in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom
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- Judith Geisler
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1 Seite 1/5 in vivo -- Das Magazin der Deutschen Krebshilfe vom Expertengespräch zum Thema Hodgkin Lymphom Und zu diesem Thema begrüße ich jetzt Professor Andreas Engert, leitender Oberarzt der Klinik I für Innere Medizin des Universitätsklinikums Köln. Außerdem sind Sie Leiter der Deutschen Hodgkin Studiengruppe. Ich freue mich, dass Sie zu uns gekommen sind. Guten Tag. Ellen Kurt hat ja eine wahre Ärzte-Odyssee hinter sich, kann man sagen. Warum war das so schwierig die Diagnose zu stellen? Also die Erkrankung bei ihr ist ja nicht unbedingt typisch verlaufen, sondern sie hat einen großen Tumor hinter dem Mediastinum, also Brustbein, das heißt es mussten mehrere Biopsien gemacht werden, ehe man dann wirklich die Diagnose hatte. Es ist einfacher, wenn der Lymphknoten am Hals ist, den man entfernen kann, dann geht es viel schneller. Das ging bei ihr nicht, weil sie das gar nicht hatte. Frau Kurt musste sich ja schon ein halbes Jahr lang vorsehen wegen der Infektionsgefahr. Was bringt das für Schwierigkeiten mit sich für so eine kleine Familie? Also wir versuchen natürlich die Therapie so leicht für die Patienten wie möglich zu machen, möglichst viel ambulant zu machen. Aber natürlich ist es eine große Umstellung für eine kleine Familie mit Kleinkindern, dass die Kinder doch etwas mehr Abstand an bestimmten Tagen zu der Mutter haben müssen, weil die Infektionsgefahr durch die Therapie größer ist. Das kann schon für den ein oder anderen Patienten ein großes Problem darstellen, aber die Therapie ist halt nicht so, dass sie ein halbes Jahr im Krankenhaus sein musste, sondern wie gesagt viel ambulant. Prof. Engert, bevor wir weiter sprechen, haben wir für die Zuschauer noch ein paar Informationen kurz gefasst im Film.
2 Seite 2/5 Informationsfilm Das Hodgkin Lymphom oder auch Lymphknotenkrebs genannt, gehört in Deutschland zu den eher seltenen Krebsarten. Jährlich erkranken hierzulande rund Menschen daran. Dabei handelt es sich um eine bösartige Tumorerkrankung des Lymphsystems. Neben dem Blutkreislauf ist es das wichtigste Transportsystem von Nähr- und Abfallstoffen. Die Filterstationen des Lymphsystems, die so genannten Lymphknoten, gibt es an zahlreichen Stellen des Körpers. Die Zellen des Lymphsystems, die so genannten Lymphozyten, haben eine zentrale Aufgabe in der Immunabwehr, denn sie können ganz gezielt Krankheitserreger erkennen und beseitigen. Warum manche dieser Lymphozyten entarten und zu Krebszellen werden ist bislang nicht geklärt. Virusinfektionen werden als Ursache ebenso diskutiert wie genetische Faktoren. Je nach Krankheitsstadium wird das Hodgkin Lymphom mit einer Strahlen- oder Chemotherapie behandelt. In schweren Fällen wird auch eine Hochdosis Chemotherapie angewandt, bei der dem Patienten Knochenmark oder Blutstammzellen transplantiert werden. Die Prognose beim Hodgkin Lymphom ist sehr günstig. Die Überlebensrate liegt bei mehr als 85 Prozent. Professor Engert, Morbus Hodgkin taucht so beim Menschen um die dreißig, vierzig auf und dann so wieder mit fünfzig, sechzig Jahren. Warum gibt es diese beiden Spitzen? Warum ist das so? Ja, eigentlich ist es eine Erkrankung des jüngeren Menschen. Wir haben das Altersmittel von 32 Jahren in unseren Studien und es gibt gerade aus den alten Lehrbüchern diesen zweiten Peak, den Sie ansprechen. Also, um die sechzig Jahre. Da scheinen aber auch viele so genannte Non-Hodgkin- Lymphome dabei zu sein. Also, in den neueren Daten verschwinden immer mehr diese älteren Patienten aus unseren Behandlungen und es sind doch viel, viel mehr junge Patienten. Warum ist das so? Weil die Pathologen besser geworden sind. Die Pathologen, das heißt die Spezialisten, die sich die Proben angucken und sagen, das ist ein Lymphdrüsenkrebs und das ist der Typ und besser unterscheiden können zwischen Hodgkin und Non-Hodgkin. Welche Warnsignale kann ich denn als Patient überhaupt bemerken und welche muss ich ernst nehmen?
3 Seite 3/5 Also, bei Krebserkrankungen ist es natürlich oftmals so, dass es nur unspezifische Symptome gibt: Abgeschlagenheit, vielleicht Fieber -- was man sich nicht erklären kann, Gewichtsverlust, Schlappheit, Müdigkeit, Luftnot womöglich. Aber beim Morbus Hodgkin kann es, oder ist es in der Regel am häufigsten, dass Lymphknoten am Hals auftauchen. Also, ein Mann rasiert sich, merkt da gehört irgendwas nicht hin und dieser Knoten wird nicht kleiner, sondern wird immer größer und tut meistens nicht weh. Und das ist dann der Zeitpunkt, wo er einen Arzt aufsuchen sollte und sagen sollte Ich hab da was, können Sie mir sagen, was ich damit machen soll? Und der Arzt sagt ihm im Zweifel, wenn es Morbus Hodgkin ist? Wie sieht also dann die Therapie aus? Der Arzt kann natürlich von außen erst mal gar nicht sehen, was es ist. Es ist ein geschwollener Lymphknoten. Wenn der größer wird, muss er halt entfernt werden, damit man die Diagnose stellen kann: Lymphom, Hodgkin Lymphom. Die Therapie hängt davon ab wie ausgebreitet die Erkrankung ist. Also, ob nur ein Lymphknoten befallen ist oder mehrere Lymphknoten oder Organe wie Leber, Milz, Lunge etc. Und meistens ist es eine Kombination aus Chemotherapie und eine kleine Bestrahlung hintendran: stadienabhängig, zwei Zyklen, vier Zyklen oder acht Zyklen. Muss ich bei der Therapie immer in jedem Falle mit einer anschließenden Unfruchtbarkeit rechnen? Nein, das müssen sie nicht. Das hängt von vielen Faktoren ab: Ob sie Frau sind oder Mann sind natürlich. Dann hängt es davon ab entscheidend wie viele Zyklen sie bekommen (zwei machen einen Unterschied, vier, acht). Bei acht Zyklen Chemotherapie ist das Risiko natürlich viel größer. Und dann hängt es auch noch davon ab wie jung oder wie alt sie sind. Bei 20-jährigen Patientinnen ist das Risiko wesentlich kleiner als jetzt bei Patientinnen die womöglich schon vierzig sind und sowieso schon kurz vor der so genannten Menopause stehen. Wie sieht denn nach der Therapie dann die Nachsorge aus? Die Chemotherapie plus eventuell Bestrahlung, dann in der Nachsorgephase kann es sein, dass wir (so ist es ja auch bei Frau Kurt) eine Kur empfehlen, damit man so ein bisschen erstmal wieder zu sich zurück findet. Und dann finden in den ersten zwei Jahren etwa alle drei Monate Nachsorgeuntersuchungen statt, danach zweimal im Jahr und ab vier oder fünf Jahren nur einmal im Jahr.
4 Seite 4/5 Kann oder sollte man dem Immunsystem noch ein bisschen auf die Sprünge helfen anschließend? Ja gut, dass Immunsystem ist bei der Erkrankung sowieso schon etwas gestört, in der Disbalance und das ist nicht so leicht zu beherrschen durch Essen oder alternative Therapien. Am besten eigentlich heutzutage lernt man, ist wenn die Patienten sich bewegen, wenn sie sogar Sport machen. Sport bringt das Immunsystem oftmals viel besser zurück als alle anderen von außen zugeführten Ergänzungen. Wie häufig sind bei Morbus Hodgkin die Rückfälle? Das hängt von der Therapie ab und das hängt natürlich auch vom Stadium ab. Die Deutsche Hodgkin Studiengruppe hat auch gerade für diese Patienten, die ein schlechtes Risiko hatten früher, die fortgeschrittenen Stadien, neue Therapien entwickelt und dazu gehört Frau Kurt. Fortgeschrittene Stadien waren noch vor vierzig Jahren ein Todesurteil, definitiv und sind jetzt zu 70, 80 Prozent heilbar. Das heißt, das sind 20, 25 Prozent Rückschläge in fortgeschrittenen Stadien. In den frühen Stadien ist es wesentlich weniger, das sind nur 10 Prozent Rückschläge. Haben Sie einen Tipp: Wo finden die Betroffenen Hilfe? Wohin sollten sie sich wenden? Gibt es Vereine, Verbände, wo man einfach noch mal gesagt bekommt: Wie geht man am besten damit um und wie geht es weiter? Ja, sie können sich natürlich an die Deutsche Krebshilfe wenden, an den Krebsinformationsdienst und auch an die Homepage der Deutschen Hodgkin Studiengruppe, die viele Informationen zu dieser Erkrankung bietet. Welchen abschließenden Rat hätten Sie noch für alle Patienten? Also, ich glaube die Patienten brauchen sich, wenn sie einen Knoten am Hals haben, nicht zu sehr zu ängstigen, weil es heilbare Erkrankungen sind. Sie sollten das aber ernst nehmen und nicht verdrängen. Wenn sie so eine Erkrankung haben, dann sollten sie versuchen auf`s Rauchen zu verzichten, ganz klar. Und wie gesagt, gesunde Ernährung und viel Bewegung, Sport.
5 Professor Engert, ganz herzlichen Dank für das Gespräch und die Informationen. Seite 5/5
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