sprache und Qualifikation schaffen Keine Illusionen machen über Größe der Herausforderung Damit Integration realistisch wird, müssen wir jetzt massiv handeln Ist machbar (bei realistischen Zielen) verlangt aber weit mehr als bisher Maßnahmen 1. Sprachkurse 2. Schulpflicht bis 21 Jahre 3. Ausbildungsbegleiter 4. Teilqualifizierende Ausbildungen 5. Arbeitsmarkthemmnisse abbauen 6. Kindergartenpflicht 7. Integration in Regelklassen 8. Schulisches Personal Wenn Bildungsintegration gelingt, können die Flüchtlingskinder zum Gewinn für unser Sozialsystem werden Wenn nicht: Kosten für unser Sozialsystem