» DOCH NICHT UNSER KIND...«
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- Swen Koenig
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1 Martine Hoffmann Elke Freudenberg Gilles Michaux Sven Gottschling» DOCH NICHT UNSER KIND...«Unterstützung für Eltern krebskranker Kinder Mit Geleitworten von Astrid Scharpantgen und Gerlind Bode Zum Download: Hörspiele zur Entspannung für Kinder
2 Wie entsteht Krebs? Tabelle 1 Wie hoch sind die Heilungsraten diese entsprechen in etwa den 5-Jahres-Überlebensraten der häufigsten Krebserkrankungen im Kindesalter (nach Deutsches Kinderkrebsregister 2011)? Krebsart Heilungsrate (in %) Hodgkin-Lymphom 98 Keimzelltumor 95 Nephroblastom/Wilms-Tumor 93 Retinoblastom 98 lymphatische Leukämien 90 Non-Hodgkin-Lymphom 88 Neuroblastome 77 Astrozytome 80 Rhabdomyosarkome 73 Osteosarkome 75 Ewing-Sarkome 71 akute myeloische Leukämien 70 alle Krebserkrankungen insgesamt 83 bei Kindern und Jugendlichen Tabelle 2 In welcher Häufigkeit (sog. relative Auftretenshäufigkeit) treten die verschiedenen Arten von Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter auf (nach Deutsches Kinderkrebsregister 2011)? Krebsart Häufigkeit (in %) Leukämien 34 Tumore des Nervensystems 23 Lymphome 11 periphere Nerventumore/Neuroblastome 7 Weichteilsarkome 6 Nierentumore 6 Knochentumore 5 Keimzelltumore 3 Retinoblastome 2 Lebertumore 1 andere Krebsdiagnose 2
3 Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter In jedem von uns entstehen während der im Körper ständig stattfindenden Zellteilungen Fehler, bei denen Zellen entarten. Normalerweise haben wir ein exzellent funktionierendes»überwachungssystem«im Körper, das diese fehlerhaften Zellen erkennt und beseitigt. Warum ausgerechnet im Körper Ihres Kindes einige dieser Zellen nicht erkannt und ausgeschaltet wurden, sondern sich unkontrolliert vermehrt haben, ist für Sie zwar unfassbar aber letztlich ein zufälliges Ereignis, das jedes Kind treffen kann. Trotzdem ist die Schuldfrage für alle Eltern immer ein Thema. Es ist ganz normal, sich mit der Frage:»Warum ausgerechnet mein Kind?«zu beschäftigen, auch wenn es darauf keine Antwort gibt. Oft kommt es dann zu Spekulationen, ob die»nicht biologische«wandfarbe oder die Ernährung oder ein Atomkraftwerk in der Nähe eine Rolle bei der Entstehung der Krebserkrankung gespielt haben könnten. Das sind jedoch Vermutungen, die zu nichts führen, da sie weder widerlegt noch bewiesen werden können und Ihnen die Kraft rauben, die Sie nun für Ihr Kind, für Ihre Familie und für sich benötigen. Woher kommt unser Wissen über Krebs bei Kindern und Jugendlichen? In Deutschland wurde 1980 das Deutsche Kinderkrebsregister gegründet. Es ist mit mehreren erfassten Patienten das größte seiner Art. Die Anzahl der an Krebs erkrankten Kinder bezogen auf Kinder und auch die Verteilung der Erkrankungen ist seit mehr als 30 Jahren bemerkenswert stabil. Therapieoptimierungsstudien Kinder und Jugendliche mit bösartigen Erkrankungen werden in Deutschland nach einheitlichen Therapieplänen behandelt, die von der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) entwickelt und immer wieder an den aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst werden. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Entstehung der Krankheiten bzw. über die Wirkungsweise bestimmter Therapieverfahren fließen in die jewei-
4 Woher kommt unser Wissen über Krebs? ligen überarbeiteten Behandlungsprotokolle ein. So werden alle Kinder mit der gleichen Krebserkrankung nach einem einheitlichen Schema behandelt. Das Ziel jeder Therapieoptimierung ist es die Heilungschancen der entsprechenden Erkrankung weiter zu verbessern und die Nebenwirkungen der Behandlung zu minimieren. Exkurs Bei Kindern bedarf der Begriff»Studie«einer Erklärung: Es handelt sich hierbei nicht um klassische Arzneimittelstudien, die notwendig sind, um neue Medikamente zuzulassen (die»richtige«dosis finden, Nebenwirkungen feststellen etc.), sondern Therapieoptimierungsstudien sind Studien, welche die für das Überleben der Kinder notwendigen Behandlungspläne beinhalten. Daher geht es nicht um ein»ausprobieren«die Kinder sind keine»versuchskaninchen«. Die Studien stehen für ein mit allen relevanten Experten aus teilweise unterschiedlichen Berufsgruppen abgestimmtes Behandlungskonzept. Dieses ist mit vielen Sicherungssystemen versehen, um den jeweils optimalen Behandlungserfolg bei möglichst niedriger Nebenwirkungsrate zu sichern. In Deutschland werden derzeit mehr als 90 % aller an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen in Therapieoptimierungsstudien erfasst und einheitlich behandelt. Diese einheitliche Behandlung und das Zusammenführen von Expertenwissen sind maßgebliche Faktoren für die mittlerweile exzellenten Heilungschancen für an Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche. Die Therapieoptimierungsstudien haben dazu beigetragen, dass Deutschland auch international eine herausragende Stellung im Bereich der Forschung und Behandlung krebskranker Kinder und Jugendlicher inne hat. So erhält ein Kind mit einer bestimmten Krebserkrankung egal ob in Hamburg, Berlin oder München die gleiche Therapie und wird zudem von der für die Erkrankung zuständigen Studienzentrale betreut. Einen wesentlichen Anteil am Erfolg hat auch die Behandlung in nur wenigen auf die seltenen Erkrankungen spezialisierten Zentren. So werden ca. 75 % aller krebskranken Kinder und Jugendlichen an den 30 größten Zentren
5 Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter in Deutschland behandelt. Auch wenn die Krebsbehandlung erfolgreich abgeschlossen ist, werden die Kinder und Jugendlichen noch viele Jahre später regelmäßig auf mögliche Spätfolgen der Behandlung oder auf eventuelle Krankheitsrückfälle hin untersucht. Überlebens- und Heilungsraten Bei allen bösartigen Krankheiten, so auch bei Krebserkrankungen, wird im Gespräch mit dem Arzt oft der Begriff»Überlebensprognose«genannt. Hier werden die sogenannten 1-, 2- oder 5-Jahres-Überlebensraten unterschieden. Angesichts der Tatsache, dass sich die meisten Rückfälle bösartiger Erkrankungen im Kindesalter innerhalb der ersten 2 bis 3 Jahre zeigen, sind 5-Jahres-Überlebensraten fast identisch mit Heilungsraten (s. Tabelle 1 auf S. 3). Wichtige Erkenntnisse, die Ihnen dieses Kapitel vermitteln möchte 4 von 5 aller an Krebs erkrankten Kinder und Jugendlichen werden dauerhaft wieder gesund, teilweise liegt die Heilungsrate bei über 90 %. Niemand trägt Schuld an der Krebserkrankung eines Kindes. Durch abgestimmte Therapieoptimierungsstudien werden Kinder mit Krebs in allen kinderonkologischen Krankenhäusern oder Zentren gleich behandelt.
6 Krebserkrankungen bei Kindern und Jugendlichen welche Therapiemöglichkeiten gibt es? Fast alle bösartigen Tumore und Leukämien sprechen auf eine Behandlung mit einer Chemotherapie an. Aus diesem Grund steht, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, die Chemotherapie als Hauptbehandlungssäule vieler Erkrankungen im Vordergrund. Zusätzliche Therapieelemente stellen die operative Therapie sowie strahlentherapeutische Behandlungen dar. Bei der Behandlung einer Krebserkrankung kommen heute aber zunehmend auch neuere Therapieverfahren zum Einsatz. Bei den sogenannten»zielgerichteten Therapien«(targeted therapies) schädigen die verwendeten Substanzen nicht wie bei einer Chemo- oder Strahlentherapie relativ willkürlich alle sich teilenden Gewebe, sondern sollen gezielt möglichst nur die Tumorzellen angreifen. Zu diesen»zielgerichteten Therapien«gehören beispielsweise die Antikörpertherapie oder auch der Ansatz, durch bestimmte Moleküle die Blutversorgung der meist rasch wachsenden Tumore zu hemmen. Diese Therapien bilden zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch lediglich bei einigen Krebserkrankungen eine Ergänzung zur herkömmlichen Therapie und können eine Chemotherapie, die Bestrahlung oder eine Operation nicht ersetzen. Zudem sind auch diese modernen Therapien nicht ohne Nebenwirkungen. Eine Krebstherapie ist und bleibt immer eine sehr belastende und potenziell lebensbeeinträchtigende Behandlung. Operative Eingriffe Im Gegensatz zu den im ganzen Körper verteilten Krebszellen bei einer Leukämie können die meisten soliden d.h. an einer bestimmten Stelle wachsenden Tumore (z.b. Hirn- oder Knochentumore) entweder gleich
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