Für den allgemeinen Fortschritt, der Bruttoreaktionsgeschwindigkeit, bei quasistationären Zustanden gilt außerdem das Wurzelgesetz:
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- Sylvia Kuntz
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1 1) Wie setzt sich die Aktivierungsenergie bei der radikalischen Polymerisation zusammen, wenn man die einzelnen Schritte betrachtet? (Karin Ratzenböck) Die Temperaturabhängigkeit lässt sich in der Kinetik allgemein mit der Arrhenius-Gleichung beschreiben. Dies muss im Falle der radikalischen Polymerisation für alle drei Schritte (Initiierung, Kettenwachstum und Kettenabbruch geschehen). Initiierung: Kettenwachstum: Kettenabbruch: Für den allgemeinen Fortschritt, der Bruttoreaktionsgeschwindigkeit, bei quasistationären Zustanden gilt außerdem das Wurzelgesetz: = = 2" $ Nun muss die Annahme getroffen werden, dass in flüssiger Phase, in der radikalische Polymerisationen meist durchgeführt werden, die Konzentrationen so gering temperaturabhängig sind, dass diese vernachlässigt werden können. Dies führt nun zu folgendem Ausdruck = in den wir nun die oben formulierten Arrhenius-Gleichungen einsetzen: = %, ( %, %, Um die Zusammensetzung der Aktivierungsenergie genauer betrachten zu können, macht es Sinn, diesen Ausdruck mathematisch auf folgenden Zusammenhang umzuformen: = ) * +, %, +, %, - +, %, = ) * +, (%, - +, %, +, %,) Für die Aktivierungsenergie lässt sich daraus ablesen: 0 1 = 0 1, , ,
2 Am Beispiel Polystyrol mit Radikalstarter AIBN soll die Aktivierungsenergie der Gesamtreaktion nun auf diese Weise aus den Aktivierungsenergien der einzelnen Schritte berechnet werden: E a,i = 127,6 kj/mol E a,w = 24 kj/mol E a,stop = 2 kj/mol 0 1 = 0 1, , ,=(12+127,6 1)6/89:= 138,66/89: wobei zu beachten ist, dass die Initiierungsreaktion bezüglich der Gesamtreaktion den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt darstellt. 2) Welche Möglichkeiten gibt es, den Glas- oder Gel-Effekt zu verhindern bzw. so minimal wie möglich zu halten? (mehrmals genannt) Gel-Effekt: Der Gel-Effekt beruht darauf, dass mit zunehmendem Umsatz an Monomer die Konzentration der langkettigen Polymermoleküle steigt. Die chemische Umgebung ist also nach wie vor die gleiche, was dafür sprechen würde, dass die Geschwindigkeit der Reaktion noch immer unabhängig von der Anzahl der Monomereinheiten ist, jedoch ist nun zu berücksichtigen, dass die Viskosität der Reaktionsmischung während des Reaktionsverlaufs zunimmt. Dies schränkt vor allem die langkettigen Polymerradikale in ihrer Bewegungsfreiheit ein. Da sie also nun enorm diffusionsgehindert sind, ist ein Rückgang der Kettenabbruchreaktion eine direkte Folge. Andererseits finden die Initiatorzerfälle trotzdem noch laufend statt und auch die Monomerdiffusion ist noch weitgehend gegeben, sodass es in Summe zu einem Anstieg der Bruttoreaktionsgeschwindigkeit kommt. Der Ansatz zur Problembehebung geht also von 2 Aspekten aus: a) die Polymerketten sind diffusionsgehindert b) es werden mehr Radikale gebildet als verbraucht ad a) Durch die Zugabe von Lösungsmittel in dieser Phase kann die Diffusion von langen Polymerketten weiterhin relativ gut gewährleistet werden. ad b) Häufig wird die Radikalbildung mit Hilfe von Inhibitoren unterdrückt. Hierbei eigen sich vor allem Substanzen, die aktive Radikale in inaktive verwandelt. Ein Beispiel für eine solche Stoffklasse sind Chinone: Abb.: Inhibition eines Radikals durch para-benzochinon
3 Das Prinzip der Inhibition beruht dabei darauf, dass die entstehenden Radikale zu reaktionsträge sind, um mit weiteren Monomereinheiten zu reagieren. Die Möglichkeit zur Reaktion mit anderen Radikalen besteht allerdings weiterhin. Aus diesem Grund werden diese Substanzen auch häufig als Stabilisatoren verwendet, also, um eine unerwünschte, frühzeitige Polymerisation zu verhindern. Generell ist die Wirksamkeit der Inhibitoren jedoch vom eingesetzten Monomer abhängig. So gilt in Näherung, dass elektronenreiche Inhibitoren bei ebenfalls elektronenreichen Polymerradikalen (wie etwa Styrol) eine stärkere Wirkung haben als bei elektronenarmen Verbindungen wie z.b. Acrylnitril. Glas-Effekt: Beim Glaseffekt schränkt sich die allgemeine molekulare Bewegung, also auch die Monomerdiffusion so sehr ein, dass die Reaktionsgeschwindigkeit rapide abnimmt. Kommt es also aus diesem Grund zu einem frühen Reaktionsstopp, bleiben Restmonomere zurück, was natürlich einen Verlust an Ausbeute bedeutet. Es gibt 2 Möglichkeiten dem Glaseffekt entgegenzuwirken: a) Die Reaktionsmischung wird wie schon beim Geleffekt durch die Zugabe von Lösungsmittel so stark verdünnt, dass wieder Molekularbewegung möglich ist. b) Man versucht den Glaseffekt über Temperaturkontrolle einzuschränken. ad b) Diese Methode beruht darauf, dass Polymere bei einer bestimmten Temperatur, der Glasübergangstemperatur, vom flüssigen, gummielastischen und flexiblen Zustand in den glasigen, hartelastischen, spröden Zustand übergehen. Der Unterschied zum Schmelzen und Erstarren ist darin begründet, dass es sich bei zuletzt genannten Phasenübergängen um einen Übergang zwischen einem Kristall (mit geordnetem Kristallgitter) und einer ungeordneten Flüssigkeit handelt, während der Übergang an der Glasübergangstemperatur zwischen einem amorphen Stoff (also maximal Nahordnungen) und einer Flüssigkeit stattfindet. Es ist also in Summe weniger Energie erforderlich, um den Stoff zu verflüssigen. Polymere haben sowohl amorphe, als auch kristalline Bereiche, allgemein ist zum Verständnis des Glaseffekts aber vor allem wichtig, dass die Molekularbewegung bzw. die kinetische Energie der Moleküle mit steigender Temperatur zunimmt. Bei der radikalischen Polymerisation wird also darauf geachtet, dass man nicht unter Glasübergangstemperatur arbeitet. Da es sich jedoch nicht um einen reinen Stoff (mit definierter Glasübergangstemperatur) handelt, ist die Glasübergangstemperatur in diesem Fall mit fortschreitendem Reaktionsverlauf variabel. 3) Welche Polymerisationsreaktion findet in der technischen Herstellung von Polymeren Anwendung? Was wird am meisten verwendet? (mehrmals genannt) Viele der mengenmäßig am häufigsten gebrauchten Polymere werden mittels Kettenpolymerisation hergestellt. Dazu zählen unter anderem die Kunststoffe Polyethen (PE), Polypropen (PP), Polystyrol (PS), Polyvinylchlorid (PVC) und Polytetrafluorethen (PTFE Teflon )
4 Generell finden die großtechnisch die meisten Kettenpolymerisationen radikalisch statt. Allgemein verwendete Verfahren der Kettenpolymerisation sind: Substanzpolymerisation: Monomer reagiert mit dem Initiator in reiner Form (ohne Lösungsmittel) Lösungspolymerisation: Monomer und Polymer sind im Lösungsmittel gelöst Fällungspolymerisation: Monomer im Lösungsmittel gelöst, Polymer fällt aus Emulsionspolymerisation: Monomer durch Emulgator in Wasser gelöst, Polymer fällt aus Suspensionspolymerisation: Monomer durch Rühren und Stabilisatoren in Wasser suspendiert, Polymer fällt aus Gasphasenpolymerisation: gasförmiges Monomer hält Polymerkörner in Wirbelschicht Warum wird nun aber die radikalische Polymerisation der anionischen und kationischen im großtechnischen Bereich vorgezogen? Bei anionischer und kationischer Polymerisation kommt es zu keinen vergleichbaren Abbruchsreaktionen wie etwa im Falle der radikalischen Polymerisation, obwohl bei zuletzt genannter angeführt werden muss, dass der Abbruch durch eine Eliminationsreaktion stattfinden kann. Bei der anionischen Polymerisation treten häufig gar keine Übertragungs- oder Abbruchreaktionen auf, was dazu führt, dass man sie auch als lebende Polymerisation bezeichnet. Es ist daher auch einfacher Polymere mit einheitlicher Kettenlänge herzustellen. Allerdings werden bei den meisten Reaktionen dieser Art Lithiumorganyle oder Grignard-Verbindungen zum Start verwendet, wodurch diese Reaktionen sehr empfindlich gegenüber geringsten Wasserspuren sind. Bei der radikalischen Polymerisation ist der Herstellungsprozess daher meist einfacher als bei der anionischen oder kationischen Variante. Allgemein sind spezifische Produkteigenschaften, wie eine einheitliche Kettenlänge, auch für die Weiterverarbeitung meist nicht von Bedeutung. Beispiele: a) Polyethylen (PE) wird fast ausschließlich durch radikalische Polymerisation hergestellt. Als Radikalstarter werden dazu meist Sauerstoff oder Peroxide verwendet. Da es sich bei Ethen um ein gasförmiges Ausgangsprodukt handelt, sind die Bedingungen der Produktion trotzdem relativ schwierig. So wird meist bei 100 C und einem Druck von 100MPa gearbeitet. Bei dieser Variante treten auch viele Verzweigungen in den Ketten auf, wodurch das Produkt relativ zäh und dehnbar wird. Mit einer Dichte von 0,9g/cm³ wird dieses Polyethylen auch als PE-LD (low density) bezeichnet und vor allem für Folien und Plastiktüten eingesetzt. Eine andere Möglichkeit zur Herstellung von PE ist die Ziegler-Natta-Polymerisation, die bei geringerem Druck und in Anwesenheit einer Trialkylaluminium-Verbindung (Ziegler-Natta- Katalysator) stattfindet. Das dadurch gewonnene Polyethylen enthält weniger verzweigte Ketten, ist nahezu kristallin und besitzt eine höhere Dichte von 0,95g/cm³. Dieses stabilere Produkt wird als PE-HD (high density) bezeichnet und für Rohre, etc. verwendet. b) Polyvinylchlorid (PVC) wird durch radikalische Polymerisation von Chlorethen (Vinylchlorid) mit Radikalstarter Sauerstoff oder Peroxid hergestellt. Interessant hierbei ist, dass es sich beim Ausgangsstoff um eine sehr giftige und kanzerogene Substanz handelt, während es als Polymer als ungefährlich angeführt wird. PVC wird je nach Zugabe anderer Substanzen und Weichmacher für Rohre, Dachrinnen, Gartenschläuche, Fußbodenbeläge, Schallplatten eingesetzt.
5 c) Polystyrol wird je nach Bedingungen radikalisch, anionisch, kationisch oder durch Ziegler- Natta-Polymerisation hergestellt. Während Styrol, eine Flüssigkeit, die in der chemischen Industrie aus Erdöl hergestellt wird, Augen und Atemwege reizt und im Tierversuch als mutagen eingestuft wurde, kann das zugehörige, ungefährliche Polymerisationsprodukt für Lebensmittelverpackungen verwendet werden. Die Beständigkeit gegenüber unpolaren Lösungsmitteln ist jedoch gering.
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