IFA 2009, PTKO-Presseforum Fritz Raff: Meilensteine und Baustellen auf dem Weg der Digitalisierung - 1 -
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- Ralph Fuhrmann
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1 IFA 2009, PTKO-Presseforum Fritz Raff: Meilensteine und Baustellen auf dem Weg der Digitalisierung Meine sehr verehrten Damen und Herren, nunmehr zum vierten Mal in Folge darf ich mich in diesem Rahmen mit eine so genannten Keynote an Sie wenden als Vorsitzender des Digitalausschusses, dann zweimal als ARD-Vorsitzender und heute in Vertretung des amtierenden ARD-Vorsitzenden Peter Boudgoust, der leider verhindert ist. Über diese Kontinuität freue ich mich persönlich sehr. Wenn man die vergangenen Jahre Revue passieren lässt, dann wird eines schnell klar: Der Digitalisierungsprozess war und ist weiterhin das beherrschende Thema. Und gerade hier auf der IFA gewinnt man stets einen Eindruck davon, wie rasch dieser evolutionäre Prozess voranschreitet. Auf der anderen Seite benötigen manchen Themen dann aber auch etwas länger, bis sie auf breiter Front den Weg in die Wohnzimmer der Konsumenten schaffen. Ein Highlight und ein besonderer Meilenstein in der technischen Weiterentwicklung des Fernsehens ist ohne Zweifel HDTV. Auf der letzten IFA wurden ARD und ZDF noch mit Vorwürfen aus der Industrie und aus dem Einzelhandel konfrontiert, dass wir diese Technologie zu zögerlich einführen. Vielen ging es nicht schnell genug. Aber die Umrüstung der Produktions- und Ausstrahlungsketten innerhalb der ARD für einen HDTV- Regelbetrieb benötigt einen erheblichen zeitlichen Vorlauf. Maßnahmen waren sowohl bei zentral genutzter Technik, wie zum Beispiel der Sendeabwicklung für Das Erste in Frankfurt, als auch bei den Landesrundfunkanstalten notwendig. Wir haben diese Maßnahmen ohne Zeitverzug mit der gebotenen Sorgfalt umgesetzt und sind heute sehr stolz darauf, dass die erste Generalprobe in den Hauptprogrammen, die gemeinsame Übertragung der Leichtathletik-WM durch ARD und ZDF in HD-Qualität, technisch reibungslos funktioniert hat. Dieser Testlauf war ein voller
2 IFA 2009, PTKO-Presseforum Fritz Raff: Meilensteine und Baustellen auf dem Weg der Digitalisierung Erfolg und hat eindrucksvoll gezeigt, was unsere Zuschauer ab dem Start des Regelbetriebes am 12. Februar 2010 von den Öffentlich-rechtlichen erwarten können. Weitere Testläufe anlässlich dieser IFA und zu Weihnachten 2009 werden die Vorfreude sicher noch steigern. Doch nun, wo eigentlich alle Zeichen auf Go stehen, trübt sich diese Vorfreude auf die klaren Bilder: Wir haben den starken Eindruck, dass eine rasche Durchdringung des Marktes mit HDTV-Receivern in den letzten Wochen durch Pläne gebremst werden könnte, die eine Verbreitung von Programmen privater Veranstalter über eine verschlüsselte HD- Plattform vorsehen. Die Resonanz in der Öffentlichkeit und in den Medien hat sicher nicht dazu beigetragen, dem Zuschauer die Anschaffung eines HDTV-Receivers zum jetzigen Zeitpunkt schmackhaft zu machen. Es wäre fatal, wenn nun eine Verunsicherung der Zuschauerinnen und Zuschauer die Durchsetzung von HDTV verzögern würde. Ich fordere Plattformbetreiber und alle Anbieter auf, die Einführung des hochauflösenden Fernsehens in Deutschland nicht durch verbraucherunfreundliche Vorhaben zu gefährden. ARD und ZDF werden jedenfalls ihre Programme weiterhin unverschlüsselt und ohne Zusatzkosten verbreiten. Der nächste große Meilenstein im Digitalisierungsprozess wird die Beendigung der analogen Satellitenverbreitung sein. ARD und ZDF wollen diese Entwicklung aktiv vorantreiben. Als neuer Termin für den Umstieg ist das erste Quartal 2012 ins Auge gefasst. Dabei sehen wir es als wichtige Aufgabe an, die Zuschauer intensiv beim Wechsel in das digitale Fernsehzeitalter zu begleiten und sie über die verschiedenen Empfangsmöglichkeiten der digitalen Programmbouquets umfassend zu informieren. Wir werden dies mit einer breit angelegten Informationskampagne
3 IFA 2009, PTKO-Presseforum Fritz Raff: Meilensteine und Baustellen auf dem Weg der Digitalisierung tun. Einen ersten Höhepunkt stellen Präsentationen und Informationen auf dieser Funkausstellung an den Ständen von ARD und ZDF dar. Stichwort: Konvergenz. Seit längerer Zeit wird die Konvergenz der Medien thematisiert und der Begriff oft strapaziert. Jetzt ist sie für jeden greifbar, die Verschmelzung von Fernsehen und Internet in einem Endgerät, dem so genannten Hybridempfänger, ist ein weiterer Meilenstein auf dem Wege der Digitalisierung. Diese Geräte bieten ein durchgängiges Unterhaltungserlebnis für den Konsumenten, in dem die Stärken von Rundfunk- und Breitbandtechnik nahtlos miteinander kombiniert werden. Dabei kann der Zuschauer auf einfache, gewohnte Weise mit nur einer Fernbedienung und auf einem Bildschirm neue Mehrwertangebote von Rundfunkanstalten und Internetanbietern nutzen. Wie bei allen digitalen Plattformen, die den Rundfunk betreffen, setzen sich ARD und ZDF auch bei dieser Technologie für die Schaffung einer offenen Architektur ein, die möglichst von allen Marktbeteiligten unterstützt wird. Nur so kann kurzfristig ein freier Massenmarkt für hybride Endgeräte mit einem attraktiven Angebotsspektrum entstehen. Aus diesem Grunde begrüßen wir auch ausdrücklich die neu gegründete europäische Initiative "HbbTV", an der neben zahlreichen anderen namhaften Unternehmen auch das Institut für Rundfunktechnik beteiligt ist. HbbTV steht für Hybrid Broadcast Broadband TV und bietet in Form einer Spezifikation dem Rundfunk genau dieses für alle Marktteilnehmer offene technische System. Lassen Sie mich nun noch kurz auf zwei Themen eingehen, die ich als so genannte Baustelle betrachte:
4 IFA 2009, PTKO-Presseforum Fritz Raff: Meilensteine und Baustellen auf dem Weg der Digitalisierung Da ist zunächst die so genannte Digitale Dividende. Die Bundesregierung hat im März beschlossen, Frequenzen, die aus ihrer Sicht durch die Digitalisierung frei werden, für die breitbandige Internetversorgung im ländlichen Raum zu nutzen. Davon betroffen sind die Kanäle oberhalb des Kanals 60, die dem Rundfunk verloren gehen. Die Einengung der terrestrischen Fernsehverbreitung DVB-T auf die Kanäle reduziert aber langfristig die Entwicklungsperspektiven dieses sehr erfolgreichen Verbreitungsweges. Es wird künftig schwierig werden, durch technische Verbesserungen die Bildqualität zu erhöhen und das Programmangebot zu erweitern. Nicht geklärt sind zudem Störungen des Fernsehempfangs, die durch die neuen Endgeräte für die Internetversorgung über Mobilfunk entstehen können. Aus unserer Sicht gibt es noch viele offene Fragen, die vor einer endgültigen Vergabe der neuen Frequenzen zu klären sind. Wir haben die Entscheidung der Bundesregierung akzeptiert, werden aber bei der Umsetzung weiterhin darauf drängen, dass die Verträglichkeit mit dem Fernsehempfang sichergestellt wird. Die Länder haben zwar den Plänen des Bundes zur Verwendung der Digitalen Dividende zugestimmt, wir setzen aber darauf, dass sie auf die Einhaltung ihrer Bedingungen bestehen, mit denen sie ihre Zustimmung verbunden haben. Im Klartext: Wir gehen davon aus, dass uns die Länder bei der tatsächlichen Umsetzung gegenüber dem Bund weiterhin unterstützen werden. Eine weitere Baustelle ist die Digitalisierung der terrestrischen Hörfunkverbreitung. Die Weigerung der KEF, die für einen Neustart von DABplus geplanten Mittel freizugeben, hat bei ARD und DeutschlandRadio zu Ratlosigkeit geführt. Wir können derzeit nicht erkennen, wie es gelingen soll, in Deutschland auch für die Gattung Radio einen eigenständigen Verbreitungsweg in der digitalen Welt zu finden. In anderen Teilen Europas geht man die Digitalisierung des Hörfunks bekanntermaßen erfolgreicher an. In England und Dänemark sind bereits 30% der Haushalte im
5 IFA 2009, PTKO-Presseforum Fritz Raff: Meilensteine und Baustellen auf dem Weg der Digitalisierung Besitz von DAB-Radios. Auch die Schweiz setzt voll auf die DAB- Systemfamilie. Frankreich hat die Migration zur Digitalisierung durch ein festes Rahmenwerk koordiniert und einen Zeitplan zur Integration von Digital Radio in allen Radioempfängern verabschiedet: Bis September 2013 sollen alle verkauften Geräte (einschließlich Autoradios) über Empfangsteile für Digital Radio verfügen. Verlässlich lässt sich derzeit für Deutschland dagegen nur eines sagen: Der Weg in die Hörfunk- Digitalisierung ist weiterhin sehr steinig und dieses Thema wird uns noch weiterhin intensiv beschäftigen. Seitens der ARD werden wir nun intern beraten, ob und wenn ja in welcher Form ein neuer Antrag bei der KEF gestellt wird. Abschließend freue ich mich, dass wir ein Versprechen von der vergangenen IFA einlösen können: In diesem Jahr wird erstmals der Förderpreis Frauen und Medientechnologie verliehen. ARD, ZDF, DeutschlandRadio und Deutsche Welle haben diesen Preis ins Leben gerufen. Er wird künftig einmal jährlich vergeben. Für die Premiere wurden übrigens 27 Abschlussarbeiten eingereicht, die sich mit Fragen der audiovisuellen Medienproduktion und distribution beschäftigen. Ziel ist es, die Quote der Ingenieurinnen speziell im Mediensektor zu erhöhen. Im Rahmen dieser Internationalen Funkausstellung werden die ersten drei Preisträgerinnen am 7. September offiziell vorgestellt. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns allen interessante Vorträge und noch spannendere Diskussionsrunden. Vielen Dank!
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