Was ist eigentlich Android?

Transkript

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2 Was ist eigentlich Android? 1 Als ich noch zur Schule ging, spaltete sich unsere Welt auf in Adidas gegen Puma, Pelikan-Füller gegen Geha (auf die konnte man angeblich drauftreten) und Wrangler-Jeans gegen Levis. Beobachtet man Jugendliche heute beim Vergleich ihrer Smartphones, fällt auf, dass sich die Diskussionen über Vorteile des einen und Nachteile des anderen Produkts immer noch in den gleichen Bahnen bewegen, nur die Protagonisten haben sich verändert: Gleichermaßen unversöhnlich stehen sich in der Welt der Smartphones und Tablets heutzutage zwei Systeme gegenüber, die auf den ersten Blick sehr ähnlich erscheinen, aber unterschiedlicher gar nicht sein können: iphone und ipad mit dem Betriebssystem ios von Apple auf der einen Seite und die Welt von Android, angeführt vom Suchmaschinenriesen Google, auf der anderen. Beide Systeme bieten in etwa das Gleiche: hoch technisierte Kleincomputer, die weit mehr können, als nur zu telefonieren und im Internet zu surfen, Plattform und Betriebssystem zu liefern. Beide Kleincomputer werden über einen Touchscreen mit den Fingern bedient und weisen im Wesentlichen ein ähnliches Portfolio an Programmen, Apps genannt, auf. Und trotzdem könnte der Unterschied zwischen ios und Android nicht größer sein. 11

3 1 Was ist eigentlich Android? Während das ios ebenso wie die Mitbewerber von Microsoft und RIM proprietäre Systeme sind, also Software, dessen Quellcode geheim ist, setzt Android auf ein offenes Betriebssystem. Die gesamte Architektur des Betriebssystems liegt offen, kann von jedem, der sich dazu berufen fühlt, studiert und verändert werden und neue Programme dürfen geschrieben und verbreitet werden. Hinweis Unter dem Begriff Quelltext oder auch Quellcode wird in der Informatik der für Menschen lesbare, in einer Programmiersprache geschriebene Text eines Computerprogramms verstanden. Ein wesentlicher Vorteil der Android-Plattform ist die Tatsache, dass der Urheber Google nicht sehr restriktiv damit umgeht: Unabhängige Entwickler können relativ schnell und einfach Anwendungen für den plattformeigenen Marktplatz Google Play Store entwickeln und diese binnen weniger Tage veröffentlichen. Dagegen muss beim Konkurrenten Apple ein langwieriger Prozess durchlaufen werden, der bei vielen Anwendungen in der Ablehnung der Zulassung endet. Hier liegt aber auch ein Nachteil begründet: Die Qualität der Apps schwankt zwischen hervorragend und katastrophal; allein die Nutzerreaktionen können einen Hinweis darauf geben, ob sich eine App im Markt bewährt, eine externe Qualitätskontrolle gibt es nicht. 1.1 Die Open Handset Alliance Die gesamte Hardware und Software von Apple wird exklusiv von einer Firma unter einem Dach entwickelt. Das Betriebssystem ios kann ausschließlich auf Geräten der Firma Apple genutzt werden und umgekehrt funktioniert auf einem iphone oder ipad ausschließlich die hauseigene Software. Diesem Mikrokosmos eines in sich geschlossenen Systems steht die Open Handset Alliance gegenüber: Das Open Handset Alliance-Konsortium wurde im Jahr 2007 von Google ins Leben gerufen, um die Entwicklung offener Standards für mobile Endgeräte voranzutreiben. Das Hauptbetätigungsfeld des Konsortiums ist die Weiterentwicklung des auf Linux basierenden, offenen Betriebssystems Android. Praktischerweise hat das Konsortium seinen Sitz am Standort von Google Inc. in Mountain View, Kalifornien. Zum Zeitpunkt der 12

4 1.2 Offenes Betriebssystem Gründung waren 47 Unternehmen der Open Handset Alliance beigetreten, mittlerweile ist diese Zahl auf knapp 80 Mitglieder angewachsen und dürfte irgendwann auch die Zahl 100 überschreiten. Jedes an der Open Handset Alliance beteiligte Unternehmen bringt Kompetenzen aus seinem speziellen Geschäftsbereich in das Konsortium ein. Man findet in diesem Konsortium Gerätehersteller (unter anderem Samsung Electronics, Motorola, LG, Sony Ericsson), Netzbetreiber (unter anderem Vodafone, T-Mobile, Telekom Italia), Halbleiterkonzerne (unter anderem Texas Instruments, Nvidia Corporation, Intel Corporation), Softwarehersteller (unter anderem Google, ebay, Myriad) und Marketingunternehmen (unter anderem Wind River Systems, Teleca, Aplix). 1.2 Offenes Betriebssystem Android ist ein offenes Betriebssystem, das herstellerunabhängig auf verschiedenen Smartphones und Tablets eingesetzt werden kann. Unter anderem gibt es Smartphones von HTC, Samsung, Sony Ericsson, Motorola und LG, die auf dieses Betriebssystem setzen. Android ist dabei komplett in der Programmierumgebung Java entwickelt und bietet eine flexible Grundlage, die von Hersteller zu Hersteller noch angepasst werden kann. Diese Vielfalt und die offenen Schnittstellen sind Segen und Fluch zugleich. Da jeder Entwickler, Hersteller oder Netzbetreiber den Quellcode des Betriebssystems einsehen, adaptieren und Anwendungen in das System integrieren kann, gleicht kaum ein Android-Gerät dem anderen weder bei der Bedienung noch bei der Benutzeroberfläche. Dies bringt natürlich wiederum große Probleme für die Programmierer und Entwickler der Apps mit sich: Eine App, die auf dem Smartphone von HTC reibungslos funktioniert, muss dies nicht zwangsläufig auch auf einem Sony tun. Hinweis Der Vergleich zwischen der Android-Welt und der Apple-Welt ähnelt dem einer wild wuchernden Blumenwiese einerseits, die immer wieder Überraschendes bietet, ebenso wie Unkraut, und auf der anderen Seite einem sauber gestutzten Rasen eines Reihenhausvorgartens. 13

5 1 Was ist eigentlich Android? 1.3 Anbindung an Google Bei der Entwicklung von Android hat Google die maßgebliche Führung übernommen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das Betriebssystem an dem Internetgiganten ausgerichtet ist. Die Google-Suche ist ebenso integriert wie eine gute Verknüpfung zu Google Mail- beziehungsweise Gmail-Konten. Neben einigen weiteren Google-Anwendungen kann Android als Betriebssystem auch mit einer sehr starken Integration von Google Maps punkten. Das beinhaltet einen kostenlosen Routenplaner und eine GPS-Standortbestimmung, die Informationen zum Standort und zu den dort befindlichen Sehenswürdigkeiten auf das Handy liefert. Mit seinem umfassenden Angebot schafft Google ein Einfallstor, um auf eine riesige Datenmenge zurückgreifen zu können. Dabei ist sein bester Verbündeter der Konsument. Ähnlich wie Windows entsteht hier eine Abhängigkeit: Windows kauften und kaufen viele, weil es schon die meisten haben und man damit vermutlich die wenigsten Schwierigkeiten haben dürfte. Auch Google setzt auf dieses Pferd: Es bietet Nutzern alles aus einer Hand. Entsprechend gut arbeiten die verschiedenen Anwendungen zusammen. So können Sie einen Termin im Google-Kalender eintragen, per Google-Kontakte die anderen Teilnehmer kennzeichnen und dann über Google Mail zu diesem Termin einladen. Wenn Nutzer dann auch zustimmen, zusätzliche private Daten freizugeben, erhalten sie ein individualisiertes Angebot.»There ain t no such thing as a free meal«, heißt es dazu passend bei den Amerikanern. Google ist in diesem Punkt ein Unternehmen wie jedes andere und hat nichts zu verschenken. Dass seine Software und Dienstleistungen für Privatnutzer kostenlos sind, heißt nicht, dass sie keinen Preis haben. Im Gegenteil lässt sich Google seine Dienste mit einem der wertvollsten Dinge bezahlen: Informationen. Warum sollten Normalnutzer sich nicht mit einem günstigen Rechner samt Android zufriedengeben? Warum sollten sie nicht all die anderen Google-Programme nutzen, die mit an Bord sind? Warum nicht eine Sammlung von Anwendungen wählen, die kostenfrei ist, aber dennoch prima funktioniert? Der Preis ist die Preisgabe von Daten. Vorsicht im Umgang mit eigenen Daten ist generell ratsam. Nutzer sollten sich ihrer Spuren im Internet bewusst sein. Das gilt auch und vor allem gegenüber Unternehmen, allemal solchen, die von der Vermarktung fremder Leute Daten leben. Was können Android-Nutzer aber angesichts solcher im Detail undurchschaubaren und abstrakten Probleme tun? Nun, zunächst einmal überlegen, was sie 14

6 1.4 Versionsgeschichte eigentlich tun. Welche Dienste benutzt man und von welchen Anbietern? Warum immer nur googeln? Jeder, der ordentlich Recherche betreiben will, weiß, dass man mehrere Dienste nutzen sollte. Und selbst wenn man von Google nicht lassen kann braucht man wirklich Picasa, um die eigenen Bilder zu verwalten? Und wenn auch das unabdingbar sein sollte muss man die Privatfotos auch noch auf Google-Servern speichern? Dieses Spiel ließe sich lange so weiter treiben. Am Ende landen bewusst handelnde Internetnutzer bei einem Mix aus verschiedenen Anbietern, die es in jedem Bereich zuhauf zu finden gibt. Dieses Buch soll Ihnen helfen, diese anderen Anbieter zu finden und zu nutzen. 1.4 Versionsgeschichte Android hat sich, vor allem seit das Betriebssystem von Google unterstützt wird, enorm schnell weiterentwickelt. In der Regel haben neuere Geräte auch eine neue Android-Version, sicher ist dies jedoch nicht. Wenn Ihr Netzanbieter oder Hersteller eine neue Version für Ihren Androiden bereithält, wird sie automatisch OTA (»Over-the-Air«) installiert. Sie brauchen sich dabei um nichts zu kümmern. Allerdings können Sie, wenn Sie möchten, auch selbst eine aktuellere Android-Version installieren. Wie dies geht, ist in Kapitel 15 beschrieben. Die Android-Versionen ab 1.5 werden heute noch unterstützt, sehr viele der hier beschriebenen Apps funktionieren noch mit dieser Version. Neue Versionen tragen neben der Versionsnummer jeweils den Namen einer Süßspeise, deren Namen aufsteigend alphabetisch sortiert sind. Version 1.5 (Cupcake): Neuer Kernel und Videoaufnahmen Mit Version 1.5 wurde Android um die Möglichkeit erweitert, auch Videos mit der in die Handys eingebauten Digitalkamera aufzunehmen und wiederzugeben. Videos und Fotos können zudem seit dieser Version direkt vom Handy zu YouTube oder Picasa hochgeladen werden. Des Weiteren wurden die Bluetooth-Funktionalität, die Bildschirmtastatur und das Adressbuch überarbeitet. Schließlich konnte das Display nun in Hoch- und Querformat angezeigt werden. 15

7 1 Was ist eigentlich Android? Version 1.6 (Donut): Unterstützung für VPN-Netzwerke Die Version 1.6 findet sich auch aktuell noch am Markt. Mit ihr werden beispielsweise zahlreiche Sony Ericsson-Modelle ausgeliefert. Unter anderem wurden in dieser Version die Kamera-Anwendung beschleunigt und die interne Suche verbessert. Ab Version 1.6 unterstützt Android zudem die Verbindung mit sogenannten VPN- Netzwerken. Version 2.0 (Eclair): Bluetooth 2.1 und mehrere -Konten Der Sprung auf die Version 2.0 brachte für Android- Nutzer die Unterstützung des Bluetooth-Standards 2.1 sowie die Funktion, parallel mehrere -Konten auf dem Smartphone zu verwalten. Eine weitere neue Funktion war die Möglichkeit, gespeicherte Nachrichten zu durchsuchen. Ebenso wurden die Kamera- Anwendung mit der Nutzung von digitalem Zoom und Blitzlichtunterstützung, der Kalender und die virtuelle Tastatur weiter verbessert. Zudem unterstützt der vorinstallierte Browser ab dieser Version teilweise HTML5. Version 2.1 (Eclair): Kleinere Aktualisierung Laut Google brachte diese Version keine nennenswerten neuen Funktionen für Nutzer in das Betriebssystem. Der Funktionsumfang ist der gleiche wie bei der Version 2.0. Eclair ist als Plattform heute noch auf zahlreichen Geräten im Einsatz. Version 2.2 (Froyo): Flash-Inhalte im Browser und Tethering Die Version 2.2 ermöglicht es, Flash-Inhalte direkt im Browser wiederzugeben. Der Webstandard HTML5 wird ebenfalls unterstützt. Außerdem unterstützt Android ab dieser Version Tethering. Dadurch kann das Smartphone als WLAN-Hotspot fungieren. Was vorher nur Root-Nutzern vorbehalten war, ist nun für alle möglich: Apps auch auf der Speicherkarte zu installieren, um den internen Speicherplatz zu sparen. 16

8 1.4 Versionsgeschichte Version 2.3 (Gingerbread): Neue Oberfläche und NFC-Integration Die Android-Version Gingerbread bietet eine runderneuerte Oberfläche und soll nun deutlich intuitiver zu bedienen sein. Des Weiteren wurde das System beschleunigt und um neue Techniken, z.b. Near Field Communication (NFC), erweitert. Die NFC-Integration wird mit dem Update auf Version weiter ausgebaut. In der Version schließt Google zudem eine Sicherheitslücke, die von deutschen Wissenschaftlern nachgewiesen wurde. Sie ermöglicht Angreifern den Zugriff auf persönliche Daten wie Kalender oder Adressbuch, wenn das Android-Smartphone mit einem unverschlüsselten WLAN verbunden ist. Aktuell ist Gingerbread bei der Versionsnummer angekommen. Version 3.0 (Honeycomb): Die erste Tablet-Version Nach der offiziellen Vorstellung Anfang Februar 2011 ist die für Tablets optimierte Version 3.0, Codename Honeycomb, inzwischen von Google freigegeben worden. Sie bietet als herausragende Neuerungen eine komplett überarbeitete Nutzeroberfläche, die an größere Bildschirme angepasst ist, eine leistungsstarke 3D-Engine namens Renderscript sowie eine verbesserte Kamera-Applikation. Version 3.1 (Honeycomb): Unterstützung für mehr Peripheriegeräte Die Version 3.1 ist ein erstes Update für das Tablet-OS Android Honeycomb. Es rüstet einige Funktionen nach, die in der ursprünglichen Version vermisst wurden. Etwa die Möglichkeit, in der Liste der kürzlich geöffneten Apps scrollen zu können. Zudem unterstützt Android 3.1 nun eine Reihe von Peripheriegeräten und bietet spezielle Funktionen für Business-Nutzer. Version 3.2 (Honeycomb): Unterstützung für 7-Zoll-Tablets Mit Android 3.2 ist Honeycomb nun auch auf kleinere Displaygrößen, etwa 7 Zoll, optimiert. Zudem unterstützt das System neben Nvidias Tegra 2-Chip 17

9 1 Was ist eigentlich Android? auch Chipsätze anderer Hersteller. Für Nutzer interessant: Eine neue Zoomfunktion ermöglicht es, Smartphone-Apps auf Vollbildgröße zu bringen. Version 4.0 (Ice Cream Sandwich): Tablets und Smartphones vereint Google führt mit Ice Cream Sandwich die beiden Android-Zweige wieder zusammen. Künftig werden sowohl Smartphones als auch Tablets mit Android Ice Cream Sandwich laufen. Darüber hinaus bietet das System zahlreiche Verbesserungen, etwa einen schnelleren Browser, einen neuen Sperrbildschirm, die Möglichkeit, das Handy via Gesichtserkennung zu entsperren, und eine komplett überarbeitete Nutzeroberfläche. Version 4.1 (Jelly Bean): Neue Funktionen und flüssigere Bedienung Die Maßnahmen, die dafür sorgen sollen, dass Android in der Jelly Bean-Variante und Anwendungen schneller und flüssiger läuft als bisher, hat Google unter dem Projektnamen»Butter«entwickelt. Dazu gehören etwa eine konstante Bildwiederholrate von 60 Bildern pro Sekunde bei Animationen und verbessertes Reagieren auf Toucheingaben. Erstmals ist mit Jelly Bean der Chrome-Browser der Standardbrowser von Android, der sich durch einen geringeren Speicherbedarf auszeichnen und schnelleres Zoomen und Scrollen erlauben soll. 18