Soll UKW digitalisiert werden?

Transkript

1 Soll UKW digitalisiert werden? Gregor Spachmann Geschäftsführer Radio Regenbogen 1

2 Soll UKW digitalisiert werden? Bericht aus Sicht eines Privatradio-Veranstalters Digitale Zukunftsmöglichkeiten des privaten Radios bieten Chancen, aber auch Risiken Konkrete Technologie ist hierbei von sekundärer Bedeutung Neutrale Betrachtung der technischen Option HD Radio 2

3 Situation des privaten Hörfunks 3

4 Situation des privaten Hörfunks Hörfunk über UKW behauptet sich noch immer sehr gut. Die Hörer sind mit der technischen Qualität und dem Angebot grundsätzlich zufrieden. Das Know-How der Radioveranstalter liegt vor allem in der Content-Erstellung. Die Frage ist, wo und wie wir diesen Content künftig verbreiten und wie wir diesen auch vermarkten können. 4

5 Situation des privaten Hörfunks Kein einheitlicher digitaler Verbreitungsweg für Hörfunk oder neue audiovisuelle Inhalte. Kapitalstarke und zum Teil neue Player drängen in den Markt für auditive und mobile Unterhaltung. Die Veranstalter geraten zunehmend in die Rolle eines Zulieferers in ein ihnen nicht vertrautes System aus technischem Sendernetz- und Plattformbetreiber. Kostenszenarien mit hohen Investitionen in Sendernetze (z.b. für DAB+) werfen die Frage nach neuen und funktionierenden Geschäftsmodellen auf. 5

6 Situation des privaten Hörfunks Verteilung der Risiken am Projekt Digitalisierung des Hörfunks liegen viel zu stark beim privaten Hörfunk. Die Tragweite ist vielen Mitwirkenden noch nicht abschließend klar! Die Situation bspw. der öffentlich-rechtlichen Sender, der MEDIA BROADCAST und der Deutschen Funkturm ist vergleichsweise komfortabel. Endgeräteindustrie, Mobilfunkbetreiber und Automobilhersteller werden die Risiken der Digitalisierung nicht tragen. 6

7 Situation des privaten Hörfunks Die Digitalisierung des Hörfunks war stets stark politisch und weniger marktgetrieben. Nach dem Scheitern von DAB (alt), DMB und vorläufig auch DVB-H ist die Zuversicht für eine digitale Zukunft des klassischen Hörfunks zumindest geschwunden. Im digitalen Vorzeigeland England bricht DAB aktuell zusammen. 7

8 Situation des privaten Hörfunks Die Sensibilität der marktwirtschaftlichen Situation des privaten Hörfunks zeigt sich deutlich in der aktuellen Wirtschaftskrise. Digitalisierungsszenarien erfordern langfristige und hohe finanzielle Verpflichtungen, die bei der Abwägung von Chancen und Risiken zu berücksichtigen sind. Die aktuelle Diskussion um eine mögliche Reduktion der Verbreitungskosten und eine neue Verteilung der unternehmerischen Risiken kann nur begrüßt werden. 8

9 Die Schweiz hat pragmatische Lösungswege aufgezeigt: Gründung der Swiss Media Cast für den digitalen Netzbetrieb 9

10 Warum sind wir an HD Radio interessiert? 10

11 Warum sind wir an HD Radio interessiert? Erhalt des funktionierenden bisherigen und bekannten Geschäftsmodells Unsere Frequenzen werden für die Digitalisierung mit HD Radio herangezogen Schaffung eines digitalen Mehrwertes durch Zusatzangebote HD Radio bietet die digitale Dividende Die Kosten für HD Radio -Umrüstungen sind überschaubar. 11

12 Warum sind wir an HD Radio interessiert? Die UKW Basis-Technik ist solide und bekannt. Endgeräte sind verfügbar, bezahlbar und millionenfach im US-amerikanischen Markt. Fast Radiostationen sind in den USA mit HD Radio on air. These Nicht die Beste, sondern im Zweifel die preiswerteste und effizienteste Technik wird sich durchsetzen. 12

13 Warum sind wir an HD Radio interessiert? Unser Ziel bei diesem Versuch: Wissen über bestehende Entwicklungsmöglichkeiten für unsere Unternehmen und für unsere Branche generieren. Die Ergebnisse des Feldtests werden allen Hörfunkveranstaltern zugänglich gemacht. 13

14 Was können wir von HD Radio erwarten? 14

15 Was können wir von HD Radio erwarten? Erhalt der bisherigen UKW-Frequenzen und der bisherigen UKW-Verbreitung Verbreitung von zwei bis drei neuartigen digitalen Programmen/ Datendiensten zusätzlich zum klassischen UKW-Programm Kein hartes Umstiegsszenario wie bei anderen Technologien. 15

16 Was können wir von HD Radio erwarten? Vorhandene UKW-Empfänger bleiben voll einsatzfähig (ca. 300 Mio. Geräte in Deutschland). HD Radio ermöglicht die Entwicklung von Geschäftsmodellen in bekannter und im UKW-Bereich bereits etablierter Weise. Neue ergänzende Geschäftsmodelle sind ebenso möglich. Die technische Infrastruktur für HD Radio ist zu überschaubaren Kosten verfügbar. 16

17 Was können wir von HD Radio erwarten? Vielfältige Endgeräte werden bereits heute in jeder Preisklasse angeboten (USA) und sind bereits millionenfach verkauft. Bewegtbilder sind bei HD Radio nicht möglich, aber digitale Zusatzdienste und Funktionen wie z.b. Timeshift, itunes-tagging 17

18 Versuchspartner des Feldtests 18

19 Versuchspartner des Feldtests Die Ruoss AG (Rotkreuz, Schweiz) hat in Europa die Etablierung von HD Radio durch einen Feldtest in der Schweiz maßgeblich gefördert. Zahlreiche Bedenken konnten durch den Feldtest ausgeräumt werden. Schweizer Lokalradio-Sender Radio Sunshine, sendet seit 2006 durchgehend auch über HD Radio. Ehemalige HD Radio -Gegner wie z.b. das BAKOM unterstützen zwischenzeitlich diese Technologie. 19

20 Wie gestaltete sich der konkrete Versuchsaufbau? 20

21 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Projektpartner und Förderer: Hauptprojektpartner: Weitere Beteiligte: LFK MEDIA BROADCAST Bundesnetzagentur FH Kaiserslautern LMK ibiquity Digital Corporation (HD Radio Lizenzpartner) Technische Unterstützung: Audioexport Neumann Orban/CLR Systems BE Broadcast Electronics TC Electronic 21

22 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Gesamter Projektzeitraum: August 2007 bis Dezember 2008 Drei Testphasen: Labortests Strahlungsversuch (Phase I) ab November 2008 Strahlungsversuch (Phase II) 22

23 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Labortests: Untersuchungen unter Laborbedingungen durch MEDIA BROADCAST, FH Kaiserslautern sowie Bundesnetzagentur. Ergebnisse: Labortests zeigen Praxis-Tauglichkeit von HD Radio auch in Deutschland. Bedenken der Flugsicherung konnten ausgeräumt werden. Technische Vorgaben der BNetzA wurden erfüllt. 23

24 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Phase I: Aufbau und Installation des HD Radio -Equipments Abstrahlung der HD-Signale vom bis UKW-Frequenz 102,8 MHz plus drei HD Radio -Programme: Radio Regenbogen Regenbogen GOLD Regenbogen Comedy 24

25 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Fortlaufende Feldmessungen durch fünf unabhängige Institutionen: LFK MEDIA BROADCAST Bundesnetzagentur Ruoss AG (Radio Regenbogen) und SWR Erstellung eines gemeinsamen Berichts 25

26 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Phase II (Start im November 2008) Markt-Feldversuch Einbindung von Hörern, Ermittlung subjektiver Empfangseindrücke z.b. Inhouse-Empfang, Akzeptanz der Zusatzangebote Durchführung einer qualitativen Studie in Zusammenarbeit mit einem qualifizierten Institut (BIK MARPLAN Intermedia GmbH) Auswahl Hörer und Bereitstellung von ca. 100 in USA handelsüblichen Test-Geräten 26

27 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Die Ergebnisse sollen allen zur Verfügung gestellt werden. Die 3 digitalen Programme der Phase II im Einzelnen: Radio Regenbogen digital originäres RR Programm simulcast zu UKW (48 kbit/sek = verbesserte Qualität zu UKW) 27

28 Wie gestaltet sich der konkrete Versuchsaufbau? Regenbogen GOLD Musikformat: Oldies-based AC (Adult Contemporary) Übergreifendes Thema: Sweet, soft and lazy Kernzielgruppe: Alter 30+ (32 kbit/sek = etwa UKW Qualität) Regenbogen COMEDY Format: Wortprogramm Kernzielgruppe: Alter 30+ Beiträge und Interviews verschiedener deutscher Comedians (16 kbit/sek = für Wort ausreichende Qualität) 28

29 Unsere bisherigen Erkenntnisse 29

30 Unsere bisherigen Erkenntnisse HD Radio funktioniert auch in einem UKW-Band mit Sendern im Abstand von 200 khz gut. Keine bzw. zum Teil geringe Störungen bei benachbarten UKW-Frequenzen feststellbar. Die digitale Dividende übertrifft die geringen Einschränkungen mehr als deutlich. Die Chip-Hersteller weltweit betrachten HD Radio neben DAB+ als einen relevanten Standard. 30

31 Offene Fragen 31

32 Offene Fragen HD Radio ist mit den in Deutschland/Europa geltenden technischen Standards derzeit noch nicht vereinbar. Standardisierungsverfahren für HD Radio wurde in die Weg geleitet. Die medienrechtliche Verträglichkeit von HD Radio ist derzeit ungeklärt. 32

33 Offene Fragen These Wenn HD Radio als echte Chance für eine wirtschaftlich verträgliche Digitalisierung des Hörfunks in Deutschland bewertet wird, werden Regulierer, insbesondere die Bundesnetzagentur, die Landesmedienanstalten sowie die Verbände, die noch offenen Aufgaben für eine Einführung HD Radio lösen können. 33

34 HD Radio als Technik der Zukunft? 34

35 HD Radio als Technik der Zukunft? Interessanter Standard, dessen Zukunft in Deutschland von der Entwicklungsfähigkeit der bisher favorisierten Standards wie z.b. DAB+ abhängt. Die Frage von entweder oder stellt sich aktuell nicht. HD Radio bietet für Programmveranstalter bereits heute greifbare Vorteile und ermöglicht die eigenständige Entwicklung realistischer Geschäftsmodelle. Multinormgeräte ermöglichen ein Nebeneinander verschiedener Technologien, so auch den Empfang von HD Radio. 35

36 HD Radio als Technik der Zukunft? Unterschiedliche Aufgabenstellungen erfordern unterschiedliche technische Lösungen. Ziel unseres HD Radio -Feldtests ist es, die besten technischen Optionen für einen wirtschaftlichen Erfolg, insbesondere des privaten Hörfunks, auszuloten. Mein Fazit: HD Radio kann nicht alle, aber viele Fragen und Probleme der Digitalisierung des Hörfunks beantworten. 36

37 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Gregor Spachmann Radio Regenbogen Mannheim 37