Das Menschenbild im Koran
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- Karlheinz Heintze
- vor 6 Jahren
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1 Geisteswissenschaft Nelli Chrispens Das Menschenbild im Koran Studienarbeit
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3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung Der Mensch als Geschöpf Gottes Stellung des Menschen im Islam Der Mensch als Diener Gottes Der Mensch als Stellvertreter Gottes Das Wesen des Menschen Offenbarung und Fitra der Islam als natürliche Religion Freiheit und Verantwortung versus Prädestination Die Schwächen und der Ursprung des Bösen im Menschen Fazit Literaturverzeichnis
4 1. Einleitung Menschen sind Gestalten in Zeit und Raum und können jederzeit entsprechend ihrer Stellung in diesen Dimensionen lokalisiert und datiert werden. Aber das genügt nicht. Als fünfte Koordinate tritt bei Menschen und allem, was sie erleben und tun, die Bestimmung ihres Durchganges durch das symbolische Universum hinzu, in dem Menschen miteinander leben. Ein offensichtlicher Repräsentant dieser Dimension ist die Sprache, also umfassende, komplexe, menschengeschaffene Symbole, die von Gesellschaft zu Gesellschaft verschieden sein können und die zugleich der Kommunikation unter Menschen wie ihrer Orientierung dienen. Aber Symbolgehalte, so etwa Begriffe oder etwa das, was wir den Sinn von Kommunikationen nennen kurzum alles, was im Verkehr der Menschen durch ihr Bewußtsein hindurchgeht und gestaltet wird, gehören zu dieser Dimension, aber ganz gewiß auch die gegenwärtige Bedeutung der Begriffe Raum und Zeit. Diese [...] sind nicht einfach da ein für allemal. Sie sind immer im Fluß, immer geworden, was sie sind, und immer im Werden. Sie entwickeln sich in der einen oder anderen Richtung, sei es zu größerer Realitätsnähe und Objektadäquanz, sei es zu einer Verstärkung ihres Charakters als Ausdruck menschlicher Affekte und Phantasien, oder etwa auch im Sinne einer sich ausweitenden oder schrumpfenden Synthese (Elias 1982, S.1014). Auch Religionen sind von Menschen geschaffene Symbolsysteme, die dynamisch oder in Elias Worten immer im Fluß sind, auch wenn sie unveränderliche Wahrheit für sich beanspruchen. Allerdings genügt ein Blick in die europäische Religionsgeschichte, um zu erkennen, wie sich der Sinngehalt, also das Verständnis von Religion fortlaufend gewandelt hat (vgl. Obwohl dem Islam häufig seine Historizität abgesprochen wird, da er nach islamischer Auffassung auf dem Koran, dem unverfälschten Wort Gottes beruht, ist auch er in historische Prozesse und Entwicklungen eingebunden. Wie jede Religion unterliegt auch der Islam den Einflüssen der jeweiligen Zeit, des Raumes und der Kultur (vgl. ebd.). Somit verändert sich auch sein Symbolgehalt in Abhängigkeit der Lesart. Dabei sind auch die Interpretationen von Theologen in einen historisch-kulturellen Kontext eingebunden und geprägt durch deren eigene Gegenwart, ihre moralischen Vorstellungen und Wünsche. Daher spiegelt ihre jeweilige Lesart immer den geistigen Horizont einer bestimmten Zeit, eines bestimmten geographischen Ortes und einer bestimmten Kultur wider (ebd.). Die Auseinandersetzung mit dem islamischen Menschenbild stützt sich in dieser Arbeit nur auf einzelne koranische Aussagen und die Interpretationen einiger weniger moderner Theo- 2
5 logen. Eine Analyse der Entwicklung und Veränderung des islamischen Menschenbildes durch die verschiedenen Strömungen im Islam und durch die Rechtsschulen im Laufe der Zeit und in verschiedenen Teilen der Welt würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen und ist daher auch nicht enthalten. Im Folgenden wird vor dem Hintergrund einer theozentrischen Anthropologie des Islam der Mensch als Geschöpf Gottes beschrieben. Im Anschluss folgt eine Diskussion über die Stellung des Menschen in der gesamten Schöpfung, um darauf aufbauend auf das Wesen des Menschen aus koranischer Sicht einzugehen. Dabei erhebt die Autorin bei der Auslegung und der Auswahl der Quellen keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder gar Repräsentanz. 2. Der Mensch als Geschöpf Gottes Die islamische Anthropologie gründet auf den Aussagen des Koran, die im Laufe der Geschichte von verschiedenen islamischen Theologen unterschiedlich aufgefasst und interpretiert wurden (vgl. Renz 2002, S.353). Einigkeit besteht aber darin, dass Gott der Erschaffer der ganzen Welt ist. Der Schöpfungsgedanke ist ein Motiv, das den gesamten Koran durchzieht (Ohlig 2000, S.96). Jedoch ist Gottes Schöpfertätigkeit in islamischer Sicht mit der Erschaffung der Welt und aller Geschöpfe am Anfang nicht vollendet, sondern wiederholt sich ständig bei allem, was neu entsteht, bezieht sich also nicht nur auf Zeugung und Geburt, sondern auf alles Mögliche. Diese Vorstellung einer kontinuierlichen Schöpfertätigkeit bezeichnet man als creatio continua. Damit sind der Mensch und seine Existenz in allen Bereichen des Lebens vollkommen abhängig von Gott (vgl. ebd. S.96 f.). Der Mensch ist in seinem Wesen das Geschöpf Gottes (Khoury 2001, S.91). Aus Dankbarkeit für Gottes Schöpfertätigkeit und im Bewusstsein, dass er Gottes Geschöpf ist, ist der Mensch ihm zu Gehorsam verpflichtet (vgl. Ohlig 2000, S.96). Die Vorstellung von einer creatio continua mag den Gläubigen ein Gefühl von Sicherheit geben, da jedes Ereignis ein Teil von Gottes Plan, also gottgewollt ist. Allerdings impliziert dieser Gedanke auch, dass dem Menschen eine autonome Lebensgestaltung abgesprochen wird. Denn jedes Ereignis und jede Entscheidung müsste dieser Auffassung zufolge durch Gottes Willen herbeigeführt sein (vgl. ebd. S.97). Allerdings lassen sich bezüglich der Handlungsfreiheit des Menschen widersprüchliche Aussagen im Koran finden. Dieses Thema wird in Kapitel 4.2 näher beleuchtet. Ein weiterer wichtiger Aspekt des islamischen Menschenbildes ist das Verständnis von Leib und Seele. Im Gegensatz zur Bibel geht der Koran nicht von einem anthropologischen Dua- 3
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