begutachten würde, hatte ich mich für einen meiner längeren Röcke und eine passende Bluse entschieden. Gisselle hatte sich nach langem Hin und Her
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- Benedikt Boer
- vor 6 Jahren
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2 begutachten würde, hatte ich mich für einen meiner längeren Röcke und eine passende Bluse entschieden. Gisselle hatte sich nach langem Hin und Her erweichen lassen und mir erlaubt, auch ihre Sachen herauszulegen, obwohl sie vor dem Einschlafen gelobt hatte, nie wieder aufzustehen. Ihre Drohungen und Schwüre hallten noch in meinen Ohren.»Lieber sterbe ich in diesem Bett«, jammerte sie,»als daß ich morgen diese gräßliche Reise nach Greenwood antrete. Denk daran, die Sachen, die du für mich ausgesucht hast, werden die sein, die ich trage, wenn ich meinen letzten Atemzug mache. Außerdem ist das alles deine Schuld!«erklärte sie und ließ sich theatralisch auf ihr Bett zurückfallen. Solange ich auch schon mit meiner Zwillingsschwester zusammengelebt haben mag, ich habe mich nie daran gewöhnen
3 können, daß wir einander so unähnlich sind, obwohl unser Gesicht und unsere Figur, unsere Augen und unsere Haarfarbe regelrechte Duplikate sind. Und das liegt nicht nur daran, daß wir so verschieden aufgewachsen sind. Ich bin sicher, daß wir schon im Leib unserer Mutter nicht miteinander ausgekommen sind.»meine Schuld? Weshalb sollte es meine Schuld sein?«sie richtete sich auf und stützte sich auf die Ellbogen.»Weil du in all das eingewilligt hast, und weil Daddy alles tut, womit du einverstanden bist. Du hättest ihm widersprechen und weinen müssen. Du hättest ihm eine hysterische Szene machen müssen. Hast du denn gar nichts von mir gelernt, seit du aus den Sümpfen fortgelaufen bist?«fragte sie erbost. Lernen, wie man eine hysterische Szene
4 macht? Was sie in Wirklichkeit meinte, war, ich hätte lernen müssen, wie man zu einer verzogenen Göre wird, und das war eine Lektion, die ich wahrhaftig nicht gebrauchen konnte. Ich verschluckte mein Lachen, denn ich wußte, daß es sie nur noch mehr in Wut versetzt hätte.»ich tue nur das, wovon ich glaube, daß es für alle Beteiligten das beste ist, Gisselle. Ich dachte, das hättest du verstanden. Daddy will uns hier nicht mehr haben. Er glaubt, wenn wir fort sind, wird das Leben für Daphne und ihn leichter und für uns beide auch. Vor allem, wenn man bedenkt, was alles passiert ist!«sie ließ sich auf das Bett zurücksinken und schmollte.»man dürfte einfach nicht von mir verlangen, daß ich etwas für andere tue. Nicht nach allem, was mir zugestoßen ist. Alle sollten in erster Linie an mich denken und
5 daran, wie sehr ich leide«, stöhnte sie.»mir scheint, das tun ohnehin alle.wer denn? Wer?«fauchte sie und war plötzlich von Energie und Kraft erfüllt.»nina kocht, was dir schmeckt, und nicht, was mir schmeckt. Daddy fragt dich nach deiner Meinung, ehe er mich fragt. Beau kommt ins Haus, um dich zu besuchen und nicht mich! Also wirklich... sieh nur... sogar unser Halbbruder Paul schreibt nur an dich und nie an mich.er läßt dich immer grüßen.aber er schreibt nie einen Brief an mich allein«, sagte sie mit Nachdruck.»Du hast ihm nie geschrieben«, entgegnete ich. Darüber dachte sie einen Moment lang nach.»jungen sollten den ersten Brief schreiben.vielleicht Jungen, mit denen man
6 befreundet ist, aber doch nicht ein Bruder. Bei einem Bruder spielt es keine Rolle, wer zuerst schreibt.warum schreibt er mir dann nicht?«jammerte sie.»ich werde ihm sagen, daß er dir schreiben soll«, versprach ich ihr.»nein, das wirst du nicht tun. Wenn er es nicht von sich aus tut... dann... dann... soll er es eben bleiben lassen. Ich werde einfach für immer hier liegen bleiben und nichts anderes zu tun haben, als wie üblich die Decke anzustarren und mich zu fragen, was wohl die anderen tun, woran sie gerade ihren Spaß haben... woran du gerade deinen Spaß hast«, fügte sie in scharfem Ton hinzu.»du liegst überhaupt nicht da und stellst dir irgendwelche Fragen, Gisselle«, sagte ich und konnte mir das Lächeln nicht länger verkneifen.»du gehst, wohin du willst und
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