direkt gegenüber der Pfarrkirche: ein kleines viktorianisches Gebäude aus roten Ziegelsteinen, das ein wenig abseits der anderen Häuser in der Reihe

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2 einer rosigen Spitze, klein und perfekt. Alle drei Männer wandten verlegen den Blick ab. Higgins rührte sich als Erster und breitete eine Decke über sie.»was zum Teufel hat sie bloß am Fluss zu suchen gehabt?«, fragte er mit belegter Stimme. Rowe zuckte die Schultern. Er war einige Jahre jünger als seine Kollegen, ein mürrischer Mann ohne jedes Einfühlungsvermögen, der noch nicht lange genug in Rye war, um Bonny in ihren besseren Zeiten gekannt zu haben.»sie war vermutlich wie immer betrunken.«um zwölf Uhr mittags am selben Tag trat Bert Simmonds aus der Polizeiwache und zündete sich eine Zigarette an. Er brauchte ein wenig Zeit allein, um sich zu sammeln. Die Wache lag auf dem Church Square,

3 direkt gegenüber der Pfarrkirche: ein kleines viktorianisches Gebäude aus roten Ziegelsteinen, das ein wenig abseits der anderen Häuser in der Reihe lag, beinahe als müsste es sich dafür entschuldigen, dass es die Dreistigkeit besessen hatte, sich inmitten seiner Nachbarn aus dem vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert breit zu machen. In der Cinque Port Street in der Nähe des Bahnhofs wurde zurzeit eine neue Polizeiwache gebaut. Obwohl Bert diese Neuerung aus praktischen Gründen willkommen war, wusste er doch, dass er den friedlichen Kirchhof vermissen würde, den herrlichen Ausblick auf die Marschwiesen von den hinteren Räumen der Wache aus und die zentrale Lage. Aber heute war er in Gedanken nicht bei der Schönheit seiner Umgebung, wie es sonst geschah, wenn er hier seine Pause verbrachte. In seinem Kopf

4 war nur Platz für Bonny. Die Entdeckung ihrer Leiche war eins der dramatischsten Ereignisse in seiner ganzen Laufbahn. Jetzt stand er vor der Notwendigkeit, ihrer Tochter die Nachricht zu überbringen. Es war so furchtbar heiß. Sein Hemd war feucht vom Schweiß, und seine Sergehose, die noch immer nach dem Schlick des Flusses stank, klebte ihm an den Beinen.»Wie bringt man einer Fünfzehnjährigen so etwas schonend bei?«, seufzte er. Bonny hatte vom ersten Tag im Sommer des Jahres 1950 an, als sie mit Ehemann und Baby in das hübsche Haus in der Mermaid Street gezogen war, Eindruck auf die Stadt gemacht. Das hatte nicht nur daran gelegen, dass sie erst einundzwanzig und

5 atemberaubend schön gewesen war oder dass ihr ernst dreinblickender, viel älterer Ehemann über genügend Vermögen verfügt hatte, um für die Renovierung des Hauses Handwerker einzustellen. Nein, Bonny war einfach in jeder Hinsicht etwas Besonderes gewesen. Sie hatte den Sprung nach vorn verkörpert, den Entwicklungsschub, der das Land von den spartanischen, vom Krieg gezeichneten Vierziger- bis zum Beginn der Fünfzigerjahre gebracht hatte. Ihr blondes Haar war reiner Hollywood-Glamour gewesen, sie hatte leuchtend bunte, eng anliegende Pullover getragen, wadenlange, nicht minder enge Röcke und hohe Absätze. Der Anblick ihres strammen, runden Hinterns, den sie provozierend wiegte, wenn sie ihr Baby im Kinderwagen über die Straße schob, genügte, um den Verkehr zum Erliegen zu bringen, und

6 die Unbekümmertheit, mit der sie von ihrer Zeit in den Westend-Theatern erzählte, verschlug ihren bürgerlicheren Nachbarn vor Erstaunen schier den Atem. Manche glaubten nicht wirklich, dass sie Tänzerin gewesen war, aber diesem Gerücht schob sie schon bald einen Riegel vor, indem sie sich einer Gruppe von Amateurschauspielern anschloss und die Mädchen aus dem Ort neben ihr wie Ackerpferde aussehen ließ. Der Dienst habende Sergeant fasste das Phänomen Bonny Norton mit den wohl gewählten Worten zusammen:»ich habe Bilder von Mädchen gesehen, die man Sexbomben nennt, aber bevor ich Bonny Norton begegnet bin, dachte ich immer, das sei lediglich ein fotografischer Trick.«Bonny war ein Rätsel: ein Pin-up-Girl auf der einen Seite, aber eine liebende Ehefrau und Mutter auf der anderen zumindest in

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