Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung"

Transkript

1 Heidrun Becker, Mandy Scheermesser, Michael Früh, Yvonne Treusch, Holger Auerbach, Richard Alexander Hüppi, Flurina Meier Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung

2

3 TA-SWISS 58/2013 Heidrun Becker, Mandy Scheermesser, Michael Früh, Yvonne Treusch, Holger Auerbach, Richard Alexander Hüppi, Flurina Meier Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung

4 Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschliesslich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ausserhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Studie wurde unterstützt von der Kommission für Technologie und Innovation KTI, von der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften SAGW und von der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich ISBN (Printausgabe) Download open access: ISBN / DOI / verlag@vdf.ethz.ch

5 Inhalt Abbildungsverzeichnis... VII Tabellenverzeichnis... IX Summary... X Résumé... XIII Riassunto... XVI Zusammenfassung... XIX Danksagung... XXIII 1 Aufbau des Berichts Hintergrund, Ziele und Fragestellungen der Studie Hintergrund der Studie Gesellschaftliche Entwicklungen Bedeutung von Robotik für Betreuung und Gesundheitsversorgung Bedarf für eine Technikfolgenabschätzung Ziele der Studie Fragestellungen der Studie Methoden Die Ist-Analyse Die Umweltanalyse Die Bedarfsanalyse: Fokusgruppen mit Akteuren Reflexion und Bewertung durch Experten Szenarienerstellung Resultate der Ist-Analyse Definitionen, Ziele und Entwicklung von Robotik Definitionen Ziele des Einsatzes Entwicklung der Technologie Übersicht über Gerätegruppen und deren Komplexität... 21

6 IV Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Gerätegruppen Komplexität Ist-Stand Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit Trainingsgeräte Hilfsmittel zur Ausübung von Bewegungen und Alltagshandlungen Akteure in Entwicklung und Forschung Nutzergruppen und ihre Akzeptanz Marktbeurteilung und Ausblick Ist-Stand Telepräsenz und Assistenzrobotik Telepräsenzrobotik Pflegeassistenz Persönliche Assistenz Komplexität der Geräte Akteure in Entwicklung und Forschung Nutzergruppen und ihre Akzeptanz Marktbeurteilung und Ausblick Ist-Stand sozial-interaktive Roboter Beispiele für sozial-interaktive Roboter Komplexität der Geräte Akteure in Entwicklung und Forschung Soziale Interaktion mit Robotik? Kinder und ältere Menschen als sensible Zielgruppen Nutzergruppen und ihre Akzeptanz Marktbeurteilung und Ausblick Resumee: Grosse Gerätevielfalt und zunehmende Interaktivität von Mensch und Maschine Einflussfaktoren auf die Anwendung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Kultureller Hintergrund Soziale und gesellschaftliche Aspekte Rechtliche und ethische Aspekte Individuelle und psychologische Faktoren Finanzierung der Technologie Ergebnisse der Umweltanalyse Ergebnisse der PESTEL-Analyse... 95

7 Inhalt V 5.2 Schlussfolgerungen der PESTEL-Analyse Resumee der Umweltanalyse Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure Ziele Planung und Durchführung Ergebnisse Themenkreis 1: Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit Themenkreis 2: Telepräsenz und Assistenzroboter Themenkreis 3: Sozial-interaktive Roboter Resumee der Bedarfsanalyse Identifikation der Schlüsselfaktoren und Formulierung von Thesen Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse Teilnehmende des Expertenworkshops Meinungen der Experten zu den Thesen These These These These These These These These These These Resumee der Expertenbefragung Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Definition der Szenariotechnik Szenarien in der Technologiefolgenabschätzung Methodisches Vorgehen

8 VI Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 9.4 Einordnung der Ergebnisse der Szenariotechnik Szenario 1: reaktive Politik Szenario 2: proaktive Politik Szenario 3: proaktiv und steuernde Politik Diskussion der Ergebnisse Was ist bis 2025 technisch machbar? Was ist ökonomisch sinnvoll und realisierbar? Was halten die Nutzer für wünschenswert, vertretbar oder bedenklich? Welche rechtlichen Fragen sind zu klären? Was ist ethisch wünschenswert, vertretbar oder bedenklich? Von welchen Faktoren und Akteuren wird die Entwicklung von Robotik beeinflusst? Einschränkungen Offene Fragen und weiterer Forschungsbedarf Schlussfolgerungen und Empfehlungen Schlussfolgerungen Chancen und Risiken auf individueller Ebene Chancen und Risiken auf institutioneller Ebene Chancen und Risiken auf gesellschaftlicher Ebene Resumee zu Chancen und Risiken Fazit Empfehlungen für den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Empfehlungen für notwendige Grundvoraussetzungen Empfehlungen für weiterführende Massnahmen Literaturverzeichnis Das Projektteam der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Mitglieder der Begleitgruppe

9 Abbildungsverzeichnis VII Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abbildung 2: Ablaufplan des gesamten Forschungsprojektes, eigene Darstellung Faktoren der PESTEL-Analyse, Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: Johnson, 2005, S. S Abbildung 3: Zwei kooperierende Industrieroboter, Quelle: Fraunhofer IOSB 18 Abbildung 4: Abbildung 5: Abbildung 6: Abbildung 7: Einteilung der Geräte nach dem Grad der Komplexität (mod. nach Lau et al. 2009) ARMAR, humanoider Assistenzroboter, Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Armeo von der Schweizer Firma Hocoma, Quelle: Hocoma AG Lokomat von der Schweizer Firma Hocoma, Quelle: Hocoma AG Abbildung 8: YouGrabber der Firma YouRehab Abbildung 9: Valedo Motion der Firma Hocoma Abbildung 10: i-foot von TOYOTA Abbildung 11: Ri-Man, Quelle: RIKEN-TRI Collaboration Center for Human-Interactive Robot Research Abbildung 12: ReWalk, Quelle: Argo Medical Technologies Abbildung 13: RP-Vita, Quelle: InTouchHealth Abbildung 14: Fahrerloses Transportsystem der Schweizer Firma MT Robot 44 Abbildung 15: Care-o-bot überreicht ein Getränk an eine Bewohnerin, Quelle: Fraunhofer Institut IPA Abbildung 16: Die Robbe Paro, Quelle: AIST, Japan 56 Abbildung 17: Pleo, Quelle: Innvo Labs Corporation 57 Abbildung 18: Trends Industrie (eigene Darstellung). 106 Abbildung 19: Trends Institutionen (eigene Darstellung) 107 Abbildung 20: Trends Health Professionals (eigene Darstellung). 108

10 VIII Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Abbildung 21: Trends nichtprofessionelle Nutzer (eigene Darstellung) 110 Abbildung 22: Trends Staat (eigene Darstellung) 111 Abbildung 23: Trends Forschung (eigene Darstellung).. 112

11 Tabellenverzeichnis IX Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Datenbanken; Suchbegriffe, Anzahl der Artikel des systematischen Literaturreview Tabelle 2: Übersicht über den Ist-Stand verschiedener Gerätegruppen Tabelle 3: Einstellung zu Servicerobotik in der Pflege Tabelle 4: Tabelle 5: Übersicht über die Schlüsselfaktoren und die dazugehörigen Thesen Übersicht über die Chancen und Risiken für Individuum, Insitutionen und Gesellschaft

12 X Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Summary Background Demographic developments, shortage of skilled personnel and growing economic pressure in the health sector lead to an increased focus on technical solutions in the field of medical care and treatment of people. So far, robots are mainly technology-driven and still in the development and testing phase. An assessment of opportunities and risks, however, has yet to be realized. Goal The present study shows the current status and macro trends of robotics in health care. It assesses opportunities and risks in view of a technically feasible, economically achievable and ethically desirable use of robotics in health care. It furthermore formulates recommendations for politicians and other decision makers on the basis of these findings. Methods To determine the current status and trends, the TA-Swiss-Study has worked with an extensive literature review on current developments, prototypes and their use in practice. This analysis proceeds from a systematic search of various databases and a complementary internet search. This literature pool served as the basis to evaluate the current status, to compile an environment analysis with the PESTEL-method, and to determine macro trends. Furthermore, by means of focus-group interviews, it was possible to perform a stakeholder survey and draw up a needs assessment on the basis of which seven key factors were elaborated and ten theses composed. These were then scrutinized and discussed in detail in a subsequent workshop with experts from the fields of politics, economy, society, ethics, technology and law. On the basis of the findings form the literature review and the stakeholder survey, the TA-Swiss-Study has worked out three scenarios of possible future developments in the use of robots in health care. The scenarios allow the highlighting of opportunities and risks, the specifying of need and options for action by politics, research and health care, and in conclusion the drawing up of recommendations for the involved decision makers.

13 Summary XI Results The field of robotics is characterized by diversity and a different complexity of the devices. Most of the identified models can be classified into three groups according to their functions: 1. Training aids and aids for movement, for the purpose of mobility and autonomy 2. Devices which complement or facilitate people's life, or which can serve as their physical proxy 3. Devices which accompany and interact with people The majority of the devices are still in the development and testing phase and only to some extent employed in practice. Innovation in the field of technology is a substantial driver for new applications in health care. Technical feasibility and economic efficiency, however, are not the only factors in the introduction of robotic devices. Acceptance on the part of the involved stakeholders plays a significant role, an acceptance that is influenced by cultural background, legal and ethical considerations as well as social, psychological and individual factors. Among the opportunities of the use of robots in health care is the assistance they provide for professional and non-professional users, for example family member caregivers. Technical innovation can provide an increase in autonomy and mobility and lead to an improved integration and better quality of life for patients as well as their families. On an institutional level, robotics provides a rationalization potential in the area of organizational and logistic processes. All in all, in addition to assisting health care professionals and at the same time contributing to mitigating the shortage of qualified health care professionals, they would improve the quality of care for patients and people in need of care. One of the risks is that through the use of robots there would be less personal contact between patients and health professionals. This could have negative effects on the patients wellbeing and their convalescence and could even lead to isolation. Furthermore, the nurse profession and other health care professions could become less attractive, which in turn could further increase the shortage of skilled health care professionals. Another risk lies with particularly vulnerable people incapable of giving their informed consent for the use of robots themselves. Furthermore, a delicate matter is the potential misuse of the data collected by the devices, and the liability question in case of damages caused by semiautonomous robots. On an institutional level, there is reason to worry that eco-

14 XII Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung nomic pressure could lead to a favored use of devices, which could be economically advantageous but could be disadvantageous for people concerned, for example as a result of possible loss of contact or possible job cuts. Moreover, due to an almost total lack of benefit-cost analyses dealing with the use of robots in health care, the risk that their use may lead to increased costs cannot be ruled out. Conclusions Insufficient regulation for instance in liability law, data protection and ethics is already leading to risks for people dealing with such devices in research, testing and practice. An attitude of expectation and reaction translates into a willingness to accept these risks. Measures such as the clarification of liability laws and data protection are therefore necessary and cannot be postponed to an indefinite future. Evidently, a proactive and coordinated policy framework is required to minimize the risks of the use of robotics in the health care environment and to allow to fully benefit from the opportunities and advantages it presents. Recommendations The recommendations for the use of robots in health care specify the necessary requirements and also define required further measures. Necessary requirements comprise legal adjustments in liability law and data protection as well as the assessment and observance of ethics regulations, particularly in regard to persons incapable of giving their informed consent. The required further measures cover the promotion of applied interdisciplinary research that includes users and people concerned, as well as the promotion of health technology assessments and the enhancement of public awareness concerning the use of technology in health care, also to ensure equitable access.

15 Résumé XIII Résumé Contexte Le développement démographique, la pénurie de personnel qualifié et la pression économique croissante sur les soins de santé font que, de plus en plus, des solutions techniques sont envisagées pour la prise en charge des personnes et les soins à leur apporter. A ce jour, les robots sont essentiellement dans une phase de développement et d essai à caractère principalement technique. Il reste en revanche à en évaluer les opportunités et les risques. Objectif La présente étude a pour but de cerner la situation actuelle et les macrotendances de la robotique dans la prise en charge des patients et dans les soins de santé. Elle identifie les opportunités et les risques d une utilisation techniquement faisable, économiquement réalisable et éthiquement souhaitable de la robotique dans les soins de santé et formule des recommandations sur cette base à l intention des milieux politiques et d autres décideurs. Approche méthodique Pour cerner la situation et les tendances, l étude TA-SWISS se fonde sur une large étude de la littérature consacrée aux développements actuels, aux prototypes et à leur utilisation dans la pratique. Cette analyse repose sur une étude systématique de différentes banques de données et sur une recherche libre complémentaire. Cette analyse de la littérature a servi à évaluer la situation actuelle, à réaliser une analyse environnementale à l aide de la méthode PESTEL et à identifier des macro-tendances. Une enquête auprès des acteurs à travers des groupes de réflexion a permis par ailleurs d effectuer une analyse des besoins et, à partir des résultats obtenus, de dégager sept facteurs clés et de formuler dix thèses, dont des experts issus de la politique, de l économie, de la société civile et du monde de l éthique, de la technique et du droit ont ensuite débattu de manière approfondie dans le cadre d un workshop.

16 XIV Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung A la lumière des données tirées de l analyse de la littérature et de l enquête auprès des acteurs, l étude TA-SWISS présente trois scénarios sur les possibles évolutions futures de l emploi de la robotique dans la prise en charge des patients et les soins de santé. Ces scénarios permettent de préciser les opportunités et les risques, de cerner les besoins et les pistes d action dans le domaine de la politique, de la recherche et des soins de santé et, enfin, de formuler des recommandations concrètes pour les différents décideurs. Résultats Le domaine de la robotique se distingue par la multitude et la complexité très diverse des appareillages. La plupart des types d appareils identifiés se répartissent en trois groupes, d après leur fonction: 1. Appareils d entraînement et systèmes d assistance au mouvement, à la mobilité et à l autonomie; 2. Appareils qui complètent l être humain, allègent son travail ou peuvent remplacer son intervention physique; 3. Appareils qui accompagnent l être humain et interagissent avec lui. Ces appareils sont essentiellement en cours de développement et d essai et ne sont qu en partie régulièrement en usage. L innovation dans le domaine de la technique est un moteur essentiel pour de nouvelles applications dans le domaine des soins de santé. Lors de la mise en œuvre de solutions robotiques, la faisabilité technique et la rentabilité économique ne sont pas les seuls facteurs à entrer en ligne de compte. Ce qui importe aussi en particulier, c est l acceptation de ces solutions par les différents acteurs, laquelle dépend notamment de leur environnement culturel, d aspects juridiques et éthiques et de facteurs sociaux, psychologiques et individuels. Parmi les opportunités offertes par l emploi de la robotique dans les soins de santé figure l allègement du travail des utilisateurs professionnels et non professionnels, tels les proches assurant les soins. Les innovations techniques peuvent constituer un gain d autonomie et de mobilité pour les patients et leur famille et contribuer à améliorer l intégration et la qualité de vie. Sur le plan institutionnel, la robotique offre un potentiel de rationalisation dans le domaine des processus organisationnels et logistiques. De manière globale, la qualité des soins apportés aux patients et aux personnes qui en nécessitent devrait pouvoir être améliorée, le travail du personnel soignant, allégé, et le problème de pénurie de personnel qualifié, atténué.

17 Résumé XV Parmi les risques figure celui de voir l emploi de robots réduire les contacts directs entre les patients et le personnel soignant. Cela pourrait avoir des effets négatifs sur le bien-être et le processus de guérison des patients, voire conduire à leur isolement. Parallèlement à cela, les métiers médicaux et de la santé pourraient devenir moins attrayants, ce qui pourrait renforcer encore la pénurie de personnel qualifié. Un autre risque concerne les personnes particulièrement vulnérables ne pouvant donner elles-mêmes leur accord quant à l utilisation de robots. Le risque d usage abusif des données recueillies par les appareils est également un point délicat. Il faudra aussi trancher la question de savoir qui est responsable des dégâts provoqués par des robots (semi-)autonomes. Sur le plan institutionnel, il est à redouter que, sous la pression économique, on utilise plutôt des appareils certes moins onéreux mais qui engendrent des inconvénients pour les personnes concernées, telle la perte de tout contact, et pourraient entraîner éventuellement des pertes d emplois. Comme il n existe guère d analyses coûtsavantages pour les robots dans les soins de santé, on ne saurait par ailleurs exclure que leur emploi engendre une hausse des coûts. Conclusions Aujourd hui déjà, le manque de règles en matière de responsabilité, de protection des données et d éthique notamment entraîne des risques pour les personnes concernées par les recherches sur de tels appareils, leurs essais et leur utilisation. L attentisme et le manque de prévoyance du monde politique auraient pour effet de laisser subsister ces risques. Des mesures telles que l examen des règles en matière de responsabilité et de protection des données sont donc nécessaires dès aujourd hui et ne peuvent être reportées sine die. Une politique proactive et régulatrice paraît la mieux à même de réduire les risques liés à la robotique dans la prise en charge des patients et les soins de santé tout en tirant parti de ses opportunités. Recommandations Les recommandations formulent, d une part, les conditions de base nécessaires, et, de l autre, les mesures additionnelles nécessaires à l emploi de la robotique dans la prise en charge des patients et les soins de santé. Les conditions de base nécessaires incluent des adaptations juridiques en matière de responsabilité et de protection des données ainsi que l examen et le respect de règles éthiques, en particulier en ce qui concerne les personnes qui ne sont pas en état de donner leur accord. Parmi les mesures additionnelles recommandées figurent en particulier l encouragement de recherches appliquées interdisciplinaires impli-

18 XVI Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung quant les utilisateurs et les personnes concernées par l utilisation des matériels, la promotion de l évaluation des technologies de la santé et l analyse sociale du thème des «technologies dans la prise en charge des patients et les soins de santé», de façon à garantir un accès égalitaire à ces technologies. Riassunto Contesto Lo sviluppo demografico, la carenza di personale qualificato e la crescente pressione economica sul sistema sanitario comportano sempre più la presa in considerazione di soluzioni tecniche nell assistenza e nella cura delle persone. Attualmente, i robot si trovano prevalentemente in una fase di sviluppo e sperimentazione, manca tuttavia in questo ambito una valutazione delle opportunità e dei rischi. Obiettivo Il presente studio rileva la situazione attuale e le macrotendenze in materia di robotica relativamente alla cura e all assistenza sanitaria, individua le opportunità e i rischi connessi alla fattibilità tecnica, alla realizzabilità economica e all applicazione, auspicabilmente etica, della robotica nel sistema sanitario e, su questa base, formula delle raccomandazioni per politici e altri decisori. Metodologia Per rilevare la situazione attuale e l evoluzione delle tendenze, lo studio di TA- SWISS si basa su un analisi esaustiva della letteratura scientifica sugli sviluppi attuali, i prototipi e la loro applicazione nella pratica. Questa analisi si fonda su una ricerca sistematica in varie banche dati e su una ricerca libera complementare. Sulla base di queste fonti bibliografiche, è stata analizzata la situazione attuale, è stata realizzata un analisi delle variabili ambientali (PESTEL analysis) e sono state rilevate delle macrotendenze. Un sondaggio tra gli attori del settore attraverso focus groups ha permesso inoltre di effettuare un analisi dei bisogni e, sulla base di questi risultati, di individ-

19 Riassunto XVII uare sette fattori chiave e formulare dieci tesi che successivamente sono state discusse approfonditamente nell ambito di un workshop da esperti di politica, economia, società, etica, tecnica e diritto. Sulla base delle cognizioni emerse dall analisi della letteratura scientifica e dal sondaggio tra gli attori del settore, lo studio di TA-SWISS presenta tre scenari di possibili sviluppi futuri dell applicazione della robotica nella cura e nell assistenza sanitaria. Questi scenari permettono di illustrare le opportunità e i rischi, di indicare le necessità e le opzioni di intervento per la politica, la ricerca e il sistema sanitario e infine di formulare concrete raccomandazioni per i vari decisori. Risultati Il settore della robotica si caratterizza per la diversità e il vario grado di complessità dei dispositivi. La maggior parte dei tipi di dispositivi identificati si possono suddividere, secondo la loro funzione, in tre gruppi: 1. dispositivi di training e strumenti ausiliari per l esecuzione del movimento, la mobilità e l autonomia; 2. dispositivi che completano e sostengono le persone o che possono sostituire la loro presenza fisica e 3. dispositivi che accompagnano le persone e interagiscono con esse. I dispositivi si trovano prevalentemente in una fase di sviluppo e sperimentazione e solo in parte vengono regolarmente già utilizzati. L innovazione nel campo della tecnica è un motore fondamentale per le nuove applicazioni nel sistema sanitario. Nell introduzione della robotica contano non soltanto la fattibilità tecnica e l efficienza economica. Altrettanto importante è l accettazione da parte dei vari attori del settore che non da ultimo viene influenzata dal loro contesto culturale, da aspetti legali ed etici nonché da fattori sociali, psicologici e individuali. Tra le opportunità derivanti dall applicazione della robotica nel sistema sanitario va considerato il sostegno per gli utenti professionali e non-professionali, come ad esempio i familiari dei pazienti. Per i pazienti e le loro famiglie, le innovazioni tecniche possono rappresentare un beneficio per l autonomia e la mobilità e contribuire a migliorare l integrazione e la qualità della vita. Sul piano istituzionale, la robotica offre un potenziale di razionalizzazione nell ambito dei processi organizzativi e logistici. Nel complesso, in considerazione di un aiuto per il personale sanitario specializzato e, allo stesso tempo, di un attenuazione della carenza

20 XVIII Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung di personale specializzato, la qualità dell assistenza ai pazienti e alle persone bisognose di cura potrebbe migliorare. Tra i rischi da considerare, a seguito dell applicazione dei robot, vi è la perdita di contatti interpersonali tra pazienti e personale sanitario che potrebbe avere ripercussioni negative sui pazienti oppure causare un loro isolamento. Allo stesso tempo, anche le professioni sanitarie e altre professioni mediche potrebbero perdere di attrattività, cosa che potrebbe contribuire ad aumentare la carenza di personale specializzato. Un altro rischio può essere costituito dalle persone particolarmente vulnerabili che non sono in grado di dare il proprio assenso all applicazione dei robot. Altrettanto delicato è il tema legato all abuso potenziale dei dati raccolti dai dispositivi. Inoltre, non è chiaro a chi attribuire la responsabilità dei danni causati dai robot (semi)-autonomi. Sul piano istituzionale, c è da temere che la pressione economica possa contribuire a favorire l utilizzo di dispositivi che a livello economico sono sì vantaggiosi ma che potrebbero recare degli svantaggi ai soggetti interessati, come ad esempio la perdita di contatti interpersonali, oppure causare potenzialmente la perdita di posti di lavoro. Considerato che quasi non esistono delle analisi sui costi-benefici derivanti dall applicazione dei robot nel sistema sanitario, si corre infine il rischio che tale applicazione possa causare un aumento di costi. Conclusioni Regolamenti insufficienti, ad esempio in materia di diritto di responsabilità, protezione dei dati ed etica, espongono già adesso a rischi le persone impegnate nella ricerca, nella sperimentazione e nell applicazione di tali dispositivi. Un approccio politico reattivo e volto a temporeggiare, accetterebbe implicitamente questi rischi. Misure, quali ad esempio il chiarimento del diritto di responsabilità e della protezione dei dati, sono pertanto già oggi necessarie e non possono essere rimandate a tempo indeterminato. Una politica proattiva e di guida sembra la soluzione migliore per ridurre i rischi della robotica nella cura e nell assistenza sanitaria e, al contempo, sfruttarne le possibilità. Raccomandazioni Da un lato, le raccomandazioni formulano presupposti necessari e, d altro lato, misure ulteriori per l applicazione della robotica nella cura e nell assistenza sanitaria. I presupposti necessari comprendono le modifiche giuridiche in materia di responsabilità e protezione dei dati nonché il controllo e il rispetto delle direttive

21 Zusammenfassung XIX etiche, con particolare riferimento alle persone incapaci di dare il proprio assenso. Per garantire l equità d accesso, tra le misure ulteriori si raccomandano inparticolare la promozione di una ricerca interdisciplinare e applicata che includa gli utenti e i soggetti interessati dall applicazione, la promozione di Health Technology Assessment e il dibattito nella società sul tema «Tecnologie nella cura e nell assistenza sanitaria». Zusammenfassung Hintergrund Die demografische Entwicklung, Fachkräftemangel und der steigende ökonomische Druck auf das Gesundheitswesen führen dazu, dass bei der Betreuung und Versorgung von Menschen zunehmend technische Lösungen in Betracht gezogen werden. Bislang stehen Roboter überwiegend in der Phase einer hauptsächlich technikgetriebenen Entwicklung und Erprobung. Eine Beurteilung von Chancen und Risiken hingegen steht noch aus. Ziel Die vorliegende Studie erhebt den Ist-Stand und Makrotrends zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Sie ermittelt Chancen und Risiken im Hinblick auf einen technisch machbaren, wirtschaftlich realisierbaren und ethisch wünschenswerten Einsatz von Robotik im Gesundheitswesen und formuliert auf dieser Grundlage Empfehlungen für Politiker und andere Entscheidungsträger. Methodisches Vorgehen Um den Ist-Stand und die Trendentwicklung zu erfassen, stützt sich die TA- SWISS-Studie auf eine umfassende Literaturanalyse zu aktuellen Entwicklungen, Prototypen und deren Einsatz in der Praxis. Dieser Analyse liegt die systematische Durchsuchung diverser Datenbanken sowie eine ergänzende Freihandsuche zugrunde. Anhand dieses Literaturfundus wurden der Ist-Stand ausgewertet, eine Umweltanalyse mittels des PESTEL-Verfahrens vorgenommen und Makrotrends ermittelt.

22 XX Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Eine Akteursbefragung mittels Fokusgruppen erlaubte es zudem, eine Bedarfsanalyse zu erheben und anhand von deren Resultaten sieben Schlüsselfaktoren herauszuarbeiten und zehn Thesen zu formulieren, welche Experten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Ethik, Technik und Recht im Rahmen eines Workshops anschliessend eingehend diskutierten. Gestützt auf die Erkenntnisse aus Literaturanalyse und Akteursbefragung legt die TA-SWISS-Studie drei Szenarien zu möglichen zukünftigen Entwicklungen des Einsatzes von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung vor. Diese Szenarien erlauben es, Chancen und Risiken zu verdeutlichen, Handlungsbedarf und -optionen für Politik, Forschung und Gesundheitswesen aufzuzeigen und schliesslich konkrete Empfehlungen für die verschiedenen Entscheidungsträger zu formulieren. Ergebnisse Das Gebiet der Robotik zeichnet sich durch die Vielfalt und verschiedene Komplexität der Geräte aus. Die meisten identifizierten Gerätetypen lassen sich nach ihrer Funktion in drei Gruppen einteilen: 1. Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit, 2. Geräte, die den Menschen ergänzen, entlasten oder seine physische Anwesenheit ersetzen können sowie 3. Geräte, die den Menschen begleiten und mit ihm interagieren. Die Geräte befinden sich überwiegend in der Entwicklung und Erprobung und stehen nur zum Teil bereits regelmässig im Einsatz. Innovation im Bereich der Technik ist ein wesentlicher Treiber für neue Anwendungen im Gesundheitswesen. Bei der Einführung von Robotik spielen aber nicht nur die technische Machbarkeit und die ökonomische Effizienz eine Rolle. Wichtig ist insbesondere auch die Akzeptanz vonseiten der verschiedenen Akteure, die nicht zuletzt durch deren kulturellen Hintergrund, rechtliche und ethische Aspekte sowie soziale, psychologische und individuelle Faktoren beeinflusst wird. Zu den Chancen des Einsatzes von Robotik im Gesundheitswesen gehört die Entlastung professioneller, aber auch nichtprofessioneller Nutzer, wie zum Beispiel pflegender Angehöriger. Für Patienten und deren Familien können technische Innovationen einen Gewinn an Autonomie und Mobilität darstellen und zu einer verbesserten Integration und Lebensqualität beitragen. Auf institutioneller Ebene bietet Robotik ein Rationalisierungspotenzial im Bereich organisatorischer

23 Zusammenfassung XXI und logistischer Prozesse. Gesamthaft gesehen dürfte sich, bei einer gleichzeitigen Entlastung der Pflegefachkräfte und Linderung des Fachkräftemangels, die Qualität der Versorgung von Patienten und pflegebedürftigen Personen verbessern lassen. Zu den Risiken zählt, dass durch den Einsatz von Robotern die direkten Kontakte zwischen den Patienten und dem Gesundheitspersonal abnehmen. Das könnte sich negativ auf das Wohlbefinden und den Genesungsprozess der Patienten auswirken oder sogar zu deren Vereinsamung führen. Gleichzeitig würden auch die Pflege- und andere Gesundheitsberufe zunehmend unattraktiver, was den Fachkräftemangel zusätzlich verstärken könnte. Ein weiteres Risiko besteht bei besonders vulnerablen Personen, welche selbst kein Einverständnis zum Einsatz von Robotern geben können. Heikel erscheint auch das Missbrauchspotenzial der von den Geräten gesammelten Daten. Ungeklärt ist weiter, wer bei Schäden haftet, welche (semi-)autonom agierende Roboter verursachen. Auf institutioneller Ebene ist zu befürchten, dass der wirtschaftliche Druck zum bevorzugten Einsatz von Geräten führen könnte, die ökonomisch zwar vorteilhaft sind, aber für die Betroffenen Nachteile wie z.b. Kontaktverlust bringen und möglicherweise zu Arbeitsplätzeabbau führen könnten. Da es kaum Kosten-Nutzen-Analysen für Roboter im Gesundheitswesen gibt, besteht schliesslich das Risiko, dass ihr Einsatz zu einer Kostensteigerung führen könnte. Schlussfolgerungen Unzureichende Regelungen, z.b. im Haftungsrecht, im Datenschutz und in der Ethik, führen bereits jetzt zu Risiken für Menschen, die mit der Forschung, Erprobung und Anwendung von solchen Geräten zu tun haben. Ein abwartendes und reaktives Vorgehen der Politik würde diese Risiken in Kauf nehmen. Massnahmen, z.b. die Klärung des Haftungsrechts und des Datenschutzes, sind deshalb bereits heute notwendig und können nicht in unbestimmte Zukunft verschoben werden. Eine proaktive und steuernde Politik scheint am besten geeignet, Risiken von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung zu mindern und gleichzeitig deren Chancen zu nutzen. Empfehlungen Die Empfehlungen formulieren einerseits notwendige Grundvoraussetzungen und andererseits weiterführende Massnahmen für den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Notwendige Grundvoraussetzungen umfassen rechtliche Anpassungen bezüglich der Haftung und des Datenschut-

24 XXII Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung zes sowie die Prüfung und Einhaltung ethischer Richtlinien insbesondere in Bezug auf nicht einwilligungsfähige Personen. Als weiterführende Massnahmen werden insbesondere die Förderung interdisziplinärer, angewandter Forschung unter Einbezug der Nutzer und der von der Nutzung Betroffenen empfohlen, die Förderung von Health Technology Assessment und die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema «Technologien in der Betreuung und Gesundheitsversorgung», um so die Zugangsgerechtigkeit zu gewährleisten.

25 Danksagung XXIII Danksagung Wir bedanken uns herzlich bei: Den Mitgliedern der Begleitgruppe für die fachliche und kritische Begleitung der Studie und Begutachtung des Berichts: Prof. Dr. Daniel Gygax (Vorsitzender), Sibylle Ackermann Birbaum, Prof. Dr. Hannes Bleuler, Dr. Katrin Crameri, Janine Graf, Bea Heim, Prof. Dr. François Höpflinger, Prof. Dr. Annemarie Kesselring, Dr. med. Pedro Koch, Prof. Dr. Sabine Maasen, Dr. Jürg Müller, Thomas Müller, Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello, Prof. Dr. Robert Riener, Prof. Dr. Giatgen Spinas, Prof. Dr. Gábor Székely, Dr. Markus Zürcher. Bei TA-SWISS für Projektleitung und Unterstützung des Projektes: Dr. Sergio Bellucci, Dr. Adrian Rüegsegger, Christine D Anna-Huber. Bei allen Teilnehmenden der Fokusgruppen und des Expertenworkshops für ihren Zeiteinsatz und ihr Engagement. Ebenso bei Frau Dr. Margot Tanner für die Moderation des Workshops. Anmerkung Der vorliegende Bericht verzichtet zugunsten der Leserfreundlichkeit auf die konsequente Berücksichtigung beider Geschlechtsformen. Es sind dennoch immer beide Geschlechter gemeint.

26

27 1 Aufbau des Berichts Der vorliegende Bericht ist eine Technikfolgenabschätzung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Er gliedert sich in elf Kapitel und ein Literaturverzeichnis. Nach Kapitel 1 zum Aufbau der Studie folgt in Kapitel 2 der thematische Hintergrund. Es wird auf die gesellschaftliche Entwicklung, die Bedeutung von Robotik für die Gesundheitsversorgung und den Bedarf für eine Technikfolgenabschätzung eingegangen. Es folgt die Beschreibung der Ziele und Fragestellungen der Studie. In Kapitel 3 werden die Methoden der einzelnen Arbeitsschritte vorgestellt: die Ist-Analyse, die Umweltanalyse, die Bedarfsanalyse, die Expertenbefragung und die Szenarienerstellung. In Kapitel 4 werden die Resultate der Ist-Analyse zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung dargestellt. Diese sind nach ihrer Funktion in drei Gruppen eingeteilt: Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung und Mobilität, Telepräsenz sowie Assistenzrobotik. Zum Schluss des Kapitels wird auf die Einflussfaktoren eingegangen, welche die Verbreitung solcher Geräte im Gesundheitswesen beeinflussen. Die Ergebnisse der Umweltanalyse werden in Kapitel 5 präsentiert. Die Umweltanalyse wurde anhand einer PESTEL-Analyse durchgeführt. Die Resultate werden daher gemäss dem Raster dieser Methode für die Bereiche Politik (Political), Ökonomie (Economic), Soziokultur (Sociocultural), Technik (Technological), Umwelt (Environmental) sowie Recht (Legal) dargelegt. Es werden Schlussfolgerungen für diese Bereiche gezogen und schliesslich ein Resumee der Umweltanalyse gemacht. In Kapitel 6 wird das Vorgehen bei der Bedarfsanalyse beschrieben. Die Ergebnisse in Form von positiven und negativen Aspekten werden nach den drei Funktionsgruppen der Geräte präsentiert, gefolgt von einer kurzen Zusammenfassung der Resultate aus der Akteursbefragung.

28 2 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung In Kapitel 7 werden die aus der Akteursbefragung gewonnenen Schlüsselfaktoren präsentiert, welche für den Einsatz von Robotik entscheidend sind. Aus den Schlüsselfaktoren wurden zehn Thesen gebildet, welche die Grundlage bilden für die Expertenbefragung. Kapitel 8 beinhaltet die Expertenbefragung. Nach Thesen geordnet werden die Einschätzungen und Standpunkte sowie die Hauptdiskussionspunkte der Experten dargelegt. Das Kapitel endet mit einem Resumee zur Expertenbefragung. Mögliche Entwicklungen zum Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung werden in drei narrativen Szenarien in Kapitel 9 beispielhaft dargelegt. Es wird je ein Szenario unter der Annahme einer reaktiven Politik, einer proaktiven Politik und einer proaktiven und steuernden Politik skizziert. Es werden Massnahmen und die daraus folgenden Konsequenzen erläutert. In Kapitel 10 werden die Ergebnisse der Studie diskutiert. Es wird besprochen, was technisch machbar, ökonomisch sinnvoll und realisierbar, für Nutzer wünschenswert, vertretbar oder bedenklich ist, welche rechtlichen Fragen zu klären sind und von welchen Faktoren und Akteuren die Entwicklung von Robotik beeinflusst wird. Schliesslich werden Limitationen erläutert und offene Fragen dargelegt. Im abschliessenden Kapitel 11 werden Chancen und Risiken diskutiert und Empfehlungen zu notwendigen Grundvoraussetzungen sowie Empfehlungen für weiterführende Massnahmen abgegeben.

29 2 Hintergrund, Ziele und Fragestellungen der Studie Hintergrund der Studie Gesellschaftliche Entwicklungen Roboter werden seit Jahrzehnten in der Industrie eingesetzt. Sie übernehmen stereotype, automatisierte Arbeitsschritte, Kontrollaufgaben und gefährliche Arbeiten. In den letzten Jahren forcieren ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungen den Einsatz von Robotern auch in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Die demografische Entwicklung der Schweiz zeigt eine proportionale Zunahme älterer Menschen an der Bevölkerung. Nach Angaben des Bundesamtes für Statistik nimmt der Anteil der unter 20-Jährigen an der Gesamtbevölkerung von heute 21 auf 18,4 Prozent im Jahr 2060 ab. Der Anteil der über 64-Jährigen steigt im gleichen Zeitraum von 16,8 auf 28,3 Prozent. Den grössten Zuwachs erfährt hierbei die Altersgruppe der 80-Jährigen und Älteren; sie wird sich innerhalb der nächsten 45 Jahre um 188 Prozent ausweiten. 1 Diese rasche Zunahme von Menschen im Pensionsalter gegenüber denjenigen im erwerbsfähigen Alter ist vor allem bis zum Jahr 2030 zu erwarten (Bundesamt für Statistik, 2002). Durch diese gesellschaftlichen Entwicklungen verändert sich auch das Krankheitsspektrum in der Schweiz. Insbesondere chronische Krankheiten und Multimorbidität werden zunehmen. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird der Anteil pflegebedürftiger und auf Hilfe angewiesener Menschen stark ansteigen. Das führt zu steigenden Kosten im Gesundheits- und Sozialwesen. Gleichzeitig sind Engpässe personeller Art in der ärztlichen Versorgung, Pflege, Betreuung und Therapie dieser Menschen absehbar. Bereits heute wird der steigende Bedarf an Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten in der Schweiz durch Arbeitskräfte aus dem Ausland 1 BfS 2011, Zugriff am unter: ntroduction.html.

30 4 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung ausgeglichen. Die Anzahl der Auszubildenden in der Schweiz in Gesundheitsberufen hat in den letzten fünf Jahren abgenommen, sodass mit einem weiteren Anstieg der Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften zu rechnen ist, wenn in der Schweiz nicht die Zahl der Auszubildenden erhöht und der Verbleib der Fachkräfte im Gesundheitswesen verbessert werden kann (Jaccard Ruedin & Widmer, 2010). Als weiterer demografischer Faktor ist die zunehmende kulturelle Diversität der Pflegebedürftigen und des Pflegepersonals zu bedenken. Das betrifft vor allem die soziale und kulturelle Herkunft und damit verbundene Lebensstile (Compagna et al., 2010). Für die Thematik relevante gesellschaftliche Veränderungen werden zudem die Abnahme direkter sozialer Kontakte (Melson, 2010) und die Veränderung der Familienstrukturen und Lebensweisen (Bundesamt für Statistik, 2002) verursachen. In den meisten europäischen Staaten wird eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit diskutiert oder eingeführt, da aufgrund der demografischen Entwicklung die Sozialsysteme überlastet sind bzw. zukünftig sein werden. Ältere Menschen sind deshalb gefordert, ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten. Unternehmen beginnen bereits damit, Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse älterer Menschen anzupassen. Robotik könnte hier unterstützen, z.b. indem Prozesse erleichtert werden, die Kraft, Geschwindigkeit und Ausdauer erfordern (Meier, 2008; Mohr & Otto, 2005). Pflegekräfte und andere medizinische Fachkräfte haben eine relativ kurze Verweildauer im Beruf (Born, 2001). Das hängt einerseits mit dem grossen Frauenanteil in diesen Berufsgattungen zusammen, andererseits mit der körperlichen und psychischen Belastung, die mit der Berufsausübung verbunden ist. Technik könnte hier gezielt entlasten und sowohl die Attraktivität der Berufe (auch für Männer) erhöhen, als auch die Verweildauer im Beruf verlängern. Seit Jahren ist eine Flexibilisierung der Arbeit zu beobachten (Nollert & Pelizzari, 2008). Unternehmen führen z.b. Jahresarbeitszeitkonten und Telearbeitsplätze ein, die es den Arbeitnehmern ermöglichen, die Arbeitszeit ihren Bedürfnissen entsprechend einzuteilen und Arbeitsaufgaben mobil zu erledigen. Das kann die Versorgung von Kindern oder anderen Angehörigen erleichtern. Andererseits geht damit eine Entgrenzung der Arbeit einher, Arbeit und Freizeit sind weniger eindeutig voneinander getrennt (Gosheh, 2005). Die Konzentration auf die Bedürfnisse der zu versorgenden Personen kann erschwert werden. Robotik

31 Hintergrund, Ziele und Fragestellungen der Studie 5 könnte hier ebenfalls in den Bereichen der Versorgung und des häuslichen Lebens sowie der Kommunikation und der Betreuung unterstützen Bedeutung von Robotik für Betreuung und Gesundheitsversorgung Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen gewinnt die Thematik des Robotereinsatzes im Gesundheitswesen zunehmend an Bedeutung. So sollen Roboter den Bedarf an Pflege, Betreuung und Therapie reduzieren und die betroffenen Berufsgruppen in ihrer Arbeit entlasten, damit sie eine grössere Zahl von Menschen versorgen können. Robotik wird als eine Schlüsseltechnologie für das 21. Jahrhundert gesehen (Decker, 2002). Insbesondere die Servicerobotik wird als eines der zukunftsträchtigsten und wichtigsten Marktsegmente dieses Jahrhunderts eingeschätzt (Gates, 2006; Graf, 2009). Eine detaillierte Übersicht zum derzeitigen Einsatz von Servicerobotern gibt die jährlich erscheinende Studie der International Federation of Robotics (IFR). Diese unterscheidet den Einsatz von Servicerobotern für gewerbliche und häusliche Zwecke. Die Verkaufszahlen bei gewerblich genutzten Robotern stiegen von 2003 bis 2007 um 23,5 Prozent. Im häuslichen Bereich betrug die Zunahme sogar 43 Prozent (International Federation of Robotics, 2008). Aktuelle Prognosen sagen eine weitere Zunahme der Verkaufszahlen voraus (Graf, 2009). Bereits heute unterstützen Roboter z.b. Chirurgen bei Operationen und Therapeuten bei der Rehabilitation. Laut Martin Bertschi (Geschäftsführer von Kuka Roboter Schweiz) waren 2008 schweizweit rund 3000 Roboter in Anwendung. Bei einem Durchschnittspreis von Fr. entspricht das einem Marktvolumen von rund 750 Millionen Fr. (Wildi, 2008). Weltweit sind laut Hein (2009) über 6.5 Millionen Roboter im Einsatz. Experten schätzen, dass das Marktpotenzial dabei noch längst nicht ausgeschöpft ist. Insbesondere kleinen Unternehmen können gezielte Automatisierungen grosse Wachstumsmöglichkeiten eröffnen (Wildi, 2008; Hein, 2009). Der zunehmende Einsatz von Robotern in unserer Gesellschaft hat zur Konsequenz, dass Politiker und andere Entscheidungsträger vor wichtigen Fragen stehen. Steigende Kosten für die Versorgung einer alternden Gesellschaft werfen das Problem der Verteilung von Ressourcen für Gesundheitswesen und Sozial-

32 6 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung systeme auf. Entscheidungen müssen auf der Grundlage gemeinsam vertretener Normen und Werte getroffen werden, damit der soziale Frieden in der Gesellschaft gewahrt wird. Wenn mithilfe von Robotern die Lebensqualität verbessert werden soll, muss ausdiskutiert werden, was darunter verstanden wird. Das betrifft auch die ethische Grundproblematik und die Werte der Akteure. Dazu zählen die Unantastbarkeit der Menschenwürde, der Lebensschutz, die Patientenautonomie, das allgemeine Wohlergehen des Patienten sowie das Verbot, zu schaden, Versorgungssicherheit, Versorgungsgerechtigkeit, Teilhabegerechtigkeit, Fürsorge (auch direkter physischer Kontakt) (Beauchamp & Childress, 2008) Bedarf für eine Technikfolgenabschätzung Die Entwicklung und der Einsatz von Robotern im Gesundheitssektor wirft eine Reihe von Fragen auf: Welche Anwendungen gibt es schon und für welche werden Prototypen erprobt? Welche künftigen Einsatzbereiche sind absehbar? Inwiefern prägen kulturelle Voraussetzungen die Akzeptanz in verschiedenen Bereichen? Welche rechtlichen Fragen der Haftung, Sicherheit und Entscheidungen sind zu klären? Welche sozialen Folgen sind zu bedenken? Neben den beabsichtigten und unbeabsichtigten Auswirkungen sind auch Chancen und Risiken des Technikeinsatzes zu bedenken. Betrachtet man die Möglichkeiten des Robotikeinsatzes, werden viele Chancen deutlich, die Lebenssituation von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen zu verbessern. Mithilfe der Robotiktechnologie wären mehr Selbstständigkeit, Autonomie, Kontakt mit anderen Menschen möglich und ein längerer Verbleib in der eigenen Wohnung. Das Gesundheitswesen könnte entlastet und gleichzeitig die Versorgungsqualität verbessert werden. Es existieren bereits zahlreiche Entwicklungen, die die menschliche Arbeitskraft unterstützen und ergänzen können, beispielsweise in Form von Trainingsrobotern für die Rehabilitation oder in technischen Hilfen zur Optimierung der Aktivitäten des täglichen Lebens oder Transport- und Heberoboter, welche die Pflege unterstützen. Gleichzeitig wären auch erhöhte Risiken und negative Folgen denkbar: Menschen, die vereinsamt und vernachlässigt von Maschinen versorgt werden, ohne menschliche Kontakte und Berührungen. Die Abhängigkeit von Maschinen wirft zahlreiche Fragen der Sicherheit auf, Fehlfunktionen oder Ausfälle könnten zu dramatischen Folgen führen, z.b. durch falsche oder fehlende Medikamentenga-

33 Hintergrund, Ziele und Fragestellungen der Studie 7 be. Neben hohen Herstellungskosten entstehen unter Umständen auch hohe Folgekosten für Wartung und Service von Robotern. Die Finanzierung ist bislang ebenso ungeklärt wie zahlreiche rechtliche und ethische Fragen (z.b. Haftung, Zugangsgerechtigkeit, Entscheidungsbefugnisse, Autonomie). Es ist deshalb wichtig, zu untersuchen, ob bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt Handlungsbedarf vonseiten der Politik und Entscheidungsträger besteht, um die Bevölkerung vor eventuellen Risiken zu schützen und mögliche Potenziale nutzen zu können. 2.2 Ziele der Studie Die vorliegende Studie zielt darauf ab, möglichst realistische Zukunftsszenarien für die nächsten Jahre zu entwerfen und einen Ausblick auf die weitere Entwicklung von Robotikgeräten in Betreuung und Gesundheitsversorgung zu geben. Dabei soll weder eine technikeuphorische noch technikkritische Sichtweise eingenommen werden. Vielmehr geht es darum, sich kritisch mit der Thematik Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung auseinanderzusetzen und die darin enthaltenen Chancen und Risiken abzuwägen. Vor dem Hintergrund der aktuellen ökonomischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ist es deshalb das Ziel der Studie, Informationen für eine möglichst frühzeitige und proaktive Auseinandersetzung mit der Thematik zu geben und daraus Empfehlungen für Entscheidungsträger in der Politik und im Gesundheitsbereich abzuleiten. Der Fokus des Einsatzes liegt dabei aufgrund der demografischen Entwicklung auf der älteren Generation. 2.3 Fragestellungen der Studie Die zentralen Fragestellungen der vorliegenden Studie wurden in folgende thematische Blöcke eingeteilt: technische Machbarkeit, Akteure und Faktoren, welche die Robotik beeinflussen, Chancen und Risiken, ethische sowie rechtliche Aspekte und ökonomische Realisierbarkeit. Die Fragen sind wie folgt formuliert:

34 8 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Was ist technisch machbar? Welche Anwendungen gibt es schon und für welche werden Prototypen erprobt? Welche künftigen Einsatzbereiche sind absehbar? Wie ist die Tauglichkeit und Benutzerfreundlichkeit der Geräte im Alltag? Sind Bedarf, Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer technisch umsetzbar (heute und in 15 Jahren)? Von welchen Faktoren und Akteuren wird die Entwicklung von Robotik beeinflusst? Welche Akteure und Interessen stehen hinter der Absicht, bisher von Menschen erbrachte Leistungen an Roboter zu delegieren? Wie entwickelt sich langfristig der Bedarf an Gesundheitsfachkräften? Welcher Bedarf für eine Automatisierung, für die Übernahme von menschlichen Leistungen, für die Unterstützung von menschlichen Leistungen wird entstehen? Inwiefern prägen kulturelle Voraussetzungen die Akzeptanz in verschiedenen Bereichen? Was ist gesellschaftlich wünschenswert, vertretbar und oder bedenklich? Wann ist der Einsatz von Robotern für die unmittelbaren Nutzer sinnvoll und wünschenswert? (Welche Erfahrungen gibt es bereits, welche Wünsche bestehen?) Welche Voraussetzungen müssen die technischen Produkte aus Sicht der Nutzer erfüllen? Welche technischen Innovationen sind für die Nutzer/Experten von praktischem Interesse? Unter welchen Voraussetzungen akzeptieren Nutzer Robotik, wann lehnen sie diese ab oder hegen Befürchtungen? In welchen Bereichen ist damit zu rechnen, dass Menschen bei Routinetätigkeiten unterstützt werden, und wo besteht Gefahr, dass Aufgaben in der Gesundheitsversorgung wegrationalisiert werden? Wie wirkt sich der Einsatz dieser Technologien auf die Gesellschaft aus? Sind Roboter eine willkommene Ergänzung bei Tätigkeiten mit absehbarem Mangel an Arbeitskräften oder verdrängen sie Menschen, die keine höhere Ausbildung haben, aber oft emotional anspruchsvolle Aufgaben erledigen?

35 Hintergrund, Ziele und Fragestellungen der Studie 9 Was ist ethisch wünschenswert und vertretbar? Wann ist der Einsatz von Robotern in der Betreuung und Gesundheitsversorgung ethisch wünschenswert, vertretbar oder abzulehnen? Welche Werte sind für die Beurteilung einer ethischen Fragestellung anzuwenden? Wie viel Autonomie darf einem Roboter zugestanden werden? Gibt es Gründe, einen Bereich, in dem Gefühle und soziale Interaktion von Bedeutung sind, vor der Technisierung zu bewahren, insbesondere dann, wenn Betroffene gar keine Möglichkeit der Mitbestimmung haben? Sprechen genügend Argumente dafür, diese Grenzüberschreitung in den sozialen Raum zuzulassen? Wie wirkt sich der Einsatz dieser Technologien auf Individuen und ihre Angehörige aus? Welche rechtlichen Fragen sind zu klären? Sind Haftungsrecht, Datenschutz, Zulassung und Patientenrechte ausreichend für den Einsatz von Robotik? Müssen weitere rechtliche Fragen bedacht werden? Was ist ökonomisch und politisch realisierbar? Wie ist die Aussicht auf Alltagstauglichkeit und Vermarktung? Welche wirtschaftlichen Potenziale sind vorhanden? Wie hoch wären die unmittelbaren Kosten der Entwicklung und Herstellung? Wie sind die langfristigen Kosten (Anschaffung, Unterhalt, Schaffung eines «robotertauglichen» Umfelds, Wartung, Reparatur, Serviceleistung, Hotline) für Nutzer und Kostenträger einzuschätzen? Ist die Automatisierung im Vergleich zu anderen Optionen eine zweckmässige Lösung?

36

37 3 Methoden Um Chancen und Risiken der Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung umfassend erfassen und darstellen zu können, wurden die Fragen auf unterschiedlichen Ebenen und aus Sicht verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen beantwortet. Der überwiegende Teil der methodischen Ansätze lässt sich den Forschungsbereichen Technikfolgenabschätzung und Zukunftsforschung zuordnen. Um den Fragestellungen der Studie gerecht zu werden, wurden qualitative und partizipative Methoden eingesetzt. Diese werden nachfolgend detailliert beschrieben. Die in Abbildung 1 dargestellten Arbeitsschritte wurden interdisziplinär bearbeitet. Die Projektmitarbeitenden der Fachgebiete Gesundheit, Wirtschaft und Technik haben ihre spezifischen Kompetenzen eingebracht und die Resultate in regelmässigen Projekttreffen ausgetauscht und reflektiert. Abbildung 1: Ablaufplan des gesamten Forschungsprojektes, eigene Darstellung

38 12 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 3.1 Die Ist-Analyse Die Ist-Analyse sollte zunächst eine Übersicht über den heutigen Stand der Entwicklungen bei Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung (Geräte in Entwicklung und Anwendung) liefern. Die beteiligten Akteure und deren Interessen sollen benannt sowie Einflussfaktoren auf die Anwendung dargelegt werden. Zudem sollen ethische und rechtliche Fragen identifiziert werden. Zur Erhebung des Ist-Zustandes auf dem Gebiet der Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung wurde zunächst eine umfassende Literatur- und Dokumentenanalyse durchgeführt. Von Interesse waren aktuelle technische Entwicklungen im Bereich der Robotik, vorhandene Geräte respektive Prototypen, der aktuelle Einsatz im Praxisfeld, laufende Projekte sowie neueste Veröffentlichungen zu wirtschaftlichen, ethischen und rechtlichen Implikationen der Thematik. Dafür wurden diverse Datenbanken aus den Fachgebieten Gesundheit, Soziales, Wirtschaft und Technik systematisch durchsucht. Eine Auflistung der Datenbanken und der verwendeten Suchbegriffe ist in Tabelle 1 dargestellt. Die Recherche wurde durch eine zusätzliche Freihandsuche ergänzt. Die gefundene Literatur wurde nach den Kriterien Ist-Stand, Trends und den sechs Bereichen der PES- TEL-Analyse ausgewertet. Tabelle 1: Datenbanken; Suchbegriffe, Anzahl der Artikel des systematischen Literatur-Review Bereich Datenbanken Suchbegriffe Anzahl der Artikel Medizinische Aspekte Medline/Premedline/OvidSP/ CINAHL/ Cochrane Library/ Web of Science/ AgeLine/SocINDEX/ Abstracts in Gerontology/ERIC/ PSYNDEXplus Robotics, Medizin 279 Akzeptanz Medline/Premedline/OvidSP, CINAHL, Cochrane Library, PsycINFO und Business Source Robotics, Acceptance 52

39 Methoden 13 Ökonomische Aspekte Medline/Premedline/OvidSP/ Business Source Premier/ Cochrane Library/ Web of Science/ WISO Robotics, Economics 171 Ethische Aspekte Medline/Premedline/OvidSP, CINAHL, Cochrane Library, PsycINFO und Business Source Robotics, Ethics 35 Technische Aspekte IEEE Xplore Robotics, Technics 102 Trends Medline/Premedline/OvidSP, CINAHL, Cochrane Library, PsycINFO und Business Source Robotics, Trends Die Umweltanalyse Neben der Analyse der aktuellen Situation ist das Erkennen und Beurteilen von Trends entscheidend, um zukünftige Entwicklungen abschätzen zu können. Diese Trends zeichnen sich häufig nicht direkt im untersuchten Gebiet respektive Markt ab (in dieser Studie «Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung»), sondern in dessen unmittelbarer Umwelt. Um eine möglichst umfassende Analyse der Umwelt mit den derzeitigen Makrotrends durchführen zu können, wurde das methodische Vorgehen einer PES- TEL-Analyse gewählt. Die PESTEL-Analyse, häufig auch Umweltanalyse oder Makrotrendanalyse genannt, bietet ein analytisches Rahmenkonzept, um die wesentlichen Trends respektive Einflussfaktoren zu identifizieren, die einen Markt oder eine Branche betreffen. Dabei werden in diesem Rahmenkonzept die folgenden sechs typischen makroökonomischen Bereiche unterschieden (vgl. Kapitel 5): Political; Economic, Sociocultural, Technological, Environmental, Legal. In diesen sechs Bereichen wird untersucht, welche Veränderungen und Entwicklungen für den zu betrachtenden Markt kurz-, mittel- und langfristig relevant sind und dementsprechend berücksichtigt werden müssen. In diese PESTEL-

40 14 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Untersuchung flossen die Ergebnisse der Literaturrecherche ein (vgl. Kapitel 3.1). Ergänzend wurden im interdisziplinären Projektteam aktuelles Wissen (z.b. über derzeitige politische und ökonomische Entwicklungen im Gesundheitswesen) und Ideen gesammelt, welche in einer Recherche im Internet und einschlägigen Zeitschriften weiter untersucht wurden. Dadurch konnten Trends erkannt werden, welche in der identifizierten Literatur noch nicht beschrieben wurden. Abbildung 2: Faktoren der PESTEL-Analyse, Quelle: eigene Darstellung, in Anlehnung an: Johnson, 2005, S. 68 Bei einer frühzeitigen Berücksichtigung der erkannten Trends und Veränderungen hat ein Entscheidungsträger (z.b. die Politik, das Unternehmen) die Möglichkeit, sich darauf einzustellen und proaktiv zu reagieren. Dementsprechend dient die PESTEL-Analyse dazu, sich mit den Unsicherheiten in Märkten auseinanderzusetzen. Im strategischen Management wird die PESTEL-Analyse häufig im Kontext von Chancen- und Risikoanalysen eingesetzt, um auf dieser Grundlage strategische Entscheidungen abzuleiten (Hungenberg, 2011). Im Zentrum der Untersuchung der Makrotrends für diese Studie steht nicht eine konkrete Organisation, wie in Abbildung 2 dargestellt, sondern die Gesamtheit der Branchen und Institutionen, welche von der Entwicklung und vom Einsatz von Robotikgeräten in Betreuung und Gesundheitsversorgung betroffen sind (z.b. Hersteller, Käufer, Anwender, Regulierer).

41 Methoden Die Bedarfsanalyse: Fokusgruppen mit Akteuren Für die Bedarfsanalyse wurde die qualitative Methode der Fokusgruppen eingesetzt. Fokusgruppen sind Gruppen von 5 10 einander nicht bekannten Teilnehmenden, die aufgrund eines, mit dem Untersuchungsgegenstand zusammenhängenden, gemeinsamen Interesses oder Charakteristikums ausgesucht werden. Diese nehmen an einer einmaligen, zeitlich begrenzten Diskussion zur Thematik teil. Es werden vorab zentrale Fragen oder Themenkreise definiert, welche z.b. in Form von Fragen den Teilnehmenden dargelegt werden. Die Teilnehmenden werden aufgefordert, diese innerhalb des begrenzten Zeitraumes zu diskutieren. Im Idealfall bleibt zudem genug Raum, auch neue Themen zu erschliessen. Ziel ist es, durch die Auswertung der Aussagen und der ablaufenden gruppendynamischen Prozesse Informationen über Trends, Projekte, Produkte und über Hintergründe von Meinungen zu erhalten. Diese partizipative Methode verschiedener Nutzer und Akteure ist besonders geeignet für diese Studie, da es als essenziell angesehen wird, dass die Entwicklung neuer Technologien nutzerzentriert und partizipativ gestaltet wird (Compagna et al., 2009). Dazu gehören z.b. Akzeptanz- und Erfolgskriterien der verschiedenen Akteure, Hoffnungen und Befürchtungen, die sie mit Robotik verbinden. Im Rahmen der Studie wurden anhand der PESTEL-Analyse einerseits Themenkreise festgelegt und Fragen daraus abgeleitet und andererseits die relevanten Akteure eruiert. In den Fokusgruppen wurden die Akteure zu ihren Erwartungen, Wünschen, Bedürfnissen und Befürchtungen befragt. Durch dieses Vorgehen sollen die unterschiedlichen Interessenslagen, Bedürfnisse sowie Befürchtungen möglichst umfassend und dennoch mit einem überschaubaren Zeit- und Kostenaufwand erhoben werden. Das genaue Vorgehen rund um die Zusammensetzung und Durchführung der drei Fokusgruppen ist dem Kapitel 6 zu entnehmen. 3.4 Reflexion und Bewertung durch Experten Die zuvor in den Fokusgruppen erhobenen unterschiedlichen Interessen und Einstellungen wurden in einem nächsten Schritt analytisch reflektiert und bewertet. Hierzu wurden Experten (siehe Kapitel 8) aus Technik, Wirtschaft, Recht, Ethik und Gesellschaft zu einen Workshop eingeladen. Ziel war es, zu ermitteln,

42 16 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung was Experten als technisch machbar, wirtschaftlich realisierbar, ethisch wünschenswert und vertretbar ansehen und welche Chancen und Risiken sie für den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung sehen. 3.5 Szenarienerstellung Unter dem Begriff Szenariotechnik werden verschiedene Methoden subsumiert, deren Zielsetzung die Projektion von plausiblen Ereigniskombinationen auf der Basis fest umrissener Prämissen darstellt (Heinecke, 2006). Weitere Ziele dieses Ansatzes bestehen in der Erkundung alternativer Entwicklungspfade in die Zukunft, in der Sensibilisierung für mögliche Veränderungen des Umfeldes, in der Eröffnung von Handlungsoptionen sowie der Beschreibung von Kontexten für zukünftige Innovationen (Schulz-Montag & Müller-Stoffels, 2006). Die Szenarien wurden in einem interdisziplinären Arbeitsworkshop der beteiligten Projektpartner erarbeitet. Dabei flossen alle Informationen der Ist-Analyse, der Umweltanalyse, der Akteurs- und Expertenbefragungen sowie die Expertise der beteiligten Projektbearbeiter ein. Die Szenarien wurden quasi literarisch als Erzählungen über fiktive Personen geschrieben. Es wurden sogenannte Anwendungsszenarien beschrieben, die mit Blick auf eine mögliche Anwendungspraxis «im wirklichen Leben» konstruiert wurden. In den Erläuterungen zu den Szenarien wurden verschiedene Einflussmöglichkeiten der Politik und ihre Folgen aufgezeigt.

43 4 Resultate der Ist-Analyse Die in der Literaturrecherche zusammengetragenen Quellen wurden thematisch geordnet und bieten einen Überblick über den Ist-Stand von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Zunächst werden Begrifflichkeiten erklärt, Ziele des Einsatzes von Robotik dargelegt und die Entwicklung der Technologie umrissen. Danach werden die verschiedenen Einflussfaktoren aufgezeigt, welche auf die Anwendung dieser Technologie in der Betreuung und der Gesundheitsversorgung haben Definitionen, Ziele und Entwicklung von Robotik Definitionen Die Bezeichnung Robot stammt aus dem Tschechischen und bedeutet so viel wie Fron- oder Zwangsarbeiter und weist darauf hin, dass eine (menschenähnliche) Maschine gemeint ist, die ersatzweise für den Menschen dessen Arbeit verrichten kann. 2 In der Technik versteht man darunter einen Bewegungsautomaten, der mehrere mechanische Achsen besitzt und so fähig ist, in seiner unmittelbaren Umgebung Gegenstände zu manipulieren. Roboter im technischen Sinne müssen nicht per Definition autonom sein. Bekannt sind die Produktionshallen der Autoindustrie, in welchen Heerscharen von Industrierobotern völlig selbständig Autos zusammenbauen, aber dennoch nicht autonom sind. 2 Erstmals erwähnt wurde die Bezeichnung Robot im Theaterstück «R.U.R.» (Rossum s Universalrobots) von Karel Čapek 1921.

44 18 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Abbildung 3: Zwei kooperierende Industrieroboter, Quelle: Fraunhofer IOSB Ausserdem gibt es auch teilautonome Systeme. Sie werden z.b. in der Rehabilitation, insbesondere in der Bewegungstherapie, angewendet. 3 Wichtig ist die Art der Autonomie: Die meisten in der Industrie eingesetzten Roboter verrichten ihre Arbeit nach einem fixen, vorher vom Menschen definierten Ablauf. Bestenfalls liefern Sensoren Informationen aus dem Umfeld des Roboters und ermöglichen eine «Interaktion», 4 welche aber immer einem vorher definierten Ablauf folgt. Zu Reaktionen auf beliebige Ereignisse, die in der normalen, nicht strukturierten menschlichen Umgebung geschehen, sind die heutigen Roboter aber (noch) nicht in der Lage. Butter et al. (2008, S. 12) definieren im Schlussbericht des EU-Projektes Robotics for Healthcare: «Robotics for Medicine and Healthcare is considered the domain of systems able to perform coordinated mechatronic actions (force or movement exertions) on the basis of processing of information acquired through sensor technology, with the aim to support the functioning of impaired individuals, 3 4 Z.B. von der Firma Hocoma: Siehe zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Begriff Interaktion Abschnitt

45 Resultate der Ist-Analyse 19 rehabilitation of patients, care and medical intervention of patients and also to support individuals in prevention programmes.» Ziele des Einsatzes Als Ziele des Robotikeinsatzes in Betreuung und Gesundheitsversorgung werden vor allem erwartete positive Effekte auf die Versorgung der Bevölkerung in folgenden Bereichen genannt (Butter et al., 2008): Management chronischer Erkrankungen, z.b. durch Telepräsenzrobotik und Assistenzrobotik. Sichere, effiziente und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung bei demografisch bedingtem wachsenden Bedarf, Personalknappheit und Kostendruck, z.b. durch Entlastung des Gesundheitspersonals. Unterstützung von älteren und pflegebedürftigen Menschen, damit sie unabhängiger leben und am sozialen Leben teilhaben können, z.b. durch Hilfsmittel- und Assistenzrobotik. Prävention und Diagnostik von Erkrankungen, z.b. durch Geräte, die Bewegungen analysieren oder im Körper Untersuchungen ermöglichen (smart medical capsules). Unterstützung von Operationen Entwicklung der Technologie Menschen nachzubilden ist ein Bestreben, das man in vielen Kulturen und Zeitaltern finden kann und welches mit jeder technischen Entwicklung neue Möglichkeiten bekommen hat. Die Forschung zur künstlichen Intelligenz (KI) als Teilgebiet der Informatik begann 1956 mit dem Bestreben, die menschliche Intelligenz mit ihrem Denkvermögen und ihren Problemlösungsfähigkeiten nachzubauen (Dautenhahn, 2007). Bis in die 1980er-Jahre hinein orientierte man sich dabei an erwachsenen Menschen und ihren Fähigkeiten. Die ersten Roboter waren jedoch eher Computer mit Rädern als von menschenähnlicher Gestalt. Die Bewegung im Raum und das Manipulieren von Gegenständen nachzuahmen, erwies sich als weitaus schwieriger als erwartet. Mit dem Verstehen der engen Beziehung zwischen Kognition, Körper und Umwelt als Grundlage für das Handeln wurde die Verkörperung (Embodiment) zur Herausforderung der KI-Forschung (Varela,

46 20 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 1992). Die Embodiment-Theorie besagt, dass Menschen sensomotorisch lernen und denken. Das bedeutet, dass Menschen zum Beispiel Wissen über eine Katze entwickeln können, indem sie sinnliche und körperliche Erfahrungen mit dem Tier machen. Dabei speichern sie Eindrücke wie Aussehen, Tasteindrücke, Geruch, Laute etc. Wird anschliessend an dieses Tier gedacht, werden diese Sinneseindrücke im Gehirn reaktiviert. Nach dieser Theorie müsste ein künstlich intelligenter Roboter einen Körper besitzen, mit dem er die Umwelt ähnlich wie Menschen wahrnehmen und anhand von ihr lernen könnte. Die neue Generation von Robotern ist deshalb eingebettet in eine bestimmte Situation und Umgebung, in der die Geräte interagieren. Man orientiert sich nicht mehr nur am Menschen, sondern auch an Insekten, Schnecken oder Reptilien (Dautenhahn, 2007). Sensorik und Emotionsausdrücke sind Hauptentwicklungsfelder. Ebenfalls in den 1990er-Jahren kommt die Hypothese der sozialen Intelligenz (social brain hypothesis) auf (Dunbar, 1998). Sie besagt, dass die menschliche Intelligenz vor allem eine soziale Intelligenz ist und aus der Anpassung an komplexe Interaktionen in Gruppen entsteht und von dort in andere Lebensbereiche übertragen wird. Die phylogenetische 5 und die ontogenetische 6 Entwicklung des einzelnen Menschen werden damit zu Orientierungen zumindest für einen Teil der KI-Forschenden (Dautenhahn, 2007). Roboter lernen in der Interaktion mit Menschen, z.b. durch Nachahmung, und vollziehen damit zum Teil kindliche Entwicklungen nach. Grosse Fortschritte in der Neurowissenschaft und Neurobiologie haben dazu beigetragen, Funktionen des menschlichen Nervensystems besser zu verstehen und unterstützen damit auch die KI-Forschung (Butter et al., 2008). Heute sind in der Robotik beeindruckende sensomotorische und kognitive Leistungen möglich, und die Interaktion mit Menschen oder anderen Geräten wird stetig weiterentwickelt. Dennoch bleibt das Ziel, menschliche Fähigkeiten und Intelligenz nachzuahmen, weiterhin eine grosse Herausforderung (Dautenhahn, 2007). Europäische Forscher bemühen sich derzeit um die Entwicklung neuer «sanfter» und «empfindsamer» Roboter, die kostengünstig und flexibel eingesetzt werden sollen. 7 Dazu sollen neue Technologien Anwendung finden, die sich am Vorbild der Natur orientieren. Es ist noch offen, welche Ergebnisse und Anwendungsmöglichkeiten daraus entstehen können Die Entwicklung der Gattung Mensch in der Evolution. Die Entwicklung eines Individuums von der befruchteten Eizelle zum Menschen. (Zugriff am ).

47 Resultate der Ist-Analyse Übersicht über Gerätegruppen und deren Komplexität Gerätegruppen In der Literatur findet man verschiedene Möglichkeiten, das umfassende Angebot von Robotik für den Alltag des Menschen zu gliedern. Anhand der Anwendungsgebiete der Geräte in Betreuung und Gesundheitsversorgung sind wir zu folgender Einteilung gelangt: Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit unterstützen den Menschen darin, bestimmte Bewegungen und Handlungen zu trainieren oder auszuführen. Soziale Interaktion mit dem Gerät spielt dabei keine Rolle. Telepräsenz- und Assistenzroboter ersetzen die Anwesenheit eines Menschen, z.b. einer Pflegekraft, eines Arztes oder Therapeuten, oder unterstützen eine Person in der Ausführung von Handlungen. Sie haben damit direkten Einfluss auf die soziale Interaktion von Menschen, indem sie entweder als Medium zur Interaktion dienen, diese ersetzen oder ergänzen. Sozial-interaktive Roboter haben vor allem das Ziel, mit Menschen zu interagieren und ihnen als Begleiter oder Gefährten zu dienen. Der soziale Aspekt steht dabei im Vordergrund. Es gibt Geräte, die verschiedene dieser Funktionen verbinden, deshalb kann es zu Überschneidungen in der Zuordnung kommen. Diese Einteilung entspricht in etwa der Einteilung des EU-Berichts, in welchem Butter et al. (2008) versuchen, einen ersten Vorschlag zu machen, wie man Robotik nach zunehmenden Sicherheitsbedenken kategorisieren könnte: Geringe Bedenken verbinden Butter et al. (2008) mit: Reinigungsrobotern (z.b. Fussböden, Sanitäranlagen), Robotik für die Rehabilitation (z.b. Gangtrainer), passiven Assistenzsystemen mit beschränkten Anpassungsfunktionen (z.b. Betten, die sich automatisch an die ergonomischen Patienten-

48 22 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung bedürfnisse anpassen, halbautomatische Rollstühle z.b. mit sensorbasierten Systemen, um Hindernissen auszuweichen). Mittlere Bedenken haben sie bei: sensorbasierten Prothesen (nicht mit dem Nervensystem verbunden), Servicerobotern, die vor allem mit dem Klinikpersonal interagieren (z.b. für Besorgungen, Transport von Unterlagen und Proben), passiven Monitoring-Systemen mit Interaktionskapazität, die von Menschen kontrolliert werden (z.b. Telemedizinsysteme, Überwachung der Lebensfunktionen mit Alarmfunktion). Grosse Bedenken haben sie nach dieser Einteilung bei: Robotern, die direkt mit Patienten interagieren (z.b. Essen und Medikamente verteilen, Care-robots). Robotern, die autonom oder halbautonom Operationen durchführen. Ausgeschlossen für die vorliegende Studie wurden Roboter für die Chirurgie und intelligente medizinische Kapseln, die z.b. für die Diagnostik verwendet werden. Ausserdem wird nicht auf Roboter in der medizinischen Ausbildung eingegangen Komplexität Der Grad an Komplexität eines Gerätes lässt sich mittels zwei Faktoren bestimmen: der benötigten Strukturiertheit der Umgebung und der mechanischen Komplexität. Je unstrukturierter die Umgebung, in der das Gerät zuverlässig funktionieren muss, und je höher die mechanische Anforderung, desto technisch aufwendiger ist das Gerät. In der folgenden Abbildung 4 werden in diesem Bericht behandelte Roboter aufgezeigt und anhand ihrer mechanischen Komplexität und der nötigen Strukturiertheit der Umgebung sortiert.

49 Resultate der Ist-Analyse 23 Abbildung 4: Einteilung der Geräte nach dem Grad der Komplexität (mod. nach Lau et al., 2009) Sinkt die nötige Strukturiertheit der Umgebung, muss die Autonomie des Roboters und somit auch dessen Intelligenz steigen. Der Zusammenhang zwischen der Komplexität der Mechanik und der nötigen Strukturiertheit der Umgebung ist ein Mass für die technische Komplexität einer Maschine. Aus der obigen Grafik ist ersichtlich, wie technologisch komplex die einzelnen Roboter gegenüber dem Menschen sind. Exoskelette und Mobilitätsroboter sind Maschinen, die eine komplexe Mechanik erfordern. Aufgrund ihrer klar definierten Anwendung ist ihre Umgebung jedoch stark strukturiert und somit ist eine hohe Autonomie nicht notwendig. Humanoide Assistenzroboter wie ARMAR vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) (siehe Abbildung 5) müssen sich hingegen in einer mehr oder weniger unstrukturierten Umgebung zurechtfinden und individuell auf unbekannte Probleme reagieren. Alle bisher öffentlich bekannten humanoiden Roboter sind noch sehr weit davon entfernt, einen Komplexitätsgrad wie den eines Menschen zu erreichen. Schät-

50 24 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung zungen, wann eine solche Technik verfügbar sein wird, wie sie z.b. in den Roadmaps von Butter et al. (2008) gemacht wurden, sind sehr schwierig anzustellen und deshalb mit Vorsicht zu interpretieren. Christian Schlette von der RWTH Aachen beschrieb an einer Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte 8 die Situation so: «Das grösste Hindernis allerdings scheint die schiere Komplexität der uns alltäglich erscheinenden Situationen und Umgebungen zu sein, der sich die Algorithmen intelligenter Robotersteuerungen stellen müssen. Die tatsächlichen Einsatzbereiche von Robotern orientieren sich nachweislich an der Komplexität der Berechnungen, die zu einem gegebenen Zeitpunkt technisch beherrschbar sind. Hinsichtlich eines zeitnahen Einsatzes humanoider Serviceroboter stellt sich daher die Frage, ob bereits heute die Technologien und Techniken vorliegen, um die Explosion des Planungsaufwandes in zum Beispiel häuslichen Umgebungen zu bewältigen.» Abbildung 5: ARMAR, humanoider Assistenzroboter, Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 8 =268: 18. Jahrestagung der Gesellschaft für Technikgeschichte Mai 2009, Offenbach.

51 Resultate der Ist-Analyse Ist-Stand Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit Bei der Beurteilung der Geräte ist es wichtig, zwischen Trainingsgeräten und Hilfsmitteln zu unterscheiden, da verschiedene Ziele, Akteure und Finanzierungswege mit der Anwendung verbunden sind. Trainingsgeräte fördern die Verbesserung der Körperfunktionen, während Hilfsmittel der Selbstständigkeit im Alltag und der sozialen Partizipation dienen. So können z.b. Exoskelette (äussere Skelette mit Servomotoren, die wie ein Anzug getragen werden) sowohl als Hilfsmittel zur Mobilität eingesetzt werden (siehe Abbildung 12), als auch als Trainingsgerät in der Rehabilitation genutzt werden (siehe Abbildung 6 und 7). Es gibt verschiedene Einsatzgebiete für diese Gerätegruppe: Trainingsgeräte für die Rehabilitation in einer Klinik, als Trainingsgeräte für zu Hause oder zur Evaluation und als Messinstrument in der Forschung. Hilfsmittel, die vorübergehend oder dauerhaft Bewegungen und Handlungen im Alltag unterstützen. Intelligente Prothesen, die ein fehlendes Körperglied wie Hand, Arm, Fuss oder Bein ersetzen Trainingsgeräte Trainingsgeräte für die Rehabilitation in einer Klinik Die Trainingsgeräte ermöglichen robotergesteuertes Bewegungslernen, z.b. einen Rollstuhl lenken (Marchal-Crespo et al., 2010), Arm- oder Handbewegungen erlernen (siehe Abbildung 6) (MIT Manus, ARM, MIME, Bi-Maanu-Track, NeRoBot, REHAROB, ARMin), Gangtraining (Lokomat) etc. Der Roboter gibt Feedback und kann Bewegungen führen; so ermöglicht er das (Wieder-)Erlernen von Bewegungen.

52 26 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Je nach Unterstützungsgrad können drei Gerätearten unterschieden werden: passive Führung, Unterstützung einer aktiven Bewegung und bimanuale Führung, bei der die Bewegung des nicht betroffenen Armes auf den gelähmten Arm übertragen wird (Nejat, Sun & Nies, 2009). Die meisten Geräte bieten mehrere Arten der Unterstützung. Roboter erhöhen das Übungspensum des Patienten und die Motivation am Training. Das Training erfolgt in der Regel unter Aufsicht von Therapeuten. Reha-Roboter, wie z.b. der Lokomat, werden auch als Evaluationsinstrument für Therapie und Forschung eingesetzt (Berweck et al., 2009; Frascarelli, 2009). Beispiele: Die ETH und Universität Zürich entwickelten ARMin, einen Rehabilitationsroboter, der Menschen nach einem Schlaganfall das Wiedererlernen der Arm- und Handbewegungen erleichtern soll. ARMin bewegt Oberund Unterarm des Patienten. Als Feedback dient ein Display mit Audioausgabe, welches den Patienten durch Übungen führt und ihm erlaubt, selbständig Bewegungen aus dem Alltag zu üben (Mihelj, Nef & Riener, 2007). Die Schweizer Firma Hocoma ist weltweit führend in der Entwicklung und Herstellung von automatisierten Therapiegeräten für die Rehabilitation neurologisch bedingter Bewegungsstörungen. Sie entwickelte den Lokomaten, einen automatisierten Laufbandtrainer für die Rehabilitation von gehbehinderten Menschen und Armeo für das Training der Arme (siehe Abbildung 6). Studienergebnisse zu den Trainingsgeräten Zu diesen Trainingsgeräten gibt es verschiedene Studien, die deren Einsatz untersucht und Vor- und Nachteile analysiert haben. Die Geräte für die oberen Extremitäten wurden vor allem in der Anwendung zum Training von Personen nach einem Schlaganfall untersucht. Sie haben in verschiedenen Studien positive Effekte auf Bewegungsausmass, Muskelkraft und Koordination gezeigt (Nejat et al., 2009) und scheinen besonders zur Steigerung der Trainingsintensität geeignet (Riener & Klamroth-Marganska, 2010). Allerdings werden diese verbesserten Funktionen nicht automatisch auf Alltagshandlungen übertragen. Dieser Transfer muss weiterhin von Therapeuten gelei-

53 Resultate der Ist-Analyse 27 tet werden (Mehrholz et al., 2008; Casadio et al., 2009). In einigen Studien konnte kein langfristiger Unterschied im Therapieerfolg zwischen kombinierter Therapie aus Robotertraining und Therapeutenbehandlung und herkömmlicher Therapie (Lum et al., 2006) oder zwischen Intensivtherapie und robotergestützter Therapie festgestellt werden (Lo et al., 2010). Abbildung 6/7: Armeo von der Schweizer Firma Hocoma (links), Lokomat von der Schweizer Firma Hocoma (rechts) Quellen: Hocoma AG Für die unteren Extremitäten, d.h., für das Lauftraining werden häufig Geräte wie der Lokomat (siehe Abbildung 7) eingesetzt, z.b. bei Patienten mit Querschnittlähmung oder nach einem Schlaganfall. In einem Review konnten Swinnen et al. (2010) keine grösseren Verbesserungen feststellen im Vergleich zum herkömmlichen Training. Sie sehen deshalb zurzeit nur eine niedrige Evidenz für das robotergestützte Lauftraining. Es gibt einige Studien, die positive Effekte zeigen. Jedoch wurde der Einsatz häufig kombiniert mit herkömmlicher Therapie oder es wird nicht deutlich gemacht, ob gleichzeitig herkömmliche Therapie stattgefunden hat (Berweck et al., 2009; Backus & Tefertiller, 2008; Magagnin et al., 2010; Chin, Lim & Kong, 2010). Für das Training von Herz und Kreislauf bei

54 28 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Querschnittlähmung, Muskelerkrankungen oder nach einem Schlaganfall zeigen einige Studien positive Effekte (Magagnin et al., 2010; Turiel et al., 2011). Die positiven Effekte aller Geräte müssen noch durch hochwertige kontrollierte Studien erhärtet sowie die optimale Trainingsintensität und -frequenz ermittelt werden (Nejat et al., 2009; Weinrich, 2006). Als Vorteile von Rehabilitationsrobotern werden in der Literatur genannt: Die Geräte ermöglichen intensive Therapien, längere Übungszeiten, gute Kontrolle der Umweltanforderungen (Hidler et al., 2008). Höhere Genauigkeit beim Üben und grössere Behandlungseffektivität (Roy et al., 2009; Zhang et al., 2011). Die Geräte ermutigen Patienten, den gelähmten Arm einzusetzen. Die Geräte dokumentieren die Fortschritte. Die Geräte geben Unterstützung und Motivation, wenn kein Therapeut zur Verfügung steht. Sie sind deshalb eine gute Ergänzung zur Physiotherapie (Eriksson, Mataric & Winstein, 2005). Als Nachteile gelten: Die Geräte sind teuer, benötigen regelmässigen Service, haben nicht die Wahrnehmung und das Gefühl von erfahrenen Therapeuten und können deshalb wichtige Parameter nicht überwachen. Die nächste Generation von Trainingsrobotern sollte deshalb im Hinblick auf diese Aspekte verbessert werden (Eriksson et al., 2005). Trainingsgeräte für die Rehabilitation und Prävention zuhause Es werden preiswerte Anwendungen entwickelt, die mit geringer Unterstützung von Therapeuten ein halb selbständiges Training zu Hause ermöglichen. Die Übungen werden jeweils auf die Bedürfnisse der Person zugeschnitten (Johnson et al., 2007).

55 Resultate der Ist-Analyse 29 Beispiele: Sensor Glove wurde in Kanada entwickelt. Patienten, z.b. nach Schlaganfall, üben damit am heimischen PC mithilfe spezieller Software und Videospielen Handbewegungen. Sie erhalten Feedback über ihre Bewegungen und werden über ihre Übungsfortschritte informiert. Das Gerät soll bei Markteinführung 1000 US-Dollar kosten und ist damit verhältnismässig preiswert. 9 Die Schweizer Firma Yourehab entwickelt ebenfalls mit Sensoren arbeitende Computerspiele für die Rehabilitation von Armen und Beinen: YouGrabber (Abbildung 8) und YouKicker. Sie werden in verschiedenen Versionen für das Üben zu Hause und in der Klinik angeboten. Die Firma erhielt im Jahr 2011 den ZKB Pionierpreis TECHNOPARK, welcher mit knapp Franken dotiert ist. Abbildung 8: YouGrabber der Firma YouRehab Zugriff Zugriff

56 30 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung In einer Pilotstudie wurde die Anwendung eines Exoskeletts für das häusliche Training getestet (Rupp et al., 2011). Es zeigte sich, dass die Ergebnisse mit jenen grosser Trainingsgeräte vergleichbar waren. Patienten mit Querschnittlähmung trainierten dabei die Beinbewegungen aus Sicherheitsgründen im Liegen. Neben dem Training nach neurologischen Erkrankungen ist auch das Training für den Muskelerhalt und -aufbau ein mögliches Einsatzgebiet (Butter et al., 2008). Die Geräte müssen nicht kompliziert sein, können aber das Training mit bisher vorhandenen Geräten z.b. aus dem Krafttraining ergänzen und so einen breiten Einsatz in Rehabilitation, Prävention und Fitness erfahren. Die Firma Hocoma bietet mit Valedo Motion und Valedo Shape Geräte zur Diagnostik und für das Training der Wirbelsäule an. Durch die Kombination mit Videospielen sollen die Motivation und die Ausdauer des Nutzers gesteigert und Rückenschmerzen effektiver behandelt werden. Abbildung 9: Valedo Motion der Firma Hocoma Valedo Motion der Firma Hocoma

57 Resultate der Ist-Analyse Hilfsmittel zur Ausübung von Bewegungen und Alltagshandlungen In dieser Gerätegruppe werden Geräte zusammengefasst, die der Mobilität oder der Ausführung einer Handlung dienen. Mobilitätshilfen können direkt am Körper angebracht sein (z.b. Orthesen) oder als Hilfsmittel wie Stöcke, Rollstühle etc. eingesetzt werden. Andere Hilfsmittel sind etwa Hilfsarme, die am Rollstuhl angebracht werden und vom Nutzer manipuliert werden können, z.b. zum Greifen und Manipulieren von Gegenständen. Greif- und Manipulationsgeräte Um Gegenstände manipulieren zu können, werden verschiedene Geräte eingesetzt, die z.b. die Hebe-, Greif- und Manipulationsbewegungen der Hand nachahmen und zum Teil am Rollstuhl des Nutzers befestigt sind. Beispiele: Ein Exoskelett als Unterstützung des Armes ermöglicht schwerbehinderten Kindern selbständiges Essen, Schreiben und in der Schule Aufstrecken. Die Technik hat noch Einschränkungen in der Nutzung (Transport, Installation, Stigmatisierung, eingeschränkte Bewegungsfreiheit) (Rahman & Sample, 2006). Roboter animieren Kinder mit Körperbehinderungen zum Spiel, zur Therapie, zur Teilhabe an Schulaktivitäten und zum Lernen. Beispiele: CosmoBot, PlayROB, Handy 1 Robot, Arlyn Arm (Cook, 2011). Die Wirkung und der Nutzen der Roboter hängen u.a. von den Sinnesbeeinträchtigungen, der kognitiven Beeinträchtigung der Kinder und den Möglichkeiten ab, die der Roboter aufweist (Cook, 2011). Roboter, die Alltagsaktivitäten wie Trinken, Essen, Zähneputzen, Hausarbeit etc. unterstützen sollen, sind noch in der Entwicklung. Bisher werden sie im klinischen Setting erprobt und benötigen noch die Anwesenheit eines Therapeuten. In Pilotstudien sollen die Akzeptanz und Praktikabilität geprüft werden (Jardóón et al., 2011). Weinrich (2006) sieht eine Anwendung von Assistenzgeräten für Alltagsaktivitäten erst in ferner Zukunft. Die Geräte müssten zunächst noch höher entwickelte Kontroll- und Sicherheitssysteme sowie kompaktere Batterien erhalten. Er sieht es als unwahrscheinlich an, dass solche Hilfsmittel für behinderte Menschen

58 32 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung eine grössere Nachfrage auf dem Markt erfahren als die allgemeine Nachfrage nach Haushaltsassistenzgeräten. Mobilitätshilfen Zu den Mobilitätshilfsmitteln, die Personen jeden Alters nutzen, gehören Rollstühle, Rollatoren, Stöcke oder Transporthilfen. Beispiele: In der Forschungsliteratur sind etwa 50 Smart Wheelchairs (Rollstühle) zu finden, es gibt aber zahlreiche Hürden, die einer Verbreitung entgegenstehen: wenig Forschung über die Anwendung im natürlichen Umfeld, hohe Kosten, wenig Einbezug der Nutzer in die Entwicklung, Sorge, dass die Nutzer die Fähigkeit verlieren könnten, selbst zu steuern, fehlende Standards für die Steuerelemente und Motorenkontrolle, Akzeptanz und Fragen der Kostenübernahme (Nejat et al., 2009). Deshalb sind bislang erst fünf Modelle auf dem Markt (Nejat et al., 2009). Die Geräte SmartCane (Stock mit Zusatzfunktionen) und SmartWalker (Rollator mit Zusatzfunktionen) werden auch für die Rehabilitation jüngerer Patienten genutzt. Der Preis wurde beim Gesundheitspersonal eruiert: 2500 US-Dollar für SmartCane, 5000 US-Dollar für den Smart- Walker. Beide geben Unterstützung beim Laufen und bei der Navigation, erkennen Hindernisse etc. Sie werden kombiniert mit dem Gesundheitsmonitoring-System PAMM (EEG, Gangparameter) (Spenko, Yu & Dubowsky, 2006). Nejat et al. (2009) schätzen den SmartWalker als sehr praktikabel ein, da er über Nacht aufgeladen werden kann, wendig und flexibel ist und robust genug, um unregelmässige Untergründe zu bewältigen. Andere Mobilitätshilfen: Care-O-Bot, NurseBot, Power-assisted Walking Support sind relativ gross und sperrig und eher für Krankenhäuser und Altersheime geeignet (Spenko, Yu & Dubowsky, 2006). Toyota entwickelte eine Art Rollstuhl auf zwei Beinen, den i-foot 12 (siehe Abbildung 10). Er lässt sich mit einem Joystick steuern und soll einen bis zu hundert Kilogramm schweren Menschen transportieren können, wobei Treppen für ihn kein Hindernis darstellen. 12

59 Resultate der Ist-Analyse 33 Das RIKEN-Institut (RIKEN-TRI Collaboration Center for Human- Interactive Robot Research) entwickelte den Roboter RIBA (Robot for Interactive Body Assistance), der eine Person auf seine Arme nimmt, zum Rollstuhl trägt und hineinsetzt. RI-Man kann Heben und Tragen und den Gesundheitszustand anhand des Geruchs erkennen 13 (siehe Abbildung 11). Für Menschen, die Schwierigkeiten haben, sich im Bett aufzurichten und in einen Rollstuhl zu steigen, entwickelten Forscher des Sugano Laboratory an der japanischen Universität Waseda den humanoiden Roboter Twendy-One (Chen & Kemp, 2011). Mit ihm ist es einem Gehbehinderten möglich, sich vom Bett hochzuziehen und in einen Rollstuhl zu setzen. Roboter wie der robotic follower tragen zur Mobilität bei, indem sie dem Patienten folgen und z.b. Sauerstoffflaschen transportieren (Endo et al., 2009). Für Menschen, die Mühe haben, ihren Rücken zu erreichen, wurde ein Roboter entwickelt, der die Form des Rückens mittels Kameras erkennt und diesen massiert (Tsumaki et al., 2008). Ein elektronischer Fussheber der Firma Bioness 14 hebt bei Lähmungen, z.b. nach einem Schlaganfall, den Fuss an. Dadurch wird die Zahl der Stürze reduziert, die mögliche Gehstrecke verlängert und die Gehgeschwindigkeit gesteigert. Ab 2012 wird die Firma Argo Medical Technologies das Produkt Re- Walk 15 auf den Markt bringen, mit dem Menschen mit Beinlähmungen laufen und Treppen steigen können (siehe Abbildung 12) Article in «Age of Robotic Care for the Elderly?», hfm (Healthcare Financial Management); May2006, Vol. 60 Issue 5, p Zugriff Zugriff

60 34 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Abbildungen 10/11: i-foot von TOYOTA.16 Rechts: Ri-Man, Quelle: RIKENTRI Collaboration Center for Human-Interactive Robot Research Intelligente Prothesen Intelligente Prothesen für Arme oder Beine verbessern vor allem folgende Aspekte: Nachahmung normaler Bewegung, Verbindung mit dem Körper, Feedback und Steuerung. Es werden neben elektronischen und mechatronischen Entwicklungen auch neue Materialien eingesetzt (Smart tissues) (Butter et al., 2008) Zugriff

61 Resultate der Ist-Analyse 35 Abbildung 12: ReWalk, Quelle: Argo Medical Technologies

62 36 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Beispiele: Nach einer Amputation eines Armes ist ein Ersatz durch eine Prothese möglich, die drei Gelenke ersetzt: Schulter, Ellbogen und Hand (Ferrigno et al., 2011). Restkapazitäten von Personen mit Beeinträchtigungen der neuromuskulären Funktionen können durch Prothesen unterstützt oder die Bewegungen ganz übernommen werden (Ferrigno et al., 2011). Komplexität der Geräte Die Geräte haben je nach Funktion unterschiedliche Komplexitätsgrade. Rehabilitationsroboter wie der Lokomat oder der ARMin sind mechanisch komplexe Geräte. Sie beinhalten eine Anzahl von hoch entwickelten Antrieben und Messeinheiten. Die Umgebung ist bei diesen Geräten stark strukturiert, wodurch die Autonomie und somit auch die Intelligenz des Gerätes nicht sehr hoch sein müssen. Das Gerät muss nicht individuell auf Umwelteinflüsse reagieren können, da es eine definierte Aufgabe bearbeitet. Anders hingegen sind die Exoskelette und Smart Wheelchairs zur Steigerung der Mobilität. Diese sind mechanisch weniger komplex als die Rehabilitationsroboter, müssen jedoch eine gewisse Intelligenz aufweisen, da sie meist in unstrukturierten Umgebungen eingesetzt werden. Der Smart Wheelchair zum Beispiel reicht vom einfachen elektrischen Rollstuhl mit Anhebemöglichkeit zum Stand bis hin zum vollautomatisierten Navigationsroboter, der den Patienten selbständig von Ort zu Ort transportiert Akteure in Entwicklung und Forschung Forschung findet vor allem in Technischen Universitäten, Fachhochschulen, Instituten für Rehabilitationsforschung und Forschungsabteilungen von Unternehmen und Krankenhäusern statt. Butter et al. (2008) halten staatliche Förderung der Forschung für notwendig, da Unternehmen das hohe Investitionsrisiko nur begrenzt tragen könnten. Von staatlicher Seite wird Forschung in der

63 Resultate der Ist-Analyse 37 Schweiz z.b. durch den Nationalen Forschungsschwerpunkt Robotik 17 unterstützt Nutzergruppen und ihre Akzeptanz In der analysierten Literatur wurden vor allem folgende Nutzergruppen für Trainingsgeräte und Hilfsmittel genannt: Kinder und Erwachsene mit Körperbehinderungen, ältere Menschen, Nutzer von Exoskeletten, Orthesen und Prothesen. Kinder mit Körperbehinderungen: Allgemein wurde von positiven Reaktionen der Kinder auf die Roboter berichtet. Die Kinder waren motiviert, die Geräte auszuprobieren und mit ihnen Gegenstände zu manipulieren. Sie wurden vermehrt zu Interaktion und Sprache angeregt und weckten bei den Gleichaltrigen, Eltern und Lehrern Interesse durch ihre neuen Fertigkeiten (Cook et al., 2011; Cook et al., 2005). Ältere Menschen: 50 Personen wurden in einer Studie der Zuyd University, Heerlen in den Niederlanden befragt (Gelderblom & Cremers, 2010). Sie fanden die Entwicklung für die Zukunft sehr interessant, aber nur sehr wenige von ihnen zeigten eine «dringende Motivation», sie jetzt aktuell anzuwenden. Die Autoren identifizieren sechs relevante Bereiche für Robotik bei älteren Menschen: Monitoring, sozial assistierende Robotik, Rehabilitationstherapie, intelligente Prothesen, Unterstützung der Aktivitäten des täglichen Lebens, medizinisch-assistierende Robotik (inkl. Pflege). Nutzer von Exoskeletten, Orthesen und Prothesen wünschen sich eine optimale Versorgung, dazu gehören neben den Funktionen auch die Praktikabilität 17 oder

64 38 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung und das Aussehen. Da die Nutzer in der Gesellschaft aufgrund einer sichtbaren Behinderung stigmatisiert werden, lehnen sie Geräte ab, die auffällig oder abstossend aussehen (z.b. Butter et al., 2008) Marktbeurteilung und Ausblick Das Feld der Exoskelette und Mobilitätsassistenz steckt immer noch in den Anfängen. Die ersten marktfähigen Produkte sind allerdings im Handel erhältlich. Der Markt ist dabei, in eine Wachstumsphase einzutreten. Der Einbezug von Patienten in die Entwicklung der Geräte ist sehr wichtig, um die Produkteakzeptanz im Markt zukünftig sicherstellen zu können. Es besteht die Möglichkeit, dass mit der Zeit einige Produkte in die normale Pflege älterer Menschen integriert werden. Manche Ideen und Visionen werden jedoch im Zeithorizont, der für die vorliegende Studie berücksichtigt wird (2025), nicht realisiert werden können (Butter et al., 2008). Der Bedarf an Trainingsrobotern ist hoch. Sie sind für verschiedene Erkrankungen und Lebensalter geeignet und können an die Fähigkeiten der Nutzer angepasst werden. Häufigste Einsatz- und Forschungsbereiche derzeit sind die Rehabilitation von Kindern mit zerebralen Lähmungen (Zerebralparese), Lähmungen nach Schlaganfällen und Querschnittlähmungen in allen Lebensaltern (Kwakkel et al., 2008). Barrieren für die Anwendung sind zurzeit noch der Mangel an Wirksamkeitsnachweisen und die Notwendigkeit, dass Kliniken ihre Organisationsform für robotergestützte Diagnostik und Therapie ändern müssen (Butter et al., 2008). Die Anschaffungskosten sind immer noch hoch und das Kosten- Nutzen-Verhältnis ist noch nicht überzeugend. Meist ist die Präsenz der Therapeuten während der Nutzung erforderlich. Es fehlt an Studien darüber, ob die Geräte sich, wenn sie technisch ausgereift sind, durch Personaleinsparungen amortisieren. Die Trainingsgeräte für zu Hause befinden sich in der Markteinführung. Sie stehen in Konkurrenz zu bereits weltweit vertriebenen Spielkonsolen (z.b. Nintendo Wii), welche ebenfalls zur Bewegungstherapie eingesetzt werden können, und müssen ihre Vorteile erst noch beweisen.

65 Resultate der Ist-Analyse 39 Geräte zur Anwendung als Manipulationshilfsmittel für Menschen mit körperlichen Behinderungen haben einen begrenzten Markt mit einer kleinen, heterogenen Nutzergruppe. Der Einsatz findet in sehr unterschiedlichen und variierenden Umwelten statt. Die Geräte sind häufig teuer und die Kosten können nicht von den Nutzern selbst getragen werden. Die Geräte sollten möglichst unauffällig sein. Bisher erfüllen nur wenige Geräte diese Bedingungen. Sie befinden sich überwiegend in einer Prototypphase. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis lässt sich schwer ermitteln (Butter et al., 2008). Smart Wheelchairs haben bisher ebenfalls noch keinen wirtschaftlichen Erfolg und sind nur begrenzt erhältlich, z.b. ibot nur in den USA (Butter et al., 2008). Sie werden hauptsächlich für schwerbehinderte Personen entwickelt, haben damit nur einen kleinen Markt und sind deshalb teuer. Intelligente Prothesen sind nach Amputationen ein wichtiger Ersatz für Körperteile und ermöglichen den Patienten ein selbstständigeres Leben. Ursachen sind meist Unfälle, angeborene Missbildungen oder Erkrankungen wie Diabetes. Gemessen an der Gesamtbevölkerung ist eine geringe Anzahl von Personen betroffen. Deshalb haben bisher erst wenige Geräte die Experimentierphase verlassen und die Markteinführung erreicht (z.b. C-leg Kniegelenk von Otto Bock). Einen höheren Bedarf an intelligenten Prothesen haben Länder, die in Kriege involviert sind, oder Länder, in denen es viele Landminenopfer gibt. Die USA sind eine der treibenden Kräfte in der Entwicklung von intelligenten Prothesen. Die meisten anderen Länder mit hohem Bedarf verfügen nicht über die Mittel, um teure Prothesen finanzieren zu können. Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Markteinführung und die anschliessende Etablierung von Geräten in diesem Bereich sind die Nutzer, Personen in Gesundheitsberufen, Orthopädiemechaniker und die Kostenträger. Bisher werden die Nutzer, ihre Organisationen und die Personen in Gesundheitsberufen zu wenig in die Entwicklung einbezogen (Butter et al., 2008). Für die Nutzer spielen Praktikabilität und ästhetische Aspekte eine entscheidende Rolle. Sie sind häufig bereit, auf Funktionen zu verzichten, wenn sie dadurch Stigmatisierung vermeiden können. Personen in Gesundheitsberufen und die Kostenträger sind an Funktionsverbesserungen für ihre Klienten interessiert, vor allem, wenn dies zu mehr Selbstständigkeit im Alltag und Beruf führt. Sie befürworten den Einsatz neuer teurer Geräte aber nur, wenn der Nutzen erwiesen ist. Hauptbarriere für die Entwicklung und die Markteinführung ist die Finanzierung intelligenter Prothesen (Butter et al., 2008).

66 40 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 4.4 Ist-Stand Telepräsenz und Assistenzrobotik Telepräsenzroboter sind ferngesteuerte, mobile Roboter, welche Kamerabilder und Audiosignale übertragen und ferngesteuert oder teilautonom Handlungen ausführen können. Sie verfügen meist über eine Anbindung zum Internet und können weltweit ferngesteuert werden. Der Vorteil von solchen Robotern ist, dass man nicht physisch an einem bestimmten Ort anwesend sein muss, sondern durch den Roboter kommunizieren und handeln kann. Assistenzroboter unterstützen Menschen bei alltäglichen Aufgaben. Diese können zum Beispiel das Erledigen von Routinearbeiten, das Erleichtern anstrengender Arbeiten oder Hilfestellungen für Personen mit Beeinträchtigungen sein. Man kann deshalb unterscheiden in Pflegeassistenzroboter, die Aufgaben von Pflegekräften unterstützen, und persönliche Assistenzroboter, die Menschen mit Beeinträchtigungen bei der Ausführung von Alltagsaktivitäten helfen. Die grösste Herausforderung für Assistenzroboter ist das autonome Agieren in einem Haushalt. Der Roboter muss dabei die Umgebung wahrnehmen können, um darauf zu reagieren. Er sollte in der Lage sein, Objekte zu erkennen und Hindernissen auszuweichen. Dies ist bei den meisten Robotern nötig, die sich frei im Haus bewegen wie zum Beispiel einem Roboter-Nannys oder einem Butler-Roboter. In diesem Bereich wird momentan stark geforscht. Die erhältlichen Roboter sind jedoch noch sehr unflexibel und wirken eher gross und ungeschickt (Kim & Chung, 2006). Ein Grund dafür ist die unterentwickelte Auswertung der Sensorik. Die Sensorik-Hardware ist bereits sehr weit entwickelt. Im Bereich Vision zum Beispiel gibt es Kameras, welche dem menschlichen Auge weit überlegen sind. Solche Kameras und sogar künstliche Retinas sind «state of the art». Der «Flaschenhals» der Roboterforschung liegt nicht in der Hardware, sondern der Software. Die Auswertung der Kamerabilder oder der Kraftsensoren, die unter der künstlichen Haut angebracht sind, ist das eigentliche Problem. Roboter wie der robotic follower, die Mobilität ermöglichen, indem sie dem Patienten folgen und z.b. Sauerstoffflaschen transportieren, werden bereits erfolgreich eingesetzt (Endo et al., 2009). Bei ihnen ist besonders die Regeltechnik und Navigation in einer unstrukturierten Umgebung eine grosse technische Herausforderung.

67 Resultate der Ist-Analyse Telepräsenzrobotik Telepräsenz ermöglicht es Ärzten, Pflegekräften oder Therapeuten ohne körperliche Präsenz bestimmte Aufgaben auszuführen (siehe Abbildung 13). Damit soll z.b. eine Versorgung in ländlichen Gebieten verbessert werden oder die Entlastung zu einer besseren Qualität in der Versorgung führen (Sicherheit, Fehlerreduktion, mehr Kapazität für direkte Kontakte mit Patienten oder Bewohnern) (Smith, 2008a; Smith, 2008b). Beispiele: Medikamentenverschreibung, -vorbereitung, -lagerung und verteilung wird bereits von verschiedenen Geräten ausgeführt (Summerfield et al., 2011; Nejat et al., 2009). Die Geräte reduzieren die Fehlerquote, vereinfachen die Routinen von Pflegekräften (Rosenkoetter et al., 2008) und Pharmazeuten (Nejat et al., 2009), senken Kosten und geben Pflegekräften und Pharmazeuten die Möglichkeit zu mehr direkter Interaktion mit den Patienten (Nejat et al., 2009). Nejat et al. (2009) geben an, dass der Roboterkurier HelpMate die Kosten für die Medikamentenversorgung um 63 Prozent senken konnte. Weitere Geräte sind z.b. ROBOT-Rx, Acu-Dose-Rx, AcuScan-Rx, Connect-Rx (Nejat et al. 2009). Die Geräte können Pflegekräfte und Pharmazeuten in Kliniken unterstützen. Diagnostik und Überwachung von Körperfunktionen wie Atmung, Herzschlag, Blutdruck, Insulinspiegel etc. sind weitere Einsatzmöglichkeiten von Telepräsenz. Ein Neurologe kann z.b. über den Telestroke Roboter feststellen, ob bei einem Patienten ein Schlaganfall vorliegt und kann die entsprechende Versorgung in der Notaufnahme anregen (Borgaard, 2011) (siehe Abbildung 13). Für die häusliche Therapie wurde ein Telerehabilitationssystem getestet. Therapeuten leiten die Übungen über das Internet an. Das kann entweder unilateral geschehen, indem der Patient die vom Therapeuten zusammengestellten Übungen ausführt und vom Roboter Feedback erhält, oder bilateral. Dabei interagieren Therapeut und Patient durch den Roboter: Der Therapeut kann so korrigierend eingreifen und sowohl visuell

68 42 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Abbildung 13: RP-Vita, Quelle: InTouchHealth

69 Resultate der Ist-Analyse 43 als auch durch Bewegungsführung anleiten. Mit dem Programm sind auch Gruppenbehandlungen möglich und ein gemeinsames Training mehrerer Patienten (Carignam, 2006; Krebs & Hogan, 2006) Pflegeassistenz Pflegeassistenz dient dazu, Pflegekräfte zu entlasten und Abläufe in der Pflege zu erleichtern. Dadurch hofft man, mit weniger Personal auszukommen, ohne Qualitätseinbussen in der Versorgung hinnehmen zu müssen. Ausserdem soll die körperliche und psychische Belastung der Pflegekräfte gemindert werden, damit sie weniger häufig an berufstypischen Erkrankungen leiden und länger im Beruf verbleiben können. Automatisierbare Einsatzbereiche in der stationären Versorgung sind vor allem (Butter et al., 2008): Reinigung von Fussböden und Material, automatisierte Verteilung von Medikamenten und Essen, automatisierte Materialmanagementsysteme. Transport stellt ein weiteres wichtiges Thema dar: Tragen und Transportieren von Material (CASERO der Firma MLR System GmbH, Ludwigsburg) (Compagna, Derpmann, Mauz & Shire 2009), (MT Robot, siehe Abbildung 14), Notfallerkennung, schnelle Versorgung mit Erste-Hilfe-Material (CASE- RO), Ausgabe von Getränken und Kontrolle von Flüssigkeitsaufnahme (Careo-bot des Fraunhofer Instituts IPA, Stuttgart) (Compagna, Derpmann, Mauz & Shire 2009, vgl. auch (siehe Abbildung 15), Transport von Personen: In Japan wurde ein Roboterbett entwickelt, das sich vom Bett in einen Rollstuhl verwandelt. Ferner soll ein Roboter Patienten aus dem Bett heben, ins Bad bringen und in den Rollstuhl setzen /, Zugriff am

70 44 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Abbildung 14: Fahrerloses Transportsystem der Schweizer Firma MT Robot Abbildung 15: Care-o-bot überreicht ein Getränk an eine Bewohnerin, Quelle: Fraunhofer Institut IPA

71 Resultate der Ist-Analyse 45 Care-o-Bot kann auch in der Aktivierung der Heimbewohner oder Patienten eingesetzt werden, da er auch Spiele und Lieder beherrscht Persönliche Assistenz Diese Art von Robotik hat das Ziel, Menschen mehr Selbständigkeit im Alltag zu ermöglichen, ihre Sicherheit zu erhöhen und ihren Pflegebedarf zu reduzieren (Faucounau et al., 2009). Meist wird das Ziel genannt, dass die Personen länger im eigenen Zuhause versorgt werden sollen, Heimeinweisungen herausgeschoben werden und Angehörige entlastet werden. Die Roboter erinnern an Medikamente und Verabredungen, unterstützen die Ausführung von Alltagshandlungen, aktivieren einen Notruf, wenn sie eine Gefahr erkennen, stellen Kommunikation zu Ärzten und Pflegekräften sowie Angehörigen her und sammeln und speichern Informationen z.b. über Krankheitsparameter (Faucounau et al., 2009). Die Roboter werden in unterschiedlichen Erscheinungsbildern angeboten: tierähnlich, menschenähnlich und eher neutral. Beispiele: Tierähnlich sind z.b. icat und Pearl. Pearl ähnelt einer Comicfigur und zeigt einige einfache Emotionsausdrücke. Er wird mittels Touchscreen bedient. icat ist aus Plastik mit einem katzenähnlichen Kopf, der Augen, Augenlider und Lippen bewegen kann. Menschenähnliche Roboter in der Entwicklung sind z.b. Brian, der die Pflege unterstützen und möglichst natürliche Interaktion bieten soll, indem verbale und nonverbale Kommunikation genutzt werden. Clara, ein Übungs- und Überwachungsroboter für Herzpatienten, und Kaspar, der autistische Kinder die Interaktion mit anderen Kindern oder mit Erwachsenen erleichtern soll (Nejat et al., 2009). Eine neutrale Erscheinung hat The Hug. Es handelt sich um eine Art Kissen mit Armen, das zur Kommunikation mit Angehörigen und Freunden dient. Man kann damit nicht nur verbal kommunizieren, sondern auch Tasteindrücke übermitteln (DiSalvo et al., 2003). Bisher gibt es kaum Studien über die Anwendung dieser Roboter im Alltag. Quantitative Studien zur Akzeptanz der androiden Assistenzroboter wären notwendig und Studien, die zeigen, ob sie für langfristige Nutzung geeignet sind und die angestrebten Ziele zu Hause und in Heimen erreichen (Nejat et al., 2009).

72 46 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Weinrich (2006) sieht eine Anwendung von Assistenzgeräten für Alltagsaktivitäten erst in ferner Zukunft. Die Geräte müssten zunächst noch höher entwickelte Kontroll- und Sicherheitssysteme aufweisen sowie kompaktere Batterien Komplexität der Geräte Telepräsenzroboter sind einfache Geräte und benötigen keine hochentwickelten Technologien. Die gängigsten Modelle bestehen aus einer Kamera, einem Mikrophon und einem Lautsprecher, montiert auf einem fahrbaren Untersatz. Da diese Roboter ferngesteuert agieren, müssen sie nicht sehr autonom reagieren können. Im Bereich Pflegeassistenz sowie persönliche Assistenz ist die Bandbreite der verwendeten Technologien sehr gross. Sie erstreckt sich über technisch primitive Geräte wie zum Beispiel dem Roboterkissen The Hug (zwei Motoren, die auf Knopfdruck reagieren) bis hin zu sehr komplexen Geräten wie dem Care-o-Bot (Serviceroboter, bei dem die Arme sieben Freiheitsgrade aufweisen) Akteure in Entwicklung und Forschung Es gibt einige Unternehmen und Forschungsinstitute, die mit der Entwicklung und Forschung im Bereich Telepräsenz und Assistenzrobotik beschäftigt sind. Das deutsche Fraunhofer Institut und die Schweizer Firma MT Robot beschäftigen sich vor allem mit Servicerobotern. Im Bereich der Telepräsenzrobotik und Assistenzroboter sind amerikanische und japanische Firmen aktiv z.b. die japanische Firma Panasonic mit Hospi-Rimo 19 und die Carnegie Mellon University in Pittsburgh, die The Hug entwickelt hat Nutzergruppen und ihre Akzeptanz Im Bereich der Telepräsenz- und Assistenzrobotik werden in der Literatur folgende Nutzergruppen erwähnt: 19 Professionelle Nutzende: Pflegekräfte, Ärzte, Apotheker und Therapeuten, /.

73 Resultate der Ist-Analyse 47 Nicht professionelle Nutzende: Erwachsene und speziell ältere Menschen. Professionelle Nutzer Telepräsenz wird von Pflegekräften kritisch beurteilt (Smith, 2008b). Es wird betont, dass keine Pflegekräfte ersetzt werden können, z.b. weil deren menschliches Urteilsvermögen wichtig ist. 20 Es wird weiter darauf hingewiesen, dass Technologie auch Risiken und Belastungen mit sich bringen kann wie zusätzliche Komplikationen in den Arbeitsabläufen, Schulungsbedarf, Überwachung der Maschinen, mehr Bürokratie und Fehler (ebenda). Ferner müssen für den Einsatz bestimmte Bedingungen erfüllt sein, wie z.b. die passende Umgebung und Infrastruktur, angemessene Kostenerstattung, Schulung etc. (Smith, 2008b). Die Akzeptanz professioneller Nutzer hängt davon ab, wie Verantwortung und Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Maschine geklärt sind. Ferner spielt der Status der Arbeit eine wichtige Rolle (Butter et al., 2008). Die Autoren empfehlen deshalb, Robotik ergänzend und nicht ersetzend zu nutzen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Die grössten Barrieren sehen Butter et al. (2008) in der mangelnden Akzeptanz, Menschen durch Robotik zu ersetzen, in ungeklärten Fragen von Sicherheit, Zuverlässigkeit, Privatsphäre und Datenschutz, in technischen Mängeln, die noch keine intuitive und leichte Kontrolle ermöglichen, und in den noch zu hohen Kosten. Der potenzielle Nutzen ist noch zu wenig sichtbar, um die professionellen Nutzer zu überzeugen. Smith et al. (2008a und 2008b) nennen folgende Barrieren: Es gibt nur wenige Studien zur Auswirkung der Technologien auf die Beziehung von Pflegekräften und Patienten. Es wird überwiegend über positive Ergebnisse der Studien berichtet. Risiken werden nicht benannt (z.b. Missverständnisse und Irrtümer durch Telemedizin, falsches Sicherheitsgefühl durch konstantes Monitoring). Der Schulungsbedarf der (professionellen und nicht professionellen) Nutzer muss geklärt werden. Löhne und Honorare müssen den Arbeitsaufgaben entsprechen Zugriff am

74 48 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Studien zur Akzeptanz Die Anwendung des «Medikamentenroboters» wurde anhand von fünf Aspekten evaluiert: Nutzung, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Kostenreduktion und Akzeptanz. Die Ergebnisse zeigen Verbesserungen des Medikamentenausgabeprozesses und der Pünktlichkeit der Ausgabe, weniger Zeitaufwand für Beschriftung sowie Verringerung der Bestellzeit und des Leerlaufs in der Medikamentenausgabe. In der Folge stieg die Zufriedenheit der Pflegenden mit dem Medikamentenroboter und dessen Akzeptanz (Summerfield et al., 2011). Eine schwedische Studie, die die Einstellungen des Gesundheitspersonals gegenüber Robotern untersuchte, stellte fest, dass 70 Prozent der Befragten Robotern positiv gegenüber eingestellt sind, wenn sie im Bereich von Servicetätigkeiten, Monitoring, Telemedizin und zur Kommunikation eingesetzt werden. Dem Einsatz von Robotern und künstlicher Intelligenz (KI), also von autonom agierenden Robotern, stehen sie kritisch gegenüber, wenn es um fürsorgliche Aktivitäten geht (Goransson et al., 2008). Eine Literaturübersicht von Tiwari (2010) zu nicht technischen Folgen vom Umgang von Robotern mit älteren Menschen und dem Gesundheitspersonal ergab, dass die Haltung des Gesundheitspersonals insgesamt positiv war. Bedingungen für Akzeptanz waren: Anpassung an klinische Arbeitsabläufe, Kosteneffektivität, geringe Fehleranfälligkeit, Genauigkeit. Das Resumee der Studie war: Es sollten nicht technische Folgen untersucht werden, bevor man auf Designlösungen fokussiert (Tiwari, 2010). Nicht professionelle Nutzer Erwachsene erwarten, dass das Erscheinungsbild mit der Funktion und den Fähigkeiten des Roboters übereinstimmt. Das katzenähnliche Aussehen von icat mit Informations-, Erinnerungs- und Überwachungsfunktionen irritierte die älteren Probanden. Ebenso fühlten sie sich von Pearls comicfigurenhaftem Aussehen nicht angezogen. Es ist vorteilhaft, menschenähnliche Erscheinungsformen anzubieten, wenn die Compliance der Patienten notwendig ist, z.b. für die Einnahme von Medikamenten, Ausführung von Übungen und Therapien (Nejat et al., 2009). Der Grad der Menschenähnlichkeit muss mit der funktionellen Kompetenz des Roboters übereinstimmen, sonst empfindet man die Geräte als unheimlich (vgl , Literatur zu «Uncanny Valley», Mori, 1970).

75 Resultate der Ist-Analyse 49 Die Akzeptanz vonseiten der Nutzer hängt von der Praktikabilität und Nutzerfreundlichkeit der Geräte ab sowie von Sicherheit, Privatsphäre und Datenschutz (Butter et al., 2008). Studien zur Akzeptanz Eine Studie zur Telepräsenz bei älteren Menschen kommt zum Schluss, dass das Sich-Treffen trotz der Telepräsenz ein sehr wichtiger Faktor bleibt. So sollten sich Patienten und deren Pflegende vor der Einführung persönlich kennenlernen, um Vertrauen aufzubauen. Patienten und Pflegenden ist es wichtig, dass trotz der Telepräsenz die Qualität der Pflege gewährleistet bleibt. Eine Kombination von Präsenz- und Telepflege halten sie daher für empfehlenswert. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Einbeziehung der Pflegenden bei Entwicklung, Design und Testen der technischen Geräte wichtig ist (Harrefors et al., 2010). Eine weitere Studie untersuchte den Nutzen von drei smarten Technologien für Ältere (PDA, Automationssystem, Gesundheitsmonitoringsystem). Ziel der Technologien ist es, die Menschen im häuslichen Alltag zu unterstützen und damit ihre Unabhängigkeit und Sicherheit zu erhöhen. Interessant an der Studie ist, dass auch Gründe für die Nichtbenutzung der Technik erfasst wurden. Im Jahr 2001/2002 wurden 773 Personen mit einem Fragebogen befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass smarte Techniken bei älteren Menschen noch wenig Anwendung finden. Hauptgründe für die Nichtnutzung sind: Teilnehmer sehen keinen Nutzen, verfügen nicht über ausreichendes Wissen für die Anwendung der Geräte und die Kosten sind zu hoch (Mann et al., 2007). Obwohl sich seit der Befragung vor zehn Jahren technisch und auf Anwenderseite einiges verändert hat, zeigt die Befragung einer ungewöhnlich grossen Anzahl von Personen, was für den Nutzen einer Technologie wichtig ist: klar erkennbarer Nutzen, leichte und intuitive Handhabung und angemessene Kosten. Eine Literaturübersicht zu nicht technischen Folgen von Robotern bei Älteren sowie dem Gesundheitspersonal zeigt, dass bei Älteren die Akzeptanz der Technik nicht das Problem darstellt. Die Gesamthaltung war insgesamt positiv, unter der Bedingung, dass Privatsphäre, persönliche Autonomie und Verantwortungsethik gewährleistet bleiben (Tiwari, 2010).

76 50 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Eine Studie zur prospektiven Sicht gesunder älterer Menschen auf die Nutzung von Robotern zur Unterstützung respektive Pflege: Die Würde wird als wichtiger Wert erachtet, ihr wird insbesondere dann grosse Wichtigkeit zugemessen, wenn andere Werte, z.b. Autonomie und Unabhängigkeit, reduziert sind. Persönliche Werte müssen bei der Planung der Pflege älterer Menschen berücksichtigt werden und auch bei der Einführung neuer Technologien (Harrefors et al., 2010). Die Sichtweise der Patienten auf Roboter wird stark durch Literatur und Medien geprägt. Patienten sehen einerseits Vorteile in der Nutzung der Roboter, haben aber andererseits Bedenken, was die Reliabilität, die Sicherheit und den reduzierten Umgang mit Pflegepersonen angeht. Patienten fühlen sich mit Menschen wohler als mit Robotern. Alter und Geschlecht sind dabei keine signifikanten Einflussfaktoren. Einstellungen und Emotionen gegenüber dem Roboter haben voraussichtlich Einfluss auf die zukünftige Akzeptanz bei der Einführung in das Gesundheitswesen (Broadbent et al., 2010). Wie akzeptieren Menschen Roboter als Teil ihres Haushalts? Eine Studie zeigt, dass mit dem Einsatz von Robotern im Haushalt eine Veränderung im Akzeptanzverhalten der Nutzer vor sich geht: Roboter handeln zunehmend als soziale Akteure und werden weniger als Geräte oder Hilfsmittel wahrgenommen. Ausserdem werden die Handlungen der Roboter zunehmend komplexer. Basierend auf dem Nutzerverhalten und den Nutzerprofilen der Bewohner findet eine Art Personalisierung auf den entsprechenden Haushalt statt. Es findet zunehmend autonomes Handeln der Roboter ohne Benutzereingriffe statt (Sung, 2010). Privatsphäre spielt insbesondere für Ältere eine grosse Rolle. Wird ein Nutzen in der Technik gesehen, kann dies die Bedenken in Bezug auf die Privatsphäre reduzieren (Courtney et al., 2008). Nutzer sollten ihr informiertes Einverständnis für die Nutzung von Daten etc. geben müssen (Matthews, 2006). Eine Studie zu Designeffekten bei Servicerobotern zeigt, dass ältere Nutzer menschliche Charakterzüge (Sprache, Gesicht, Interaktivität) bei Robotern mit Menschlichkeit und positiven Erfahrungen verbinden (subjektives Empfinden, physiologische Reaktionen) (Zhang et al., 2010). In Untersuchungen von Nejat et al. (2009) wurde deutlich, dass Erwachsene erwarten, dass das Erscheinungsbild mit der Funktion und den Fähigkeiten des Roboters übereinstimmt. Eine sozialpsychologische Studie hat Akzeptanzfaktoren für den Einsatz von Robotern im häuslichen Bereich analysiert (Young et al., 2009):

77 Resultate der Ist-Analyse 51 1) Sicherheit: Es darf keine Gefährdung von einem autonomen Roboter ausgehen, Sicherheit steht über dem Faktor Nutzen. 2) Zugriff und Bedienbarkeit: Bedenken hinsichtlich Fähigkeiten und Komplexität von Robotern; Angst vor Technik, fehlendem Wissen, Verhaltenssteuerung. 3) Praktischer Nutzen: Roboter sollten nicht nur nützlich sein, sondern auch in die sozialen Strukturen und zum Lebensstil passen. 4) Spass: Die Geräte sollen Spass machen, Gesellschaft leisten, Austausch ermöglichen und Komfort bieten. 5) Sozialer Druck kann die Einführung von Robotern positiv und negativ beeinflussen. Beispiele: Gelten Roboter als modern, werden sie akzeptiert; gelten sie als bedrohlich oder stigmatisierend, werden Roboter eher abgelehnt. 6) Statusgewinn: Roboter könnten ein positives und luxuriöses Image verbreiten, wenn sie als Statussymbole angesehen werden (vergleichbar mit dem iphone). 7) Soziale Intelligenz: Je menschlicher Roboter aussehen, umso intelligenter werden sie eingeschätzt, intelligenter als normale Haushaltsgeräte Marktbeurteilung und Ausblick Gemäss der Einschätzung von Butter et al. (2008) sind bisher erst wenige Geräte auf dem Markt und in Anwendung. Die wichtigsten Märkte bilden Japan, Südkorea, USA und Europa. In Japan, Südkorea und den USA konzentriert man sich auf die Entlastung von Ärzten und Spezialisten durch Telepräsenz und Assistenz, in Europa steht die Unterstützung der Pflege im Vordergrund. Die Entwicklung im Bereich der Telepräsenz und Telemonitoring ist laut Butter et al. (2008) auf einem guten Weg, es sind bisher aber erst wenige Anwendungen auf dem Markt. Die Anwenderfreundlichkeit der Geräte sollte weiter verbessert werden. Soziale Akzeptanz sehen die Autoren weiterhin als Problem an, halten dies jedoch für lösbar. Laut Smith (2008b) wird die Telepräsenz in der häuslichen Pflege älterer Menschen trotz vorhandenem Nachweis von Kosten-Nutzen-Effektivität und der unterstützenden Wirkung zu wenig eingesetzt. Die Koordination mit anderen Diensten und die Vergütung müssen noch besser erforscht werden.

78 52 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Der Einsatz von Telepräsenz wird auch von anderen Entwicklungen im Gesundheitswesen getrieben. So wird in den USA Telepräsenz von Ärzten bereits erfolgreich angewendet. Ein Grund für deren Erfolg ist der zunehmende Mangel an Spezialisten in kleineren Krankenhäusern. Mit diesen Robotern kann ein Spezialist in verschiedenen Spitälern rund um die Welt gleichzeitig anwesend sein und seinen Rat mit einbringen (Poletz et al., 2010). In den USA kann eine Krankenschwester mit Telecare in der gleichen Zeit acht Mal so viele Patienten versorgen wie durch Hausbesuche. Wegen Vergütungseinschränkungen nutzen aber weniger als 200 der 7000 Medicare Home Health Agencies Telecare. Bei intensiver Nutzung könnte hier ein Risiko zum Arbeitsplatzabbau bestehen. Im Bereich der Pflegeassistenz sehen Butter et al. (2008) eine potenziell riesige Nachfrage und ein grosses Marktpotenzial bei Krankenhäusern, Alters- und Pflegeheimen. Produkte kommen zunehmend in die praktische Erprobung. In Europa sind diese Systeme allerdings nur vereinzelt auf dem Markt. Barrieren sehen sie in der sozialen Interaktion zwischen Nutzern und Robotern, der Akzeptanz der Geräte in der Praxis sowie dem Energieverbrauch und in der Leistung der Akkus. Nejat et al. (2009) sehen Barrieren für die Verbreitung von Assistenzrobotik in den Kosten, bei Trainingsproblemen, Systemanforderungen, Mangel an Daten über die Ergebnisse, Kostenerstattung und Nutzung durch das Personal. In der persönlichen Assistenz sind laut einer Bedarfseinschätzung pflegender Angehöriger vor allem «Cognitive Orthotics» (softwarebasierte, persönliche Erinnerungssysteme) und Sicherheitssysteme gefragt. Am meisten Interesse fanden Geräte, die die Sicherheit der zu Pflegenden erhöhen, deren Ängste reduzieren und den Pflegenden die Freiheit gaben, das Haus zu verlassen (Faucounau et al., 2009). Es sind allerdings erst wenige Systeme auf dem Markt erhältlich. Die effektive Integration in bestehende Versorgungsstrukturen und die intuitive Bedienung der Systeme bleiben im Bereich der persönlichen Assistenz problematisch (Butter et al., 2008). 4.5 Ist-Stand sozial-interaktive Roboter Sozial-interaktive Roboter simulieren eine Interaktion mit Menschen. Der Begriff sozial-interaktive Robotik (SIR) für Roboter, deren Hauptziel eine Art von Interaktion mit Menschen ist, geht auf Fong (zitiert in Feil-Seifer & Mataric, 2005) zurück. «Soziale Roboter sind ontologisch gesehen keine realen sozialen Akteure.

79 Resultate der Ist-Analyse 53 Sie sind virtuelle soziale Akteure, die einfach designt sind, um die Illusion einer realen Interaktion zu erzeugen. Im Gegensatz zu vermittelten und künstlichen Objekten sind sie physikalisch real und berührbar, da sie verkörpert sind.» (Lee & Bien, 2005) 21 Soziale Roboter sind nach Dautenhahn (2007): sozial evokativ: Sie rufen soziales Verhalten hervor, ausgelöst durch die Tendenz des Menschen, emotionale Bindungen einzugehen und etwas, worum sie sich kümmern, zu vermenschlichen. sozial situiert: Sie sind in eine soziale Umwelt eingebettet, nehmen diese wahr und reagieren auf sie. Sie unterscheiden zwischen Objekten und sozialen Agenten in ihrer Umwelt. kontaktfähig: Sie treten proaktiv in Kontakt mit Menschen und nutzen dazu soziale Kognition. sozial intelligent: Sie zeigen Aspekte menschenähnlicher sozialer Intelligenz, die auf Modellen menschlicher Kognition und sozialer Kompetenz beruhen. Ihre Charakteristika sind: Empfindungen ausdrücken oder wahrnehmen, auf hohem Niveau kommunizieren, andere soziale Agenten erkennen oder von ihnen lernen, soziale Beziehungen festigen oder erhalten, natürliche Signale wie Blick, Gesten etc. nutzen, bestimmte Persönlichkeit oder Charaktereigenschaften zeigen, soziale Kompetenzen lernen oder entwickeln. Soziale Roboter werden meist als Kinderspielzeug entwickelt, werden aber auch in der Therapie z.b. von autistischen Kindern oder als Haustierersatz in Pflegeheimen eingesetzt. In der Therapie sollen sie soziale und kognitive Stimulation bieten. Sie werden als Therapiemittel eingesetzt und sollen den Therapeuten nicht ersetzen, sondern seine Möglichkeiten ergänzen. Es gibt einige Studien 21 Originalzitat: «social robots are not ontologically real social actors. They are virtual social actors simply designed to create an illusion of a real social interaction. Unlike mediated or artificial objects, however, social robots are physically real and tangible because they are embodied.»

80 54 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung zum therapeutischen Einsatz, die positive Ergebnisse zeigen (siehe 4.5.5). Die Herausforderung besteht darin, die richtige Art und Intensität der Stimulierung anzubieten. Butter et al. (2008) halten es deshalb für notwendig, dass Therapeuten entsprechende Therapiekonzepte entwickeln, die sowohl im Therapiesetting als auch zu Hause verwendet werden können. Weitaus umstrittener ist der Einsatz von Robotik, um Einsamkeitsgefühle im Pflegeheim zu überwinden und Kontakte mit Personen oder Tieren zu ersetzen sowie die Nutzung von Roboter-Nannys zur Beaufsichtigung von Kindern. Technisch gesehen sind Robotertiere relativ einfache Maschinen, die sich bereits auf dem Markt befinden. Humanoide oder androide Roboter sind hingegen die Königsdisziplin der Robotik. Es handelt sich um menschenähnliche Roboter, die sich aufrecht auf zwei Beinen fortbewegen. Eine technische Herausforderung dabei ist, den menschlichen Gang zu simulieren. Bislang existieren bereits zahlreiche solcher Roboter, jedoch bewegt sich keiner so fliessend und sicher wie ein Mensch. Eine Unterkategorie der humanoiden Roboter sind die Biped-Roboter. Auch diese Roboterart bewegt sich auf zwei Beinen fort, der Torso muss jedoch nicht demjenigen des Menschen ähneln. Er kann je nach Verwendungszweck beliebige Formen annehmen. Es können drei Typen humanoider sozialer Roboter (HSR) unterschieden werden (Zhao, 2006): Utilitarian HSR: Sie erfüllen einen instrumentellen Zweck, z.b. Verkaufen, Führungen im Museum, Essen im Krankenhaus servieren etc., Interagieren mit Menschen als verkörperte Wesen, sprachlich und nichtsprachlich. Affective HSR: Sie sind dafür gemacht, mit Menschen auf einem emotionalen Niveau zu interagieren. Der Einsatz findet entweder online im Internet oder beim Nutzer zu Hause statt. Sie sind so gestaltet, dass Menschen zu ihnen eine Beziehung eingehen. Beispiele sind Puppen und Tiere. Valerie stellt eine weibliche, erwachsene Figur dar, die in mehreren Sprachen kommunizieren kann und sich menschlich anfühlt Zugriff am

81 Resultate der Ist-Analyse 55 Integrierte Typen: Sie verbinden instrumentellen Nutzen und affektive Funktionen, sie werden vor allem für ältere Menschen und in der Therapie z.b. von Autismus eingesetzt. Die Interaktion mit dem Menschen und das autonome Reagieren auf unbekannte Situationen stellen eine grosse Herausforderung für die Roboterforschung dar. Die Roboter sollen nicht mit einem fixen Verhaltensmuster programmiert werden, sondern in der Lage sein, vom Menschen zu lernen. Diesen Ansatz verfolgt z.b. Professor Dr. Rüdiger Dillmann, Leiter des Instituts für Anthropomatik im KIT (das Kunstwort steht für die Erforschung und Entwicklung menschgerechter Systeme mit Mitteln der Informatik). Dazu bauten Dillmann und sein Team den Roboter ARMAR (siehe Abbildung 5) und bringen diesem bei, durch Beobachtung zu lernen. ARMAR beobachtet etwa einen Wissenschaftler dabei, wie er mit einem Schwamm einen Tisch abwischt. Anschliessend versucht der Roboter, die Wischbewegung nachzuahmen. Roboter könnten so in naher Zukunft von den Menschen z.b. das Bügeln erlernen (Lang, 2011) Beispiele für sozial-interaktive Roboter In der Forschung zu Human-Robotik-Interaktion gibt es derzeit zwei Paradigmen, die auch die Entwicklung der sozial-interaktiven Roboter beeinflussen (Dautenhahn, 2007): 1. Caretaker-Paradigma: Menschen versorgen den Roboter und lernen dadurch soziales Verhalten. 2. Begleiter-Paradigma: Der Roboter begleitet den Menschen und versucht seine Bedürfnisse zu befriedigen. Er übernimmt die Rolle eines Assistenten oder Dieners. Bisher sind die auf dem Markt etablierten Geräte vor allem dem Caretaker- Paradigma zuzuordnen: Die Robbe PARO reagiert auf Streicheleinheiten mit einem freundlichen Blick und einem Schnurren. Zudem kann sie ihre Flossen bewegen und gefüttert werden. Sie kostet ca Franken (siehe Abbildung 16). Schon heute arbeiten mehrere PARO in der Schweiz, u.a. im Betagtenzentrum Rosenberg in Luzern sowie im Gritt Seniorenzentrum Waldenburgtal.

82 56 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Sony entwickelte den Roboterhund AIBO. AIBO bedeutet auf Japanisch «Partner», steht aber auch für «Artifical Intelligence robot». Es handelt sich um einen Roboter in Form eines kleinen Hundes, der über diverse Sensoren mit der Aussenwelt kommunizieren kann. So ist es ihm möglich, Kommandos zu befolgen und auf Streicheleinheiten zu reagieren. Er war für ca Franken auf dem Markt. Die Produktion wurde 2006 eingestellt. Die Roboterkatze NeCoRO kann Beine und Schwanz bewegen, aber nicht laufen. Sie gibt 45 verschiedene katzenähnliche Geräusche von sich. Sie lernt, auf einen Namen zu hören, und reagiert positiv oder auch wütend, je nach Interaktion der Menschen. Wieder auf dem Markt ist der Dinosaurier Pleo (siehe Abbildung 17). Er kann sich ähnlich wie AIBO entwickeln, seinen Besitzer erkennen und simuliert Emotionen. Er ist für 469 US-Dollar erhältlich. Abbildung 16: Die Robbe Paro, Quelle: AIST, Japan

83 Resultate der Ist-Analyse 57 Abbildung 17: Pleo, Quelle: Innvo Labs Corporation Lee & Bien (2005) stellten in einer Studie mit AIBO fest, dass das «Konzept sozialer Präsenz» gut geeignet ist, um den Erfolg von sozialen Robotern festzustellen. Soziale Präsenz wird definiert als die «mentale Stimulation einer anderen Intelligenz» (Biocca, 1997) oder als «psychologischer Zustand, in dem virtuelle soziale Akteure als aktuelle soziale Akteure wahrgenommen werden, entweder auf sensorische oder nicht-sensorische Art und Weise» (Lee, 2004, beide Definitionen zitiert in Lee & Bien, 2005). Man kann zwei Typen sozialer Präsenz unterscheiden: Paraauthentische soziale Akteure sind mediale Repräsentationen anderer Menschen z.b. in der Telepräsenz (siehe 1.4.4) oder künstliche soziale Akteure wie Roboter oder nicht verkörperte soziale Agenten. AIBO wurde zum erfolgreichsten Unterhaltungsroboter, weil er in der Interaktion mit dem Nutzer lernt und sich entwickelt (Lee & Bien, 2005). Menschen erleben mehr soziale Präsenz in der Interaktion mit einem sich entwickelnden Gerät als mit einem nicht lernenden.

84 58 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Über die Langzeiteffekte von Tierrobotern und über die Auswirkungen auf die Interaktion mit Individuen und Gruppen gibt es noch zu wenig Studien Komplexität der Geräte Roboter, die dem Caretaker-Paradigma zugeordnet sind, lassen sich meistens mit einer mehr oder weniger primitiven Technik realisieren. Es können zum Beispiel sehr simple Motoren verwendet werden, da die Bewegungen nicht genau ausgeführt werden müssen. Auch die Sensoren können, aufgrund der nicht relevanten Genauigkeit, einfach gehalten werden. Wichtiger ist das äussere Erscheinungsbild der Geräte. Umgekehrt ist es mit den Robotern, die dem Begleiter-Paradigma zugeordnet sind. Diese Roboter beinhalten eine sehr komplexe Mechanik sowie Intelligenz. ARMAR verfügt zum Beispiel über zahlreiche präzise Motoren und Sensoren, um Umwelteinflüsse zu erkennen und auf sie reagieren zu können. Zudem muss er in einer kaum strukturierten Umgebung zuverlässig funktionieren können, damit keine Gefahrensituationen auftreten Akteure in Entwicklung und Forschung Treibende Akteure in der Entwicklung sozial-interaktiver Roboter sind technische Forschungen im Bereich Künstliche Intelligenz, Mensch-Roboter-Interaktion und Mechatronik. Bisher wird noch relativ wenig interdisziplinär entwickelt. Meister (2011) sieht «zwei sich unvermittelt gegenüber stehende Lager..., denen gemeinsam ist, dass sie von übergeneralisierten Annahmen über den Menschen ausgehen» (S. 46). Die Ingenieurwissenschaften und KI-Forschung sähen den Menschen als ultimative Herausforderung, den Geistes- und Sozialwissenschaften erscheine der Roboter als Gefahr. Entwickler würden sich selbst meist als Modell für den idealen Nutzer ansehen und Wünsche, Visionen, Befürchtungen und Kreativität der Nutzer ausklammern. Geisteswissenschaftler appellierten entweder an die moralischen Verpflichtungen der Entwickler oder forderten eine «Roboethik», die den durch die Verwirrung von real und künstlich überforderten Menschen schützen soll. Meister sieht in der Techniksoziologie und Technologiefolgenabschätzung (TA) die Möglichkeit, diese Kluft zu überwinden und eine produktive

85 Resultate der Ist-Analyse 59 Zusammenarbeit der Disziplinen anzuregen. Er schlägt vor, den Begriff Interaktion nicht zu verwenden, da er den Vergleich mit Menschen hervorrufe. Stattdessen könne Interaktivität verwendet werden, da dieser Begriff «Prozesse zwischen zwei grundsätzlich unterschiedlichen Entitäten» meine (S. 48). Die Handlungsträgerschaft würde so zwischen Menschen, Maschinen und Programmen verteilt und eine dreistellige Beziehung konzeptualisiert: «Das Handeln des Menschen, die Aktionen des Roboters und die des Prozesses zwischen beiden, der dann als Lernen oder als wechselseitige Anpassung beschrieben werden kann» (S. 48). Für die TA sieht Meister drei Ansatzpunkte, die an die Roboterforschung anschliessen (S ): 1. Roboter als Verkörperung der grossen Ideen der Kybernetik, vor allem in der Vorstellung als Maschinen, die den Bedürfnissen den Menschen entsprechen. 2. Forschungen zu Human-Robot-Interaction, um Akzeptanz, Praktikabilität und sozialen Impact zu untersuchen. 3. Untersuchung der Mensch-Roboter-Interaktivität in realisierten Szenarien. Greif et al. (2011) regen an, im Rahmen der TA die sozialwissenschaftliche Betrachtung über die Interaktion von Nutzern und Geräten hinaus auszuweiten auf die Betrachtung der Gestaltung von Handlungsumwelten. Das spielt sowohl in der Entwicklung von KI als auch in der Ambient Intelligence, die autonome Systeme in die Umwelt integrieren möchte (z.b. in Smart Homes), eine Rolle Soziale Interaktion mit Robotik? In der Sozialpsychologie und Soziologie gibt es eine theoretische Auseinandersetzung zur Frage, ob man tatsächlich von sozialer Interaktion sprechen kann, wenn Menschen mit Robotern interagieren. Informatiker nennen den Austausch zwischen Menschen und Embodied Conversational Agents Interaktion, in der Soziologie ist nur eine Face-to-face- Kommunikation von Menschen eine Interaktion (Krummheuer, 2011). Krummheuer zeigt auf, dass die Kommunikation mit Agenten nicht allen Anforderungen menschlicher Interaktion entsprechen. Es fehlt die Indexikalität menschlicher Handlungen, «d.h. dass ihre Bedeutung je nach Situation variiert, sowie ihre Reflexivität, die sich darauf bezieht, dass Kontext und Handlung sich wechselsei-

86 60 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung tig Sinn zuschreiben» (Krummheuer, 2011, S. 34). Künstliche Intelligenz agiert auf der Grundlage eines Planungsmodells, d.h., Handlungen geht der Sinn bereits voraus. Dieser passt aber nicht immer mit dem situativen Interpretationen der Nutzer zusammen, was zu Missverständnissen und Kommunikationsproblemen führt. Sie schlägt deshalb den Begriff «hybride Austauschprozesse» (S. 35) vor. Hybride Austauschprozesse sind «wechselseitige, technisch vermittelte Koordination von Aktivitäten zwischen zwei Welten und zwei Wesen, die sich selbst, ihr Gegenüber und ihre jeweiligen Aktivitäten andersartig behandeln». Sie sind nur manchmal auch «künstliche Interaktion» (Braun-Thürmann, 2002, S. 15, zitiert nach Krummheuer, 2011). Der Erfolg hängt von der Anpassungsleistung des Nutzers ab. Würde man den Begriff Interaktion anwenden, könne das falsche Erwartungen beim Nutzer wecken. Gutmann (2011) diskutiert den Begriff parasozial und stellt die Fragen: Wann ist Interaktion mit Technik parasozial und ist parasoziale Interaktion eine eigenständige Form der Interaktion und eine «Degeneration sozialer Interaktion»? (Gutmann, 2011, S. 14) Solange die Kontrolle beim Menschen liege, sei die parasoziale Interaktion nicht pathologisch. Verliere der Mensch jedoch die Kontrolle, trete die parasoziale Beziehung an die Stelle autonomer sozialer Partizipation und geschehe in absoluter Missachtung der objektiven Realität, könne man sie als pathologisch betrachten. 23 Das wäre bei Menschen mit kognitiven Einschränkungen wie bei autistischen Kindern oder Menschen mit Demenz der Fall und führt deshalb zu ethischen Problemen. Humanoide soziale Roboter interagieren: mit Menschen durch künstliche Intelligenz, damit sie Menschen verstehen können und auf sie reagieren, anstelle von Menschen, als Menschen, indem sie sowohl das Erscheinungsbild als auch die Handlungen von Menschen nachahmen. 23 Originalzitat: «It is only, when the parasocial relationship becomes a substitute for autonomous social participation, when it proceeds in absolute defiance of objective reality, that it can be regarded as pathological.» (Horton, Wohl 1956, S. 223 zitiert in Gutmann, 2011).

87 Resultate der Ist-Analyse 61 Die Kommunikation mit HSR, als ob sie Menschen wären, stösst in der Sozialpsychologie und Soziologie auf Kritik, während der Einsatz als Medium, das Mensch-Mensch-Kommunikation vermittelt, eher akzeptiert wird: Wenn Roboter als Medium fungieren, treten sie als Ersatz für einen Menschen ein, d.h., es lag bereits eine soziale Beziehung vor, die durch den Roboter oder PC vermittelt wird. Das ist etwas anderes, als wenn sie agieren, als ob sie Menschen wären. «Gutmann... äussert sich skeptisch gegenüber Ansprüchen, intelligente Artefakte etablieren zu wollen, bei denen Technik nicht mehr technisches Mittel wäre» (Böhle, 2011). Der vorrangige Grund für soziale Interaktion sei nach Fijda (2005) das Erleben von Emotionen, die dazu diene, einen Sinn für Kohärenz mit anderen zu erfahren (zitiert in Kirby, Forlizzi & Simmons, 2010). Es ist unklar, ob diese sozioemotionale Dimension der Mensch-Mensch-Beziehung durch Roboter erfüllt werden kann. Vermutlich werden sie aufgrund ihrer «mechanischen Natur» nicht zu echtem bedeutungsvollem Austausch in der Lage sein (Dautenhahn, 2007). Die Mensch-Roboter-Interaktion geschieht, nach Zhao (2006), über verbale und nonverbale Sprache, Relationalität (interpersonale Beziehungsdefinitionen) und Normativität (Beachten sozialer Regeln), wodurch ein Kommunikationskontext geschaffen wird, indem sich HSR mit Menschen bedeutungsvoll austauschen können. Allerdings gibt es entscheidende Unterschiede zur Mensch-Mensch-Interaktion: Interpretative Asymmetrie: Nur der Mensch versteht und erfasst die Bedeutung. Domänenbegrenzung: Der Inhalt ist auf Domänen begrenzt, die der Roboter kennt. Non-indexikale Kommunikation: Roboter können die Bedeutung nicht aus dem Kontext entnehmen, die Kommunikation ist deshalb auf die wörtliche Bedeutung begrenzt. Im Gegensatz dazu erfassen Menschen Bedeutungen situativ aus dem Kontext. Mensch-Roboter-Interaktion liegt deshalb an der Grenze zwischen Mensch- Mensch- und Mensch-Maschinen-Interaktion.

88 62 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Dautenhahn (2007) bemerkt ebenfalls kritisch zum Einsatz von HSR: Wir behandeln Roboter wie Menschen, wissen aber zugleich, dass sie keine sind: «Do we really want to bond with computers?» Es gibt ein kognitives Limit von etwa 150 individuellen, realen Beziehungen für die Bindungsfähigkeit in sozialen Netzwerken. Wir müssen Energie einsetzen, um familiäre und freundschaftliche Bindungen aufrechtzuerhalten (emotionaler, psychologischer und physiologischer Einsatz). Von Menschen und Haustieren bekommen wir dafür sehr viel zurück (emotionale Unterstützung, Liebe und Kameradschaft), das bildet den Kern unserer menschlichen Kultur. Für Kontakte zu Robotern muss man ebenfalls Energie aufwenden. Aber was bekommt man zurück? Kann man mechanische Antworten (z.b. Lächeln eines Roboters etc.) ebenso wertschätzen wie biologische (z.b. Lächeln eines Kindes)? Das kann auch vom Kontext abhängen (Kind alleine im Krankenhaus, Senioren im Altersheim) und von der Kultur (vgl. Japan). Ist es ethisch korrekt, Roboter zu bauen, mit denen Menschen, die keine andere Wahl haben (demente Personen, Kinder), Bindungen eingehen? Zhao (2006) stellt fest, dass die Soziologie sich bisher relativ wenig mit dem Thema HSR auseinandergesetzt hat und man bisher nicht viel über die Auswirkungen auf die Interaktionen von Menschen und HSR und die Auswirkungen auf die Gesellschaft weiss. Er sieht es als dringend geboten an, dass das Thema intensiv erforscht wird, da die Verbreitung HSR in der Gesellschaft zu einer «wichtigen sozialen Transformation führen könne, die eventuell die Gesellschaft ebenso neu definieren würde wie das Individuum» Kinder und ältere Menschen als sensible Zielgruppen Roboter, die im direkten Kontakt zu Menschen stehen, gehören zur Anwendung mit den höchsten Bedenken (siehe 4.2.1). Es fällt auf, dass sie zugleich vor allem für die Bevölkerungsgruppen in der Gesellschaft entwickelt werden, die am verletzlichsten sind und am wenigsten selbst über ihre Belange entscheiden können: Kinder, Kinder mit Autismus und ältere Menschen mit Demenz. Solange die Roboter dem Caretaker-Paradigma (siehe 4.5.1) entsprechen, werden sie als harmlos eingestuft, da keine direkten Sicherheitsrisiken mit ihnen verbunden sind. Dennoch werden einige Bedenken geäussert, wenn es z.b. um den Ersatz von Tieren durch Robotertiere geht und den zunehmenden Verlust von direkten Kontakten mit der Natur. Die Folgen für die Entwicklung der Kinder sind noch nicht bekannt. Melson (2010) weist z.b. darauf hin, dass die moralische Entwicklung der Kinder durch den intensiven Kontakt mit Robotern beeinflusst werden

89 Resultate der Ist-Analyse 63 könnte, da sie nicht direkt erfahren, was ihre Handlungen für Auswirkungen auf lebende Wesen haben. Mit dem Einsatz von Robotik bei dementen Personen sind vor allem ethische Fragen verbunden, die die Autonomie, Würde und das Wohlbefinden der Menschen betreffen. Mit der Entwicklung von Robotern wie Roboter-Nannys oder Assistenzrobotern für ältere Menschen wird das Caretaker-Paradigma verlassen und das Gefährdungspotenzial, z.b. durch Fehlhandlungen des Roboters oder mangelnde Aufsicht, nimmt enorm zu. Es gibt deshalb eine breite Diskussion, besonders zu Roboter-Nannys, die weiter unten beschrieben wird. Im Folgenden werden einige Aussagen aus der Literatur zu sozialen Robotern bei Kindern und älteren Menschen zusammengefasst. Robotertiere und Kinder Kinder unterscheiden in einigen Zuschreibungen und Reaktionen zwischen Stofftier und Roboterhund. Es bleibt aber unklar, warum sie dies tun. Sie scheinen sich bewusst zu sein, dass der Roboter kein Lebewesen ist, obwohl er einige lebendige Merkmale aufweist (Kahn, 2006). Vorhandene Begriffe sind nicht dazu geeignet, Roboter zu kategorisieren. Fragen wie lebendig/nicht lebendig können deshalb nicht eindeutig beantwortet werden (Kahn, 2006). Möglicherweise entsteht aus dem Leben mit Robotern eine neue ontologische Kategorie, die zwischen lebendig/nicht lebendig liegt. («He is alive for a robot», Äusserung eines Kindes) (Melson et al., 2009). Beispiele: Roboter müssen sozial-autonom sein (also auch aktiv), sich an die spezielle Umwelt und Personen anpassen und personifiziert sein, damit sie als Sozialpartner (annähernd) das Niveau von lebenden Haustieren erreichen (Melson et al., 2009). Schweizer Kindergartenkinder bevorzugen lebende Hunde (Ribi FN, 2004). Es wird ein Zusammenhang zwischen dem Umgang mit AIBO und kulturellen Gewohnheiten vermutet (Hunde sind vertraut, tierähnliche Roboter noch unbekannt).

90 64 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Als Ersatz für Hippotherapie wird ein Simulator eingesetzt, der die Bewegungen des Pferdes nachahmt. Das Gerät soll bei Kindern eingesetzt werden, die keine Hippotherapie machen können (z.b. wegen Ängsten, Allergien etc.) (Herrero et al., 2010). The Huggable, ein Teddybär, soll Pflegekräften, Eltern und Therapeuten ermöglichen, mit dem Kind zu kommunizieren und zu interagieren, Verhalten zu beobachten, Daten zu sammeln und ausserdem für das Kind ein Begleiter sein (Stiehl et al., 2009). Eine Anwendungsmöglichkeit wären z.b. Kinder im Krankenhaus. Empfehlungen aus der Literatur Information und Schulung: Robotererziehung für Eltern und Kinder anbieten, damit sie die Grenzen der Roboter verstehen und die Unterschiede zum Umgang mit Lebewesen (Melson, 2010). Entwicklung und Forschung: o Kinder und Eltern sollten an der Entwicklung und dem Design beteiligt werden (Melson, 2010). o Einfluss sozialer Trends auf die soziale (u.a. moralische) Entwicklung der Kinder sollte untersucht werden (Melson, 2010). o Es sollte untersucht werden, wie sich der mangelnde Kontakt zur Natur bei Kindern auswirkt (Melson, 2010). o Studien zum Vergleich robotic animals und robotic humanoids, um herauszufinden, was Kinder angenehmer finden (Kahn, 2006). o Studien zum Verhalten und Denken der Kinder untersuchen im Vergleich Robotertier, lebendes Tier (Kahn, 2006). Roboter und Kinder mit Autismus Kinder mit Autismus haben Schwierigkeiten, soziale Signale wie Mimik, Stimme, Gestik etc. zu erkennen und zu deuten. Sie interessieren sich meist für Objekte, die sich bewegen und die sich voraussehbar verhalten. Roboterpuppen kommen ihnen deshalb entgegen. Sie zeigen im Vergleich zu Menschen reduzierte und stereotype Ausdrucksformen, die vom Kind verstanden werden können. Sie werden deshalb in der Therapie eingesetzt, mit der Hoffnung, dass die Kinder das Gelernte auf Situationen mit Menschen übertragen und durch Nachahmung lernen (z.b. Robota, Kaspar) (Nejat et al., 2009; Dautenhahn, 2007). Andere Geräte

91 Resultate der Ist-Analyse 65 üben systematisch das Erkennen von Gesichtsausdrücken. Als Ziele werden Einsparung von Therapiekosten angegeben, zusätzliche Übung zu Hause und mit anderen Bezugspersonen (Robins & Te Boekhorst, 2005). Studienergebnisse Erste Studien zeigen, dass die Roboterpuppen autistische Kinder und Jugendliche dazu anregen, Kontakt zu anderen Personen aufzunehmen, z.b. um auf die Puppe hinzuweisen (Costa et al., 2009; Welch et al., 2010; Robins & Te Boekhorst, 2005). Ob dauerhaft soziale Kompetenzen erworben werden, ist noch zu untersuchen (Robins & Te Boekhorst, 2005). Roboter brauchen noch mehr Flexibilität, um auf verschiedene Situationen und Reaktionen eingehen und sich an das Kind anpassen zu können. Wechselseitige Interaktion fehlt noch, Sprache der Roboter ist noch nicht flüssig genug (Welch et al., 2010). Roboter, die Mimik zeigen wie FACE, können ausser zur Therapie von autistischen Kindern z.b. in der plastischen Chirurgie zur Operationsvorbereitung, Sprachtherapie, als neues Kommunikationsmedium für Gehörlose eingesetzt werden (Pioggia et al., 2005). Es fehlen noch Studien zur Anwendung der Roboter in natürlichen Umgebungen (Butter et al., 2008; Nejat et al., 2009). Roboter als Nannies für Kinder Roboter-Nannys können dem Begleiter-Paradigma zugeordnet werden. Sie dienen der Unterhaltung des Kindes und sollen gleichzeitig eine Überwachung ermöglichen. Sharkey und Sharkey (2010) rechnen mit dem Einsatz in den nächsten fünf bis 15 Jahren. Auf dem Markt gibt es bereits Hello Kitty Robot 24 und Kibot. Beispiele: Kibot kann Englisch lehren, Bücher lesen, Lieder singen, Onlinespiele spielen, sich im Kreis drehen und einzelne Sätze sprechen. Per Video- 24

92 66 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung telefon können die Eltern mit dem Kind sprechen und es per Kamera aus der Ferne überwachen. Das Gerät wurde von einem Mobilfunkanbieter entwickelt und kostet 400 Franken plus die monatliche Rechnung für eine WLAN-Verbindung. Es soll für drei- bis sechsjährige Kinder genutzt werden. 25 Weitere Prototypen gibt es von PaPeRo Personal Partner Robot 26 und Tsmuk Robot 27. Der Teddybär The Huggable ist eine Mischung aus Telepräsenzroboter und Robotertier. Sharkey und Sharkey (2010) rechnen mit einem «dramatischen» Anstieg in der Nutzung und warnen vor Risiken bei der unbeaufsichtigten und zeitlich umfangreichen Anwendung bei Kindern unter fünf Jahren (Entwicklungsstörungen, Bindungsstörungen, Risiko für physische Schäden, wenn die Eltern zu weit entfernt sind). Sie empfehlen internationale, gesetzliche Reglungen für Roboter-Kind- Interaktionen. In einem Themenheft setzen sich einige Autoren mit dem Artikel von Sharkey und Sharkey (2010) auseinander. Im Folgenden werden daraus einige Kommentare und Empfehlungen zusammengefasst. Kommentare zu Roboter-Nannys aus der Literatur Roboter können nicht als (emotionaler) Ersatz für menschliche Betreuung und Pflege eingesetzt werden (Movellan 2010; Petters et al., 2010; Torras 2010; Marti, 2010a), auch nicht kurzfristig (Zoll & Spielhagen, 2010b) wegen drohender Bindungs- und Entwicklungsstörungen. Aus Sicht der Neurobiologie sind Beeinträchtigungen der Sozialisation und Hirnentwicklung zu befürchten «Homo technicus» (Kubinyi & Miklosi, 2010). Häufige Argumente für Roboter-Nannys: Sie seien besser als gar keine Betreuung, z.b. bei Schlüsselkindern (Ruiz-del-Solar, 2010b), Heimerziehung oder Vernachlässigung Zugriff Zugriff Zugriff

93 Resultate der Ist-Analyse 67 In absehbarer Zukunft werden Roboter nicht dazu in der Lage sein, menschliche Aufsicht und Betreuung zu ersetzen (Feil-Seifer & Matarić, 2010; Castellano, 2010), vielleicht sogar nie (Broek, 2010). Roboter-Nannys als Ergänzung zu menschlicher Betreuung und Bildung sollten das Kind um Anregungen bereichern. Sie können ein ausdauernder Lern- und Spielpartner sein, z.b. Childcare Robots: Das Kind unterrichtet den Roboter (Tanaka & Kimura, 2010). Eher wenig Bedenken äussern Belpaeme & Morse (2010): Am Anfang gäbe es immer Risiken bei der Einführung einer neuen Technologie, aber die Menschen passten sich an. Empfehlungen zu Roboter-Nannys aus der Literatur Die Autoren geben verschiedene Empfehlungen zur Regulation des Einsatzes von Roboter-Nannys, zur weiteren Forschung und Entwicklung und zur Information und Aufklärung der Nutzenden. Empfehlungen zur Regulation: Es sollten Designrichtlinien erlassen werden (Sabanovic, 2010). Richtlinien für ethisch angemessenes und sicheres Verhalten des Roboters sollten entwickelt werden (Castellano, 2010). Richtlinien sollte man frühzeitig entwickeln, bevor es eine Massentechnologie wird. Sie könnten analog des Nanny Code of ethics sein (Sharkey & Sharkey, 2010). Man sollte Benchmarks für Roboter-Nannys entwickeln (van den Broek 2010). Gesetze zur Sicherung der Privatsphäre und Nutzung von Daten müssen erlassen werden (Ruiz-del-Solar, 2010b). Die Zulassung sollte von Forschungsergebnissen zu positiven und negativen Auswirkungen auf emotionales, kognitives und körperliches Wohlbefinden der Kinder abhängig gemacht werden (Zoll & Spielhagen, 2010b). Roboter sollten besser zur Entlastung der Eltern bei anderen Aktivitäten eingesetzt werden, damit Eltern u.a. Bezugspersonen Zeit für Kinder haben (Mercer, 2010).

94 68 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Empfehlungen zur Entwicklung und Forschung: Demokratische Technikentwicklung im Gegensatz zu autoritärer Technikentwicklung (Sabanovic, 2010), d.h., spätere Nutzer und andere Stakeholder sollten bereits während der Entwicklung einbezogen werden. Uneinigkeit gibt es bei den Altersgrenzen: Unbedenklichkeit wird ab 12 Monaten (Movellan, 2010; Takana, 2010) oder fünf Jahren gesehen (Sharkey & Sharkey, 2010; Ruiz-del-Solar, 2010a). Forschung ist nötig, um die Eignung in Verbindung mit den sensiblen und kritischen Phasen der Kindesentwicklung zu setzen (Sharkey & Sharkey, 2010). Forschung wird ausserdem empfohlen zu positiven und negativen Auswirkungen auf emotionales, kognitives und körperliches Wohlbefinden der Kinder (Zoll & Spielhagen, 2010a), zu psychologischen Auswirkungen (Whithby, 2010), zu Veränderungen bei den «Digital Natives» z.b. in Bezug auf Freundschaft (Marti, 2010b). Forscher haben die Verantwortung, Eltern, Politiker und Unternehmen darin zu unterstützen, dass sie die Auswirkungen auf das menschliche Leben verstehen (Bryson, 2010a; Torras, 2010; Sharkey & Sharkey, 2010). Das kann besser durch Science Fiction als durch wissenschaftliche Artikel geschehen (Torras, 2010). Sie sollen ausserdem von ihnen und den Nutzern lernen (Sharkey & Sharkey, 2010). Kinder und Jugendliche sind in Entwicklung und Design einzubeziehen (Marti, 2010b). Empfehlungen zur Information, Aufklärung und Schulung: Aufklärung und Diskussion in Medien, Bilden der Öffentlichkeit (Bryson, 2010b; Torras 2010), um Richtlinien zu entwickeln (Sharkey & Sharkey, 2010b). Informationen für Nutzende (über Altersangaben, Risikohinweise, Nutzungsanleitungen, die abgespielt werden, wenn man den Roboter einschaltet) (Ruiz-del-Solar, 2010b). Schulungskurse für Eltern (Ruiz-del-Solar, 2010b; Castellano, 2010). Technologieumgang in Erziehung und Bildung integrieren, sowohl in formeller als auch informeller Bildung (Marti, 2010b). Robotertiere und ältere Menschen Haustiere wie Hunde oder Katzen haben sich als wirkungsvoll erwiesen, wenn es darum geht, Einsamkeit, Unruhe und Engagement in Altersheimen besonders bei

95 Resultate der Ist-Analyse 69 Bewohnern mit Demenz positiv zu beeinflussen (Banks, Willoughby & Banks, 2008). Hunde regen die Heimbewohner an, auch in ihrer Abwesenheit mehr zu kommunizieren und ihre Erlebnisse auszutauschen. Echte Hunde können aus verschiedenen Gründen jedoch nicht allen Heimbewohnern angeboten werden, z.b. muss ihre Versorgung gewährleistet sein, das Tier darf nicht verletzt oder vernachlässigt werden, es kann Personen mit Allergien unter Bewohnern und Mitarbeitern geben. Als Alternative bietet man deshalb Bewohnern mit Demenz häufig Plüschtiere an oder neuerdings Robotertiere. Diese reagieren auf Ansprache und Streicheinheiten, indem sie sich auf die Person zubewegen, mit dem Schwanz wedeln und Laute von sich geben. Einige zeigen positive Reaktionen wie Freude und negative, z.b. wenn sie geschlagen werden. Es gab verschiedene Studien zum Einsatz von tierähnlichen Robotern wie eines Hundes (AIBO), einer Katze (NeCoRo, Tama Robot) oder einer Robbe (Paro). Auf dem japanischen Markt haben bzw. hatten sich die Robbe Paro und der AI- BO bereits etabliert. Sie sind bzw. waren zu relativ moderaten Preisen erhältlich ( Franken). Die Produktion von AIBO wurde allerdings inzwischen eingestellt. Studien vergleichen entweder den Einsatz des Roboters mit dem Einsatz von Plüschtieren oder lebenden Tieren oder mit einer Kontrollgruppe ohne ein Tier. Die Studien beruhen meist auf kleinen Teilnehmerzahlen und vergleichen nicht immer einwandfrei ähnliche Bedingungen. Sie werden z.t. mit dementen Personen durchgeführt, ihre Ergebnisse beruhen auf Fremdeinschätzungen durch die Untersucher, was eine objektive Beurteilung beeinträchtigen kann. Beispiele: Das Canadian Nursing Home Magazin 28 berichtet 2005 von einem Vergleich zwischen der Roboterkatze NeCoRO und einer Plüschkatze als «animal companion» bei neun Frauen mit Demenz in einer Pflegeeinrichtung. Plüschkatze und Roboterkatze sind weich anzufassen, die Plüschkatze ist jedoch weicher. Die Roboterkatze bewegt Beine und Schwanz, kann aber nicht laufen. Sie gibt 45 verschiedene katzenähnliche Geräusche von sich. Sie lernt, auf einen Namen zu hören und reagiert positiv oder auch wütend, je nach Interaktion der Menschen. Ergebnisse: Die Unruhe der Testpersonen wurde durch die Plüschkatze signifikant ver- 28

96 70 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung ringert, die Roboterkatze wirkte geringer auf die Unruhe ein. Bei Interesse, Vergnügen und Engagement konnten die Forscher keinen signifikanten Unterschied zwischen der Plüschkatze und der Roboterkatze finden. Jedoch war die Intensität der Manipulation bei der Roboterkatze höher als bei der Plüschkatze. Allerdings hielten die Roboterkatze nur 22 Prozent der Teilnehmer auf dem Arm, während es bei der Plüschkatze 78 Prozent waren. Personen mit einer höheren kognitiven Kompetenz manipulierten die Roboterkatze länger als Personen mit einer stärkeren Beeinträchtigung. Die Ergebnisse sind aufgrund der geringen Teilnehmerzahl nur in Grenzen aussagekräftig. Sie deuten darauf hin, dass in Abhängigkeit von der kognitiven Beeinträchtigung die Roboterkatze zwar angenommen, aber zu gleich guten oder sogar weniger guten Ergebnissen führt als eine Plüschkatze. Es ist gut möglich, dass dabei haptische Gründe eine Rolle spielen. Die Plüschkatze war weicher und liess sich vermutlich besser auf den Arm nehmen. Möglicherweise ist das bei Personen mit schweren kognitiven Beeinträchtigungen wichtiger als die Reaktionen, die die Roboterkatze bietet. Paro reagiert auf Berührung, Geräusche, Blick und Temperatur (Nejat et al., 2009). Der regelmässige Kontakt zeigte in verschiedenen Studien positive Auswirkungen auf die Stimmung der dementen Bewohner: Kontakt mit dem Roboter reduzierte die Abhängigkeit von den Pflegekräften und deren Burnout-Werte (Wada, 2006; Hamada et al., 2006; Wada & Shibata, 2007a, 2007b; Wada, Shibata & Kawaguchi, 2009). Die Wirkung von AIBO auf das Erleben von Einsamkeit wurde in einem Altersheim verglichen mit der Wirkung eines Hundes (Banks et al., 2008). Beide Gruppen erlebten in der Versuchszeit weniger Einsamkeit als die Kontrollgruppe ohne ein Tier. Die Gruppe mit dem Hund gab noch etwas weniger Einsamkeitsgefühle an als die Gruppe mit AIBO, jedoch war der Unterschied nicht signifikant (n=13 bzw. 12). Die Bindung zum Hund war stärker als zu AIBO. Um das Wohlergehen und die Rechte von AIBO äusserten die Testpersonen weniger Sorge als in Bezug auf den Hund. Es wurde kein Zusammenhang gefunden zwischen der Stärke der Beziehung und dem Empfinden von Einsamkeit. Das könnte möglichweise dadurch erklärt werden, dass Ablenkung eine Rolle spielte und weniger die Qualität der Interaktion (eigene Interpretation).

97 Resultate der Ist-Analyse 71 Empfehlungen aus der Literatur In der Zukunft sind Langzeitstudien notwendig, die das Potenzial der Roboter evaluieren, die Tiere ersetzen sollen (Nejat et al., 2009). Die Autoren empfehlen, dass darauf geachtet wird, dass die Teilnehmergruppen ausreichend gross sind und Vergleiche mit Plüschtieren, lebenden Tieren und Kontrollgruppen angestellt werden Nutzergruppen und ihre Akzeptanz In der Literatur wurden vor allem Aussagen zur Akzeptanz von Eltern und älteren Menschen gefunden. Eltern: Nach Meinung von Tanaka und Kamura (2010) kann die Akzeptanz von Roboter-Nannys in Japan schnell in Ablehnung umschlagen, wenn negative Folgen publik werden. Bei einer Befragung in Japan gaben die Befragten zwei Aktivitäten an, die sie auf jeden Fall selbst ausführen wollen: Kochen und die Versorgung und Betreuung ihrer Kinder (Lau et al., 2009). Ältere Menschen: In den Studien wird meistens Akzeptanz nicht direkt durch Befragung der älteren Nutzenden erhoben, sondern indirekt durch Beobachtung. Die Studiendesigns und ihre ethischen Grundlagen müssten deshalb einer kritischen Prüfung unterzogen werden Marktbeurteilung und Ausblick Sozial-interaktive Roboter stehen, wie es der Name schon sagt, in einer direkten sozialen Interaktion mit dem Menschen. Soziologen, Informatiker, Ingenieure und Kommunikationsexperten haben unterschiedliche Auffassungen, wie diese Interaktivität konkret zu bezeichnen sei, für wen sie geeignet ist und welche Auswirkungen sich aus der Interaktion für den Menschen ergeben. Etliche Empfehlungen für Weisungen, Gesetzgebungen, Altersbeschränkungen, weitere Forschungsfelder etc. können der Literatur entnommen werden. Im Bereich der humanoiden respektive androiden Roboter werden Roboter entwickelt, welche der bereits angesprochenen Königsdisziplin der Robotik zugeordnet werden können. Dieser Bereich wird mit grossem Aufwand erforscht,

98 72 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung was z.b. auch die Forschungsanstrengungen von Sony (Roboter Asimo) oder die weltweit über 100 grossen Forschungsprojekte im Bereich androide Roboter beweisen. 29 Marktfähige humanoide Roboter im Stile eines Asimo, welche im sozialen Bereich eingesetzt werden können, sind allerdings in den nächsten Jahren nicht zu erwarten. Laut Butter et al. (2008) ist mit autonomen interaktiven Systemen ab etwa 2018 zu rechnen: In der Roadmap dieses Final Reports erstreckt sich die Entwicklungsphase für «Genuine interactive Systems» (weitgehend menschenähnliche Interaktion eines Roboters) bis etwa Das bis dahin aber wirklich brauchbare humanoide Roboter entwickelt sein werden, ist aus der Studie nicht ersichtlich und vom heutigen Standpunkt aus auch kaum vorauszusagen (siehe Kapitel 4.2). Neue Ansätze verspricht das EU-Flagship-Projekt Robot Companions for Citizens (RCC). Sollte das langfristige, europaweite Projekt bewilligt werden, könnten möglicherweise technische Durchbrüche zu einem Fortschritt in der Servicerobotik führen. 30 Robotertiere erfreuen sich insbesondere in Asien bereits einer grossen Verbreitung. In den kulturell anders geprägten westlichen Staaten ist die Akzeptanz tiefer. Da diese Art von Roboter häufig bei Kindern und alten und dementen Personen eingesetzt werden, stellen sich viele ungeklärte ethische Fragen. Zusätzlich ist der Einfluss auf die Entwicklung von Kindern durch den Kontakt mit Robotertieren noch nicht klar erforscht. Aufgrund der z.t. relativ einfachen Geräte und der breiten Anwendungsmöglichkeiten sehen Butter et al. (2008) sozialinteraktive Roboter als einen der verheissungsvollsten Märkte für Robotik an. Belpaeme und Morse (2010) merken an, dass der Markt insbesondere von der Spielzeugindustrie getrieben wird. Roboter-Nannys können Kinder sowohl unterhalten, zum Lernen anregen wie auch überwachen. Erste Produkte sind auf dem Markt. Eine weitere Verbreitung des Einsatzes solcher Roboter wird erst in den nächsten 5 bis 15 Jahren erwartet (Sharkey & Sharkey, 2010). In diesem Bereich stellen sich ähnliche ethische Fragen wie bei den anderen sozial-interaktiven Robotern. Ferner sind Sicherheitsbedenken mit den Geräten verbunden und Befürchtungen, dass langfristig Entwicklungsstörungen aus dem Gebrauch resultieren Vgl.

99 Resultate der Ist-Analyse Resumee: Grosse Gerätevielfalt und zunehmende Interaktivität von Mensch und Maschine Die Vielfalt der Systeme im Bereich Robotik ist sehr gross: Sie reicht von einfachen Assistenzrobotern und Hilfsmitteln, die schon auf dem Markt vertreten sind, bis hin zu (halb-)autonomen Geräten, die in Interaktion mit Menschen treten können. Viele Produkte gibt es als Prototypen oder sie befinden sich noch in der Entwicklung, die Erkenntnisse über ihren Alltagseinsatz sind noch gering. Die Zusammenfassung der verschiedenen Geräte zu übergeordneten Gruppen anhand der Funktionen ist eine Möglichkeit, die grosse Vielfalt zu reduzieren. Dennoch gibt es innerhalb der Gruppen Unterschiede hinsichtlich der Komplexität, Finanzierung etc. Manchmal ist keine klare Abgrenzung zu vollziehen, da Geräte mehrere Funktionen erfüllen. In vielen Anwendungsbereichen fehlen noch Erkenntnisse über den tatsächlichen Nutzen, über Kosten in der Langzeitanwendung und positive und negative Folgen für Akteure und Gesellschaft. Es besteht deshalb besonderer Forschungsbedarf in nicht technischen Bereichen (z.b. Health Technology Assessment, Soziologie, Sozialpsychologie, Ethik, Recht, Wirtschaft), damit Entscheidungsträger fundierte Entscheidungen treffen können. Die folgende Tabelle 2 gibt eine Übersicht über den Ist-Stand der verschiedenen Gerätegruppen.

100 74 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Tabelle 2: Übersicht über den Ist-Stand verschiedener Gerätegruppen Gerätegruppen Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit Telepräsenz und Assistenzroboter Sozial-interaktive Roboter Anwendungsgebiet Trainingsgeräte für Reha im Spital oder zu Hause, Hilfsmittel für Mobilität und Alltagshandlungen, intelligente Prothesen Telepräsenz, Pflegeassistenz, persönliche Assistenz Therapie Betreuung Lernen, Unterhaltung und Begleitung Akteure in der Entwicklung Universitäten, Institute für Rehaforschung, Hersteller, Spitäler Universitäten, Forschungsinstitute, Hersteller KI-Forschung, Mensch-Roboter- Interaktion, Mechatronik Nutzer Menschen mit Körperbehinderungen, Therapeuten Professionelle (Therapeuten, etc.) und nicht professionelle Nutzer (Patienten) Kinder und ältere Menschen als sensible Zielgruppen Akzeptanzbedingungen Wirksamkeit, Kosten- Nutzen-Verhältnis, Funktionalität, Praktikabilität, keine Stigmatisierung (Hilfsmittel, Prothesen) Nutzen, Sicherheit, Praktikabilität, Status, ansprechendes Design, Privatsphäre, Datenschutz, soziale Kontakte ermöglichen und ergänzen, nicht ersetzen Oft keine Befragung möglich, Beurteilung durch Beobachtung, z.t. kein informiertes Einverständnis Einteilung nach Bedenken Gering Mittel Hoch 31 der Akteure «Interaktion» Mensch Maschine Interaktion spielt keine Rolle Direkter Einfluss auf die soziale Interaktion von Menschen, dienen als Medium für Interaktion, können diese ergänzen oder ersetzen Simulieren Inter-- aktion mit Menschen und reagieren autonom auf unbekannte Situationen 31 In Anlehnung an Butter et al., 2008.

101 Resultate der Ist-Analyse 75 Marktbeurteilung Erste Produkte im Handel (Reha, Prothesen), Evidenz z.t. gering, Kosten-Nutzen-Verhältnis unklar, Hilfsmittel/Prothesen geringer Bedarf, deshalb hohe Kosten Telepräsenzgeräte erhältlich, wenig genutzt, Assistenzgeräte kaum auf dem Markt, potenziell grosse Nachfrage für Pflegeassistenz Humanoide Roboter mittelfristig nicht zu erwarten, Robotertiere in Japan verbreitet (z.t. wegen hoher Kosten wieder vom Markt), erste Roboter-Nannys auf dem Markt, voraussichtliche Verbreitung in den nächsten 5 15 Jahren 4.7 Einflussfaktoren auf die Anwendung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Neben dem Ist-Stand der Geräte wurde in der Literaturrecherche auch nach Einflussfaktoren gesucht, die die Verbreitung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung beeinflussen. Die Einführung von Robotik im Gesundheitswesen hängt nicht nur von den technischen Möglichkeiten der neuen Systeme ab, sondern von verschiedenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren. Die Einflussfaktoren für die Anwendung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung sind vor allem auf vier Ebenen zu betrachten, die miteinander in Wechselwirkung stehen: kultureller Hintergrund, soziale und gesellschaftliche Aspekte, rechtliche und ethische Aspekte und individuelle, psychologische Aspekte. Diese Aspekte werden in den folgenden Abschnitten ausgeführt.

102 76 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Kultureller Hintergrund In Japan werden neue Entwicklungen im Bereich der Robotik von der Bevölkerung interessiert und begeistert aufgenommen und im Alltag angewendet. Das kann zum einen erklärt werden durch eine lange Tradition von Geschichten, die positiv von künstlichen Dienern für Menschen berichten. Diese Geschichten setzen sich bis in die modernen Manga-Comics fort. Roboter nehmen positive Rollen ein, sie erweitern die Möglichkeiten des Menschen und sind ihm zu Diensten (Lau & van Est, 2009). Zum anderen haben japanische Religionen und Philosophien wie Buddhismus und Shintoismus einen Einfluss auf die Einstellung zu Robotern. Japaner glauben, dass alles eine Seele hat und eine Verkörperung des Göttlichen sein kann: Menschen, Tiere, Pflanzen, Steine und eben auch Roboter werden als beseelt angesehen (Lau & van Est, 2009). Ein weiterer Aspekt ist das Prinzip des «kawaii». Es bedeutet, dass etwas hübsch und niedlich gestaltet wird und auf das Design von Robotern angewendet wird, die dadurch harmlos und anziehend wirken (Lau & van Est, 2009). Europäer haben eine wesentlich kritischere Einstellung gegenüber Robotern. Künstlich erschaffene Wesen oder Geister, die den Menschen bedrohen oder ärgern, sind in vielen älteren und modernen Geschichten zu finden, z.b. Heinzelmännchen, Kobolde, Frankensteins Monster, der Zauberlehrling. Die Kontrolle über diese Maschinen oder Wesen zu verlieren, scheint eine kulturell verankerte Angst zu sein, die auch die moderne Science Fiction dominiert. Auch in der westlichen Kultur spielen Religion und Philosophie eine Rolle. Im Christentum wird unterschieden zwischen lebendig und nicht lebendig, zwischen dem Menschen, der eine Vormachtstellung einnimmt, und anderen Kreaturen. Nur der Mensch hat demnach eine Seele, während Tiere, Pflanzen und Objekte keine Seele haben (Lau & van Est, 2009). Verniedlichende Gegenstände werden in westlichen Kulturen von Erwachsenen nicht akzeptiert, man betrachtet sie als Kinderspielzeug und ist deshalb von dieser Art des Designs nicht zu überzeugen. Möglicherweise könnten aber Erkenntnisse aus der Anwendung von Robotik in der Rehabilitation übertragen werden. Dort hat sich gezeigt, dass die Kombination mit unterhaltenden und spielerischen Elementen die Patienten anspricht und zu intensiver Übung motiviert.

103 Resultate der Ist-Analyse Soziale und gesellschaftliche Aspekte Soziale und gesellschaftliche Aspekte haben Einfluss auf die Einführung neuer Technologien. Sie können verschiedene Ebenen betreffen, z.b. die Mikroebene zwischenmenschlicher Beziehungen, die Ebene sozialer Rollen und Bilder, die Arbeitsmarktsituation und Verteilung von Macht und Möglichkeiten der Einflussnahme auf Entwicklungen. Als allgemeine Befürchtungen in Bezug auf Robotik nennen Connette et al. (2008): Abbau von Arbeitsplätzen, Verlust zwischenmenschlicher Beziehungen und Kontakte. Die Faktoren Arbeitsmarktsituation, Altersbilder sowie Technikentwicklung werden nachfolgend ausgeführt. Auswirkungen auf Arbeitsplätze Professionelle Nutzer spielen eine grosse Rolle für die Akzeptanz neuer Technologien. Da der Einsatz von Robotern in Europa (noch) nicht weit verbreitet ist, schätzen Butter et al. (2008), dass sich die Einführung und die Akzeptanz der neuen Techniken schwierig gestalten werden. Sie empfehlen, eine Erhöhung des Bekanntheitsgrades und die Einbeziehung der Stakeholder, um die Akzeptanz zu verbessern. Die Stakeholdergruppe des Gesundheitspersonals wird als besonders wichtig angesehen. Deren Akzeptanz gegenüber der neuen Technik hängt vor allem vom Nachweis der Effektivität ab. Sie unterstützt die Anwendung von Robotik, wenn sie von ihrem Nutzen überzeugt ist. Gleichzeitig sieht sie sich auch von Arbeitsplatzabbau bedroht. Diese Sorge wird vor allem in der Pflege formuliert. Realistischer scheint es jedoch, im Bereich der Pflege von einem Arbeitskräftemangel auszugehen. Eine Studie des Fraunhofer Institutes zur Servicerobotik (Hägele et al., 2011) kommt zu der Einschätzung, dass es sich bei Robotern zum Bewegen von Personen oder Bereitstellen von Pflegeutensilien nicht um eine hundertprozentige Automatisierungslösung, «sondern im Wesentlichen um eine Unterstützungsaufgabe» handelt (S. 104/S. 131). Das bedeutet, das weiterhin beim Transferieren und Transportieren von Personen und bei der Logistik von Material weiterhin Personal anwesend ist und nicht durch Roboter ersetzt wird. Bodenreinigung könnte für Spitalflure vollständig automatisiert wer-

104 78 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung den, jedoch wäre das teurer als manuelle Reinigung. (Diese Berechnung bezieht sich auf deutsche Verhältnisse). Ob es bei intensiver Nutzung von Telepräsenzrobotik und Automatisierung von Aufgaben dennoch zu Arbeitsplatzabbau kommen könnte, müsste weiter untersucht werden. Die Arbeitsbedingungen, Arbeitsabläufe und Aufgaben in der Pflege werden sich durch den Robotikeinsatz verändern. Neue Aufgaben und Prozesse können zu einer weiteren Belastung führen und die eigentlichen Pflegeaufgaben im Patientenkontakt beeinträchtigen. Auch der Bereich der Rehabilitationstherapie wird durch Robotikeinsatz weitere Veränderungen erfahren. Es könnte ebenfalls zu einem Arbeitsplatzabbau und veränderten Aufgaben für Physiotherapeuten und Ergotherapeuten führen. In der Literatur konnte kein Hinweis darauf gefunden werden, dass diese Berufsgruppen Roboter ablehnen, weil sie sie als Arbeitsplatzbedrohung ansehen. Deshalb wurde der Aspekt in die Akteursbefragungen aufgenommen. Arbeitskräftemangel In den kommenden Jahren ist mit einem wachsenden Arbeitskräftemangel besonders in der ärztlichen Versorgung und in der Pflege zu rechnen. In den westlichen Ländern, so auch in der Schweiz, löst man dieses Problem in der Regel durch Zuwanderung (respektive dem «Import» von Arbeitskräften aus dem Ausland). In Zukunft wird ausserdem der längere Verbleib in der Erwerbsarbeit eine Möglichkeit sein, dem Fachkräftemangel zu begegnen und die Rentenkassen zu entlasten. Unternehmen stellen sich bereits darauf ein, Arbeitsplätze so anzupassen, dass eine längere Berufsausübung erleichtert wird. Roboter könnten als eine Unterstützungsmöglichkeit gesehen werden, nicht nur für Pflegekräfte, sondern auch für andere Personen in der Erwerbsarbeit. Robotik könnte hier unterstützen z.b. indem Prozesse erleichtert werden, die Kraft, Geschwindigkeit und Ausdauer erfordern (Meier, 2008; Mohr & Otto, 2005). Arbeitsplätze könnten dadurch an Attraktivität gewinnen. Altersbilder «Altersbilder sind individuelle und gesellschaftliche Vorstellungen vom Alter (Zustand des Altseins), vom Altern (Prozess des Älterwerdens) oder von älteren

105 Resultate der Ist-Analyse 79 Menschen (als soziale Gruppe).» (Bundesministerium für Familie, 2010, S. 5). Altersbilder werden historisch und kulturell geprägt und sozial konstruiert. Gesellschaftlich und individuell existieren verschiedene Altersbilder gleichzeitig, die je nach Situation und Lebensbereich aktiviert werden. Dennoch herrschen in einer bestimmten Zeit und Gesellschaft kulturell prägende Altersbilder vor, die sich nur langsam verändern. Die Altersbilder beeinflussen, was älteren Menschen zugetraut und zugemutet wird und wie diese sich selbst sehen und gesehen werden wollen. «Altersbilder haben grossen Einfluss sowohl auf die Verwirklichung von Entwicklungsmöglichkeiten im Alter als auch auf den Umgang mit Grenzen im Alter» (Bundesministerium für Familie, 2010, S. 4). Altersbilder stehen mit Stigmatisierung und Diskriminierung in Verbindung und wirken sich auch auf die Akzeptanz von Produkten aus, die mit bestimmten Bildern assoziiert werden. Roux (1996) untersuchte in einer Nationalfondsstudie die Altersbilder in der Schweiz. Die Studie wurde allerdings bereits 1993 durchgeführt und kann nur begrenzt auf die heutige Situation angewandt werden. Sie unterliegt ausserdem «einer signifikanten Mittelschicht-Verzerrung» und kann «höchstens eine eingeschränkte Repräsentativität in Anspruch nehmen» (S. 9). Die Autoren unterscheiden sechs Altersbilder für 1993 in der Schweiz: Einsamkeit, Isolation und Abhängigkeit. Das Bild wird vor allem von jüngeren Befragten vertreten, aber auch von manchen älteren Personen geteilt. Konservativ und desorientiert, Gedächtnisprobleme. Diese Vorurteile werden eher von älteren Personen geteilt als von Jungen. Aktiv, entwickeln in der Pensionierung neue Aktivitäten, haben gerne Kontakt zu anderen Generationen. Das positive Bild wird von älteren Menschen stärker betont als von jüngeren. Geruhsames Alter. Dieses Bild besteht fort, wird aber durch das aktive Altersbild konkurrenziert. Ältere Befragte unterstützen es stärker als jüngere. Neben diesen vier vorherrschenden Altersbildern existieren zusätzlich die beiden Assoziationen alt bedeutet krank und alt bedeutet weise.

106 80 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Der sechste Altenbericht des deutschen Bundesministeriums für Familie (2010) zeichnet den beginnenden, aber auch erforderlichen Wandel der Altersbilder auf. So befindet sich in der Arbeitswelt das Altersbild aufgrund des Fachkräftemangels gerade im Umbruch. Die Kompetenzen älterer Menschen und ihre Erfahrungen werden wieder geschätzt. Über Verlängerungen der Lebensarbeitszeit bis hin zur Aufhebung eines festen Rentenalters werden verschiedene Möglichkeiten diskutiert. In der gesundheitlichen Versorgung ist es wichtig, dass die professionellen Kräfte ihre Altersbilder reflektieren und korrigieren, um angemessene Behandlungen anbieten zu können. Altersbilder haben wichtige Auswirkung auf ältere Menschen. Negative Altersbilder führen zu einer Schutzreaktion: «So besteht beispielsweise die klare Tendenz, die eigene Zugehörigkeit zur Kategorie alt» abzustreiten. (Moor, 2006, S. 16). Senioren bewerten in der Tendenz Gleichaltrige als weniger kompetent als sie sich selbst einschätzen. Dennoch wirken negative Stereotypen unbewusst und können als ein Krankheitsrisiko angesehen werden (Moor, 2006). Positive Altersbilder wirken sich hingegen auch positiv aus: Die Personen mit einem positivem Altersbild verhalten sich gesundheitsbewusster, nehmen Medikamente regelmässiger ein und leben durchschnittlich 7.5 Jahre länger als Personen mit negativerem Altersbild (Moor, 2006). Für den politischen Diskurs empfiehlt der Bericht des Bundesministeriums für Familie (2010) die Vielfalt und Differenzierungen des Alterns wahrzunehmen und differenzierte politische Konzepte zu entwickeln. Die Auswirkungen einseitiger Altersbilder in der politischen Diskussion und in den Medien sollten Politikern ebenso bewusst sein, wie die einseitig negativer Darstellungen des demografischen Wandels und der Beziehungen zwischen den Generationen. Für die Wirtschaft empfiehlt der Bericht eine Ausrichtung an den Regeln des Universal Designs, sodass Produkte für Senioren überflüssig werden und «eine gute Ausgangsbasis für eine lebenslange Markenbindung» gelegt wird (2010, S. 13). Für den Umgang mit neuen Technologien sollten gezielt Bildungsangebote für ältere Menschen geschaffen werden. Auch in der Technikentwicklung wird von bestimmten Stereotypen in Bezug auf Alter und Altern ausgegangen, was die Akzeptanz und Verbreitung von Produkten direkt beeinflusst. Robotik wird vor allem für die Personen entwickelt, die Pflege- und Versorgungsbedarf haben. Das betrifft überwiegend die über 80- Jährigen im sogenannten «Vierten Alter». Mit dieser Abgrenzung möchte man zum Ausdruck bringen, dass unterschiedliche Anforderungen an die Gesellschaft

107 Resultate der Ist-Analyse 81 gestellt werden: «Für das Dritte Alter besteht die Herausforderung in der Schaffung von mehr Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Partizipation. Dagegen steht im Vierten Alter würdevolle Integration durch Schutz und Unterstützung bei wachsender Abhängigkeit und Pflegebedürftigkeit im Vordergrund» (Staudinger, ). Dennoch wird auch diese Unterscheidung der Vielfältigkeit des Alterns nicht gerecht. Jedes Individuum und jede Kohorte altert anders (Staudinger, 2003): «In den Medien herrscht allerdings häufig noch ein einseitig negatives Altersstereotyp vor. Alter wird in den Printmedien, den Nachrichten- und Magazinsendungen fast ausschliesslich als Problemlage diskutiert.» (ebenda). Über Robotik für ältere Menschen wird überwiegend im Zusammenhang mit der Problemlage der Versorgung bei Arbeitskräftemangel berichtet. Dadurch besteht das Risiko, dass Robotik, die für ältere Menschen entwickelt wird, negative Altersbilder noch verstärkt. Technikentwicklung und Akzeptabilität Eine Analyse der wissenschaftlichen Diskurse zu sozialen Auswirkungen und Akzeptabilität von Robotern zeigt, dass die vorherrschende Sichtweise auf das Verhältnis von Mensch und Technik eine technikdeterministische ist, d.h., die Gesellschaft bzw. der Mensch wird bestimmt durch technologische Entwicklungen. Die Technik beeinflusst das Verhalten der Menschen und deren soziale Kommunikation. Ziel der Gesellschaft ist es, technische Innovationen zu akzeptieren und sich anzupassen. Kurz: Technische Innovationen sind Grund und Treiber für sozialen Wandel. Der Mensch folgt der Technik. In dieser dominierenden Sichtweise wird die Gesellschaft als passiver Player gesehen, ohne die direkte Beteiligung gesellschaftlicher Akteure. Auch die derzeitige Entwicklung von Robotik kann als technikgetrieben bezeichnet werden: Forschung und Entwicklung finden in Labors und hinter verschlossenen Türen statt ohne massgebliche Beteiligung relevanter Akteure (Sabanovic, 2010). Nutzer werden in der Regel erst in Feldversuchen einbezogen und nicht bereits in die Entwicklung. Das kann jedoch zu Fehlentwicklungen und gescheiterten Technikentwicklungen führen. Diese Mechanismen zeigt z.b. Neven (2010) auf: Technikentwickler, die einen Roboter als persönliche Assistenz für Ältere entwickelten, nahmen an, dass ältere Menschen einen Bedarf für Roboter darin sehen könnten, dass diese ihre physische, mentale und kognitive Fähigkei Zugriff

108 82 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung ten unterstützen. Der Roboter sollte bereits frühzeitig als Unterhaltungsmedium und zum kognitiven Training genutzt werden und bei Bedarf weitere Funktionen erhalten. Aus Sicht der Entwickler würden Senioren Roboter deshalb akzeptieren und mit ihnen leben wollen. Wurden ältere Nutzer nach den Eigenschaften der potenziellen Nutzer gefragt, dann bewerteten sie den Roboter als hilfreich für Personen, die solche Hilfeleistungen benötigen. Sie beschrieben ältere Personen stereotypisch als einsam, pflegebedürftig, physisch und psychisch gebrechlich. Sich selbst sahen sie nicht in dieser Gruppe, auch dann nicht, wenn sie bereits selbst Stürze erlebt hatten und damit eigentlich zur beschriebenen Zielgruppe gehörten. Die Nutzer bewerteten den Roboter positiv, distanzierten sich jedoch gleichzeitig von der Gruppe potenzieller Nutzer. Die Sichtweise der Nutzer beeinflusste die Designer jedoch nicht und hatte somit auch keinen Einfluss auf die Gestaltung der Technik. Auch die Darstellung der Technologie in den Medien prägt die potenziellen Nutzer: Sie hatten Fernsehberichte und Zeitungsartikel gesehen, in denen Roboter als Hilfsmittel für bedürftige Menschen dargestellt werden, deren Versorgung die Gesellschaft überfordert oder als Ablenkung für einsame demente Personen im Altersheim. Das entsprach nicht ihrem Selbstbild. Sie sahen sich selbst nicht als alt und einsam, sondern als aktiv und hilfreich. Neven (2010) empfiehlt deshalb Journalisten, Politikern, Forschern und Stakeholdern, das Bild von Robotern, die für ältere Menschen bestimmt sind, zu überdenken und eher positive Altersbilder zu transportieren. Butter et al. (2008) sehen nicht professionelle Nutzer und deren Vertretungen in Form von Patientenorganisationen ebenfalls zu wenig in die Technikentwicklung involviert und setzen sich für eine stärkere Einbeziehung von Nutzergruppen wie Patienten und Angehörige ein. Auch der Rathenau-Bericht weist auf die Bedeutung der Nutzerorientierung bereits in der Entwicklung hin. So war z.b. die Roboterrobbe Paro ursprünglich als Katze geplant, bis man feststellte, dass diese äussere Form nicht akzeptiert wurde (Lau & van Est, 2009). Zahlreiche weitere Autoren sehen ebenfalls die Wünsche, Bedürfnisse und soziale Akzeptanz vonseiten der Nutzer zu wenig in die Entwicklung von Produkten einbezogen (Cohen-Mansfield & Biddison, 2007; Dijcks et al., 2006; Harmo et al., 2005; Wada et al., 2002). Als positives Beispiel für partizipative Technikentwicklung kann die Arbet von Nejat, Nies und Sexton (2010) gesehen werden. Dort wurde ein Assistenzroboter von einem interdisziplinären Team, bestehend aus Ingenieuren und Gesundheitspersonal, diskutiert, designt und entwickelt. Der Roboter soll demnächst in einer Pilotstudie im Rahmen der Langzeitpflege umfassend getestet werden.

109 Resultate der Ist-Analyse 83 Ein weiteres Beispiel für die Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzer ist der SenseChair (Forlizzi et al., 2005). Bei einer ethnografischen Studie wurden die Wünsche und Bedürfnisse älterer Menschen und ihre Beziehung zu Produkten untersucht. Man stellte fest, dass ein Lieblingssessel für die meisten Personen von grosser Bedeutung war. Er war hauptsächlicher Aufenthaltsort und hatte die Funktion einer Art Kommandozentrale, von der aus Kontakte per Telefon aufgenommen, Fernseher und Radio bedient wurden. Der SenseChair «lernt» die Gewohnheiten und Vorlieben seiner Nutzer kennen, erfasst die Aktivitäten des Alltags und bietet darauf abgestimmt Unterhaltung an, Telefon oder Videogespräche mit Freunden und Familie, angepasstes Licht und Haltungsveränderungen. Es wurde darauf geachtet, dass der Sessel nicht stigmatisierend wirkt, sondern Vitalität und Autonomie vermittelt. Vom Sessel aus kann die Umgebung kontrolliert werden, Privatsphäre und Datenschutz werden gewahrt, indem die Daten, die über integrierte Informatiksysteme erhoben werden, nur berechtigten Personen zugänglich sind. Abnahme und Veränderung zwischenmenschlicher Kontakte Als einen sozialen Trend nennt der US-amerikanische Autor Melson (2010) die Abnahme direkter zwischenmenschlicher Kontakte. Kommunikation geschieht zunehmend über Medien wie Telefon und Internet. Die Wohnformen vor allem in Städten tendieren zu Einzel- und Zweipersonenhaushalten, Eltern und ihre erwachsenen Kinder wohnen seltener am gleichen Ort. Für Personen, die auf Unterstützung angewiesen sind, ist deshalb der Besuch des Hausreinigungs- oder Pflegepersonals oder des Hausarztes ein wichtiger regelmässiger Kontakt, der eine soziale Bedeutung hat, die weit über die Erfüllung von reinen pflegerischen oder medizinischen Aufgaben hinausreicht. Das Bundesministerium für Familie (2010) fordert deshalb «ein auf soziale Teilhabe ausgerichtetes Verständnis von Pflege, das nicht nur die medizinisch-pflegerische Seite des Pflegehandelns betont, sondern auch kommunikative-soziale Unterstützung anbietet» (S. 9). Eine reale, zwischenmenschliche Begegnung kann aber nicht ohne Weiteres durch Telepräsenz, Assistenzrobotik oder ein Robotertier ersetzt werden. Dass Betroffene die Sorge um eine weitere Reduzierung von Kontakten äussern (siehe Tabelle 3 unter 4.6.4), ist deshalb realistisch und nachvollziehbar. Inwieweit spätere Generationen, die bereits von Kindheit an mit digitaler Kommunikation aufwachsen (sogenannte «Digital Natives»), die virtuelle soziale Netzwerke als gleichwertige Kommunikation zu direktem Kontakt ansehen, andere Bedürfnisse an Betreuung im Alter entwickeln, kann heute nicht beurteilt werden. Die für den

110 84 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Betrachtungszeitraum dieser Studie (10 15 Jahre) infrage kommende Generation zählt noch nicht zu dieser Gruppe Rechtliche und ethische Aspekte Einen weiteren Einfluss auf die Akzeptanz neuer Technologien haben ethische und rechtliche Fragestellungen (Butter et al., 2008). Diese beiden Bereiche werden in den nachfolgenden Abschnitten erläutert. Ethische Aspekte Im Bereich Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung treffen zwei in ethischer Hinsicht nicht unumstrittene Felder aufeinander. Auf der einen Seite das Gebiet Robotik, welches mit immer neuen Entwicklungen und Visionen Skepsis und Ängste auslösen kann, auf der anderen Seite der Bereich der Betreuung und Gesundheitsversorgung als Teil des Gesundheitswesens, welcher z.b. durch die ungleichen Machtverhältnisse in gewissen Betreuungssituationen oder immer modernere Therapieformen, z.b. Stammzellenforschung, ebenfalls ethisch kontrovers diskutiert werden kann und muss. Nachfolgend werden zwei ethische Hauptfragestellungen in diesem Kontext erörtert. Frage 1 Verletzt der Robotereinsatz ethische Werte im Gesundheitswesen? Die vier wesentlichen Prinzipien der biomedizinischen Ethik im Gesundheitswesen sind laut Beauchamp & Childress (2008) die Nichtschädigung, die Autonomie, die Fürsorge und die Gerechtigkeit. Dabei muss sich die Ethik insbesondere mit den Herausforderungen durch die neuen Entwicklungen im Gesundheitswesen befassen und abwägen, ob gegen die genannten ethischen Prinzipien verstossen wird oder nicht. Bei einem Verstoss gegen die allgemeinen ethischen Prinzipien ist die Akzeptanz von neuen Entwicklungen eher unwahrscheinlich. Butter et al. (2008) sehen u.a. folgende ethischen Herausforderungen des Robotereinsatzes im Gesundheitswesen, welche teilweise noch weit in der Zukunft scheinen: Die «Dehumanisierung»: Die Pflege von Kranken und älteren Personen durch Robotereinsatz wird von einigen Personen als inhuman bezeich-

111 Resultate der Ist-Analyse 85 net. Insbesondere in Bereichen, wo Maschinen Aufgaben übernehmen, welche bisher von Menschen ausgeführt wurden. Sparrow und Sparrow (2006) formulieren ihren Standpunkt noch deutlicher: «More controversially, we believe that it is not only misguided, but actually unethical, to attempt to substitute robot simulacra for genuine social interaction.» Soziale Armut und das einsame Sterben: Der Einsatz von Robotern in der Pflege von alten und/oder kranken Personen kann auch als deren Ausgrenzung aus der Gesellschaft betrachtet werden. Im Bereich des «social support» wurden bereits viele Studien durchgeführt. So konnten Zhang, Norris et al. (2007) für an Diabetes erkrankte Personen über 70 Jahre feststellen, dass der Grad an «social support» 33 eng mit der Sterblichkeit verknüpft ist. Experimentieren mit den Kranken und Verletzlichen: Robotik wird im medizinischen Bereich häufig bei kranken und verletzlichen Personen (z.b. Alten oder Kindern) eingesetzt. Es kann der Eindruck entstehen, dass diese als Versuchspersonen benutzt werden. Sharkey (2008) bezeichnet den Einsatz von Robotik im Bereich der Pflege von Kindern aufgrund möglicher Entwicklungsstörungen als einen ethisch besonders kritischen Bereich. Ausbeutung menschlicher Emotionen: Es werden Bedenken geäussert, dass Roboter mit Kommunikationsfähigkeiten und Emotionen bewusst menschliche Emotionen ausbeuten und für fragwürdige Zwecke z.b. in der Werbung eingesetzt werden können. Doppelnutzung von Technologie: Für das Gesundheitswesen entwickelte Technologien könnten beispielsweise für militärische Zwecke genutzt werden. Human Enhancement Technology (HET): Technologien, welche zur Kompensation von Beeinträchtigungen entwickelt wurden, könnten zur Verbesserung gewisser Fähigkeiten von gesunden Menschen eingesetzt werden. Erschwinglichkeit: Robotersysteme, die gebraucht werden, um Patienten zu behandeln, zu trainieren und zu unterstützen, werden ihr Potenzial nur ausschöpfen können, wenn diese auch effektiv für die breite Masse verfügbar gemacht werden. 33 Der «social support» wurde in dieser Studie anhand des Ausmasses des Kontaktes zu Angehörigen der Kirche oder Seniorenzentren bemessen.

112 86 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Interessanterweise konnten in der Studie von Butter et al. (2008) keine spezifischen Geräte identifiziert werden, bei denen ethische Konflikte entstanden sind, die eine Anpassung des Gerätes zur Folge gehabt hätten. Die Autoren vertreten die Annahme, dass der Entwicklungsstand im Bereich Robotik im Gesundheitswesen zu wenig weit fortgeschritten ist und diese Konflikte erst in Zukunft entstehen könnten. Sie empfehlen, dass sich die Gesellschaft mit den erwähnten ethischen Herausforderungen auseinandersetzen muss, um zukünftige Innovationen erfolgreich zu gestalten und die potenziellen Vorteile von Robotik im Gesundheitswesen nutzen zu können. Zudem soll die Untersuchung ethischer Aspekte in Forschungsprojekten eine wichtige Rolle spielen. In der Schweiz existieren diverse Ethikkommissionen und -institute, die für verschiedene ethische Fragestellungen zuständig sind. Die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) 34 ist eine beratende, unabhängige, ausserparlamentarische Fachkommission. Sie besteht aus 18 Mitgliedern und hat zur Aufgabe, zur gesamten Entwicklung der Biomedizin in Forschung und Praxis aus ethischer Sicht beratend Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme zu konkreten Forschungsvorhaben ist nicht Aufgabe der NEK. In der Humanmedizin sind die kantonalen Ethikkommissionen für die Beurteilung von Forschungsgesuchen zuständig. Im Kanton Zürich müssen der kantonalen Ethikkommission Forschungsvorhaben an Patienten und zu Medikamenten zur Beurteilung vorgelegt werden (kantonales Patientengesetz). 35 Die Zentrale Ethikkommission der SAMW (Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften) erlässt ethische Richtlinien, welche in der Regel in die Standesordnung der FMH (schweizerische Ärztegesellschaft) aufgenommen und dadurch für die Mitglieder verbindlich werden. 36 Im Bereich Robotik im Gesundheitswesen wurden bisher von der SAMW keine ethischen Richtlinien veröffentlicht. In Österreich hat die Bioethikkommission des Bundeskanzleramts «ethische Aspekte der Entwicklung und des Einsatzes assistiver Technologien unter Berücksichtigung älterer Menschen» untersucht und Massnahmenempfehlungen ausgesprochen (o.a, 2009). In Bezug auf Autonomie, Abhängigkeit und Fürsorge sieht sie bei der teilweisen Verlagerung von medizinischer Versorgung Vgl. Vgl. (gemeinsames Portal der kantonalen/regionalen Forschungsethikkommissionen der Schweiz). Vgl. für aktuelle Richtlinien: html.

113 Resultate der Ist-Analyse 87 und Pflege mittels assistiver Technologien (AT) in den häuslichen Bereich folgende Punkte als besonders wichtig an: Einverständnis der Betroffenen, gründliche Beratung der Betroffenen und Betreuer, Möglichkeit, die assistive Technologie wieder aufzugeben, Unterstützung und nicht Ersetzung der Kommunikation, Einbindung der AT in die Netzwerke der integrierten Versorgung. Hinsichtlich sozialethischer Aspekte bemerkt sie u.a., dass forschungs- und produktethische Richtlinien ausgearbeitet werden sollen, Auswirkungen hinsichtlich des Gesundheitswesens und der allgemeinen demografischen Entwicklung untersucht werden müssen, nachgewiesene wirksame Technologien im Sinne einer Teilhabegerechtigkeit im öffentlichen Gesundheitswesen zugänglich gemacht werden und nicht nur denjenigen zugutekommen sollen, die über eine geeignete Wohnsituation und ein soziales Umfeld verfügen, eine Ablehnung der AT nicht zu Nachteilen in der Weiterbetreuung führen darf. Empfehlungen der Bioethikkommission im Bereich Datenschutz und Überwachung der Privatsphäre werden im nachfolgenden Kapitel erwähnt. 37 Frage 2 Sind Roboter in der Lage, selbst ethisch zu handeln? Das Gebiet «roboethics» ist unabhängig vom Gesundheitswesen ein häufig untersuchtes und kontroverses Thema. 38 Ethiker, Techniker und weitere Experten sind sich häufig uneinig, ob und in welchem Ausmass Robotern ethisches Handeln beizubringen ist. Im Hinblick darauf, dass Roboter meist für einen spezifischen und limitierten Kontext entwickelt werden, stellt sich die Frage, ob nicht ein für diese Situation konzipiertes Ethikverständnis ausreicht. Anderson et al. (2010) stellen fest, dass bis anhin ohnehin kein universell akzeptiertes Set von Vgl. für die vollständige Liste der Empfehlungen: Vgl. für Studienbeispiele: Coeckelbergh (2009), Ishihara & Fukushi (2010), Anderson et al. (2010).

114 88 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung ethischen Prinzipien entwickelt werden konnte. Auch Guo & Zhang (2009) halten fest, dass ein internationaler «code of ethics» weder realistisch noch praktikabel sei. Anderson et al. (2010) schlagen daher vor, die spezifische Situation des Robotereinsatzes mit Ethikern hinsichtlich ethisch vertretbarem und nicht vertretbarem Handeln zu diskutieren. Falls keine Einigung erzielt werden kann, sollen autonome Entscheidungen von Robotern nicht erlaubt werden. Die Ansicht des Menschen, dass Roboter unethisch handeln könnten, kann zu einer generellen Zurückweisung von autonomen Geräten führen. Die aufgeworfenen Fragen sind selbstverständlich stark kontextabhängig und können sich auch gegenseitig beeinflussen. Beurteilt man beispielsweise den Einsatz eines Pflegeroboters als menschenunwürdig, spielt es keine Rolle mehr, ob der Roboter an sich ethisch handeln würde oder könnte. Die hier aus der Literaturanalyse zusammengetragenen Erkenntnisse werden im Rahmen der Experten- und Akteursbefragung weiter untersucht. Rechtliche Aspekte Aus der internationalen Literatur können verschiedene rechtliche Aspekte, welche im Zusammenhang mit Robotik eine Herausforderung darstellen, identifiziert werden. Die nachfolgend beschrieben Aspekte beziehen sich nicht auf bestehende rechtliche Situationen in spezifischen Ländern, sondern sollen Hinweise auf relevante zu untersuchende Bereiche geben. Diese hängen in vielen Fällen direkt mit ethischen Gesichtspunkten zusammen. Aus der Sicht der Industrie fehlt eine geeignete und akzeptierte Methodik, um die Sicherheit und Effektivität von Geräten (inkl. Robotik) vor der Durchführung von klinischen Studien nachzuweisen. Die etablierten Methoden wurden für Medikamente entwickelt und auf Geräte adaptiert. Die Anwendung dieser Methoden wird als sehr beschwerlich betrachtet und stellt daher eine grosse Hürde für Innovationen dar. Zudem besteht für medizinische Geräte noch kein Konsens über geeignete Methoden für die Kosten-Nutzen-Beurteilung (z.b. um eine Vergütung durch die Krankenversicherung erreichen zu können; vgl. Kapitel Finanzierung). Für den Gesetzgeber stellt sich die Frage, ob zusätzliche gesetzliche Regulierungen (z.b. Sicherheit, Vorschriften Kontakt Mensch Roboter) in gewissen, ethisch umstrittenen Bereichen der Robotikanwendung erlassen werden sollen. Ruiz-del-Solar (2010b) schlägt beispielsweise vor, dass Robotik für die Kinderbe-

115 Resultate der Ist-Analyse 89 treuung reguliert werden soll. Wallach (2010) hält bezüglich Regulierungen fest, dass die Robotik ein sehr «bewegliches Ziel» darstellt. Immer neuere Entwicklungen werden ältere Modelle ablösen und Diskussionen auslösen, was der Roboter nun imstande ist auszuführen und was nicht. Jedes neue Produkt muss beurteilt und kategorisiert werden, was einen enormen Aufwand darstellt. Alternativ könnten freiwillige Richtlinien durch eine professionelle Zertifizierungsstelle erlassen werden. Die Industrie könnte durch die Zertifizierung ihrer Produkte eine höhere Produkteakzeptanz erlangen. Whitby (2010) sieht die ethische Verantwortung klar bei den Herstellern von Robotik. Er schlägt die Erstellung von Richtlinien durch professionelle Stellen vor, an denen sich sowohl die Hersteller wie auch die Konsumenten von Robotik orientieren können. Richtlinien lösen seiner Meinung nach nicht alle ethischen Probleme, sind aber ein erster Schritt und können viel rascher etabliert werden als Gesetze. Unabhängig davon, ob Richtlinien oder Gesetze kreiert werden, muss das Verständnis von Robotik im Gesundheitswesen definiert werden. Eine Abgrenzung zu anderen medizinischen Geräten könnte über die zumindest teilweise Autonomie von Robotern vorgenommen werden (Butter et al., 2008). Ein wichtiger, ungeklärter und alle Anspruchsgruppen betreffender Punkt ist die Haftung für durch Roboter verursachte Schäden. Butter et al. (2008) identifiziert z.b. den Patienten, die medizinische Aufsicht, die Hersteller und die behördlichen Zulassungsstellen als mögliche Anspruchsgruppen, welche für Fehlfunktionen zur Rechenschaft gezogen werden könnten. Im Falle einer Datensammlung und Weiterverbreitung von Daten durch Roboter muss der Datenschutz sichergestellt werden. Insbesondere gilt es zu klären, welche bestehenden Datenschutzgesetze angewendet werden können und inwiefern durch die Robotik eine neue Situation entsteht (Butter et al., 2010). Die Sicherung der Privatsphäre und des Datenschutzes spielen für die Nutzer eine herausragende Rolle beim Einsatz von Technologie. Sie sollten ihr informiertes Einverständnis für die Nutzung von Daten etc. geben müssen (Matthews, 2006). Aus der Sicht der Bioethikkommission des Bundeskanzleramts Österreich (2009) muss die kontinuierliche Registrierung von Daten möglichst minimiert werden und die Möglichkeit bestehen, sich der Überwachung zumindest zeitweise entziehen zu können. Die Datenerfassung soll sich dabei auf die notwendigen Daten beschränken. Für nicht einwilligungsfähige und besonders vulnerable Personen müssen hinsichtlich der technikunterstützten Überwachung spezielle Vorkehrungen getroffen werden.

116 90 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Ansatzpunkte für die Reduktion der Unsicherheiten im rechtlichen Bereich werden in den Experten- und Akteursgesprächen diskutiert. Butter et al. (2008) betonen die Wichtigkeit der Lösung der rechtlichen Schwierigkeiten und empfehlen eine Fokussierung auf Geräte, welche in den nächsten Jahren effektiv in der Realität eingesetzt werden können (androide Roboter gehören z.b. nicht dazu) Individuelle und psychologische Faktoren Mittelfristig werden psychologische Faktoren für die Akzeptanz und Verbreitung von Robotik entscheidend sein (Connette et al., 2008). Welche Art von Technik in Europa die grösste Akzeptanz erfährt, zeigen Untersuchungen von Renn und Zwick (1997). Demnach wird Technik eher akzeptiert, wenn sie einen persönlichen, individuell erlebbaren Nutzen, beispielsweise für die Gesundheit, mit sich bringt. Dennoch gibt es eine Diskrepanz zwischen dem Angebot von vorhandenen technischen Hilfen und Hilfsmitteln und der tatsächlichen Nutzung (Dijcks et al., 2006), die zu einer nicht unerheblichen Belastung der Krankenkassen und Invalidenversicherung führt. Den individuellen Nutzen eines Hilfsmittels für sich zu erkennen und sein Verhalten im Alltag entsprechen zu verändern, ist ein komplexer Prozess, zu dem verschiedene Theorien und Modelle existieren. Theorien z.b. der kognitiven Verhaltenstheorie versuchen zu erklären, warum Hilfsmittel eingesetzt oder nicht genutzt werden. Verschiedene Modelle erfassen Faktoren, die den Gebrauch voraussagen können (Lenker, 2003). Die Faktoren betreffen die Umwelt, die Person und das Produkt, sowie deren Wechselwirkung miteinander. Personen entscheiden sich für die Anwendung eines Produkts, wenn sie sich grössere Vorteile von der Nutzung versprechen als von einer Nichtnutzung und wenn Aufwand und Kosten in einem für sie vertretbaren Verhältnis zum Nutzen stehen. Sie werden in ihrer Entscheidung u.a. beeinflusst von der (vermuteten) Reaktion der Umwelt. Befürchtete oder erlebte Stigmatisierung kann deshalb zu Ablehnung führen. Aussehen, Praktikabilität, Komplexität, Status und Kosten des Produktes sind weitere Einflussfaktoren. Eine Schwierigkeit liegt in der visuellen Gestaltung von Robotern: So werden Roboter von Menschen eher akzeptiert, umso ähnlicher sie ihnen sehen. Aber sie dürfen ihnen nicht zu ähnlich sein. Dabei spielt vor allem die Übereinstimmung mit den Fähigkeiten der Roboter eine Rolle. Entsprechen die Fähigkeiten des Roboters nicht dem menschenähnlichen Aussehen, erzeugt das ein Gefühl

117 Resultate der Ist-Analyse 91 von «Unheimlichkeit» («The Uncanny Valley» oder auch Zombieeffekt) (Mori, 1970). Allgemein kann man sagen, dass die Funktion des Gerätes mit dem Aussehen übereinstimmen sollte. Ein Assistenzroboter, der z.b. Daten wie Blutdruck oder Blutzuckerspiegel misst, sollte deshalb nicht wie eine Comicfigur oder eine Katze aussehen. Tabelle 3: Einstellung zu Servicerobotik in der Pflege, Quelle: Compagna, Mauz & Shire 2009, S. 4 Personengruppe Einstellung zu Servicerobotik Vorgebrachte Gründe für Einstellung Angemeldeter Bedarf Einrichtungs- und Pflegeleitungsebene Positiv Wahrnehmung von Chancen überwiegt: Längerfristig Vermeidung personeller Engpässe und kurz- bis mittelfirstig Verbesserung der Arbeitsorganisation sowie -bedingungen. Hoch Pflegekräfte Ambivalent Grundsätzlich positiv hinsichtlich der Übernahme von Routinetätigkeiten und körperlich beanspruchender Arbeit. Relativ hoch Bewohner (noch) nicht auf intensive Pflege angewiesen Ambivalent Unabhängig von Technikaffinität werden Chancen gesehen «niemandem zur Last fallen zu müssen» bzw. die eigene Lebensweise und Intimsphäre geschützt zu sehen: grundsätzliche Skepsis bezüglich der «Ausgereiftheit» der Technik vorhanden. Gering

118 92 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Die Akzeptanz von Servicerobotik kann laut einer WiMiCare Studie 39 (Compagna, Mauz & Shire, 2009) ausserdem von der allgemeinen Erfahrung im Umgang mit Technik beeinflusst werden. Einen weit grösseren Einfluss hatte allerdings die direkte Nähe zum Gerät: Je direkter der Nutzer selbst mit der Technologie konfrontiert wurde, umso eher lehnte er diese ab und umso niedriger schätzte er den Bedarf für sich ein. Bereits pflegebedürftige Personen standen dem Einsatz von Robotik kritischer gegenüber als Personen, die sich vorstellten, in der Zukunft auf Pflege angewiesen zu sein. Wie die folgende Tabelle zeigt, standen pflegebedürftige Senioren Servicerobotern ablehnend gegenüber und nur sehr technikaffine Senioren konnten sich einen Einsatz bedingt vorstellen. Das kann möglicherweise eine Generationenfrage sein. Aus den Faktoren ergibt sich eine unterschiedliche Akzeptanz von Robotik, abhängig von den Produkten, Nutzergruppen und Settings, in denen sie angewandt werden Finanzierung der Technologie Der Erfolg und die Verbreitung von Robotik sind allerdings nicht nur von der Akzeptanz der Anwendung bei den Anspruchsgruppen, sondern auch massgeblich vom Anreiz zur Finanzierung abhängig. Dieser Anreiz zur Finanzierung respektive zur Investition ist dann gegeben, wenn der Nutzen höher eingeschätzt wird als die Kosten. Die Kosten im Bereich der Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung müssen die Institutionen in der Schweiz (z.b. Spitäler, Rehabilitationskliniken) in der Regel selber tragen. Eine Finanzierung der Beschaffung oder des Einsatzes von Robotik durch die Solidargemeinschaft (z.b. zulasten der obligatorischen Krankenversicherung) gibt es derzeit nicht. Die Institutionen müssen (oder sollten) beim Investitionsentscheid also in einer internen Rechnung sämtliche Kosten abschätzen und dem erwarteten Nutzen respektive Ertrag gegenüberstellen. Im Gegensatz zu den Kosten ist der Nutzen meist abstrakter Natur und schwieri- 39 «Förderung des Wissenstransfers für eine aktive Mitgestaltung des Pflegesektors durch Mikrosystemtechnik» (WiMi-Care). Ein vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes Verbundvorhaben, welches den Wissenstransfer für eine bedarfsgerechte Entwicklung von Servicerobotik im Pflegesektor untersucht.

119 Resultate der Ist-Analyse 93 ger zu quantifizieren. Der Nutzen der Investition für die Institution kann sich z.b. in einer gesteigerten Reputation, in Einsparnissen oder Zusatzeinkommen, in attraktiveren Arbeitsbedingungen oder in einer besseren Qualität der Leistungen niederschlagen. Für die Beurteilung dieser Nutzendimensionen stehen den Institutionen z.t. Studien der Hersteller zur Verfügung, welche versuchen, den Nutzen ihres Produktes darzustellen. Die Studien vernachlässigen allerdings häufig ökonomische Aspekte und fokussieren auf die medizinische Qualität oder das Verbesserungspotenzial in der Behandlung. Als Beispiel fanden Martin et al. (2008) in einem Review keine einzige Quelle im Bereich Smart Home Technology (Telepräsenz), welche ökonomische Resultate und Kosten ausweist. Der Einsatz von Robotik ist oft mit hohen Anfangsinvestitionen oder hohen laufenden Kosten verbunden. Dies ist bei beschränkten Mitteln oft ein grosses Hemmnis, wie z.b. Cuhls und Kimpeler (2008) anhand einer Expertenbefragung für den Bereich Informationstechnologie im Gesundheitsbereich feststellten. Diverse Studien, z.b. im Bereich der Rehabilitation, kommen zum Ergebnis, dass der Robotereinsatz zwar zu guten qualitativen Ergebnissen führt, dass der Einsatz dieser Geräte finanziell allerdings nur durch den Einsatz von freiwilligen Personen oder Studenten und dadurch tiefen Lohnkosten für das (zusätzliche) Personal getragen werden kann (Morrison & Backus, 2007; Westlake & Patten, 2009). Falls die Verbreitung gewisser Roboter vom Bund, z.b. aus qualitativen Gründen, gefördert werden soll, wäre eine Subventionierung respektive einer Anschub- oder Zusatzfinanzierung ein mögliches Mittel. Wird allerdings davon ausgegangen, dass sich mittelfristig qualitätssteigernde, prozessoptimierende Technologien im Markt sowieso durchsetzen und damit automatisch von den Institutionen eingesetzt werden, kann auf eine zusätzliche Förderung verzichtet werden. Im Rahmen der Literatursuche für die vorliegende Studie konnte keine konsistente Methodik zur Investitionsentscheidung für Institutionen im Bereich Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung gefunden werden. Das Thema Finanzierung wurde deshalb mit in die Akteurs- und Expertenbefragungen aufgenommen.

120

121 5 Ergebnisse der Umweltanalyse Nachfolgend werden die Ergebnisse der Umweltanalyse anhand der PESTEL- Systematik (vgl. Kapitel 3.2) vorgestellt. Die gewonnenen Erkenntnisse werden anschliessend in Kapitel 5.2 als Schlussfolgerungen formuliert und den Hauptakteuren zugeordnet. Im abschliessenden Kapitel 5.3 wird eine kurze Bilanz hinsichtlich der Umweltanalyse gezogen. 5.1 Ergebnisse der PESTEL-Analyse Political Im politischen Bereich werden in diesem Kontext insbesondere die gesundheitsund sozialpolitischen Prioritäten des Staates sowie internationale politische Entwicklungen als zentrale Einflussfaktoren betrachtet. Die politischen Prioritäten und Entwicklungen können sich mittelfristig auf die Art und Höhe der staatlichen Investitionen und Subventionen im Gesundheitswesen sowie auf den Umfang der Regulierung von Robotik auswirken. Gesundheitspolitische Prioritäten: 40 Kurzfristige Sparmassnahmen bei Medikamenten, Labordiagnosen, Mitteln und Gegenständen zur Therapie werden durchgesetzt. Die Stärkung der Aufsicht durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) und die Senkung der Kosten bei den Krankenversicherern wird angestrebt. Die neue Spitalfinanzierung für akut-somatische Spitäler wurde 2012 eingeführt (bestehend aus: Diagnosis Related Groups (DRGs), fixer Kostenteiler Kanton-Krankenversicherer, freie Spitalwahl, Gleichstellung der privaten und öffentlichen Spitäler bzgl. Finanzierung). Durch die erhoffte Verbesserung der Leistungs- und Qualitätstransparenz bei den Leis- 40 Vgl. für eine Übersicht und weiterführende Informationen;

122 96 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung tungserbringern können Patienten gezieltere Entscheidungen treffen, wo sie behandelt werden möchten. Es ist möglich, dass durch die neue Spitalfinanzierung eine Verschiebung der stationären Leistungen in den ambulanten und nachstationären Bereichen ausgelöst wird (z.b. Betagteninstitutionen, Rehakliniken), was mit einer Begleitstudie untersucht wurde (Foederatio Medicorum Helveticorum FMH, 2011). Neue Abrechnungssysteme für stationäre Rehakliniken und Psychiatrien sind in Entwicklung. Die Managed Care (MC) Vorlage wurde vom Volk am deutlich verworfen. Die weitere Entwicklung auf Gesetzes- und Verordnungsstufe im Bereich MC ist derzeit noch unklar. Ein neues Präventionsgesetz steht vor der Verabschiedung durch den National- und Ständerat. Durch die Verknappung der personellen und finanziellen Ressourcen im Bereich der kurativen Medizin sind verstärkt Massnahmen zur Gesunderhaltung der Bevölkerung durch Prävention und Gesundheitsförderung geplant. Der neue Risikoausgleich zwischen den Krankenversicherungen, welcher nun zusätzlich zu Geschlecht und Alter auch einen Spitalaufenthalt ab drei Tagen der Versicherten berücksichtigt, reduziert den Anreiz der Krankenversicherungen zur «Jagd nach guten Risiken». Gute Risiken respektive attraktive Versicherungsnehmer waren bis anhin insbesondere junge, gesunde Männer. Der neue Risikoausgleich wird andere Zielgruppen attraktiver machen. E-Health wird vom Bund gefördert. Kernelemente und Ziele bis 2015 sind der Aufbau des elektronischen Patientendossiers und eines Gesundheitsportals mit qualitätsgesicherten Onlineinformationen. Die Qualitätsstrategie des Bundes soll durch eine neu aufzubauende Institution oder durch eine bestehende Institution umgesetzt werden. Der Bund erarbeitet einen Vorschlag zur Etablierung einer Health Technology Assessment (HTA) Agentur, welche medizinische Produkte und Leistungen u.a. auch gesundheitsökonomisch beurteilt. Sozialpolitische Prioritäten: Seit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA, seit 2008 in Kraft) sind neu die Kantone für die Subventionierung der kantonalen und lokalen Betagten- und Behindertenorganisationen inkl. Spitex zuständig. Laut Aussagen von Institutionsvertretern ist es schwierig, die Finanzierung in gleichem Masse aufrechtzuerhalten.

123 Ergebnisse der Umweltanalyse 97 Internationale gesundheitspolitische Entwicklungen: Nationale und internationale Behörden richten den Fokus zunehmend auf nicht übertragbare Krankheiten (Krebs, Diabetes, Herz-Kreislauf- Krankheiten, chronische Atemwegserkrankungen), da sie negative Auswirkungen auf die weltweite Wirtschaftsentwicklung haben (z.b. durch Produktivitätsverluste) und zu einer starken Ausweitung der Gesundheitskosten führen könnten (im Jahr 2008 waren nicht übertragbare Krankheiten für 63 Prozent aller Todesfälle weltweit verantwortlich) (Bundesamt für Gesundheit, 2011). Die Europäische Union (EU) fördert Forschungsprojekte und Aktivitäten im Gesundheitsbereich (z.b. in den Bereichen Informationstechnologie 41, Gesundheitsversorgung 42 ). Der länderübergreifende Zugang zu einer sicheren und qualitativ hochstehenden Gesundheitsversorgung wird in der Europäischen Union durch eine Direktive des Rats der Europäischen Union (Consilium) vom 28. Februar 2011 verbessert. Zudem soll die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten der EU verbessert werden (Council of the European Union, 2011). Die Rechte von Menschen mit Behinderung werden durch die UNO- Behindertenrechtskonvention (BRK) gestärkt. Die Schweiz hat diese Mitte 2012 allerdings noch nicht ratifiziert. 43 Der Zweck der BRK ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung ihrer Würde zu fördern (Égalité Handicap, 2011). Economic Im Bereich Economic sind makroökonomische Faktoren, die ökonomischen und personellen Entwicklungen im Gesundheits- und Sozialwesen sowie die Vergütungssituationen für Leistungen und Produkte die wesentlichen Einflussfaktoren Vgl. Vgl. Vgl. Für eine Übersicht der Nationen, welche die UNO-BRK bereits ratifiziert haben:

124 98 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Makroökonomische Entwicklung: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird am Mindestkurs von CHF 1.20 = EUR 1 festhalten und diesen Kurs mit aller Konsequenz durchsetzen. Es wird erwartet, dass sich die Weltwirtschaft nur langsam erholt (Schweizerische Nationalbank, 2012). Die Entwicklung der Weltwirtschaft hängt von einer Vielzahl von unsicheren Faktoren ab. The Conference Board ist eine der wenigen Organisationen, welche langfristige Prognosen ausspricht. Sie geht in Zentral- und Osteuropa zwischen 2012 bis 2016 von einem Wirtschaftswachstum von 2.7 Prozent pro Jahr und zwischen 2017 bis 2025 von 2 Prozent pro Jahr aus. Den USA, als wichtiger und innovativer Markt im Bereich Robotik, wird zwischen 2012 bis 2025 ein Wachstum von 2.3 Prozent pro Jahr vorhergesagt. Japan, der Robotik-Pionier, soll zwischen 2012 bis 2016 lediglich 1,1 Prozent jährlich und zwischen 2017 bis ,5 Prozent pro Jahr wachsen. 44 Entwicklung Gesundheitswesen: Die Kosten des Gesundheitswesens in der Schweiz betrugen 2009 rund 61 Milliarden Franken (+4.4 Prozent gegenüber 2008). Das geschätzte jährliche Wachstum für die Jahre 2010 bis 2012 beträgt rund 2.7 bis 3.4 Prozent (Straub & Hartwig, 2011). Damit werden die Kosten im Gesundheitswesen deutlich stärker wachsen als das BIP. Es besteht ein zunehmender Mangel an Leistungserbringern im Gesundheitswesen. Das vom Schweizerischen Gesundheitsobservatorium (Obsan) entwickelte Prognosemodel zu Pflegeleistungs- und Personalbedarf geht im Zeitrahmen von 2006 bis 2020 von folgender Bedarfssteigerung aus (Obsan, 2009): Hospitalisationstage: +2.4 Prozent, Beherbergungstage in Alters- und Pflegeheimen: +30 Prozent, Spitex-Klienten: +20 Prozent. Aufgrund dieses zunehmenden Bedarfs müssten gemäss Obsan im Referenzszenario bei unveränderter Produktivität und Erwerbsquote bis Stellen (Vollzeitäquivalent; Personen; +13 Prozent) geschaffen werden. Dabei wird den Alters- und Pflegeheimen ein Personalbedarf bis 2020 von rund 44 Vgl.

125 Ergebnisse der Umweltanalyse Personen und der Spitex von rund 5000 Personen attestiert. Zusätzlich müssten etwa Gesundheitsfachleute (30 Prozent) aufgrund der anstehenden Pensionierung ersetzt werden. Im Bereich der ärztlichen Leistungserbringer ist bei gleichbleibender Ausbildungstätigkeit in der Schweiz und einer stark abnehmenden Einwanderung von im Ausland ausgebildeten Ärzten damit zu rechnen, dass der Versorgungsstandard in Zukunft nicht mehr sichergestellt werden kann (Bundesrat, 2011). Der Mangel an Gesundheitspersonal wird auch in Deutschland zunehmend Auswirkungen haben. Im Jahr 2030 prognostiziert PricewaterhouseCoopers (PwC) ohne korrigierende Massnahmen einen Mangel von Pflegekräften in Deutschland (PwC, 2010). Da die Schweiz bereits jetzt auf deutsche Fachkräfte zurückgreift, könnte es in Zukunft schwierig werden, den wachsenden Bedarf zu decken. Die Schweiz ist auch in sozialmedizinischen Institutionen stark auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen (z.b. im Bereich der Pflege). Die Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsplätze und die Sicherstellung, dass das ausgebildete Personal in den Institutionen verbleibt, sind notwendig (Jaccard, Ruedin & Widmer, 2010). Sociocultural Die Anzeichen in der Entwicklung der Bevölkerungsstruktur und die gesundheitlichen und sozialen Entwicklungen der Bevölkerung werden im Bereich Sociocultural betrachtet. Bevölkerungsentwicklung: Der Schweiz wird eine starke Zunahme der ständigen Wohnbevölkerung prognostiziert (bis Prozent, bis Prozent gegenüber 2010) (BFS, 2010). Der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung ist seit 1980 zunehmend (1980 ca. 15 Prozent, 2010: ca Prozent) (BFS, 2010). Die Bevölkerung steht vor einer starken demografischen Alterung. Der Anteil der 65-Jährigen und Älteren betrug im Jahr Prozent, er wird 2020 voraussichtlich über 20 Prozent und 2030 über 24 Prozent betragen. Die Erwerbsbevölkerung und damit die Zahlungen zugunsten der Sozialversicherungen nehmen relativ zur Gesamtbevölkerung ab. Die dadurch entstehenden Mindererträge der Sozialversicherungen sind

126 100 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung auch durch stärkere Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte nicht vollständig auszugleichen (BFS, 2010). Im Mai 2012 betrug die Arbeitslosigkeit 3 Prozent (SECO, 2012). Economiesuisse rechnet 2013 mit einer Arbeitslosenquote von 3.5 Prozent (Economiesuisse, 2012). Es ist eine Konzentration der Bevölkerung in städtischen Gebieten zu beobachten. Im Jahr 1930 wohnten 36 Prozent der Bevölkerung in städtischen Gebieten und 2009 bereits rund 74 Prozent (BFS, 2011). Gesundheitliche Entwicklungen: Chronische Erkrankungen und Multimorbidität, welche ein Krankheitsmanagement erfordern, werden weiter zunehmen (OECD/WHO, 2011). Es ist eine Veränderung des Gesundheitsverständnisses zu beobachten. Die Erwartungshaltung besteht darin, eine gute Gesundheit bis ins hohe Alter aufrechterhalten zu können. Gesundheit ist nicht nur die Abwesenheit von Krankheit, sondern bedeutet Lebensqualität: Gesund sein heisst heute fit, attraktiv und leistungsfähig sein und das bis ins hohe Alter (Michel-Alder, 2011). Nicht nur die gesundheitliche Unterstützung, sondern die soziale Integration von Personen mit Behinderung/Einschränkungen wird vermehrt angestrebt (vgl. Kommentar zum Behindertengleichstellungsgesetz im Abschnitt Political). Soziale Entwicklungen: Face-to-face-Interaktionen nehmen ab und der virtuelle Austausch zwischen Personen nimmt zu (Melson et al., 2009). Gleichzeitig entwickeln sich in Grossstädten Nachbarschaftshilfen, die z.t. über digitale Netzwerke organisiert und durch Versicherungen abgesichert werden (Niejahr ). Die Erfahrungen anderer Länder zeigen, das es mit der Einführung der Abrechnung mittels Fallpauschalen zu einer verstärkten Verlagerung der Pflege in den häuslichen Bereich kommt. Dieser Umstand wird zusätzlich durch den Kostendruck im Gesundheitswesen und durch den Wunsch der pflegebedürftigen Personen nach Autonomie und Individualität gefördert (Pflügel, 2008). 45 Z.B. Tauschnetze in Berlin:

127 Ergebnisse der Umweltanalyse 101 Es entwickelt sich der Trend zur persönlichen respektive patientenzentrierten Versorgung durch die Unterstützung von Technologie (z.b. Internet) (Steurer-Stey & Rosemann, 2009). Technological Im Bereich Technological werden die wesentlichen technologischen Trends und deren Auswirkungen abgeschätzt. Dabei werden allgemeine technologische Entwicklungen, spezielle Innovationsgebiete sowie Trends hinsichtlich der vorgestellten Gerätetypen thematisiert. Technologieentwicklung allgemein: Technologie durchdringt immer stärker den Alltag («Digitalisierung»). 77 Prozent der Schweizer Haushalte verfügt bereits über einen Internetanschluss (BFS, 2010). Dadurch sind Patienten vor einem Arztbesuch häufig vorinformiert, was die asymmetrische Informationsverteilung zwischen Arzt und Patient verkleinert (Informationsmacht der Ärzte nimmt ab). Es findet eine kontinuierliche Zunahme der Nutzung und Forschung von Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) in Schweizer Unternehmen statt. 46 Technische Entwicklungen sind ein Treiber für den sozialen Wandel von Gesellschaften. Innovative Technologien ermöglichen häufig erst neue Anwendungen (z.b. ermöglichen Akkus mit erhöhter Energiekapazität mobile Geräte mit hoher Reichweite). Die Forschung, insbesondere in Nischengebieten für kleine Zielgruppen, ist allerdings stark abhängig von den Finanzierungsmöglichkeiten und Prioritäten der staatlichen Förderung. Der Entwicklungstrend bei den Geräten ist intelligenter & kleiner. Eine einfache, intuitive Anwendung muss möglich sein. Innovationsgebiete allgemein (Butter et al., 2008): Molekulare Biotechnologie: Dieser Trend entstand mit der Entdeckung der DNA. Obwohl schon seit Jahrzehnten bekannt, wird in diesem Bereich immer noch viel Potenzial gesehen. 46 Vgl.

128 102 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Kognitive Neurowissenschaften: In diesem interdisziplinären Forschungsfeld vereinen sich Naturwissenschaft und Technik zur Erforschung des Nervensystems und der Hirnfunktionen. Informations- und Netzwerktechnologie: Neue Entwicklungen im Bereich der Informationstechnologie ermöglichen noch immer Innovationen in verschiedensten Gebieten. Materialentwicklung (z.b. «Smart Materials»): Neue Entwicklungen im Bereich Nanotechnologie und computergestützte Modelle (z.b. Simulationen) schaffen Möglichkeiten für neue Materialien wie z.b. spezifische Werkstoffe, neue Katalysatoren oder bioaktive Materialien. Intelligente Mechatronik: Die Entstehung von Microelectromechanical systems (MEMS = sehr kleine Geräte) schaffen dank ihrer positiven Effekte auf die Grösse der mechatronischen Systeme und den Preis neue Möglichkeiten für Innovationen. Intelligente elektrische und elektronische Geräte: Die Verkleinerung der Elektronik hat das Gebiet der elektronischen Geräte verändert. Es werden Informationsdienstleistungen, Kommunikationsmöglichkeiten und eine gewisse Intelligenz von elektronischen Konsumgütern gefordert. Trends «Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit»: Es werden zunehmend Geräte entwickelt, welche für den häuslichen Bereich konzipiert werden und dadurch z.b. tragbar und in den Alltag integrierbar werden. Exoskelette, multifunktionale Rollstühle und intelligente Prothesen werden in Bezug auf Funktionalität, Leichtigkeit, Anwendbarkeit, Ästhetik und Lärmemissionen weiterentwickelt und optimiert. Geräte zur Mobilitäts- und Manipulationsunterstützung sollten auch dahin gehend entwickelt werden, dass sie sich an sich verändernde Umwelten und Anforderungen anpassen und komplexe Aufgaben bewältigen können (Cooper et al., 2007). Ein künftiges Forschungsgebiet sind die sogenannten «Neural Interface Systems». 47 Diese zielen darauf ab, eine Verbindung zwischen dem Nervensystem des Menschen und der Aussenwelt aufzubauen (um z.b. Prothesen zu steuern). Virtuelle Realitäten und haptische Feedbacks (fühlbare Rückmeldungen, z.b. über Vibrationen) werden in aktuellen Geräten bereits einge- 47 Vgl. (Hatsopoulos & Donoghue, 2009) für weitere Informationen zu «Neural Interface Systems».

129 Ergebnisse der Umweltanalyse 103 setzt (z.b. Valedo Motion von Hocoma). Die spielerische Art der Rehabilitation (z.b. Spiele, Steuerung virtueller Objekte) zeigt gute Ergebnisse und wird vermehrt eingesetzt. Wirksamkeit und Kosten-Nutzen- Verhältnis von Trainingsgeräten in der Rehabilitation sind jedoch noch nicht gut erforscht. Die Therapien verlagern sich zunehmend auf Anleitung und Beratung von Patienten und fordern mehr Eigenverantwortung der Patienten z.b. durch selbstständiges Heimtraining. Trends «Telepräsenz und Assistenzrobotik»: Ferngesteuerte Roboter («robotergestützte Telemedizin»), welche Tätigkeiten am Patienten ausführen können (z.b. Blutdruckmessung, Rehatraining), werden intensiv erforscht. Zukunftsbereiche können sein: o Mobile Systeme zum Monitoring in Einrichtungen und Kliniken. o Telecare für den häuslichen Bereich, insbesondere für ältere 48 und chronisch kranke Personen (auch Erinnerungs-, Überwachungsund Sicherheitssysteme). o Integrierte, assistive Systeme (intelligente Haussysteme, die Telepräsenz, Monitoring und Assistenz verbinden). 49 Trends «Sozial-interaktive Robotik»: Die Anwendung wird insbesondere bei vulnerablen Gruppen (Kinder, ältere Personen) gesehen. Robotertiere u.ä. könnten vermehrten Absatz finden. Im Bereich soziale Interaktion (z.b. humanoide Roboter) wird intensiv geforscht. Mittelfristig (10 bis 15 Jahre) werden allerdings keine Durchbrüche erwartet. Environmental Im Bereich Environmental werden z.b. Trends im Bereich der nachhaltigen Entwicklung oder Energiegewinnung betrachtet, welche eine Auswirkung auf den Bereich der Robotik haben könnte Vgl. für Informationen zu «Aging Services Technologies». Vgl. Chan et al., 2008, bzgl. weiterer Trends zu «smart homes».

130 104 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Eine weite Verbreitung von Robotik und elektronischen Geräten kann die Ressourcenknappheit gewisser Rohstoffe verschärfen (z.b. seltene Erden, Kupfer). Technologie benötigt Energie; aufgrund der Energiestrategie 2050 des Bundes 50 kann man davon ausgehen, dass der Anteil alternativer Energiegewinnung in der Schweiz wachsen wird. Es zeichnet sich ab, dass die Strompreise dadurch steigen werden. In Bezug auf Abfall und umweltgerechtes Recycling besteht Handlungsbedarf. Die zunehmende Technologisierung kann langfristig zu weiteren Herausforderungen im Recycling führen (Umweltbundesamt, 2010). Legal Bis zu diesem Zeitpunkt wurden aufgrund der PESTEL-Analyse noch keine massgeblichen Trends im Bereich Legal identifiziert, welche deutlichen Einfluss auf die Entwicklung und Anwendung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung haben (in Ergänzung zum Bereich Political). Vertieft diskutiert werden in den Akteurs- und Experteninterviews folgende Bereiche: Haftungsfragen, Patentrecht, Übernahme EU-Recht, Steuerrecht, Patientenrechte (Humanforschungsgesetz 51, Datenschutz, Privatsphäre, Wahlfreiheit). Aus dem Einsatz von Robotik in Industrie und Militär ist bekannt, dass es zu Unfällen mit Verletzungsfolgen kommen kann, z.b. zu Quetschungen durch Kollisionen, aber auch zu schweren Unfällen mit Todesfolge (Strassmann, 2012). Eine ISO-Norm soll regeln, welche Personenbeschädigungen in der Arbeitswelt tolerabel wären. Ob vergleichbare Normen für die Gesundheitsversorgung machbar wären, müsste geklärt werden Vgl. Vgl.

131 Ergebnisse der Umweltanalyse 105 Den Bedarf neuer rechtlicher Regelungen erforscht z.b. die Forschungsstelle RobotRecht in Würzburg. 52 Dort wird u.a. diskutiert, ob hoch entwickelte und autonome Roboter den Status einer juristischen Person erhalten sollen. Für durch den Roboter verursachte Schadensfälle würden dann der Hersteller und die Nutzer auf ein Konto vorsorglich einzahlen (Strassmann, 2012). 5.2 Schlussfolgerungen der PESTEL-Analyse Die Schlussfolgerungen aus der PESTEL-Analyse werden bezogen auf die wichtigsten Anspruchsgruppen von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung vorgenommen. Dabei werden die Schlussfolgerungen stets der jeweils am stärksten betroffenen Gruppe zugewiesen, obwohl der Trend auch auf andere Anspruchsgruppen einwirken kann. Die Erkenntnisse dienen zusätzlich zur IST- Analyse als Diskussions- und Inputgrundlage für die Akteurs- und Experteninterviews. Industrie Der Begriff Industrie bezeichnet in diesem Zusammenhang die entwickelnden und produzierenden Anbieter von Robotik für die Betreuung und Gesundheitsversorgung wie Hersteller, Händler und Servicedienstleister. 52 Vgl. robotrecht/.

132 106 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Abbildung 18: Trends Industrie (eigene Darstellung) Wirtschaftlichkeits- respektive Kosten-Nutzen-Nachweise für Technologien und Leistungen im medizinischen Bereich werden insbesondere durch politischen Druck immer wichtiger (Stichwort HTA-Agentur, Innovationen unter DRGs). Der Nachweis der Effizienz und Effektivität von Technologien wird immer stärker gefordert. Durch technische Innovationen werden in vielen medizinischen Fachbereichen kontinuierlich neue Geschäftsfelder und Anwendungsmöglichkeiten entstehen und bestehende Anwendungen optimiert. Die Gewährleistung des Datenschutzes gewinnt durch die Zunahme der elektronischen Erfassung von medizinischen Daten und angesichts der Bestrebungen zur Leistungs- und Qualitätstransparenz, z.b. durch die neue Spitalfinanzierung, an Bedeutung.

133 Ergebnisse der Umweltanalyse 107 Der Mangel an Schweizer Fachkräften insbesondere im ärztlichen und pflegerischen Bereich sowie der wachsende Bedarf an professioneller Pflege und Betreuung bietet Potenzial für den zunehmenden Einsatz von technischen Unterstützungssystemen. Institutionen Der Begriff Institutionen steht für alle Einrichtungen und Organisationen, welche im Gesundheitswesen oder Sozialwesen Leistungen am Patienten erbringen. Abbildung 19: Trends Institutionen (eigene Darstellung) Der Preisdruck und die Internationalisierung führen zu mehr Wettbewerb zwischen den Institutionen.

134 108 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Leistungen werden vermehrt ambulant und weniger als bisher stationär erbracht. Die Koordination der Schnittstellen zwischen den Sektoren (z.b. stationär/ambulant, Akutbehandlung/chronische Versorgung) wird wichtiger. Technologie kann in diesem Bereich unterstützend eingesetzt werden. Der Bedarf an Dienstleistungen in sozialmedizinischen Institutionen wächst aufgrund der Bevölkerungsentwicklung weiter. Die Schweizer Wirtschaft ist für ausländische Arbeitnehmer sehr attraktiv. Die personellen Engpässe können durch ausländische Fachpersonen zum Teil kompensiert werden, allerdings sind mittelfristig auch im nahen Ausland Personalengpässe zu erwarten. Health Professionals Mit Health Professionals wird das ärztliche, pflegerische, therapeutische und betreuende Personal in den Institutionen bezeichnet. Abbildung 20: Trends Health Professionals (eigene Darstellung)

135 Ergebnisse der Umweltanalyse 109 Der Druck zu Vernetzung, Leistungstransparenz und Kostenmitverantwortung nimmt insbesondere auf die Ärzteschaft zu. Bisherige ärztliche Aufgaben könnten z.t. von anderen Berufsgruppen übernommen werden (Stichwort: Advanced Nurse Practitioners ANP). 53 Es besteht ein Mangel an gut ausgebildeten Arbeitskräften in der Schweiz. Anforderungen an den Leistungserbringer im Umgang mit Technologie werden durch E-Health und technische Innovationen in etlichen medizinischen Fachgebieten grösser. Behandlungen werden zunehmend auf ausgewählte Krankheitsbilder (Stichwort Diseasemanagement) fokussiert und durch technische Systeme unterstützt. Nicht professionelle Nutzer Als nicht professionelle Nutzer werden potenzielle Patienten, Angehörige und Laienhelfer im Bereich der Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung bezeichnet. 53 Vgl. zu möglichen Rollen von ANPs: / pdf.

136 110 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Abbildung 21: Trends nicht professionelle Nutzer (eigene Darstellung) Nicht professionelle Nutzer in sozialmedizinischen (z.b. Behindertenund Pflegeheime), akutsomatischen (Spitäler) und nachgelagerten (z.b. Rehabilitationskliniken) Institutionen, aber auch im Bereich der Betreuung zu Hause, werden in Zukunft vermehrt mit Robotik in Berührung kommen. Die Akzeptanz und Nutzung von Technologien im Alltag wird zunehmen. «Digital Natives» lernen den Umgang mit technischen Systemen bereits im Kindesalter und entwickeln ein positives Verhältnis zu sozialen Netzwerken und digitaler Kommunikation. Dabei sollten Geräte möglichst einfach und intelligent sein.

137 Ergebnisse der Umweltanalyse 111 Staat Unter dem Begriff Staat werden der Bund, Kantone und Gemeinden verstanden. Abbildung 22: Trends Staat (eigene Darstellung) Die Gesundheitskosten werden eine immer grössere finanzielle Belastung, auch für den Staatshaushalt. Voraussichtlich werden weiterhin kostendämpfende Massnahmen ergriffen. Die Art und der Umfang der Förderung von gewünschten Forschungsfeldern im Bereich von Robotik wird in Zukunft mitentscheidend dafür sein, welche technischen Geräte entwickelt werden. Aus den stetigen technischen Entwicklungen entstehen Regulierungsherausforderungen in rechtlicher (z.b. Datenschutz, Privatsphäre, Haftung) wie auch in ethischer Hinsicht.

138 112 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Forschung Die Forschung beinhaltet alle forschenden Einrichtungen, welche sich mit dem Themengebiet der Robotik befassen. Abbildung 23: Trends Forschung (eigene Darstellung) Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklungen nimmt stetig zu, was eventuell den nationalen und internationalen Konkurrenzdruck erhöht. Es besteht die Erkenntnis, dass die Zusammenarbeit von Forschung und Industrie wichtiger wird. Es intensiviert sich der Trend von technologiegetriebenen hin zu patientenorientierten Entwicklungen, was interdisziplinäre Forschungsgruppen erfordert. Richtung und Umfang der Forschungsaktivitäten werden abhängig sein von den Finanzierungsmöglichkeiten durch öffentliche und private Mittel respektive den Interessen von Politik und Industrie.

139 Ergebnisse der Umweltanalyse Resumee der Umweltanalyse Die Resultate der Umweltanalyse zeigen auf, dass es sich beim Thema Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung um ein dynamisches und sich entwickelndes Gebiet handelt. Alle wichtigen Anspruchsgruppen müssen sich zukünftig verstärkt mit diesen Entwicklungen und Veränderungen auseinandersetzen und sich neuen Herausforderungen stellen. Die Umweltanalyse bestätigt dabei das Ergebniss der Ist-Analyse, dass Innovation im Bereich der Technik durch Forschung und Entwicklung einen sehr wichtigen Treiber für neue Anwendungen im Gesundheitswesen darstellt. Allerdings sind auch die Prioritäten des Staates, Präferenzen der nicht professionellen Nutzer und Entwicklungen bei den Institutionen und Health Professionals bedeutende Faktoren, die darüber entscheiden, ob und wie sich der Bereich der Robotik in Zukunft entwickeln und im Gesundheitswesen etablieren wird. Die durch die PESTEL-Analyse gewonnenen Erkenntnisse, in Form von Schlussfolgerungen für die wichtigsten Anspruchsgruppen, wurden in der Akteurs- und Expertenbefragung berücksichtigt. Die Einschätzungen der Akteure und Experten zu den identifizierten Trends wurden dort aufgenommen und diskutiert.

140

141 6 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure 6.1 Ziele Ziel der Bedarfsanalyse war es, zu erfahren, welche Wünsche, Bedürfnisse, Hoffnungen, Bedenken und Ängste die verschiedenen Akteure mit Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung verbinden. Aus den Ergebnissen konnten aus Sicht der Akteure positive und negative Auswirkungen abgeleitet werden, welche in Kapitel 11 «Schlussfolgerungen und Empfehlungen» einflossen. Es wurde die qualitative Methode der Fokusgruppendiskussion angewendet. Ziel der Methode ist es, durch die Auswertung der Aussagen und der ablaufenden gruppendynamischen Prozesse Informationen über Hintergründe von Meinungen zu erhalten. Der direkte Einbezug verschiedener Nutzer und Akteure ist besonders geeignet, da es als essenziell angesehen wird, die Entwicklung neuer Technologien nutzerzentriert und partizipativ zu gestalten (Compagna, Mauz & Shire, 2009). Die Methode bot ausserdem die Möglichkeit, sich auf eine bestimmte Thematik zu fokussieren und gleichzeitig neue Impulse zuzulassen und zu erfassen. Durch dieses Vorgehen sollten die unterschiedlichen Interessenlagen, Bedürfnisse sowie Befürchtungen möglichst umfassend und dennoch mit einem überschaubaren Zeit- und Kostenaufwand erhoben werden. 6.2 Planung und Durchführung Ein Ergebnis der Literaturanalyse ist, dass sich die Technologien von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung nach ihren Anwendungsgebieten und Funktionen in drei Gerätegruppen einteilen lassen. Ausgehend von dieser Gruppierung wurden drei Themenkreise und drei Fokusgruppen gebildet: Themenkreis 1: Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit unterstützen den Menschen darin, bestimmte Bewegungen und Handlungen auszuführen oder diese zu trainieren. Soziale Interaktion mit dem Gerät spielt dabei keine Rolle.

142 116 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Themenkreis 2: Telepräsenz- und Assistenzroboter ersetzen die Anwesenheit eines Menschen, z.b. einer Pflegekraft, eines Arztes oder Therapeuten oder unterstützen eine Person in der Ausführung von Handlungen. Sie haben damit direkten Einfluss auf die soziale Interaktion von Menschen, indem sie entweder als Medium zur Interaktion dienen (Telepräsenzrobotik), die Interaktion ersetzen oder ergänzen (Assistenzrobotik). Themenkreis 3: Sozial-interaktive Roboter haben den Zweck, mit Menschen zu interagieren, und dienen als Begleiter oder Gefährte. Der soziale Aspekt steht dabei im Vordergrund. Im Rahmen der PESTEL-Analyse wurden relevante Akteursgruppen und Schlüsselakteure im Themenfeld identifiziert. Aus diesen Gruppen sollten entsprechende Vertreter in die Fokusgruppen eingebunden werden. Bei der Teilnehmerakquisition wurde angestrebt, dass sich die drei Gruppen aus Personen mit verschiedenen Merkmalen zusammensetzen: grosser und geringer Technikbezug, Personen mit verschiedenen Krankheitsbildern, z.b. Diabetiker, Tetraund Paraplegiker, verschiedene Altersgruppen: Jüngere und Ältere, zwischen Mitte 20 bis Mitte 70, unterschiedliches Geschlecht. Die potenziellen Teilnehmer wurden per kontaktiert. Kam innerhalb einer Woche keine Antwort, wurde telefonisch nachgefragt. Jeweils sechs bis acht Teilnehmende unterschiedlicher Akteursgruppen konnten in die drei Fokusgruppen eingeschlossen werden. Anzumerken ist, dass tendenziell Personen mit Technikerfahrung und Technikinteressierte teilnahmen. Mögliche Gründe dafür sind, dass bereits sehr viel Technik im Gesundheitswesen eingesetzt wird und daher kaum jemand ohne Technikerfahrung zu finden ist. Andererseits haben sicherlich diejenigen Personen Interesse am Thema, welche sich ohnehin gerne mit Robotik im Gesundheitswesen auseinandersetzen. Obwohl bei der Planung explizit angestrebt, liess sich ein ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen nicht realisieren, da sich weniger Frauen als Männer bereit erklärten, an den Diskussionsrunden teilzunehmen. Den Teilnehmenden wurde Anonymität zugesichert, d.h., es werden in der Auswertung der Gespräche keine Namen genannt und keine Fotos von der Veran-

143 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure 117 staltung gemacht. In Bezug auf Hintergrund und Funktion der Gruppenteilnehmer ergibt sich folgendes Bild: Direkte Akteure, die unmittelbar mit dem Thema im Alltag konfrontiert sind: Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Pflegefachkräfte, Ärzte verschiedener Fachrichtungen, verschiedene Patienten bzw. Klienten (z.b. Diabetiker, Tetra- und Paraplegiker, Pensionäre). Indirekte Akteure, die nicht unmittelbar mit dem Thema im Alltag konfrontiert sind: Vertreter einer Organisation zur Heil- und Hilfsmittelberatung, Vertreter der Spitex Winterthur, Vertreter der Schweizerischen Gesellschaft für Telemedizin und E- Health, Vertreter der Medi24, Schweizer Telemedizinanbieter, Vertreter der CURAVIVA, Verband Heime und Institutionen Schweiz, Vertreter der Abteilung Qualitätsmanagement eines Pflegezentrums, Vertreter der Schweizerischen Alzheimervereinigung, Vertreter eines Herstellers von Kommunikationsmitteln für Patienten und ältere Menschen, Vertreter der Schweizer Firma Hocoma, die Robotikgeräte für das Gesundheitswesen entwickelt. Die Fokusgruppen fanden im November 2011 an drei Nachmittagen, von jeweils 15 bis 17 Uhr, in den Räumen der Departements Gesundheit der ZHAW in Winterthur statt. Die Diskussionsgruppen wurden von zwei Projektmitarbeitenden der ZHAW geleitet. Eine Person war für die Moderation, die andere für die organisatorischen Arbeiten sowie für das Festhalten der Ergebnisse zuständig. Der Ablauf der Fokusgruppen war in den drei Gruppen grösstenteils identisch: Zu Beginn erhielten die Teilnehmenden eine kurze Projektvorstellung und einen Überblick zum Thema Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Der Input umfasste eine einleitende Erläuterung, was Robotik ist, sowie, dem Themenkreis entsprechend, den aktuellen Stand der Entwicklung in Form von kurzen Film- und Bildbeiträgen.

144 118 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Die folgenden Leitfragen für die Fokusgruppenteilnehmer dienten der Strukturierung und als Anregung der Diskussion: Was halten Sie vom Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung? Bei welchen konkreten Tätigkeiten könnte Sie Robotik in ihrem (Praxis-) Alltag unterstützen? Anders formuliert: Bei welchen Tätigkeiten wüschen Sie sich Unterstützung durch diese Geräte? Bei welchen Tätigkeiten möchten Sie auf keinen Fall Unterstützung von diesen Geräten? Unter welchen Bedingungen/Voraussetzungen wären Sie bereit, Robotik in ihrem Alltag einzusetzen? Was sind Ihre Befürchtungen, wo sehen Sie Chancen? Was ist Ihnen persönlich am wichtigsten? Welche Aspekte sollen von der Politik unbedingt beachtet werden? 6.3 Ergebnisse Datenauswertung Mit dem Einverständnis der Teilnehmenden wurden die drei Gruppendiskussionen digital aufgezeichnet. Der Gesprächsverlauf und dessen Ergebnisse wurden während der Gruppendiskussion durch eine Projektmitarbeiterin zudem handschriftlich protokolliert. Im Anschluss wurden die Protokolle mit den digitalen Aufzeichnungen abgeglichen und gegebenenfalls ergänzt. Zusätzlich wurden Fotos von den Metaplanwänden und den beschrifteten Flipcharts gemacht. Die Auswertung der Ergebnisse bestand darin, die in der Diskussion geäusserten Standpunkte zu erkennen, zentrale Themen zu identifizieren und Sichtweisen der Akteure zu den aufgeworfenen Fragestellungen zu sammeln. Die Ergebnisse bildeten die Grundlage für die Ableitung von Chancen und Risiken aus Sicht der Akteure.

145 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure Themenkreis 1: Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung, Mobilität und Selbständigkeit Kurzbeschreibung der Gruppe Die Gruppe des ersten Themenkreises setzte sich aus einer Teilnehmerin und sechs Teilnehmern zusammen. Das Alter der Teilnehmenden lag zwischen Ende 20 und Mitte 40. Die Gruppenteilnehmer hatten folgenden Hintergrund/Funktion: zwei praktizierende Ergotherapeuten, die Trainingsgeräte in der Therapie einsetzen, ein Paraplegiker und Produkttester der Firma Hocoma, ein Patient mit Krankheitsbild Tetraplegie, ein Neurologe an einer Uniklinik, arbeitet mit dem Lokomat der Firma Hocoma, ein Physiotherapeut, der mit diversen Robotikgeräten Therapien durchführt, ein Rehabilitationstechniker, der Hilfsmittelberatungen bei (Privat-) Kunden durchführt. Positive und negative Aspekte In den nächsten Abschnitten sind positive und negative Aspekte aufgelistet, welche die Sicht der Teilnehmenden zum Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung widerspiegeln. Folgende positive Aspekte und Chancen sehen die befragten Akteure: Durch eine Verbesserung der Mobilität und Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten, z.b. durch neue E-Rollstühle, kann die soziale Integration erhöht werden. Das wiederum verbessert die Selbständigkeit der Patienten. Virtuelle Realitäten der Therapien können die Motivation der Patienten erhöhen, z.b. durch mehr Freude und Spass bei hoch repetitiven Übungen. Die Quantifizierbarkeit der Gesundheitsdaten eröffnet die Möglichkeit, den Patienten objektives Feedback zu geben. So können neue Ansätze sowohl für Therapien als auch für die Forschung entstehen.

146 120 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Das Gesundheitspersonal erhofft sich eine Erleichterung und Entlastung des Alltags. Patienten sehen Robotikgeräte als Alltagshilfe. Das Gesundheitspersonal sieht in Robotik das Potenzial, die Unterschiede zwischen den Lebensbedingungen von gesunden und behinderten Menschen zu verringern: Roboter können zum Abbau von Hindernissen beitragen, z.b. ohne Lift überall hinkommen, autonom handeln, Zugang zu aktueller Technik haben. Hilfsmittel sollten daher auf dem neusten Stand der Technik sein. Durch den Einsatz von Trainingsgeräten könnte die Rehabilitationszeit verkürzt und effektiver werden. Robotikgeräte könnten bessere Ergebnisse liefern, z.b. wenn der Patient zusätzlich zum Training mit dem Therapeuten auch selbständig mit dem Roboter trainieren kann. Das hätte möglicherweise eine schnellere Rehabilitation zur Folge. Folgende negative Aspekte und Risiken sehen die befragten Akteure: Mit dem Einsatz von Robotik können neue Abhängigkeiten von technischen Geräten entstehen. Evidenz (Wirksamkeit), Effizienz (Kosten-Nutzen), Finanzierung und negative Nebenfolgen der Robotikgeräte sind noch ungeklärt. Grundlagenfunktionen können heute mit den Geräten gut trainiert werden, aber die Übertragung der Trainingseffekte in die Realität ist fraglich. Viele positive Effekte in der Therapie lassen sich nicht in den Alltag und auf Alltagshandlungen übertragen und gelten daher als alltagsfern. Investition in Technologien könnte durch Personalabbau kompensiert werden. Heute schon besteht eine mangelnde Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Trainingsgeräte in der Anwendung.Sicherheit und erhöhte Verletzungsgefahr können ein Problem darstellen, insbesondere dann, wenn Geräte zu Hause eingesetzt werden, wo keine professionelle Kontrolle möglich ist. Gruppendiskussion Ein Teilnehmer, der im Alltag selbst auf verschiedene Hilfsmittel angewiesen ist, wünscht sich, eine Teilhabe am technischen Fortschritt auch für kleine Nutzergruppen: «So wird das Auto immer schneller und fortschrittlicher, aber der Rollstuhl hat sich seit den 1960er-Jahren nicht deutlich verändert.»

147 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure 121 Befürchtungen bestehen bei den befragten Akteuren hinsichtlich der Finanzierung der Geräte. Aus ihrer Sicht muss verhindert werden, dass nur bestimmte Nutzergruppen sich die Geräte leisten können. Für sie besteht die Gefahr der Zwei-Klassen-Gesellschaft in der Gesundheitsversorgung. Intensiv diskutiert wurde die Gefahr, dass der Einsatz von Patienten und Therapeuten überfordert. Es sollte sichergestellt werden, dass die Geräte nicht falsch eingesetzt werden und somit mehr Schaden als Nutzen für die Anwender bringen. Auch sollte die Technik als Zusatz und Ergänzung zur Betreuung und Versorgung gesehen werden und darf das Gesundheitspersonal nicht ersetzen. Gewichtung der wichtigsten Aspekte Als letzte Aufgabe sollten die Befragten gewichten, welche Aspekte ihnen von allen genannten Punkten persönlich am wichtigsten sind und von der Politik in Zukunft unbedingt beachtet werden sollten. Jeder Teilnehmende konnte fünf Punkte vergeben. Die Vorzeichen +, bzw. = zeigen an, ob der Aspekt positiv (+), negativ ( ) oder eher als Bedingung (=) für den Einsatz von Robotern in Betreuung und Gesundheitsversorgung gesehen wird. In Klammern steht dahinter die Häufigkeit, mit welcher der Aspekt von den Teilnehmenden als bedeutsam bewertet wurde: (+) Einsatz der Geräte zur Verbesserung der Selbständigkeit und Unterstützung der Patienten (9) (=) Nachweis der Wirksamkeit der Geräte (6) (+) Einsatz der Geräte zur Steigerung der Motivation der Patienten (5) (=) Analyse von Kosten-Nutzen (3) (=) Geräte dürfen nicht zu teuer sein (3) (=) Beachtung der Sicherheit für die Patienten und das Gesundheitspersonal (2) (=) exakte möglichst interdisziplinäre Evaluation des Technikeinsatzes (2) (=) Geräte sollten eher angebots- als marktorientiert sein (2) (=) Geräte sollten den Alltag erleichtern (1) (=) Geräte sollten den Kontakt zur Umwelt ermöglichen/erleichtern (1) (=) keine Abnahme sozialer Kontakte (1)

148 122 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Themenkreis 2: Telepräsenz und Assistenzroboter Kurzbeschreibung der Gruppe Die Gruppe setzte sich aus einer Teilnehmerin und fünf Teilnehmern zusammen, deren Alter zwischen Mitte 40 und 70 Jahren lag. Die Teilnehmenden hatten folgenden Hintergrund/Funktion: ein Vertreter von der Spitex in Winterthur, ein Vertreter von der Schweizerischen Gesellschaft für Telemedizin und E-Health, ein Vertreter von Medi24, Schweizer Telemedizinanbieter, ein Vertreter von Curaviva, Verband Heime und Institutionen Schweiz, ein Vertreter der Schweizerischen Diabetes-Gesellschaft, ein Ergotherapeut, der als Dozent am Institut für Ergotherapie an der ZHAW arbeitet. Positive und negative Aspekte Im folgenden Abschnitt sind positive und negative Aspekte aufgelistet, welche die Teilnehmenden mit dem Einsatz von Robotik in Gesundheitsversorgung und Betreuung verbinden. Folgende positive Aspekte und Chancen sehen die befragten Akteure: Aus Sicht der professionellen Akteure ist Kommunikation ein grosses Bedürfnis älterer Menschen. Telepräsenz hätte «ein riesiges Potenzial», dieses Bedürfnis zu befriedigen. Ein Teilnehmer nennt es eine «digitale Nabelschnur gegen die Vereinsamung». Allerdings unter der Bedingung, dass die Technik möglichst einfach zu bedienen sei. Spiele seien gut geeignet als Zugang und um die Akzeptanz bei professionellen und nicht professionellen Nutzern zu erhöhen. Mit Telepräsenzgeräten könnten niederschwellige Beratungsangebote ermöglicht werden. Fachwissen könnte per Telepräsenz mit anderen Experten geteilt werden.

149 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure 123 Die Geräte könnten für die Patienten in gewisser Weise zu mehr Unabhängigkeit vom Pflegepersonal führen, z.b. Haarwaschmaschinen: «Haarwaschmaschinen finde ich super», so eine Teilnehmerin begeistert, «toll, wenn die Maschine mir jederzeit und so oft ich es wünsche die Haare wäscht und sie individuell auf mich eingestellt werden kann [z.b. für Kopfmassagen].» Möglich sei eine Entlastung und Schonung des Pflegepersonals, z.b. wenn Maschinen das Heben und Transportieren unterstützen. Viele Geräte hätten das Potenzial, dem Ressourcen- und Personalmangel zu begegnen. Folgende negative Aspekte und Risiken sehen die befragten Akteure: Es stehen viele ethische Probleme an und der Verlust menschlicher Kontakte, denn gerade schutzbedürftige sensible Personen benötigen direkten Kontakt sowie taktile Zuwendung ganz besonders Demenzkranke und Personen in der Palliativpflege. Das kann zur Vereinsamung und Vernachlässigung der Hilfsbedürftigen führen. Ein auf Hilfe angewiesener Mensch sollte aus ihrer Sicht nicht mit einer Maschine alleine gelassen werden. Das «Caring» wird von den Befragten professionellen Nutzern ganzheitlich gesehen. Werden Handlung und Beziehung getrennt voneinander betrachtet, kann es aus ihrer Sicht problematisch werden. Bei kritischen Situationen, z.b. Herzdiagnostik, könnte es riskant werden, wenn der Arzt nicht vor Ort ist. Das Fazit eines Teilnehmenden: «Letztlich braucht es den Menschen.» Befragte Akteure aus der Pflege stehen der Automatisierung kritisch gegenüber, insbesondere Berührungen durch Automaten lehnen sie ab. Ein Teilnehmer merkte an: «Körperpflege ist oft einzige Möglichkeit für Kontakt.» Ein anderer sagte: «Es mag auch nicht immer um saubere Haare gehen, sondern auch um die Beziehungspflege und Berührung.» Die Befragten sehen die Gefahr, dass Kommunikationsaspekte durch den Robotikeinsatz verloren gehen könnten, wenn nur die technische Seite gesehen wird und nicht die Beziehungsaspekte. Aus Sicht der professionellen Akteure entstehen durch neue Technik oft hohe Kosten, die zum Teil einem geringen Nutzen gegenüberstehen bei unklarer Finanzierung.

150 124 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Gruppendiskussion In der Gruppe wurde diskutiert, dass die Benutzerfreundlichkeit einen hohen Stellenwert bei Geräten zur Telepräsenz und Assistenzrobotern einnimmt. Aus Sicht der professionellen und nicht professionellen Akteure sollte die Bedienbarkeit intuitiv sein. Ausserdem sollte der praktische Nutzen klar erkennbar sein. Hochkomplexe und menschenähnliche Roboter werden als weniger sinnvoll erachtet. Der Aspekt der Akzeptanz wurde in der Gruppe als Generationenproblem gesehen: Jüngere sind bereits an Technik im Alltagsleben gewöhnt, d.h., eine neue Generation älterer Menschen wird dereinst intuitiv mit Robotikgeräten umgehen können. Roboter müssen das Gesundheitspersonal unterstützen und dürften es nicht ersetzen. Ebenso sollten die Geräte die Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Menschen unterstützen und fördern. Aus Sicht der Akteure ist es entscheidend, dass die späteren Nutzer der Geräte gut informiert werden, da Technik sonst Angst auslösen könnte. Sie sehen ausserdem neue Möglichkeiten durch Robotik, die einerseits die Autonomie der Pflegebedürftigen steigern können (z.b. Haarwaschmaschinen) und mehr Kontakt zur Umwelt ermöglichen (z.b. Besuch von Veranstaltungen durch Telepräsenzroboter, Quartiersspaziergang mithilfe von Drohnen). Gewichtung der wichtigsten Aspekte Als letzte Aufgaben sollten die Befragten gewichten, welche Aspekte ihnen von allen genannten Punkten persönlich am wichtigsten sind und von der Politik in Zukunft unbedingt beachtet werden sollten. Jeder Teilnehmende konnte fünf Punkte vergeben. Die Vorzeichen +, bzw. = zeigen an, ob der Aspekt positiv (+), negativ ( ) oder eher als Bedingung (=) für den Einsatz von Robotern in Betreuung und Gesundheitsversorgung gesehen werden kann. In Klammern dahinter steht die Häufigkeit, mit welcher der Aspekt von den Teilnehmenden als bedeutsam bewertet wurde: (=) «Letztlich braucht es doch den Menschen.» (3) (=) besondere Beachtung von schutzbedürftigen Menschen und Situationen (3) (=) Verbindlichkeiten und Verantwortung darf nicht an Technik abgegeben werden (3)

151 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure 125 (=) Aktuelle Geräte sollten zur Unterstützung genutzt werden, z.b. Transferhilfen (2) (+) Erhöhung der Selbständigkeit der Patienten, Unterstützung der Pflegenden (2) ( ) Gefahr von Fehlleitung finanzieller Ressourcen (mehr Investition in Technik als in Betreuung) (2) (=) Beteiligung der potenziellen Nutzer (2) (=) Menschen müssen gut informiert werden (1) (=) Robotikgeräte sollten vorrangig für «technische» Handlungen eingesetzt werden, nicht für Betreuung (1) (=) Berücksichtigung der Individualität der Personen (1) Themenkreis 3: Sozial-interaktive Roboter Kurzbeschreibung der Gruppe Die Gruppe setzte sich aus drei Frauen und drei Männern zusammen. Das Alter der Teilnehmenden lag zwischen Mitte 30 und Mitte 60. Die Gruppenteilnehmer hatten folgenden Hintergrund/Funktion: ein Vertreter aus dem Bereich Qualitätsmanagement eines Pflegezentrums, eine Pflegefachkraft auf einer Krankenstation für Demenzkranke, ein Vorstandsmitglied der Schweizerischen Alzheimervereinigung, ein Ergotherapeut mit 20 Jahren praktischer Erfahrung in der Gerontologie, ein Hersteller von Software und Geräten für ältere Personen, ein ehrenamtlicher Fahrdienstmitarbeiter beim Schweizerischen Roten Kreuz. Positive und negative Aspekte Folgende positive Aspekte und Chancen sehen die befragten Akteure in Bezug auf den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung:

152 126 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Seitens der professionellen Akteure wird die Hoffnung geäussert, dass sozial-interaktive Roboter die Interaktion anregen und mehr Abwechslung in den Alltag älterer Menschen bringen könnten, so wie es schon heute Puppen oder Stofftiere tun. Ein Akteur wörtlich: «Das wird die Zukunft sein, das wir viel zu wenig Betreuungspersonal haben, deswegen möchte ich es nicht grundsätzlich ablehnen, sondern wenn es im richtigen Sinn eingesetzt wird, kann es Erfolg haben. Allerdings nicht bei Menschen mit grossen geistigen und körperlichen Defiziten. Da sehe ich es nicht.» Bedingung ist für die Teilnehmenden aber, dass die Geräte gezielt, fachgerecht und unterstützend eingesetzt werden. Die befragten Akteure sehen das Potenzial sozial-interaktiver Roboter insbesondere bei der Freizeitbeschäftigung älterer Menschen. Allerdings geben sie zu bedenken, dass es «eine ethische Frage ist, wieviel Technikeinsatz vertretbar ist». Folgende negative Aspekte und Risiken sehen die befragten Akteure in Bezug auf den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung: Werden sozial-interaktive Roboter eingesetzt, ist es aus Sicht der befragten Akteure entscheidend, dass vorher eine bewusste Auseinandersetzung stattgefunden hat. Ein Teilnehmer sagte: «Man darf es nicht als gegeben hinnehmen, sondern muss schauen, was macht das mit mir und was bewirkt das mit den anderen. Ist es gut und ist es menschlich o.k.?» Ethische Fragestellungen spielen aus Sicht der befragten Akteure eine wesentliche Rolle. Sie halten folgende Frage für klärungsbedürftig: Werden demente Personen «hintergangen», wenn sie keine bewusste Entscheidung für oder gegen die Roboter-Robbe treffen können? Der Technikeinsatz kann nach Ansicht der befragten Akteure gesellschaftliche Grundsatzfragen aufwerfen. Wo z.b. ist die soziale Verantwortung in der Gesellschaft? Ist eine Interaktion mit Menschen einer Interaktion mit Technik gleichwertig? Die Befragten betonten, dass der Technikeinsatz kein Alibi für Personalkürzungen sein darf. Die befragten Akteure sehen die Gefahr der sozialen Verarmung, wenn sozial-interaktive Geräte eingesetzt werden. Daher darf aus ihrer Sicht Technik kein Ersatz für menschlichen Kontakt und Berührung sein. Ein Akteur sagte: «Das möchte ich klar sagen, es ersetzt nicht die Menschen.» und: «Es darf nicht als Legitimierung für einen noch kleine-

153 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure 127 ren Betreuungsschlüssel (Zahlenverhältnis von Pflegepersonal zu betreuten Personen) benutzt werden.» Die befragten Akteure betonen, dass die Verantwortung nicht auf die Technik abgeschoben werden darf. Haftungsfragen müssen geklärt werden und nur geschulte Personen sollten die Technik einsetzen, die sie kontrollieren können. Aus Sicht der Akteure entsteht durch den Einsatz von Robotik ein Spannungsfeld zwischen der totalen Überwachung vs. mehr Autonomie in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Ein Akteur sieht die Gefahr der Entwertung alter Menschen: «Das ist ein zentraler Punkt: Was ist man bereit zu investieren, und welche Wertschätzung ist man bereit, diesen Menschen zu geben, die ihr Leben gelebt haben.» Ein Akteur merkt an: «Technik soll im Dienst des Menschen stehen und es sollte verhindert werden, dass der Mensch Opfer der technischen Entwicklung wird.» Gruppendiskussion Die Gruppe diskutierte sehr intensiv die Bedingungen, unter denen der Einsatz von sozial-interaktiven Robotern denkbar wäre. Alle Teilnehmenden waren der Meinung, dass der Sinn und Zweck des Einsatzes von Robotern von allen Beteiligten genau eruiert werden muss. Es müssen alle Beteiligten zusammen diskutieren und die Fakten abwägen und gemeinsam entscheiden: «So ist es auch bei der [Therapie-]Robbe. Sie darf nicht einfach eingesetzt werden, sondern es muss Sinn und Zweck haben. Der Sinn und Zweck müssen ganz klar überprüft werden.» Ein anderer Teilnehmer gab zu bedenken: «Nur weil eine neue Technik vorhanden ist, muss sie für Menschen mit Einschränkungen nicht von Nutzen sein.» Wichtig war den Teilnehmenden, dass Kulturunterschiede zwischen Japan, wo viele Prototypen schon heute eingesetzt werden, und der Schweiz bedacht werden sollten. Eine Teilnehmerin merkte an: «Ich finde es immer schwierig, so einen Kulturtransfer zu machen.» Entscheidend ist auch, auf die Individualität der einzelnen Menschen einzugehen: «Jeder Mensch ist verschieden, und es ist sehr individuell, ob man das interessant findet oder nicht.» Ein anderer Teilnehmer gab zu bedenken, dass die

154 128 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Bedürfnisse der Menschen/Patienten hinsichtlich Berührung, Unterhaltung und Kontakt individuell sehr unterschiedlich sind. Der Einsatz von Robotern wirft viele ethische Fragen auf. Aus Sicht der Akteure muss vor dem Einsatz von Robotern die Frage beantwortet werden: «Wenn Personal fehlt, kann, darf und soll man Beziehungen durch Maschinen simulieren?» Abschliessend stellte ein Teilnehmer eine grundsätzliche Frage und beantwortete sie für sich selbst: «Ist das ein notwendiges Übel, das auf uns zukommt? Vielleicht wird es so kommen [müssen], wenn man sich die Demografie anschaut und wir müssen das Beste draus machen.» Gewichtung der wichtigsten Aspekte Als letzte Aufgaben sollten die Befragten gewichten, welche Aspekte ihnen von allen genannten Punkten persönlich am wichtigsten sind und von der Politik in Zukunft unbedingt beachtet werden sollten. Jeder Teilnehmende konnte fünf Punkte vergeben. Die Vorzeichen +, bzw. = zeigen an, ob der Aspekt positiv (+), negativ ( ) oder eher als Bedingung (=) für den Einsatz von Robotern in Betreuung und Gesundheitsversorgung gesehen werden kann. In den Klammern dahinter steht die Häufigkeit, mit welcher der Aspekt von den Teilnehmenden als bedeutsam bewertet wurde: (=) Keine Unterstützung durch Robotik bei Mangel an Betreuungskräften, kein Ersatz für Personal, keine Legitimation für noch kleinere Betreuungsschlüssel (10) (+) Roboter als Helfer zur Unterstützung von Bewegungen (5) (+) Roboter zur selbstbestimmten Unterstützung (5) ( ) Gefahr der Entfremdung in der Gesellschaft zwischen Mitgliedern die «funktionieren» und die «nicht funktionieren» (4) ( ) Gefahr der sozialen Verarmung (3) (=) Verantwortung übernehmen und nicht auf Technik abschieben (3) (=) Es entstehen neue Abhängigkeiten durch Technik, die es zu bedenken gilt (2) (+) Robotik als Anschub, Ergänzung und als gemeinsamer Kontaktpunkt (2) ( ) Gefahr der Entwertung des Menschen (1)

155 Bedarfsanalyse: Einstellungen und Bedürfnisse der Akteure Resumee der Bedarfsanalyse Die Ergebnisse der drei Fokusgruppen zeigen, dass die Einstellung der befragten Akteure gegenüber Robotern je nach Autonomiegrad der Geräte sehr unterschiedlich ist. Das bestätigt die Resultate der EU-Studie von Butter et al. (2008), die zum Schluss kommt, dass die Bedenken der Akteure mit zunehmendem Grad der Geräteautonomie zunehmen (geringe Bedenken bei passiven Assistenzsystemen wie Reha-Roboter, mittlere Bedenken bei Service- und Monitoringsystemen und grosse Bedenken gegenüber halbautonomen bzw. autonomen Geräten, die in Interaktion mit nicht professionellen Nutzern treten können). Ferner lassen sich Unterschiede in der Akzeptanz von professionellen und nichtprofessionellen Nutzern unterscheiden. Nicht professionelle Nutzer interessiert vor allem der individuelle und praktische Nutzen. Professionelle Nutzer diskutieren auch die Auswirkungen von Robotik auf die psychosoziale Dimension ihrer Arbeit, auf ethische Fragen, Arbeitsbedingungen und das Selbstverständnis des Berufes. Roboter können einerseits als Entlastung und Erweiterung von Möglichkeiten, aber auch als Konkurrenz betrachtet werden. Ein zentrales Bedürfnis der befragten Akteure ist, dass der Mensch im Mittelpunkt bleibt und direkte Interaktion und zwischenmenschliche Beziehungen nicht durch Technik ersetzt werden dürfen. Robotik soll zur Unterstützung und Entlastung und nicht als Ersatz für den Menschen genutzt werden. Das gesellschaftliche Problem der Personalknappheit im Gesundheitswesen soll und darf nicht unreflektiert mit dem zunehmenden Einsatz von Technik gelöst werden. Ebenso müssen Sinn und Nutzen des Technikeinsatzes hinterfragt werden. Eine weitere Befürchtung vieler Akteure besteht darin, dass die Verantwortung und die Verbindlichkeiten an die späteren Nutzer abgegeben werden. Es wird das Risiko gesehen, dass Politiker, Versorgungsverantwortliche und Kostenträger Entscheidungen ohne Einbezug der Health-Professionals und Betroffenen treffen. Es müssten deshalb aus Sicht der Experten rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen, Sicherheits- und Haftungsfragen geklärt und Geräte vor dem Einsatz von unabhängiger Stelle in ethischer Hinsicht begutachtet werden.

156

157 7 Identifikation der Schlüsselfaktoren und Formulierung von Thesen Einen wichtigen Schritt der Studie stellte die Identifikation der Schlüsselfaktoren dar. Dabei lag der Fokus auf denjenigen Faktoren, die in den nächsten Jahren einen wesentlichen Einfluss auf den Bereich Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung ausüben sogenannte Schlüsselfaktoren. Für die Bestimmung der Schlüsselfaktoren wurden alle bisherigen Projektergebnisse der Ist- und Umweltanalyse sowie der Akteursbefragung herangezogen. In einem internen interdisziplinär zusammengesetzten Projektworkshop wurden diese Ergebnisse diskutiert und sieben Schlüsselfaktoren herausgearbeitet, die für den Einsatz von Robotik in der Betreuung und Gesundheitsversorgung entscheidend sind. 1. Schlüsselfaktor Nutzen: Darunter wird der zweckdienliche Wert für und aus der Sicht der professionellen und nicht professionellen Anwender verstanden. 2. Schlüsselfaktor Wirtschaft: Der Schlüsselfaktor Wirtschaft beschreibt ökonomische Rahmenbedingungen wie Kostenentwicklung, Finanzierung, Personalbedarf als wesentliche Einflussfaktoren auf die Entwicklung und Verbreitung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. 3. Schlüsselfaktor Recht: Darunter werden der rechtliche Rahmen und alle Normen (Verfassung, Gesetze, Verordnungen etc.) verstanden, welche die Anwendungen und Folgen der Robotik betreffen. 4. Schlüsselfaktor Ethik: Darunter werden alle Regelungen und Empfehlungen verstanden (z.b. medizinisch-ethische Richtlinien der SAMW, Berufsethiken der Gesundheitsberufe, Forschungsethik), welche die Anwendungen und Folgen der Robotik betreffen. 5. Schlüsselfaktor Akzeptanz: Dieser Schlüsselfaktor beschreibt (fördernde und hemmende) Aspekte, die Einfluss auf die Akzeptanzentwicklung der Akteure im Bereich Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung haben. 6. Schlüsselfaktor Gesellschaft: Darunter werden gesellschaftliche Rahmenbedingungen zusammengefasst wie die demografische Entwicklung, die Unterversorgung mit qualifiziertem Gesundheitspersonal und das

158 132 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Gesundheitsverständnis, die auf den Bereich Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung wirken. 7. Schlüsselfaktor Technik: Der Schlüsselfaktor Technik umfasst Robotik, die mit grosser Wahrscheinlichkeit im Untersuchungszeitraum zur Anwendung in Gesundheitsversorgung und Betreuung kommen wird, sowie die Faktoren, welche die technische Entwicklung und Zulassung beeinflussen. Zu jedem einzelnen Schlüsselfaktor wurden ein bis zwei Thesen formuliert und im Rahmen eines Expertenworkshops beurteilt. Tabelle 4: Übersicht über die Schlüsselfaktoren und die dazugehörigen Thesen Schlüsselfaktoren Wirtschaft, Gesellschaft Thesen 1. Durch den zunehmenden Mangel an Arbeitskräften im Gesundheitssektor geht kein Weg am Einsatz von Robotik vorbei. Wirtschaft 2. Robotik im Gesundheitswesen wird die Versorgungskosten langfristig steigern. Nutzen 3. Der Staat muss gewährleisten, dass auch kleine Nutzergruppen von den Entwicklungen im Bereich Robotik profitieren können. Ethik Akzeptanz Akzeptanz, Gesellschaft 4. Für nachweislich wirksame und zweckmässige Geräte muss die Zugangsgerechtigkeit gesichert werden. 5. Es müssen vor allem die professionellen Nutzer vom Einsatz von Robotik überzeugt sein, damit diese sich verbreiten kann. 6. Der Einsatz von Robotik wird vermehrt zwischenmenschliche Kontakte ermöglichen und diese nicht reduzieren. Ethik 7. Der Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung muss anhand verbindlicher ethischer Richtlinien situationsspezifisch beurteilt und ggf. untersagt werden.

159 Identifikation der Schlüsselfaktoren und Formulierung von Thesen 133 Gesellschaft Recht Gesellschaft 8. Die Forschung und Entwicklung von Robotik darf nicht allein technikgetrieben sein, sondern muss sich am Bedarf der Gesellschaft orientieren. 9. Bevor teilautonome und autonome Geräte zum Einsatz kommen können, sind neue rechtliche Regelungen nötig, z.b. in Bezug auf Haftung, Sicherheit, Datenschutz, Patientenrechte, Menschenwürde. 10. Durch den Einsatz von Robotik im häuslichen Bereich wird zunehmend Verantwortung auf den Patienten und seine Angehörigen übertragen.

160

161 8 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse Übergeordnetes Ziel des Expertenworkshops war es, eine analytische Reflexion und Bewertung der Ergebnisse aus den Ist- und Trendanalysen und den Akteursbefragungen zu bekommen. Dafür wurden die ermittelten Schlüsselfaktoren und die dazugehörigen Thesen an die teilnehmenden Experten des Workshops vorab verschickt. Die Meinungen und Informationen der Experten zu den Schlüsselfaktoren und Thesen sind eine wichtige Grundlage für die Entwicklung der Szenarien und die Empfehlungen an Entscheidungsträger. 8.1 Teilnehmende des Expertenworkshops In Orientierung an den Schlüsselfaktoren wurden jeweils zwei Experten aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Ethik, Technik und Recht zum Workshop eingeladen. Jeder Experte sollte Informationen und Meinungen aus dem jeweiligen Fachgebiet einbringen. Folgende Personen wurden eingeladen: Prof. Trudi Beck, Dozentin, Departement Soziale Arbeit, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Caroline Brugger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Academy of Swiss Insurance Medicine (asim). Dr. Markus Breuer, Leiter Fachbereich Bildung, Dialog Ethik Interdisziplinäres Institut für Ethik im Gesundheitswesen. Prof. Dr. Urs Brügger, Institutsleiter, Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG), School of Management and Law, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Prof. Dr. Roger Gassert, Assistenzprofessor für Rehabilitationswissenschaften an der ETH Zürich, Institut für Robotik und Intelligente Systeme. Dr. med. Daniel Grob, Medizinischer Direktor und Chefarzt der Klinik für Akutgeriatrie Stadtspital Waid, Zentrale Ethikkommission. Dr. Rudolf M. Füchslin, ZAMP Center for Applied Mathematics and Physics, School of Engineering, ZHAW. Rolf Meyer, Leiter Leistungsabwicklung, Sanitas Krankenkasse.

162 136 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Dr. Denise Rüegg, Direktorin der Zentralstelle für Medizinaltarife, SUVA. Prof. Dr. Hans Vogel, Professor für Politikwissenschaft und Zeitgeschichte, Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG), School of Management and Law, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Erika Ziltener, Präsidentin Dachverband Schweizerischer Patientenstellen. Kurzfristig absagen mussten: Dr. Jürg Müller, Leiter des Rechtsdiensts des Universitätsspitals Basel. Bea Heim, Nationalrätin, Kanton Solothurn. Frau Heim schickte eine schriftliche Stellungnahme. Bei der Auswertung des Workshops wurde entschieden, Herrn Dr. Müller nachträglich mündlich zu befragen. Der Expertenworkshop fand am Donnerstag, 19. Januar 2012, von 13 bis 17 Uhr am Departement Gesundheit der ZHAW statt. Der Workshop gliederte sich in zwei Teile. Im ersten Teil wurden die zehn Thesen in zwei Kleingruppen diskutiert. Gruppe 1 diskutierte die Thesen 1 bis 5 und Gruppe 2 die Thesen 6 bis 10. Um sicherzustellen, dass jede These bearbeitet wird, wurden sogenannte «Thesen-Champions» ernannt. Jedem Experten wurde eine These zugeordnet. Aufgabe der Thesen-Champions war es, die Verantwortung zur Sammlung der Pround Kontra-Argumente dieser These zu übernehmen. Im zweiten Teil stellte der verantwortliche Thesen-Champion die Argumentation seiner Kleingruppe zur These dem Plenum vor. Die andere Gruppe hatte jetzt Gelegenheit, ihre Argumente in die Diskussion einzubringen. Das Plenum besprach die Thesen zuerst, die in den Kleingruppen am kontroversesten diskutiert wurden. 8.2 Meinungen der Experten zu den Thesen Im Folgenden werden die Meinungen der Experten zu den Thesen beschrieben, ihre Hauptargumente oder Hauptdiskussionspunkte, welche sich im Expertenworkshop herauskristallisiert haben. Um ein umfassendes Bild der Expertenmeinungen zu bekommen, machten die Experten zu Beginn des Workshops auf einer Skala ihre Zustimmung oder Ablehnung zu den einzelnen Thesen deutlich.

163 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse These 1 Durch den zunehmenden Mangel an Arbeitskräften im Gesundheitssektor geht kein Weg am Einsatz von Robotik vorbei. Dem steigenden Bedarf an Versorgung v.a. älterer Menschen steht bereits jetzt ein Mangel an qualifizierten Gesundheitsfachkräften in der Schweiz gegenüber, der bislang durch Migration ausgeglichen wurde. In Zukunft wird man allein durch Ausbildung und Migration den Bedarf nicht decken können und zusätzlich auf technische Unterstützungssysteme wie Robotik zurückgreifen müssen, z.b. um Pflegekräfte, Therapeuten und Ärzte zu entlasten und um die Autonomie im Alter zu stärken. Quellen: PESTEL-Analyse, Akteursbefragung, Butter et al., 2008 Meinungsbild der Experten Die Meinungen der Experten gehen weit auseinander. Vertreter der Wirtschaft und Technik stimmen der These eher zu, Vertreter aus den Bereichen Recht und Gesellschaft lehnen die These eher ab. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Die Vertreter der Wirtschaft sind der Meinung, dass Robotik durchaus als Rationalisierungsinstrumente genutzt werden können. Insgesamt werden Roboter als eine positive Sache gesehen: Der Roboter kann als Verlängerung der menschlichen Fähigkeiten/des Körpers gesehen werden. Herr Dr. Füchslin als Vertreter der Technik merkt an, dass Robotik auch grosses Potenzial hat als Verbreiterung der Rekrutierungsbasis, z.b. als Unterstützung bei mechanischen/schweren Arbeiten in der Pflege. Die Argumente für die Zustimmung der These waren jedoch nicht nur wirtschaftlicher Natur. Als Beispiel wurde der Da-Vinci-Operationsroboter genannt. Mit dem Einsatz des Da-Vinci-Operationsroboters soll die Qualität gesteigert werden, d.h., es soll möglich werden, besser, schneller, präziser, mit weniger Fehlern und über grosse Distanzen operieren zu können. Aber das Kosten-Nutzen-Verhältnis ist nicht klar. Es ist fast ein Zwang, einen Roboter im Spital zu haben, «der Roboter definiert, wie es aussieht». Die Gründe für die Anschaffung eines Da-Vinci-

164 138 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Operationsroboters sind unterschiedlich: Einerseits verlangen es die Patienten, andererseits gehört es zum guten und fortschrittlichen Image, einen Operationsroboter zu haben. Soziale Faktoren spielen eine Rolle: Ein Nutzen des Da-Vinci- Operationsroboters ist auch, dass er «cool ist». Der Roboter scheint umstritten zu sein. Eine genauere Definition von Robotik (Begriffsklärung) und ihrer Zielgruppen wurde von den Teilnehmenden gewünscht. Das Feld der Robotik sei sehr breit und ein unklares gemeinsames Begriffsverständnis erschwere es, allgemeingültige Aussagen zu den Thesen finden zu können. Nicht alle Roboter korrelieren mit Arbeitsplatzabbau. Wenn durch den Einsatz von Robotern neue Therapiekonzepte und Leistungen entstehen, werden auch neue Arbeitsplätze geschaffen. Mit dem Einsatz von Robotern schafft man auch neue Bedürfnisse, die letztendlich von Patienten eingefordert werden. Experten, welche die Thesen ablehnten, gaben als Hauptargumente an, dass gewisse Dienstleistungen, z.b. die Pflege, nicht vollumfänglich von Robotern übernommen werden können. Ein Experte merkte insbesondere an, dass Zwischenmenschlichkeit durch Roboter nicht ersetzt werden kann. Auch im Plenum wurde diese These diskutiert. Alle anwesenden Experten vertraten die Meinung, dass Robotik den Menschen eher unterstützen, aber nicht ersetzen sollten. Frau Prof. Beck lehnt die These ab. Robotik zur Unterstützung befürwortet sie, aber nicht als Ersatz für den Menschen. Aus Sicht hochbetagter Menschen ist es wichtig, dass man den Personalmangel im Gesundheitswesen anders angeht. Man muss einen anderen Weg finden und den Personalmangel gesundheitspolitisch lösen. Frau Ziltener lehnt These 1 ebenfalls ab, mit der Begründung, dass neue Modelle für Ärzte und Demenzkranke entwickelt werden sollten. Die Veränderungen müssen bewältigt werden, jedoch nicht nach dem Vorbild aus den Niederlanden, wo «Dörfer für Demenzkranke» geschaffen wurden. Herr Dr. Breuer merkt an, dass er nicht in einer Gesellschaft leben möchte, in der Zwischenmenschlichkeit durch Maschinen ersetzt wird. Herr Dr. Füchslin sieht den Technikeinsatz positiv. So könnte er sich vorstellen, dass es weniger krankheitsbedingte Ausfälle geben wird, wenn Pflegekräfte dadurch in ihrer Arbeit entlastet und unterstützt werden.

165 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse These 2 Robotik im Gesundheitswesen wird die Versorgungskosten langfristig steigern. Der Einsatz von Robotik bedeutet zunächst hohe Investitionskosten, die sich aber kaum durch die Reduktion von Arbeitskraft amortisieren, da die Geräte das Personal eher unterstützen als ersetzen werden. Technische Geräte verursachen ausserdem neuen Aufwand, u.a. durch Entwicklung, technischen Service, Hotline, Beratung sowie Schulung. Sie wecken neue Bedürfnisse und können deshalb Zusatzkosten erzeugen. Es besteht ausserdem das Risiko, dass wie bei anderen Hilfsmitteln nur ein Bruchteil tatsächlich genutzt wird, da die Geräte entweder den Bedarf nicht treffen, nicht praktikabel sind oder zu Stigmatisierung führen. Quellen: Akteursbefragung, Butter et al., 2008; Cuhls & Kimpeler, 2008; Dijcks et al., 2006; Morrison et al., 2007; Westlake & Patten, 2009 Meinungsbild der Experten Das Meinungsbild zeigt, dass der überwiegende Teil der Experten der These zustimmt, d.h., dass die meisten befragten Experten davon ausgehen, dass der Einsatz von Robotik die Versorgungskosten im Gesundheitswesen langfristig steigern wird. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Die Entwicklung im Bereich Robotik ist technikgetrieben und schreitet schnell voran. Die Abschreibungen technischer Geräte in der Medizin erfolgen sehr kurzfristig und deren Kosten werden den bisherigen Kosten hinzugefügt. Das führt dazu, dass die Gesundheitskosten weiter steigen. Zwar könnten in Einzelfällen die Kosten durch den Einsatz von Robotik gesenkt werden, aber insgesamt wird seitens der Experten erwartet, dass die Kosten langfristig steigen. Daher wird es auch zu Rationalisierungen durch den Einsatz von Robotik kommen, da ein Roboter billiger ist als ein Mensch, z.b. bei computergestützten Therapien.

166 140 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Andererseits können nach Meinung der befragten Experten durch den Einsatz von Robotik weitere Jobs entstehen und neue Berufsbilder in der Medizin generiert werden z.b. Softwareentwickler oder Ingenieure These 3 Der Staat muss gewährleisten, dass auch kleine Nutzergruppen von den Entwicklungen im Bereich Robotik profitieren können. Hilfsmittel und Prothesen bieten zum Beispiel für Menschen mit Behinderungen ein grosses Potenzial zur Alltagserleichterung und Partizipation. Sie sind jedoch wirtschaftlich kaum realisierbar, da der Bedarf sehr individuell ist und die Nutzergruppen klein sind. Es muss eine gezielte Förderung durch den Staat gewährleistet werden, etwa durch Forschungsförderung, Anschubinvestitionen und Kostenübernahme z.b. durch die IV. Ohne eine staatliche Förderung und Finanzierung werden nur Geräte auf den Markt kommen, für die ein grosser Bedarf besteht. Für kleine potenzielle Nutzergruppen werden keine Produkte entwickelt, obwohl der individuelle und gesellschaftliche Nutzen gleich gross oder sogar grösser sein könnte. Quellen: Akteursbefragung, Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes Österreich, 2009 Meinungsbild der Experten Das Meinungsbild der Experten zu These 3 zeigt eine breite Streuung: Vertreter der Bereiche Ethik, Technik und Recht stimmen der These zu, während Vertreter der Wirtschaft, Politik und Gesellschaft sie eher ablehnen. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Aus Sicht der Experten aus dem Bereich Technik können durch gezielte Forschungsförderung breite Plattformlösungen geschaffen werden. Der Staat kann durch Leitlinien indie technische Entwicklung eingreifen und beeinflussen, auf welche Art und Weise Technologien gefördert werden. Aus Sicht der Experten ist die Platzierung staatlicher Fördergelder entscheidend.

167 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse 141 Die These könnte auch bedeuten, dass der Staat zunehmend in die Behandlung eingreift und damit die Behandlungsautonomie schwächt. Heute ist es so, dass Behandlungsautonomie und Diagnostik grösstenteils beim Patienten und beim Arzt liegen. Eine Befürchtung der Experten ist es auch, dass eine zu starke staatliche Regulierung den Wettbewerb und die Innovationsfähigkeit beeinträchtigt. Schon heute gibt es Therapiemöglichkeiten für seltene Krankheiten und Behandlungen, die in der Schweiz noch nicht verfügbar sind. Da könnte der Staat eingreifen, indem er den Patienten ermöglicht, die Therapie im Ausland zu beziehen. Der Staat schafft damit die Möglichkeit, bezahlen muss der Patient selbst. Das lässt sich gegebenenfalls auf Robotik übertragen. Die Experten waren sich einig, dass der Staat sicherstellen muss, dass alle gut versorgt sind. Ähnlich wie der Staat dafür sorgen muss, dass alle öffentlichen Gebäude barrierefrei zugänglich sind, z.b. indem für Rampen und Zugänge für Rollstuhlfahrer gesorgt wird These 4 Für nachweislich wirksame und zweckmässige Geräte muss die Zugangsgerechtigkeit gesichert werden. Bisher gibt es kaum fundierte Erkenntnisse über die Wirksamkeit und das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung wie z.b. Trainingsroboter, Telepräsenzrobotik, Hilfsmittel und Assistenzrobotik. Experten fordern deshalb Health Technology Assessments (HTA), um Vor- und Nachteile sowie Kosten und Nutzen der Geräte zu ermitteln. Sollten sich Geräte als wirksamer und nutzbringender erweisen als die bisherige Versorgung, muss aus ethischen Gründen ein gerechter Zugang dazu gewährt werden. Hierfür ist es nötig, die Finanzierung respektive Tarifierung von Leistungen von Robotik sicherzustellen. Quellen: Akteursbefragung, Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes Österreich, 2009

168 142 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Meinungsbild der Experten Das Meinungsbild der Experten ist sehr deutlich. Fast alle Experten stimmen These 4 zu. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Obwohl sich die Experten bei der Bewertung dieser These weitgehend einig waren, wurde sie sehr intensiv in der Kleingruppe diskutiert. Für die anwesenden Experten liegt es auf der Hand: Wenn eine Technik wirksam und zweckmässig ist, dann muss sie auch für alle, d.h. für die Gesellschaft insgesamt, zugänglich sein und niemand darf ausgeschlossen werden. Trotzdem merkten einige Experten an, dass eine Technik am Anfang oft nicht für alle zugangsgerecht ist. Zugangsgerecht heisst, dass jeder bekommt, was er braucht. Das ist schwer zu realisieren, da der Kostenfaktor immer eine entscheidende Rolle spielt. Aus Sicht der Experten würde die These bedeuten, dass man Robotik erst dann einsetzen darf, wenn die Zugangsgerechtigkeit gewährleistet ist. Das hätte jedoch Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit und würde diese hemmen. Jede medizinische Innovation ist am Anfang nicht für alle zugänglich. Deshalb muss es heissen, dass Zugangsgerechtigkeit «angestrebt» und nicht «gewährleistet» werden soll. Es sollte diskutiert werden, was notwendig und was Luxus ist. Auch im Plenum regte die These eine Diskussion an. Frau Ziltener erklärte: «Wenn die Wirkung nachgewiesen ist, dann muss es in die Grundversorgung und die Gesellschaft trägt die Kosten.» Herr Dr. Breuer forderte, dass sich die Gesellschaft entscheiden muss, was sie unter Zugangsgerechtigkeit versteht und was sie möchte. Herr Meyer fragt, wo denn der Gesetzgeber den Strich ziehen soll. Herr Dr. Grob stellt fest, dass oft Technologien entwickelt werden und dabei nicht über die Folgen diskutiert oder diese nicht beachtet werden These 5 Es müssen vor allem die professionellen Nutzer vom Einsatz von Robotik überzeugt sein, damit diese sich verbreiten kann. Nicht professionelle Nutzer sehen im Einsatz von Robotik vor allem den praktischen und direkten individuellen Nutzen für sich selbst. Professionelle Nutzer

169 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse 143 betonen hingegen neben dem praktischen Nutzen auch andere Aspekte ihrer Arbeit wie die psychosoziale Dimension, ethische und rechtliche Aspekte und individualisierte Leistung. Sie bewerten Robotik eher kritisch. Roboter werden als Konkurrenz gesehen und mit Arbeitsplatzabbau sowie Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in Verbindung gebracht. Quellen: Akteursbefragung, Connette et al., 2008; Lau & van Est, 2009 Meinungsbild der Experten Die meisten Aussagen von Experten sammelten sich in der Mitte des Meinungsspektrums. Damit lässt sich keine klare Aussage treffen, inwieweit die Experten der Meinung sind, ob vor allem die professionellen Nutzer vom Einsatz von Robotik überzeugt werden müssen, damit dieser sich verbreitet oder nicht. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Der Einfluss darauf, welche Geräte wann und wo eingesetzt werden, ist unterschiedlich. Für ärztliche Hightech-Medizin wie den Da-Vinci-Operationsroboter ist der Arzt zuständig (Handlungsautonomie des Arztes). Er gibt damit den Behandlungspfad vor. Bei pflegerischen Massnahmen entscheidet die Pflege und der Patient ist «näher dran». Nach Ansicht der befragten Experten kann der Patient hier ein Stück weit mitentscheiden. Es stellt sich die Frage, wieviel Kompetenz es braucht, entscheiden zu können, welche Technik eingesetzt wird? Und wer entscheidet, wenn es der Patient nicht mehr kann? Heute sind es die Angehörigen oder die Heimleitung. Eine Verbreitung von Robotik ist auch abhängig vom Finanzierungsmodus. Für die Krankenversicherer ist es entscheidend, wie zweckmässig, wirksam und wirtschaftlich eine Technik ist. Bei einem Nachweis dieser Kriterien könnten die Leistungen über die obligatorische Krankenpflegeversicherung abgegolten werden. Die Experten vermuten, dass Roboter im häuslichen Bereich (z.b. bei der Spitex) weniger Verbreitung finden könnten, da dort die Zwischenmenschlichkeit stärker im Vordergrund steht als im Spital. Im Spital können Leistungen wie Transport, Medikamentenverteilung etc. von Robotern ausgeführt werden.

170 144 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung These 6 Der Einsatz von Robotik wird vermehrt zwischenmenschliche Kontakte ermöglichen und diese nicht reduzieren. Durch den Einsatz von Medien wie Fernsehen, Internet, Smartphones und Social Media und durch einen veränderten Lebensstil reduzieren sich die direkten Kontakte zwischen Menschen. Dieser Trend wird durch Telepräsenzrobotik, Unterhaltungsrobotik wie Robotertiere und Roboter-Nannys noch verstärkt. Es gibt allerdings einige Autoren, welche die Chance sehen, Menschen durch Robotik so zu entlasten, dass sie mehr Zeit für direkte Kontakte haben, oder Robotik so zu nutzen, dass zusätzliche, wenn auch nicht direkte Kontakte ermöglicht werden. Quellen: Dautenhahn, 2007; Gemperle et al., 2003; Melson, 2010; Sharkey & Scharkey, 2010; Stiehl et al., 2009 Meinungsbild der Experten Die Meinungen der Experten gehen bei These 6 stark auseinander. Einige Experten denken, dass der Einsatz von Robotik zwischenmenschliche Kontakte fördert und einige sind der gegenteiligen Auffassung. Dazu beigetragen haben könnte der Umstand, dass der Begriff Robotik bei den Experten unterschiedlichste Assoziationen auslöste. Unter Robotik konnte demzufolge ein Pflegeroboter verstanden werden, welcher die menschliche Pflegekraft ersetzt oder aber ein Telepräsenzroboter, welcher zwischenmenschliche Kontakte unterstützen kann. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Experten erhoben Widerspruch zur These und merkten an, dass sie bereits wertend formuliert sei und impliziere, dass der Einsatz von Robotik grundsätzlich zwischenmenschliche Kontakte reduziere. Falls die Mobilität von Menschen ermöglicht oder gesteigert werden kann, sehen die Experten einen grossen Nutzen in der Robotik. Allerdings sei dabei stets der Aspekt der Teilhabe zu beachten. Woran kann eine z.b. dank Robotik nun mobilere Person teilhaben (z.b. Arbeitswelt?) und ist Mobilität und damit mehr Autonomie effektiv immer und für alle Personen wünschenswert? Diese Fragen konnten nicht abschliessend beantwortet werden.

171 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse 145 Als kritischer Punkt wurde angemerkt, dass die Fürsorge von Personen nicht technologisiert werden dürfe. Die direkten zwischenmenschlichen Kontakte seien in vielen Betreuungssituationen nicht ersetzbar. Hier wurde entgegnet, dass der Mensch an sich zwar nicht ersetzbar sei, gewisse menschliche Aktivitäten allerdings schon. So sei z.b. das Hochheben von Patienten im Spital mittels Bettenliften eine grosse Entlastung für die Pflegekräfte. Ausserdem können technische Systeme wie beispielsweise und Skype Kontakte zwischen Menschen (z.b. über grosse Distanzen) überhaupt erst ermöglichen. Insgesamt wurde mehrheitlich die Meinung vertreten, dass Robotik die Menschen unterstützen, allerdings nicht ersetzen können. Im Plenum wurde festgestellt, dass technologische Innovationen nicht immer zu den vorhersehbaren Auswirkungen und Anwendungen führen, sondern sich vielfältig weiterentwickeln können. Als Beispiel wurde die Entwicklung des Personal Computers (PC) genannt, welcher ursprünglich zu Zeitersparnissen respektive mehr Freizeit für den Anwender führen sollte. Verändert hat sich allerdings v.a. die Produktivität und nicht die arbeitsfreie Zeit These 7 Der Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung muss anhand verbindlicher ethischer Richtlinien situationsspezifisch beurteilt und gegebenenfalls untersagt werden. Der Einsatz von Robotik hängt nicht allein von technischen und wirtschaftlichen Aspekten ab, sondern berührt das Zusammenleben der Menschen und die Werte der Gesellschaft. Die Beachtung der ethischen Prinzipien Autonomie, Schutz vor Schaden, Fürsorge, Gerechtigkeit ist zentrale Bedingung für den Einsatz von Robotik. Mit dem Grad der sozialen Interaktivität und der Autonomie der Robotik steigen die ethischen Bedenken, weshalb diesen Geräten besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Quellen: Akteursbefragung, Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes Österreich, 2009

172 146 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Meinungsbild der Experten Die Experten sind sich mehrheitlich einig, dass es verbindliche ethische Richtlinien braucht, um den Einsatz von Robotik in der Gesundheitsversorgung beurteilen und gegebenenfalls untersagen zu können. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Dass es verbindliche ethische Richtlinien braucht, trifft auf Zustimmung aller. Die konkrete Ausgestaltungsform, die herausgebende Stelle und der Grad der Verbindlichkeit der ethischen Richtlinien sind noch zu diskutieren. Die ethischen Bedenken können von Gerät zu Gerät und von Patient zu Patient unterschiedlich hoch sein. Wer entscheidet z.b. für eine Person, welche sich aufgrund einer fortgeschrittenen Demenz nicht mehr selbst für eine telemedizinische Überwachung aussprechen kann? Herr Dr. Breuer identifizierte und erwähnte drei aus seiner Sicht relevante ethische Problemkreise: Leiblichkeit, Autonomie, Freiheit, gesellschaftliche Teilhabe, Recht auf Fürsorge, Zuschreibung von Verantwortung. Diese drei Problemkreise könnten zusätzlich nach Applikationsebene (respektive Anwendungsbereich) differenziert betrachtet werden. Die drei Applikationsebenen, welche Herr Dr. Breuer identifiziert, sind: häusliche Anwendung (z.b. Überwachung Blutdruck), korporale Anwendungen (z.b. invasive, pflegerische Anwendungen), interkorporale Anwendungen (z.b. Steuerung des Menschen). Auf jeder Applikationsebene können die ethischen Problemstellungen der Anwendung unterschiedlich sein. Ein grosses Spannungsfeld wird laut den Experten aufgrund des Umstandes gesehen, dass die marktwirtschaftlichen Interessen der Industrie (Entwickler, Hersteller und Vertrieb von Robotik) auf sehr vulnerable Personen (Kunden/Nutzer) treffen. Die ethischen Richtlinien allein genügen nicht, da sie letztlich schwer durchsetzbar sind. Sie bilden aber eine unabdingbare Grundlage, um die

173 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse 147 rechtlichen Rahmenbedingungen für den Einsatz der Robotik inhaltlich zu gestalten. In diesem Sinne müssen die ethischen Richtlinien in demokratisch legitimiertes Recht umgewandelt werden. So kann die gesellschaftliche Umsetzung der Rechte erwirkt werden. Der Umfang des Markteingriffes respektive der Marktbeschränkung in Form von Gesetzgebung durch den Staat konnte im Workshop nicht festgelegt werden. Es wurde von verschiedenen Seiten gefordert, dass die Gesellschaft selbst das Ausmass des Marktes und des Wettbewerbs bestimmen soll (z.b. über politische Prozesse). Auf der anderen Seite wurde angemerkt, dass das Krankenversicherungsgesetz (KVG) durch die Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit (WZW) den Markt bereits ausreichend reguliere. Die ethische Legitimierung sei dadurch allerdings nicht gegeben, wurde von anderer Seite eingewendet. Eine spannende Anmerkung kam von einem Technikvertreter: «Ist es tatsächlich möglich, Richtlinien für zukünftige Innovationen zu entwickeln?» Die Schnelllebigkeit und Innovationskraft im Bereich Technik erschwert es, griffige Richtlinien und Gesetze zu erlassen, welche nicht bereits in kurzer Zeit schon wieder veraltet sind. Zukünftige Richtlinien sollten diesem Umstand in geeigneter Weise Rechnung tragen. Die Zertifizierung von Geräten und Anwendungen wäre eine weitere ergänzende Massnahme, mit welcher geprüfte respektive legitimierte Geräte identifiziert werden könnten. Roboter, welche gewisse Kriterien/Bedingungen erfüllen (z.b. auch in ethischer Hinsicht), würden mit einer Zertifizierung versehen. Dies würde für den Nutzer eine gewisse Sicherheit und Kontrolle bringen. Dafür würde eine legitimierte Zertifizierungsstelle nötig These 8 Die Forschung und Entwicklung von Robotik darf nicht allein technikgetrieben sein, sondern muss sich am Bedarf der Gesellschaft orientieren. Technikdeterminismus führt dazu, dass grosse Ressourcen eingesetzt werden, um Geräte zu entwickeln, die z.t. am Bedarf der Menschen vorbeigehen, sich im Alltag als nicht praktikabel erweisen und deshalb nicht genutzt werden. Neben Investitionen in die Grundlagenforschung sollten deshalb die anwendungsbezogene, interdisziplinäre und partizipative Forschung und Entwicklung, Health

174 148 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Technology Assessment, Versorgungsforschung und Forschung zu sozialen Auswirkungen unterstützt werden. Quellen: Butter et al., 2008; Cohen-Mansfield & Biddison, 2007; Dijcks et al., 2006; Forlizzi et al., 2005; Harmo et al., 2005; Nejat, Nies & Sexton 2010; Sabanovic, 2010; Wada et al., Meinungsbild der Experten Die Mehrheit der Experten ist der Meinung, dass sich die Forschung und Entwicklung von Robotik am Bedarf der Gesellschaft ausrichten soll und nicht allein technikgetrieben sein darf. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Das Wort Bedarf wurde bei einigen Experten direkt mit dem ökonomischen Begriff des Bedarfs (im Sinne von Nachfrage) in Verbindung gebracht. Es wurde daher vorgeschlagen, von Bedürfnissen zu sprechen. Die Auftraggeber von Forschung und Entwicklung können Vertreter unterschiedlichster Anspruchsgruppen sein. Sowohl Industrie, Leistungserbringer, Patientenorganisationen usw. können ein Forschungsprojekt selbst durchführen oder in Kooperation mit Universitäten und Fachhochschulen initiieren. Prof. Dr. Gassert bemerkt, dass der Dialog zwischen den Hochschulen und der Praxis bereits gesucht wird und auch zustande kommt («keine Entwicklung im stillen Kämmerlein»). Die Bedürfnisse der möglichen Partner seien dabei sehr heterogen. Unabhängig vom Auftraggeber ist es laut den Experten stets wichtig, dass die Interessen offengelegt werden. Einige Experten sind der Meinung, dass sich die Richtung der technischen Entwicklungen an grundsätzlichen gesellschaftlichen Bedürfnissen (worauf man sich einigen müsste) und nicht an «kapitalistischen» Interessen orientieren sollte. Prof. Dr. Gassert entgegnet, es habe sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die Gesellschaft gewisse neue Bedürfnisse erst aufgrund von technologischem Fortschritt entwickelt habe (z.b. Handy, ipad). Die Gesellschaft könne nicht immer vorherbestimmen, was gemacht werden soll, da dadurch Innovationen verhindert werden.

175 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse 149 Prof. Beck erwähnt, dass bei technischen Innovationen häufig erst im Nachhinein festgestellt wird, dass Dinge schiefgelaufen sind, und man müsste doch versuchen, Fehlentwicklungen bereits von Anfang an zu vermeiden. Prof. Dr. Gassert macht darauf aufmerksam, dass dies nur auf Kosten der Innovationsfähigkeit möglich sei. Als weiteres Problem kommt nach Meinung der Experten hinzu, dass der Nutzen neuer Geräte aus der Forschung und Entwicklung schwierig zu belegen sei. Randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs) sind im Bereich der Robotik im Gegensatz zur Medikamentenforschung meistens nicht möglich. Es gebe in der Schweiz im Bereich von Robotik in der Gesundheitsversorgung derzeit kein Gerät, dessen Mehrwert/Nutzen im Vergleich zu einer konventionellen Behandlung eindeutig belegt werden konnte. Allerdings werden Neuentwicklungen mit Potenzial auch ohne «Wirksamkeitsbeweis» auf dem Papier häufig direkt in der Praxis erprobt und getestet. Falls die Fachpersonen und Spezialisten vom Produkt überzeugt sind, könne sich ein Gerät auch am Markt durchsetzen (z.b. Da-Vinci- Operationsroboter) These 9 Bevor teilautonome und autonome Geräte zum Einsatz kommen können, sind neue rechtliche Reglungen nötig, z.b. Haftung, Sicherheit, Datenschutz, Patientenrechte, Menschenwürde. Technik wird immer aktiver und autonomer. So fahren Rollstühle z.b. selbständig, Roboter heben Personen aus dem Bett und verteilen Medikamente. Maschinen handeln eigenständig und treffen Entscheidungen ohne das Zutun des Menschen. Aber wer haftet, wenn etwas passiert oder es zum Fehlverhalten kommt? Bislang fehlen dafür geeignete Regeln und Richtlinien, was dazu führt, dass technische Entwicklungen gehemmt werden können. Quellen: Akteursbefragung, Zeit-Artikel

176 150 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Meinungsbild der Experten Es wird ersichtlich, dass sich die meisten Experten für neue rechtliche Regelungen aussprechen, allerdings in unterschiedlichem Ausmass. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Gewisse Themen, die hier bei These 9 diskutiert wurden, überschneiden sich mit These 7. Laut den Experten genügen die jetzigen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht, um sich den Herausforderungen der Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung stellen zu können (v.a. im Bereich Datenschutz). Folgende Punkte wurden intensiv diskutiert: Datenschutz: Sind persönliche Daten sicher und wer hat Einsicht? Haftung bei autonomen Geräten: Wer übernimmt die Verantwortung bei Schadensfällen, die durch autonome Geräte verursacht wurden? Entscheidungsfreiheit: Kann der Patient zwischen «traditioneller» und roboterunterstützter Betreuung wählen, ohne irgendwelche Sanktionen befürchten zu müssen? Patientenschutz allgemein. Schutz der Allgemeinheit und der Schwächeren vor starken wirtschaftlichen Interessen (ohne dabei Innovation und Wohlfahrt zu verhindern). Schutz der natürlichen Ressourcen (Stichwort: Umweltschutz), um Problemen, wie sie beispielsweise bei der Handyherstellung entstehen, proaktiv entgegenwirken zu können. Die Abschätzung, welche Entwicklung der Bereich der Robotik nehmen wird, ist sehr schwierig. Dennoch wäre es wünschenswert, die wirtschaftlichen Aspekte proaktiv gesetzlich zu regeln, um Problemen, wie man sie heute in der Krankenversicherung vorfindet, entgegenzuwirken (Stichwort: Medikamentenkosten). Ebenso sollten rechtliche Regelungen kontinuierlich auf ihre Angemessenheit hinsichtlich der aktuellen Gegebenheiten überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Prof. Dr. Gassert merkt an, dass rechtliche Regelungen zwar notwendig sind, Innovationen aber nicht verhindern dürfen.

177 Expertenworkshop: Bewertung und Reflexion der Ergebnisse These 10 Durch den Einsatz von Robotik im häuslichen Bereich wird zunehmend Verantwortung auf den Patienten und seine Angehörigen übertragen. Aufenthaltsdauer in Kliniken werden auf ein Minimum reduziert, die weitere Therapie und Versorgung in den ambulanten und häuslichen Bereich verlagert. Dort sollen Geräte wie Telepräsenzrobotik, Trainingsroboter, Assistenzrobotik und Smart-Home-Angebote den Patienten und seine Familie im Diseasemanagement unterstützen. Einerseits ist das wirtschaftlich sinnvoll, andererseits kann es Betroffene auch überfordern und erfordert spezielle Unterstützungsangebote, damit sie mit der Anwendung nicht allein gelassen werden (Schulung, Beratung, Servicehotline etc.). Quellen: PESTEL-Analyse, Akteursbefragung, Butter et al., 2008; Johnson et al., 2007; Rupp et al., 2011 Meinungsbild der Experten Die Mehrheit der Experten ist der Ansicht, dass durch den Einsatz von Robotik im häuslichen Bereich zunehmend Verantwortung auf die Patienten und deren Angehörigen überwälzt wird. Hauptargumente und Hauptdiskussionspunkte Mehr Verantwortung beim Patienten (und damit weniger Verantwortung bei den Fachpersonen) kann unterschiedliche Folgen haben. So sehen die Experten den Gewinn von Autonomie, Handlungsfreiheit und Lebensqualität als mögliche positive Effekte für Patienten. Allerdings stets unter dem Vorbehalt, dass die entsprechenden Personen die zusätzliche Autonomie etc. auch nutzen können und wollen. Demgegenüber könnte es sein, dass die Delegierung gewisser Aufgaben dazu führt, dass die Patienten oder Angehörigen bei der Bedienung der notwendigen Geräte überfordert sind. Die erfolgreiche selbständige Anwendung von Robotik im häuslichen Bereich hängt stark von den Ressourcen und dem Wissen respektive der Schulung der Patienten ab. Es wurde das Beispiel des Notfallarmbandes für betagte Menschen erwähnt, welches zwar technisch gut ausgereift ist, sich in der Anwendung aller-

178 152 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung dings als schwierig erweist. Die technischen Lösungen müssen den Bedürfnissen entsprechen (Anpassung an Person und Umgebung) und im Alltag praktikabel sein. Der Aspekt der Isolation von Personen, die durch den Einsatz von Robotik vermehrt im häuslichen Umfeld verbleiben können, wurde kurz andiskutiert. Es wurde die Meinung vertreten, dass die Gefahr der Isolation in gewissen Bereichen des Robotikeinsatzes (z.b. Telemedizin; keine direkte Betreuung durch die Fachperson) besteht. Allerdings gebe es sicherlich auch Betreuungssituationen, in denen die Isolation von Menschen durch den gezielten Einsatz von Robotik eben gerade reduziert oder verhindert werden kann. Der Datenschutz bei häuslichen Geräten (z.b. Telemedizin) wird als wichtig erachtet. Hier geben die Patienten viel von sich preis und damit die Verantwortung über ihre persönlichen Daten ab. Die Klärung der Verantwortung für Schädigungen von Personen und Gegenständen usw., welche die Geräte verursachen, wird von den Experten ebenfalls als wesentlich erachtet (vgl. These 9). 8.3 Resumee der Expertenbefragung Die Ergebnisse des Expertenworkshops zeigen, dass alle im Projekt identifizierten Schlüsselfaktoren relevant sind. Seitens der Experten wurden keine Faktoren ergänzt oder bestehende Faktoren verworfen. Bei einzelnen Thesen wurden Vorschläge zur Formulierung gemacht. Insgesamt kann festgehalten werden, dass der Expertenworkshop die bisherigen Projektergebnisse der Ist-Analyse, Umweltanalyse und Akteursbefragung bestätigt. Wie die befragten Akteure waren auch die anwesenden Experten der Meinung, dass Robotik die Menschen entlasten und unterstützen, aber nicht ersetzen soll. Klar entscheidend für die Vorstellung von Robotik und von spezifischen Anwendungssituationen ist der fachspezifische Hintergrund der einzelnen Experten, welcher ihre Meinung und Argumentationsweise stark prägt. Aus Sicht der befragten Experten sind eine ganze Reihe von Chancen und Risiken sowie Bedingungen an den Einsatz von Robotik in der Gesundheitsversorgung geknüpft diese fliessen in Kapitel 11 «Schlussfolgergungen und Empfehlungen» ein.

179 9 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 9.1 Definition der Szenariotechnik Die «Szenario-Technik ist eine Methode, mit deren Hilfe isolierte Vorstellungen über positive und negative Veränderungen einzelner Entwicklungsfaktoren in der Zukunft zu umfassenden Bildern und Modellen, d.h. möglichen und wahrscheinlichen «Zukünften» zusammengefasst werden und die sowohl sinnlich als auch intellektuell nachvollziehbar sind. Szenarien verknüpfen empirisch-analytische mit kreativ-intuitiven Elementen und sind insofern ein heuristisches Instrument und ein Denkmodell für Wissenschaft, Politik und nicht zuletzt für Pädagogik, um unsere komplizierte Welt begreifen zu können und entscheidungsfähig zu bleiben» (Weinbrenner, 2001). Weinbrenner nennt weiter folgende Merkmale der Szenario-Technik: Szenarien sind ganzheitlich, d.h., alle relevanten Bestimmungsfaktoren eines Problembereichs sollen erfasst werden, kreativ-intuitiv, d.h., einzelne Daten und Bestimmungsfaktoren müssen zu anschaulichen, plastischen «Zukunftsbildern» verdichtet und ausgestaltet werden, partizipativ und kommunikativ, d.h., sie können nur in einem offenen, rationalen Diskurs entwickelt werden, durch den sie ein hohes Mass an Plausibilität und Nachvollziehbarkeit erhalten, transparent, d.h., es müssen alle Methodenschritte, Hypothesen, Informationen usw. offengelegt und begründet werden, kritisch, d.h., sie bieten zahlreiche Anlässe zur Selbstreflexion und öffentlichen Kritik, politisch, d.h., sie modellieren erwünschte bzw. unerwünschte gesellschaftliche Entwicklungen und haben somit die Funktion eines «Frühwarnsystems», das ein rechtzeitiges Eingreifen und Umsteuern ermöglicht, multidimensional und interdisziplinär, d.h., sie stellen eine Methode dar, die vernetztes, systemisches und interdisziplinäres Denken ermöglicht

180 154 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung und sich nicht nur auf kausale Ursache-Wirkungs-Beziehungen beschränkt, praktisch, d.h., sie fordern zu aktivem Mitwirken und Gestalten erwünschter zukünftiger Entwicklungen auf und entwickeln Strategien und Massnahmen für die Veränderung sozialer Situationen im Lichte allgemein anerkannter Zielvorstellungen, normativ, d.h., in die Modellierung von Szenarien fliessen gesellschaftliche Wertvorstellungen über erwünschte bzw. unerwünschte Entwicklungen und «Zukünfte» ein (Weinbrenner, 2001). 9.2 Szenarien in der Technologiefolgenabschätzung Szenarien 54 dienen der Erkundung und Darstellung möglicher zukünftiger Entwicklungen, der Sensibilisierung für mögliche Veränderungen des Umfeldes, der Eröffnung von Handlungsoptionen sowie der Beschreibung von Kontexten für zukünftige Innovationen (Schulz-Montag & Müller-Stoffels, 2006, S. 381). In der Technologiefolgenabschätzung können zwei verschiedene Arten von Szenarien eingesetzt werden: Technikszenarien und Trendszenarien, die aufzeigen, welche Entwicklungen wahrscheinlich zu erwarten sind. Sie sind analytisch ausgerichtet. Handlungsszenarien, die vermitteln, welcher politische Handlungsbedarf besteht und welche Handlungsmöglichkeiten zu welchen Ergebnissen führen können. Sie sind normativ. Sie stellen wünschenswerte Entwicklungen und Risiken zur Diskussion und geben Hinweise, wie politisch zu einer bewussten Gestaltung der Zukunft beigetragen werden kann. Sie helfen, Leitbilder und Zielvorstellungen zu identifizieren oder zu verdeutlichen, alternative Entwicklungspfade herauszuarbeiten sowie Entscheidungspunkte und Handlungsmöglichkeiten zu ermitteln (Steinmüller, 1997; Trapp, 2000). 54 Zu den Grundlagen, den Anforderungen und zur Wissenschaftlichkeit der Szenariotechnik siehe Steinmüller 1997, Kap. 7.1.

181 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 155 Für das Projekt «Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung» wurden Handlungsszenarien gewählt, da sie geeignet erscheinen, den Projektauftrag zu erfüllen: Handlungsbedarf und -optionen für politische Akteure festzustellen und Empfehlungen auszusprechen. 9.3 Methodisches Vorgehen Die Szenarioentwicklung erfolgte in vier Schritten. 1. Vorbereitung Ausgehend von der Ist-Analyse und den ermittelten Fakten und Trends wurde eine Trendfortschreibung für das Jahr 2025 für die sieben identifizierten Schlüsselfaktoren vorgenommen (siehe Kapitel 7). Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans Vogel berichtete in einem Impulsvortrag über die möglichen Einflussnahmen der staatlichen Politik und zeigte Varianten für Szenarien auf. 2. Szenarienerarbeitung In einem Szenario-Workshop der Projektpartner wurde jeder Schlüsselfaktor von einer Person vertreten. Die Beteiligten versetzten sich in ihrer Vorstellung in das Jahr 2025 und in mehrere fiktive Situationen mit Personen verschiedenen Alters, Geschlechts und Einschränkungen in unterschiedlichen Lebenssituationen. Sie diskutierten die Interaktion der Schlüsselfaktoren und deren Ausprägungen und hielten die Ergebnisse schriftlich fest. Im Vergleich der Fallbeispiele wurden immer wieder auftretende Problemstellungen identifiziert, welche durch politische Entscheidungen und Massnahmen beeinflusst werden können. 3. Scenario-Writing Im Szenario-Writing wurden drei narrative Szenarien formuliert. Narrative Szenarien haben den Vorteil, dass sie ein anschauliches Bild vermitteln und das komplexe Zusammenspiel mehrerer Faktoren aus der Perspektive einer oder mehrerer betroffenen Personen aufzeigen können. Die narrativen Szenarien wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt und zusammengesetzt:

182 156 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Sie repräsentieren unterschiedliche Altersgruppen, Geschlechter, Einschränkungen und Lebensformen (Stadt, Land, Altersheim, Singlehaushalt, Familienwohnung), zeigen den Einsatz verschiedener Gerätetypen, die bereits jetzt als Prototypen funktionieren und deshalb 2025 unter bestimmten Voraussetzungen in der Alltagsanwendung sein könnten, beziehen die Rahmenbedingungen ein, die vorhanden sein müssen, damit die Geräte eingesetzt werden können (z.b. hindernisfreie Umgebung, rechtliche, ethische, soziale Bedingungen, Zusammenspiel mit anderen Neuerungen wie Ambient Assisted Living (AAL), neue Versorgungsmodelle), deuten (positive und negative) soziale Entwicklungen an, die aus dem Einsatz von Robotik folgen können. 4. Szenarioerläuterung Zu jedem narrativen Szenario wurde beschrieben, wie sich die zentralen Schlüsselfaktoren unter dem Einfluss der Politik ausprägen und verändern. 9.4 Einordnung der Ergebnisse der Szenariotechnik Als Ergebnis der Szenariotechnik wurde angestrebt, anhand von drei sich deutlich voneinander unterscheidenden Szenarien die Einflussmöglichkeiten der Politik und ihre Auswirkungen aufzuzeigen. Dabei wurde darauf verzichtet, verschiedene Wahrscheinlichkeiten von zukünftigen Entwicklungen oder Extremszenarien (im Sinne von positiver und negativer Ausprägung) zu verdeutlichen. Vielmehr wurde von den vorhandenen Trends ausgehend ein erstes Szenario entwickelt, das als Basisszenario und Referenz für die beiden anderen Szenarien diente. Diese Eingrenzung war notwendig, um die Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten herauszuarbeiten. Ferner wurde eine weitere Reduktion vorgenommen: Politische Einflussnahme kann durch verschiedene Akteure und durch verschiedene Massnahmen geschehen. Akteure sind Bund, Kantone, Gemeinden, öffentlich-rechtliche Leis-

183 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 157 tungserbringer sowie Nichtregierungsorganisationen (NGO), Parteien und Unternehmen, die bundesweit, kantonal oder kommunal tätig sind und bestimmte Interessen vertreten. Es werden in den folgenden Szenarien lediglich Einflüsse staatlicher Politik betrachtet. NGO, Lobbyvertretungen und Parteien können jedoch ebenfalls einen starken Einfluss auf die zukünftige Entwicklung nehmen. Dieser Einfluss lässt sich aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt kaum abschätzen. Des Weiteren kann die zukünftige Entwicklung immer auch von sogenannten Wildcards beeinflusst werden. Darunter versteht man unvorhersehbare, gravierende, den weiteren Entwicklungsverlauf entscheidend veränderte Ereignisse. Als ein Beispiel für eine Wildcard kann die Katastrophe im japanischen Atomkraftwerk Fukushima in 2011 genannt werden. Unter dem Eindruck der Auswirkungen wurde in einigen Ländern die Energiepolitik überdacht und wurden z.t. radikale Veränderungen angestrebt. Vergleichbar wäre es vorstellbar, dass dramatische Unfälle mit Robotern in Altersheimen oder mit Kindern zur völligen Abkehr vom Einsatz von Robotik bei betreuungsbedürftigen Personen führen könnten. Positiv könnten Durchbrüche in der Forschung zur Folge haben, dass völlig neue Situationen entstehen, z.b. würde bei der Entwicklung einer erfolgreichen Alzheimertherapie der Bedarf an Pflegekräften nicht in dem Masse steigen, wie es heute erwartet wird. Die folgenden Szenarien sind unter diesen Einschränkungen als Möglichkeiten und nicht als Wahrscheinlichkeiten zu verstehen. Betrachtet man die staatliche Einflussnahme, so kann sie durch folgende Policies und Institutionen geschehen (nach Bussmann et al., 1997): Normen (Verfassung, Gesetze, Verordnungen) wie z.b. Haftungsrecht, Versicherungsrecht, Datenschutzgesetze. Leistungen (Gesundheitsleistungen, Forschung, Bildung) wie z.b. staatlich geförderte Forschung, Anschaffung von Geräten in Kantonsspitälern, kommunalen Pflegeheimen etc. Anreize (Zuschüsse, Entschädigungen) z.b. Aufnahme von Robotikeinsatz in den Leistungskatalog der Grundversicherung, Einberechnung in Fallpauschalen. Distribution (Subventionen) z.b. für Hilfsmittel kleinerer Nutzergruppen. Überzeugung (Werbung, Kampagnen) z.b. Förderung von Aus- und Weiterbildung von Gesundheitspersonal zur Robotik.

184 158 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Institutionen z.b. Forschungsstelle, Beratungsstelle. Gesellschaftliche Strukturen z.b. Unterstützung von Netzwerken, Qualitätszirkel. Abhängig davon, wie nach einer Problemanalyse der staatliche Handlungsbedarf bewertet wird, sind verschiedene Szenarien denkbar: Das Szenario zur reaktiven Politik zeigt die Trendfortschreibung des gegenwärtigen Zustandes. Neue Regulierungen werden nicht spezifisch für Robotik vorgenommen. Bestehende Regulierungen (d.h., sämtliche Gesetze, Vorschriften und Regeln, welche von einem Staat oder einer staatlichen Organisation erlassen werden) werden bezüglich der Robotik nicht erweitert, jedoch auf sie angewendet. Gleichzeitig gehen wir von der Umsetzung von Regulierungen aus, die sich heute schon abzeichnen, z.b. flächendeckende Einführung des elektronischen Patientendossiers, breite Umsetzung von Fallpauschalen im stationären Bereich und Budgetmitverantwortungsmodelle in der ambulanten Versorgung. Die Forschungsförderung wird im bestehenden Rahmen fortgesetzt (z.b. EU-Programme, KTJ- und SNF-Förderung). Im Szenario zur proaktiven Politik wird Bedarf für die Anpassung bestehender Normen und Einführung neuer Normen gesehen. Es sind vor allem die Bereiche Sicherheitsbestimmungen, Haftungsrecht, Patientenrechte wie Datenschutz und ethische Richtlinien betroffen. Im proaktiven und steuernden Szenario wird dem Thema «Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung» eine umfassende Bedeutung zugesprochen. Der Staat setzt, neben den im proaktiven Szenario beschriebenen Änderungen, auch steuernde Massnahmen ein. Diese treiben die Auseinandersetzung mit der Thematik voran und beschleunigen gesellschaftliche Entscheidungsprozesse zum Einsatz von Robotern in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Eine andere Kombination der politischen Verhaltensweisen wäre ebenfalls möglich: Es könnte auf proaktive Massnahmen verzichtet werden, aber dennoch steuernd eingegriffen und z.b. die Forschung zu oder Einführung von Robotik gezielt unterstützt werden. Da im Rahmen der Studie jedoch festgestellt wurde, dass dies nicht ohne proaktive Massnahmen geschehen würde, wurde dieses Szenario ausgeschlossen und nicht weiter verfolgt.

185 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 159 Die folgenden Abschnitte beschreiben die drei narrativen Szenarien und ihre Erläuterungen Szenario 1: reaktive Politik In einer Kleinstadt im Tessin, Frühjahr 2025: Herr Franchi stöhnt. Seit einem Monat ist er jetzt zu Hause und es ist noch sehr anstrengend, mit der gelähmten linken Seite selbstständig aus dem Bett aufzustehen. Nach einem Schlaganfall konnte er sich bis vor zwei Wochen weder anziehen, waschen noch allein fortbewegen. In der Rehaklinik hat er mit dem Laufroboter geübt, wieder zu gehen. Anschliessend hat er mit dem Physiotherapeuten das Laufen und Treppensteigen mit Stock und das Bewältigen von Steigungen mit dem Rollator trainiert. Mit einem Trainingsroboter hat er auch verschiedene Greifübungen gemacht. Jetzt kann er sich draussen mithilfe eines Rollators fortbewegen, drinnen klappt es an guten Tagen auch mit dem Stock. Mit der linken Hand kann er wieder grössere Gegenstände greifen und festhalten. Für das Waschen, An- und Ausziehen, Mahlzeiten vorbereiten etc. hat die Ergotherapeutin in der Rehaklinik mit ihm verschiedene Strategien entwickelt und Hilfsmittel ausprobiert. Zu Hause übt er jetzt weiter mit Hilfe des ambulanten Versorgungszentrums. Alle drei Wochen macht eine Therapeutin einen Hausbesuch und dazwischen hilft sie ihm, mit den Übungsgeräten selbstständig zu üben. Leider musste Herr Franchi sein schönes altes Rustico in einem Tessiner Dorf verlassen und in eine Neubauwohnung ziehen, die nicht an einem steilen Hang mit Kopfsteinpflaster liegt, sondern etwas ausserhalb der Kleinstadt, in der er gearbeitet hat. Die Neubauwohnung ist hell und freundlich, sie hat keine Treppen und keine Türschwellen, die Zimmer sind einfach geschnitten, ohne Erker und Winkel. Da kann er den Saug- und Putzroboter ohne Probleme losschicken und sich mit dem Stock oder dem Rollator überall frei bewegen. Das Badezimmer ist auch hindernisfrei, sodass er jetzt ohne Probleme in die Dusche gehen und sich dort auf einen Duschhocker setzen kann. Es dauert etwa eine Stunde, bis er es geschafft hat, sich zu waschen und anzuziehen. Er stoppt die Zeit, 30 Minuten sind sein Ziel. Dank seinen eigenen finanziellen Ressourcen konnte seine Wohnung mit allen möglichen technischen Finessen ausgestattet werden: sprachgesteuerte Rollläden und Fensterheber, automatische Türöffner, Sicherheitssysteme, Notrufschaltung und Sturzdetektor. Der Badezimmerspiegel hat Erinnerungsfunktionen und teilt ihm mit, welche Medikamente er wann ein-

186 160 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung nehmen muss, und er wird von der zentralen Steuerung seines Smart Home 55 morgens mit seiner Lieblingsmelodie geweckt. Der Kühlschrank kann selbständig Essen im nahen Lebensmittelgeschäft bestellen. Wenn er aus dem Fenster sieht, blickt er in die gegenüberliegenden Berge. «Das wäre ja alles schön und gut, wenn ich so alt wäre wie meine Nachbarn», denkt Herr Franchi, «aber ich bin erst 41 Jahre alt.» Er stand in der Bank während einer Besprechung, als er plötzlich nichts mehr sehen konnte und hinfiel, weil seine Beine ihn nicht mehr trugen. An seinen alten Arbeitsplatz will er unbedingt wieder zurück, aber bis dahin muss noch einiges besser werden. Sein Übungsplan ist streng. Aber Anstrengung ist er gewohnt, sein Hobby ist das Mountainbikefahren. Allerdings hätte er nie gedacht, dass alltägliche Dinge wie Waschen und Anziehen ihn derart müde machen könnten. Ein Klingelsignal ertönt. Am Ton erkennt Herr Franchi, dass es die Ergotherapeutin ist. Frau Montis Gesicht erscheint auf dem Bildschirm. «Ciao, Herr Franchi. Wie hat es denn heute Morgen geklappt? Geht es Ihnen gut?» «Es geht so. Einen Moment bitte, ich ziehe mir schnell den Übungshandschuh über, dann kann es losgehen.» Über den Handschuh ist Herr Franchi mit der Ergotherapeutin im ambulanten Versorgungszentrum verbunden. Seine letzten Übungsergebnisse wurden aus der Rehaklinik dorthin übermittelt, nachdem Herr Franchi seine Zustimmung dazu gegeben hatte. Die Geräte hat ihm das Versorgungszentrum zur Verfügung gestellt. Für die Miete muss er zuzahlen, da die Versicherung das Gerät nicht vollständig finanziert. Frau Monti kann über den Handschuh die Bewegungen von Herrn Franchi nicht nur am Bildschirm verfolgen, sondern auch spüren und ihm Feedback geben, damit er keine Fehler macht. Trotzdem gelingt es Herrn Franchi heute nicht so wie erhofft. Die linke Hand verkrampft sich immer wieder und er kann das Öffnen und Schliessen der Hand nicht richtig steuern. Immer wieder gehen sie zurück zu grossflächigeren, lockernden Bewegungen mit dem ganzen Arm und versuchen es dann erneut. «Wie soll ich so wieder arbeiten können?», fragt Herr Franchi besorgt. «Zum Arbeiten am Computer gibt es Alternativen. Sie könnten Sprachsteuerung verwenden, haben Sie das schon mal ausprobiert?», schlägt Frau Monti vor. Sie merkt, dass Herr Franchi sehr erschöpft ist und eine weitere Übung keinen Sinn 55 Unter Smart Home versteht man informatik- und meist internetgestützte, in die Umwelt eingebaute Steuersysteme. Sie lassen sich über verschiedene Geräte wie Smartphone, Tabletcomputer etc., aber auch durch Sprache oder Gesten steuern.

187 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 161 machen würde. Sie lenkt das Gespräch deshalb auf das Thema Arbeitsintegration und macht den Vorschlag, dass sie beim nächsten Hausbesuch zusammen überlegen, welche Arbeiten Herr Franchi von zu Hause aus ausführen und wie er sich auf die Rückkehr in die Bank vorbereiten könnte. Das scheint ihn etwas zu beruhigen. «Wann waren Sie zuletzt draussen, Herr Franchi? Sie waren doch sonst immer so viel in der Natur unterwegs?» «Ach, ich war letzte Woche mal auf der Strasse. Aber das war nichts. Ich kenne hier niemanden und mit dem Rollator macht es keinen Spass. Meine Tochter besucht mich nächste Woche, vielleicht gehe ich mit ihr mal raus. Ich skype ab und zu mit ihr und mit einem Kollegen von der Arbeit.» Bei ihrem Besuch eine Woche später stellt Frau Monti fest, dass ihre Befürchtungen berechtigt sind: Herr Franchi zeigt deutlich depressive Symptome. Er ist sehr zurückgezogen und nimmt kaum Kontakt zu seiner Umwelt auf. Es macht ihm stark zu schaffen, dass er die Energie für intensives Training nicht aufbringen kann und er deshalb seine hohen Erwartungen an schnelle Fortschritte und die Rückkehr in sein altes Leben nicht erfüllt. Im Versorgungsteam wird deshalb überlegt, wie seine Situation verbessert werden könnte. Da die Ressourcen mittlerweile ökonomischer eingesetzt werden müssen und Herr Franchi sich relativ selbstständig versorgen kann, sind die Möglichkeiten begrenzt. Häufigere Besuche sind in der abgelegenen Gegend aufgrund von Personalmangel und Kosten nicht möglich. Die Versorgung in den ländlichen Gebieten ist in den letzten Jahren immer schwieriger geworden. Trotz Intensivierung der Ausbildungen in den Gesundheitsberufen ist es schwer, Arbeitskräfte zu finden. Man setzt deshalb auf Versorgung durch Telemedizin. Da das aber keine attraktive Arbeit ist, wurde die Situation kaum besser. Ein Versorgungszentrum in einer Stadt versorgt ein grösseres umliegendes Gebiet. Hausbesuche sind da nur in grösseren Abständen möglich. Was für Herrn Franchi an Möglichkeiten bleibt, sind eine medikamentöse Einstellung, eine tägliche Kontaktaufnahme über die Telepräsenz und der Vorschlag, das ehrenamtliche Nachbarschaftsnetzwerk in der Siedlung zu aktivieren. Zwar sind die meisten Mitglieder deutlich älter als Herr Franchi, aber vielleicht hilft es ihm doch, wenn ab und zu eine Nachbarin nach ihm schaut. Ansonsten müsste er nochmals stationär aufgenommen werden, um seine psychische Verfassung zu stabilisieren. In diesem Szenario werden sich bereits heute abzeichnende Trends weitergedacht. Es schildert also, wie die Situation in der Schweiz im Jahre 2025 aussehen könnte, wenn keine zusätzlichen gezielten politischen Massnahmen in Bezug auf Robotik unternommen werden.

188 162 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Für dieses Szenario wurde der Einsatz von Telepräsenzrobotik und Servicerobotik gewählt, da er geeignet ist, verschiedene Probleme zu veranschaulichen und weil der vermehrte Einsatz von Telepräsenzrobotik mit der zunehmenden Verlagerung von stationär auf ambulant wahrscheinlich ist. Weitere Geräte und Anwendungen werden in Szenario 2 und 3 beschrieben. Nicht alle der nachfolgend beschriebenen Probleme konnten im Narrativ von Herrn Franchi aufgezeigt werden. Diese werden in den Szenarien 2 und 3 wieder aufgegriffen. Im reaktiven Szenario bestehen bezogen auf 2025 vor allem folgende Probleme in der Gesundheitsversorgung: Personalmangel, vor allem im ländlichen Raum. Der Personalmangel konnte auch durch die Intensivierung der Ausbildung in Gesundheitsberufen, Migration und Neuverteilung von Aufgaben nicht gelöst werden. Der Einsatz von Robotik, insbesondere von Telepräsenz- und Trainingsgeräten für den Homecare-Bereich soll die Situation entlasten. Feminisierung der Medizin mit der Folge, dass der Verbleib in den Gesundheitsberufen nach wie vor relativ kurz ist. Der Einsatz von Robotik und Telepräsenz kommt weiblichen Arbeitskräften dann entgegen, wenn sie Arbeit und Familie besser vereinbaren können. Andererseits sind diese Arbeitsplätze weniger attraktiv und werden meist nur für kurze Zeit ausgeübt. Urbanisierung verstärkt die Probleme der medizinischen Versorgung des ländlichen Raums, was wiederum zur Urbanisierung beiträgt. Familiäre Bindungen lockern sich weiter aufgrund der notwendigen beruflichen Mobilität. Im stationären akutsomatischen Bereich erfolgt die Finanzierung durch Fallpauschalen. Im ambulanten Bereich haben sich viele Netzwerke von Leistungserbringern entwickelt, welche eine Budgetmitverantwortung tragen. Technik wird eingesetzt, um die Versorgungsprobleme zu lösen. Dabei treten aber wiederum Probleme auf: Spezielle Sicherheits- und Zulassungsvorschriften für Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung wurden durch Swissmedic nicht erlassen. Auch die Medizinprodukteverordnung wurde diesbezüglich nicht angepasst. Es gelangen einige Systeme und Geräte auf den Markt, deren Sicherheit den Industrienormen entspricht. Die effektiven Auswirkun-

189 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 163 gen dieser Geräte, insbesondere auf vulnerable Personen, sind teilweise umstritten. Andere Geräte erhalten aufgrund der strengen Normen keine Zulassung und kommen nicht über die Prototypentwicklung hinaus. Es hängt vom einzelnen Hersteller ab, inwieweit er sich mit seinem Gerät bei den Zulassungsstellen durchsetzen kann. Ungeklärtes Haftungsrecht bei autonomen Geräten: Hersteller, Programmierer oder Nutzer könnten zur Verantwortung gezogen werden, wenn ein autonomes Gerät Schäden verursacht. Es ist fraglich, ob in jedem Fall die Ursache eindeutig zugewiesen werden kann. Der Datenschutz wurde nur für gesundheitsbezogene Daten bei der Einführung des elektronischen Patientendossiers geklärt. Bei Geräten, die in der Umgebung Daten von Personen sammeln, die nicht gesundheitsbezogen sind, besteht Rechtsunsicherheit. Besonders Telepräsenzrobotikgeräte und AAL-Geräte speichern teilweise ununterbrochen per Video- und Audioaufnahmen Daten über Personen, im Haus oder im öffentlichen Raum, also auch von Besuchern und Passanten. Es ist nicht geregelt, wie damit umgegangen werden muss. Der Versicherungsschutz hängt von den Haftungsfragen ab und muss z.t. auch an neue technische Möglichkeiten angepasst werden. Es bleibt den Herstellern und Nutzern überlassen, einen Versicherer zu finden, der das Risiko besonders autonomer Geräte versichert. Mangelnde Konvergenz technischer Hilfen: In einer Wohnung müssen Smart-Home- oder Ambient-Assisted-Living-Lösungen miteinander, mit Robotik und elektronisch mit Leistungsanbietern wie Spitex, Therapiepraxen, Ärzten oder integrierten Versorgungssystemen verknüpft werden. Ungeeignete Umgebungen für den Einsatz von Robotik: Servicegeräte und Assistenzgeräte z.b. zum Reinigen, Transport, Heben oder zum Waschen oder Hilfsmittel zur Fortbewegung setzen zum grossen Teil hindernisfreie Wohnungen voraus. Auch im Aussenbereich sind immer noch Hindernisse vorhanden: Kopfsteinpflaster, Treppen, steile Anstiege, zu enge Transportmittel, Drehtüren etc. Die Wirtschaftlichkeit der Geräte ist unklar, Finanzierungen regeln sich über den Markt. Einige Geräte sind nur für Institutionen rentabel und werden nicht im häuslichen Bereich eingesetzt. Mangelndes Wissen zur Praktikabilität, zum Nutzen und Kosten-Nutzen-Verhältnis der Geräte und zu den Auswirkungen auf die Volkswirtschaft insgesamt, führt dazu, dass die Geräte als Hilfsmittel meist nur nach einem Rechtsstreit von den Versicherungen übernommen werden (IV, Krankenversicherung,

190 164 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung SUVA etc.). Institutionen entscheiden sich für Geräte, wenn sie sich von der Anwendung entweder einen wirtschaftlichen oder einen Imagevorteil versprechen. Regelungen zur Substitution medizinischer Behandlungen fehlen. Das Berufsrecht verbietet Ärzten bislang die «ausschliessliche Fernbehandlung» eines Patienten. Der telemedizinische Kontakt sollte additiv zum konventionellen Patienten-Arzt-Kontakt intensiviert werden und keine Grundlage für arzt- oder therapeutenersetzende, also substitutive Prozesse bieten (deutsche Bundesärztekammer, ). Weiterhin muss der zuständige Therapeut oder Arzt im Einzelfall abwägen und entscheiden, ob er eine Behandlung ohne vollständige persönliche Untersuchung zum besten Wohle des Patienten verantworten kann (World Medical Association, 2007). Ferner sind ethische Probleme mit dem reaktiven Szenario verbunden. Ethische Richtlinien sind nicht auf Robotik und den Einsatz von Technik bezogen. Ihre Anwendung ist nicht verbindlich und wird nicht überprüft. Sie kann vor Gericht nicht durchgesetzt werden. Gefährdungen können vor allem für vulnerable Personengruppen entstehen (nichteinwilligungsfähige und nicht entscheidungsfähige Personen). Überforderung von Patienten: Mit der Verlagerung der Versorgung von stationär nach ambulant werden der Patient und seine Familie stärker gefordert, sich selbst zu organisieren, selbstständig zu trainieren etc. Ein wichtiger Teil der Heilung, die Unterstützung der Krankheitsbewältigung, ist durch Telerobotik nur begrenzt zu leisten. Probleme wie Depressionen und kognitive Einschränkungen sind meist nur im direkten Kontakt mit dem Betroffenen und seiner Familie feststellbar. Isolation: Allein lebende Menschen sind z.t. auf Hausbesuche von Gesundheitspersonal angewiesen, um überhaupt in direkten menschlichen Kontakt zu kommen. Wird dieser stark reduziert, ist ihre Fürsorge nicht mehr ausreichend gewährleistet. Zugangsungerechtigkeit: Die mittlerweile auf dem Markt zugelassenen und erhältlichen Geräte werden grösstenteils vom Patienten oder der einsetzenden Institution selbst bezahlt. Die Nutzer der Geräte respektive die einsetzenden Institutionen fällen selbst den Entscheid, ob und in welchen Bereichen sie auf die Unterstützung durch Robotik und autonome Geräte setzen möchten und kommen entsprechend auch selbst für die 56

191 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 165 Vergütung auf. Diese «Selbstzahler» belasten die Sozialversicherungen dementsprechend nicht zusätzlich. Auf der anderen Seite gibt es potenzielle Nutzer, welche einen grossen Bedarf und Nutzen hinsichtlich dieser Geräte haben, sich die Anschaffung und den Unterhalt allerdings nicht leisten können. Die Zugangsgerechtigkeit ist nicht gewährleistet. Der Umstand, dass die Geräte kaum von den Versicherungen übernommen werden, hindert auch viele Hersteller daran, ihre Geräte in dem kleinen Schweizer Markt zu vertreiben. Missachtung der ethischen Prinzipien «Autonomie, Schutz vor Schaden, Fürsorge, Gerechtigkeit» in der Forschung besonders bei nicht entscheidungs- und nicht einwilligungsfähigen Personen. Prototypentests von Geräten, die nicht zur Behandlung von Krankheiten oder zur Erforschung des menschlichen Körpers dienen (Humanforschungsgesetz) und die nicht unter das Medizinproduktegesetz fallen, unterliegen nicht der Verpflichtung, von einer Ethikkommission geprüft zu werden. Auswirkungen von Robotik autonomen Robotikgeräten auf Individuen, Institutionen und Gesellschaft sind nur wenig bekannt und es fehlen Grundlagen, um Entscheidungen für oder gegen den Einsatz in der Gesundheitsversorgung zu treffen. Die Akzeptanz durch nicht professionelle und professionelle Nutzer ist weiterhin zwiespältig. Technik ist ein wesentlicher Bestandteil des Alltags und auch ein wesentlicher Teil der Gesundheitsversorgung. Einige Geräte werden inzwischen gut akzeptiert, da ihr praktischer Nutzen überzeugt. Die Auseinandersetzung in der Politik und der Öffentlichkeit speziell mit dem Thema Robotik in der Gesundheitsversorgung wird aber im Wesentlichen von den Medien beeinflusst, die vor allem dann berichten, wenn eine spektakuläre neue Erfindung gemacht wird, ein Unfall passiert ist oder es einen Gerichtsfall zur Robotik gibt. So haben Roboter-Nannys mehrmals für Schlagzeilen gesorgt, da Eltern Kinder mit den Geräten allein gelassen haben und es zu Unfällen kam. Man vermutet auch einen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Robonannies mit dem Anstieg von Entwicklungsstörungen, der bei Kindern unter fünf Jahren in Südkorea und den USA festgestellt wurde. Professionelle Nutzer wie Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten sehen sich durch einige Geräte entlastet oder erledigen ihre Arbeit effektiver. Andere Geräte bewirken eine einseitige Aufteilung der Arbeit (z.b. verstärkte Telemedizin durch Telerobotik), weniger Patientenkontakt und führen dazu, dass die Arbeit weniger attraktiv wird. Tragfähige Beziehungen zum Patienten, die eine Ba-

192 166 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung sis für die Kooperation von Patienten und Gesundheitspersonal bilden, können schwerer hergestellt werden, wenn direkte Begegnungen nur in grösseren Abständen stattfinden. Ferner ist das Erfassen der komplexen Situationen, Wahrnehmen von Körpersignalen und Umgebungsfaktoren durch die vermittelte Kommunikation eingeschränkt, was zu Fehlbewertungen und -entscheidungen führen kann. Neue Aufgaben und Arbeitsfelder entstehen, z.b. in der Entwicklung von Trainingsprogrammen und Pflegekommunikation. Diese können als Belastung erlebt werden, aber auch technikinteressierten Gesundheitskräften neue Chancen bieten, besonders wenn sie neue und andere Anforderungen benötigen (z.b. körperliche Belastungen nicht mehr leisten können). Sie sind in der Forschung und Entwicklung sowie in Verkauf, Beratung und Ausbildung gefragte Arbeitskräfte Szenario 2: proaktive Politik Frau Hunziker wird am Morgen durch das Summen des Heberoboters geweckt. Riki haben sie das Gerät getauft, das aussieht wie ein grosser weisser Bär. Es rollt jeden Morgen, Mittag und Abend von einem Zimmer des Altersheims zum nächsten und hilft den Bewohnern ins Bett oder aus dem Bett in den Rollstuhl. Auch zwischendurch kann man Riki jederzeit anfordern, wenn man aufstehen will, zur Toilette muss oder seine Lage im Bett verändern möchte. Das findet Frau Galli, mit der sich Frau Hunziker das Zimmer teilt, sehr praktisch. Beide Frauen sind 89 Jahre alt und seit etwa einem halben Jahr im Altersheim. Frau Galli ist seit dem zweiten Schlaganfall auf den Rollstuhl angewiesen. Zu Hause wurde es immer schwieriger. Trotz der vielen technischen Hilfen fühlte sie sich zunehmend einsam und unsicher. Zum Beispiel wäre ein Gerät wie Riki für ihre Zweizimmerwohnung zu gross und auch zu teuer. Und die Spitex hat einfach nicht genug Personal, um mehrmals am Tag vorbeizukommen. Deshalb war Frau Galli zu Hause auf die zusätzliche Hilfe ihrer Tochter oder der Nachbarin angewiesen und konnte nur selten selbst bestimmen, wann sie aufsteht, ins Bett oder aus dem Haus geht. Inzwischen hat sich Frau Galli daran gewöhnt, dass einige Dienste im Heim durch Roboter erledigt werden. Riki ist zuverlässig, immer guter Laune und jederzeit verfügbar. Das hat ihr viele Freiräume verschafft. Nachmittags lässt sie sich gern von ihm in den Rollstuhl setzen und fährt in ihr Lieblingscafé in der Altstadt, um sich mit Freundinnen zu treffen. Die Trams und Busse sind seit einigen Jahren alle rollstuhlgerecht und mit dem Elektrorollstuhl

193 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 167 kommt sie gut den Berg rauf und runter, seit man das Kopfsteinpflaster ersetzt hat und die Trottoirs abgeflacht wurden. Einige Schweizer Städte haben sogar Lifte eingebaut, die einen den Berg hinauf und hinab bringen, damit ältere Menschen sich auch mit Gehhilfen noch alleine in der Stadt bewegen können. Das hat sich auch für Eltern mit Kinderwagen und Fahrradfahrer als praktisch erwiesen und die Lifte sind sehr beliebt. Ab und zu besucht Frau Galli eine Ausstellung in einem Museum oder sie geht ins Theater. Wenn sie sich nicht so fit fühlt oder das Wetter zu schlecht ist, nimmt sie dazu das Angebot zur Telepräsenz an. Man kann ein vergünstigtes Jahresabo über das Altersheim erwerben und sich dann zu bestimmten Zeiten mithilfe eines mobilen Roboters durch das Museum bewegen oder eine Theateraufführung oder ein Konzert besuchen. Das ist zwar nicht genauso schön, wie dabei zu sein, aber immer noch besser als Fernsehen. Neulich hat sie sich so mit ihrer Freundin Ursi im Kunstmuseum getroffen und sie hatten einen lustigen Nachmittag, obwohl Frau Galli im Bett liegen musste. Frau Hunziker hat sich inzwischen selbst gewaschen und angezogen, das kann sie noch gut. Allerdings vergisst sie viele andere Sachen und verirrt sich immer wieder draussen. Sie hat deshalb ein Armband an, das ein Signal gibt, wenn sie das Gelände des Altersheims zu verlassen versucht. Für den Spaziergang im Park nutzt sie einen SmartWalker. Der Rollator hat ein Navigationssystem und steuert selbst den Weg. Er hilft ihr auch, sich im Gebäude zu bewegen. Jetzt drückt Frau Hunziker zum Beispiel auf das Foto mit der Haarwaschmaschine: «Ich gehe Haare waschen, Frau, Frau Wir sehen uns.» Frau Hunziker liebt die Haarwaschmaschine. Sie liebt es auch, gut frisiert zu sein. Deshalb kommt einmal im Monat der Coiffeur. Aber fürs Waschen zwischendurch ist die Maschine ideal. Sie ist genau auf Frau Hunzikers Wünsche eingestellt: Kopfform, gewünschte Temperatur und Druck sind immer gleich. Manchmal geht Frau Hunziker auch einfach so Haare waschen. Es beruhigt so gut. Zum Föhnen und Kämmen braucht sie allerdings Hilfe. Heute hat eine der Pflegekräfte etwas Zeit und föhnt ihr die Haare. «Hatten Sie schon Ihre Medikamente für heute, Frau Hunziker?» Frau Hunziker zuckt mit den Schultern. «Kein Problem. Ich schaue schnell nach.» Maria Reyes, die Pflegekraft, kommt von den Philippinen. Seit es in Europa einen grossen Wettbewerb um Gesundheitspersonal gibt, kommen einige Pflegekräfte auch aus Asien, Afrika oder Südamerika. Umgekehrt gibt es auch einige ältere Menschen, die sich in Thailand, Indien oder anderen Ländern pflegen lassen. Das ist deutlich billiger und wird sogar von der IV unterstützt, z.b. indem zwei Mal pro Jahr ein Heimflug finanziert wird. Frau Hunziker und Frau Galli haben Kinder und Enkel in der Schweiz, die sie alle paar Wochen besuchen kommen. Sie würden deshalb die Schweiz nicht verlassen wollen.

194 168 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Inzwischen hat Maria Reyes den Transportroboter in den Waschraum gerufen und abgefragt, ob Frau Hunziker schon ihre Medikamente bekommen hat. Die Medikamentenbereitstellung, -lagerung und -bestellung wird nach den Eingaben in jedem elektronischen Patientendossier der Bewohner automatisch erledigt. Die Pflegekräfte müssen sich nur um die Ausgabe und Einnahme der Medikamente kümmern. Eine Etage des Altersheims kann durch technische Hilfen effektiver versorgt werden als früher. Es gibt Pflegepersonal mit unterschiedlichen Kompetenzen und Abschlüssen. Die Aufgaben sind sehr genau danach verteilt. Ein externes Beraterteam des Zentrums für Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen, bestehend aus Fachärzten, Pflegekräften, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden, übernimmt Behandlungen und Beratungen in den Altersheimen im Quartier. Reinigungsroboter putzen die Gänge, mehrmals täglich fährt ein Roboter von Zimmer zu Zimmer und bietet Getränke an. Fensterläden, Belüftung, Licht etc. funktionieren entweder durch Sprachsteuerung, leicht zu bedienende Knöpfe oder werden zentral gesteuert, sodass auch die Bewohner, die das Bett nicht verlassen können, ihre Umgebung flexibel anpassen können. Es gibt elektronische Unterhaltungsangebote und über das Internet Verbindungen zu Freunden, Verwandten oder Zimmernachbarn im Haus. Auch die Pflegekräfte kommunizieren über das Internetsystem des Hauses und sind so jederzeit erreichbar und über Bildschirm sichtbar. Frau Galli nutzt das System häufig, um mit ihrem Enkel ein Spiel zu spielen oder eine Pflegekraft zu holen, wenn sie Hilfe braucht. Frau Hunziker ist allerdings von den Gesichtern auf den Bildschirmen schnell verwirrt. Oft erkennt sie nicht, wer dort spricht, und drückt auf dem Bildschirm schnell den Ausknopf, weil es ihr zu viel wird. Sie hat deshalb Maria Reyes als persönliche Betreuerin, die mehrmals täglich nach ihr sieht. Zur Unterhaltung gibt es auch Robotertiere, die zwei Mal pro Woche in einer Gruppe eingesetzt werden. Einige Bewohner haben eine Robbe oder einen Bären auf dem Schoss. Die Tiere erkennen die Bewohner, reagieren auf ihren Namen und lernen ständig neue Kunststückchen, z.b. eine Plastikmaus zu suchen. Frau Hunziker hat sich das mal angeschaut. Aber dann hat sie ihre Katze noch mehr vermisst, und sie hat es nicht wieder versucht. Da sie ihre Katze nicht mehr selbst versorgen kann, musste sie sie ihrer Tochter mitgeben. Manchmal vergisst Frau Hunziker, warum sie im Heim ist, und möchte gerne nach Hause fahren. Sie nimmt dann den SmartWalker und macht sich auf den Weg. Leider fehlt das Bild von ihrem Haus auf dem Display. An der Pforte stoppt man sie jedes Mal. «Frau Hunziker, Sie dürfen doch mit dem SmartWalker nicht auf die Strasse.» «Wie soll ich denn aber nach Hause finden? Hier bin ich doch falsch.» Für diese Situatio-

195 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 169 nen gibt es keine technische Hilfe. Maria Reyes muss sich Zeit nehmen und mit Frau Hunziker spazieren gehen, bis diese sich wieder beruhigt hat und sich an ihre neue Wohnsituation erinnert. Dieses Szenario beschreibt die mögliche Situation im Jahr 2025 unter dem Einfluss proaktiver politischer Massnahmen. Diese Massnahmen betreffen: Sicherheitsstandards und Zulassung: Zulassungsstellen haben die Bedingungen für Geräte mit (Teil-)Autonomie geprüft und einen klaren rechtlichen Rahmen geschaffen, der regelmässig aktualisiert werden muss, wenn neue Technologien entwickelt werden. Die Nutzung einiger Geräte wurde deshalb mit Auflagen versehen, z.b. selbstständig navigierende Transportmittel (aktiver Rollator SmartWalker, elektrischer Rollstuhl TBD) werden danach nur unter bestimmten Voraussetzungen zur Nutzung im öffentlichen Raum zugelassen, z.b. muss der Nutzer dazu in der Lage sein, den Nothalt auszulösen. Auch die Verwendung von Roboter-Nannys muss vor Missbrauch geschützt werden, z.b. indem eine erwachsene Person in regelmässigen Abständen die Hand auf den Touchscreen legen muss, damit das Kind nicht alleine gelassen wird. Haftungsrecht: In der Diskussion mit internationalen Rechtsexperten wurde das Haftungsrecht für autonome Robotikgeräte geregelt. Eine Möglichkeit ist z.b. eine geteilte Verantwortung von Hersteller, Programmierer und Nutzer, die jeweils zu bestimmten Anteilen auf ein dem Gerät zugewiesenes Konto einzahlen. Jedes Gerät erhält eine Registrierungsnummer wie ein Auto und kann so identifiziert werden. Bei auftretenden Schäden kann der Ausgleich über das Konto erfolgen. Datenschutz. Der Schutz der Daten, die Robotik und autonome Geräte während ihres Einsatzes sammeln, wurde geregelt und unterliegt strengen Vorschriften. Bei Missbrauch kann das Strafrecht angewendet werden. Ethische Richtlinien: Die bestehenden Ethikrichtlinien wurden auf neue Technologien hin angepasst und enthalten klare Aussagen über den Einsatz, z.b. Entscheidungsfreiheit, Zugangsgerechtigkeit, Würde. Auch für die Forschung mit Prototypen gelten nun die Regeln der Good Clinical Practice aus der medizinischen Forschung, z.b. die 57 Verpflichtung 57 Kurzinformation z.b. unter: PDF, Zugriff

196 170 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung zur Aufklärung, der informierten Zustimmung und der Haftung für Schäden, die bei Versuchen entstehen. Vor dem Einsatz von Robotik muss nun medizinisch oder therapeutisch geklärt und dokumentiert werden, ob die Nutzer auch sozial und mental imstande sind, die mit der Technologie erwachsenen Aufgaben wahrzunehmen. Sinnvolle unterstützende Technologien, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist, müssen im Sinne einer Teilhabegerechtigkeit im öffentlichen Gesundheitswesen zugänglich gemacht werden. Telepräsenz und Robotik insgesamt darf nach wie vor nicht als arzt- oder therapeutenersetzende Massnahme angewendet werden. Schutz nicht einwilligungsfähiger Personen. Das Erwachsenenschutzrecht (gültig ab 2013) sichert über die Patientenverfügung die Entscheidungsfreiheit bezüglich der Behandlung. Bei Anwendung auf Robotik können Patienten beispielsweise eine Betreuung durch Roboter für sich ausschliessen. Falls keine Patientenverfügung vorliegt, entscheiden Angehörige oder gesetzliche Vertreter über die weitere Behandlung im Sinne des Patienten. Die Zugänglichkeit zur Mobilität (öffentlicher Transport) und Information (barrierefreies Internet 58 ) etc. für Personen mit Einschränkungen wurde sichergestellt. Mit der Umsetzung wurden gleichzeitig auch die Umweltbedingungen für den Einsatz von Robotik geschaffen. Diese Massnahmen haben zu folgenden Konsequenzen geführt: Beeinflussung von technischer Entwicklung: Da Forschung und Feldtests mit Menschen klar geregelt und die Rechts- und Zulassungsfragen geklärt wurden, gab es eine intensive Phase des Ausprobierens in Institutionen und in der häuslichen Anwendung. Dabei wurden auch Bewertungen in ethischer Hinsicht vorgenommen, z.b. mithilfe des Ansatzes zur Werteanalyse für Produkte in der Gesundheitsversorgung von van Wynsberghe (2011). Die Erfahrungen haben gezeigt, für welche Nutzergruppen und in welchem Einsatz, welche Geräte vorteilhaft sind, z.b. sind Telepräsenzroboter und Exoskelette als Hilfsmittel hilfreich für Personen mit Mobilitätseinschränkungen, verwirren aber Menschen mit 58 Das Internet ist nicht selbstverständlich für Menschen mit Behinderungen zugänglich. Webseiten können jedoch durch die Beachtung von Regeln und der Verwendung entsprechender Software z.b. für sehbehinderte und blinde Menschen zugänglich gemacht werden. Weitere Informationen:

197 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 171 Demenz, für welche persönliche Betreuung und Orientierungshilfen in der Umwelt nach wie vor zentral bleiben. Autonome Robotik bewährt sich vor allem im Haus und im abgegrenzten Gelände, wenn es um Reinigung, Waschen, Transporthilfe und Mobilitätshilfen geht. Im öffentlichen Raum ist der Einsatz hingegen noch schwierig und wurde deshalb mit Auflagen versehen. Einige Schweizer Forschungsprojekte werden nicht realisiert, da die Forschungsergebnisse anschliessend nicht in der Schweiz kommerzialisiert werden können, z.b. weil für Hilfsmittel der Markt zu klein ist. Für Hersteller von Produkten, welche hauptsächlich nicht autonom arbeiten, haben die neuen Bestimmungen grösstenteils keine wesentliche Bedeutung. Beeinflussung der Verbreitung der Geräte: Einschränkungen und Anpassungen bei der Zulassung führten dazu, dass die Entwickler und Hersteller von Robotik und autonomen Systemen gewisse Produkte aufgrund des grossen Aufwands zur Einhaltung der Bestimmungen nicht oder nur für klar definierte Anwendungsgebiete in der Schweiz vertreiben. So haben z.b. Roboter-Nannys in der Schweiz keine grosse Verbreitung mehr gefunden, nachdem sie aufgrund von negativen Berichten aus Asien mit hohen Auflagen belegt wurden. Einige Geräte haben aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen der Hersteller den Weg auf den Schweizer Markt nicht gefunden, während andere Geräte von den geklärten Rahmenbedingungen profitieren und den Marktzugang zügig erreichten. Die Sozialversicherungen bezahlen den Einsatz von Robotik nach wie vor nicht direkt über Tarife. Über neue Abgeltungsmodelle, wie z.b. die Fallpauschalen im akutstationären Bereich, kann der Einsatz zugelassener Geräte allerdings indirekt durch die Sozialversicherungen finanziert werden. Die Kosten-Nutzen-Überlegungen werden, wie bereits in Szenario 1 beschrieben, von der einsetzenden Institution angestellt. Verbesserung der Autonomie von Menschen mit Versorgungsbedarf: Durch das Zugänglichmachen z.b. von öffentlichen Gebäuden, dem öffentlichen Verkehr und von Informationen und durch die Stärkung des Datenschutzes, des Erwachsenenschutzes und der Anpassung der Ethikrichtlinien konnte die Position der nicht professionellen Nutzer gestärkt werden. Sie können Robotikgeräte nutzen, sind jedoch auch vor Nachteilen geschützt, wenn sie diese Art der Betreuung ablehnen. Werte wie Würde, Autonomie, Gerechtigkeit umzusetzen und im Konfliktfall Entscheidungen zu treffen, bedarf jedoch weiterhin der Auslegung und ethischen Beratung der Verantwortlichen.

198 172 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Verbesserung der Akzeptanz: Die proaktiven Massnahmen in Bezug auf Robotik im Gesundheitswesen haben einen wesentlichen Beitrag zu Vertrauensbildung gegenüber den Geräten geleistet. Insbesondere Richtlinien zum Einsatz autonomer Geräte in ethisch herausfordernden Situationen, u.a. bei der Betreuung vulnerabler Personen, haben die Akzeptanz verbessert. Man kann sagen, dass sich ein gesellschaftliches Einvernehmen gegenüber Robotik zur Unterstützung des Gesundheitspersonals und zur Erhaltung von Autonomie und Selbständigkeit für Patienten in Betreuung und Gesundheitsversorgung entwickelt hat. Allerdings gibt es immer noch viele ältere Menschen, die sich an Robotern stören. Man geht davon aus, dass die Akzeptanz stark steigen wird, sobald die Digital Natives ins Rentenalter eintreten Szenario 3: proaktiv und steuernde Politik «Nadine, es ist Zeit. Geh dir die Zähne putzen! Sonst kommst Du zu spät zur Schule.» Widerwillig verabschiedet sich Nadine von ihrer Freundin auf dem Bildschirm und schaltet das Internet aus. Sie lenkt den Elektrorollstuhl ins Badezimmer. Dann bedient sie mit der Handsteuerung den Hilfsarm, der an ihre Rollstuhllehne montiert ist, damit dieser nach der Zahnbürste greift und diese unter den Zahnpastaspender hält. Leider mal wieder etwas zu weit rechts, sodass ein Teil der Zahnpasta danebengeht. Ganz genau kriegt sie die Steuerung mit ihren gelähmten Händen oder dem Mund nicht hin, aber es reicht zum Zähneputzen, Essen und Trinken, Greifen von Gegenständen, zum Bedienen von PC, Keyboard, E-Bookreader und Rollstuhl. Seit ihrem Reitunfall vor drei Jahren hat Nadine eine Querschnittlähmung und ist vom Hals abwärts gelähmt. Ihren rechten Arm kann sie einigermassen gezielt bewegen und zwischen Daumen und Zeigefinger eingeklemmt etwas festhalten. So steuert sie ihre Hilfsmittel, wenn es mit Sprachsteuerung nicht geht oder sie keine Lust dazu hat. Mit ihrem Rollstuhl kann sie sich draussen gut bewegen und alleine zur Schule fahren. Der Rollstuhl fährt sie innerhalb des Schulgeländes selbstständig dahin, wohin sie möchte. Sie braucht nur den Ort sagen oder auf das Bild auf dem Display drücken. Auf der Strasse ist ihr das aber nicht gestattet, weil sie nicht schnell genug reagieren könnte, falls ein Notstopp nötig wäre. Der Rollstuhl kann ferner Treppen rauf und runterfahren, sie kann sich damit hinstellen und das Sitzteil so fixieren, dass sie liegen kann oder sich zu den Seiten drehen und neigen, je nachdem, was sie machen will. Für eine Stunde am Tag

199 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 173 kann sie ein Exoskelett benutzen, mit dem sie «laufen» kann. Sie braucht dazu aber trotzdem einen Rollator, damit sie nicht stürzt. An manchen Tagen ist ihr das zu mühsam. Besonders jetzt im Winter geht das draussen gar nicht. Da beschäftigt sie sich nach der Schule lieber mit anderen Sachen. Sie malt zum Beispiel gerne oder macht Musik mit dem Keyboard. Mit ihrer Freundin Marie ist sie jeden Tag in Kontakt über das Internet. Auch ausserhalb der Schule gibt es ja immer viel zu erzählen oder sie spielen ein Videospiel zusammen. Beim Malen, Musikmachen und den Videospielen nutzt sie eine Steuerung, die ihre Gedanken direkt auf einen Bildschirm oder das Keyboard überträgt. Dazu trägt sie eine Art Mütze, welche die Impulse aus ihrem Gehirn auf den Computer überträgt. Wenn ihr die Steuerung zuverlässig gelingt, könnte sie damit vielleicht auch mal einen Roboter steuern, der Dinge für sie transportieren und greifen kann und so später arbeiten. Am Abend ist es Zeit für Nadines tägliches Muskeltraining. Dazu schnallt ihre Mutter ihre Beine in einen Roboter, der diese automatisch bewegt. Das ist ganz okay, weil sie dabei Fernsehen darf. Überhaupt nicht cool ist es allerdings, wenn Nadine nicht zur Schule fahren kann, sondern mit dem Telepräsenzroboter am Unterricht teilnehmen muss, weil sie mal wieder eine Infektion hat. Sie könnte zwar mit dem Gerät in der Schule herumfahren, aber das kann sie mit der Fernsteuerung nicht gut und stösst ständig irgendwo an. Peinlich! Überhaupt findet sie es sehr peinlich, dass sie mit 15 Jahren noch von ihrer Mutter gewaschen und angezogen werden muss und diese täglich ihre Haut auf Druckstellen kontrollieren muss. Nadines grösste Hoffnung ist es, dass es den Ärzten gelingt, ihr kaputtes Rückenmark zu ersetzen oder durch «Kabel» zu überbrücken, bis sie erwachsen ist und eine Ausbildung hat. Wenn das bis dahin nicht geht, wünscht sie sich einen Assistenzhund oder einen Superroboter, der sie bedient, damit sie alleine wohnen kann. Sicher wissen die Ingenieure, Therapeuten und Pflegekräfte im Forschungszentrum einen Rat. Es gibt dort Fachpersonen, die sich mit Technik super auskennen und ihr immer die neuesten Geräte zum Ausprobieren ausleihen. Nadine berichtet ihnen dann, was gut geklappt hat und was nicht. So hat sie auch das Exoskelett zum Laufen und den Greifarm bekommen. Bestimmt haben sie ihren Superroboter bald fertig! In diesem Szenario für 2025 kommen zusätzlich zu den Regulationen, die in Szenario 2 beschrieben wurden, noch steuernde Massnahmen der Politik hinzu.

200 174 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Die steuernden Massnahmen sind: Gezielte Forschungsförderung: Um Wissenslücken zu schliessen und sicherzustellen, dass die Entwicklung nicht technikgetrieben und ausschliesslich marktinduziert verläuft, sondern auch den Bedarf von kleinen Nutzergruppen und deren Bedürfnisse einbezieht, wurde Forschung gezielt gefördert. Dazu gehörten neben der Grundlagenforschung vor allem auch die anwendungs- und nutzerbezogene Forschung, Health- Technology Assessment, Versorgungsforschung und Studien zur Auswirkungen der Technik auf die Gesellschaft. An die Forschungsprojekte wurde die Anforderung gestellt, dass sie interdisziplinär durchgeführt werden und Nutzer bereits von Anfang an mit einbeziehen und nicht erst in Feldversuchen. Ferner hat sich die Orientierung an Prinzipien des Universal Designs 59 und die Einbeziehung von ethischen Werteanalysen durchgesetzt (z.b. van Weinsberghe, 2011). Durch die Ausschreibung eines Nationalen Forschungsprogrammes (NFP) des Schweizerischen Nationalfonds wurde dem Thema Robotik und anderen Technologien in der Gesundheitsversorgung eine hohe Bedeutung beigemessen. Die nationalen Forschungsprogramme fördern die weite und interdisziplinäre Vernetzung und ermöglichen eine langfristige Auseinandersetzung mit einem Thema. 60 Förderung der Auseinandersetzung in der Gesellschaft mit dem Thema Robotik und anderen Technologien in der Gesundheitsversorgung. Das Bild von Robotik wurde überwiegend durch Medienberichte geprägt. Dies führte dazu, dass einerseits unrealistische Erwartungen geweckt wurden, z.b. wenn neue Erfindungen gepriesen wurden, die dann aber doch keine Marktreife erreichten, und dass andererseits ein einseitig negatives Bild von Robotik erzeugt wurde, wenn Unfälle und negative Auswirkungen im Fokus standen. Vor allem wurde Robotik in den Medien mit der Anwendung bei pflegebedürftigen und demenzkranken Menschen verknüpft. Das trug dazu bei, dass die Geräte als stigmatisierend empfunden wurden. Von staatlicher Seite hat man deshalb entschieden, gegenzusteuern und eine kritische Auseinandersetzung anzuregen. Es wurden Filme, Artikel, Plakate, Radio- und Internetbeiträge und Ausstellungen durchgeführt sowie Informationsmaterial für Schulen, Altersheime etc. zur Verfügung gestellt. Es wurde thematisiert, auf wel Zugriff

201 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 175 chen Werten und welchem Menschenbild die Gesundheitsversorgung basieren sollte, welche Prioritäten für die Gesundheitsversorgung gesetzt werden und welche Rolle neue Technologien dabei spielen sollten. Förderung der Auseinandersetzung professioneller Nutzer mit dem Thema Robotik und andere Technologien in der Gesundheitsversorgung. Die Gesundheitsberufe kommen in direkten Kontakt mit den Geräten. Es wurden deshalb besondere Programme und Materialien entwickelt, die die kritische Auseinandersetzung der professionellen Nutzer mit Robotik in Aus-, Fort- und Weiterbildung anregen sollen. In Zusammenarbeit mit Entwicklern, Herstellern und Vertrieb in der Schweiz wurden Netzwerke gegründet, die interprofessionellen Austausch und Zusammenarbeit ermöglichen. Förderung von Massnahmen zur sozialen Unterstützung (social support): Auch wenn das Thema soziale Unterstützung nicht unmittelbar und allein mit dem Einsatz von Robotik verbunden war, wurde es durch die Diskussion um Roboter doch besonders aktualisiert. Urbanisierung und Zunahme der Singlehaushalte sowie steigende Mobilität führten dazu, dass die sozialen Bindungen der Menschen lockerer wurden und manche Begegnungen sich in den virtuellen Bereich verlagerten. Die praktische Seite der sozialen Unterstützung (z.b. Hilfe im Krankheitsfall durch Einkaufen, Essen kochen) konnte jedoch auf diesem Weg nicht eingelöst werden. Es war nicht finanzierbar, für jede Unterstützungsleistung einen professionellen Dienst zu zahlen und nicht jede Dienstleistung konnte und sollte durch einen Roboter ersetzt werden. Das Risiko, dass Robotik zur Reduzierung direkter Kontakte in der Betreuung und Gesundheitsversorgung beträgt, war vorhanden. Es wurde deshalb entschieden, einerseits die persönliche Betreuung und Versorgung sicherzustellen und gleichzeitig die Bildung sozialer Netzwerke und Nachbarschaftshilfe zu unterstützen, z.b. durch entsprechende Webseiten, Aktionstage wie den Nachbarschaftstag, Plakate, Medienberichte etc. Die steuernden Massnahmen führten zu folgenden Veränderungen: Nützliche und erschwingliche Produkte erlangen Verbreitung: Durch die gezielte Förderung anwendungsorientierter und interdisziplinärer Forschung konnten Entwicklungen aus den frühen 2010er-Jahren auf einen Stand gebracht werden, welcher für die Nutzer eine robuste, praktische und unkomplizierte Hilfe darstellt und trotzdem eine kostengünstige Massenanfertigung erlaubt unabhängig vom Land/Standort der Pro-

202 176 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung duktion. So wurden beispielsweise für die Bewegung des Greifarms künstliche Muskeln verwendet, welche einerseits wegen deren «weiche» Konstruktion gefahrlos benützt und andererseits robust und kostengünstig hergestellt werden können. Die gezielte Forschungsförderung von interdisziplinären Teams aus Therapeuten, Betroffenen und Ingenieuren hat die Entwicklung von marktfähigen, wirtschaftlichen Produkten verstärkt, die auch für kleinere Nutzergruppen hergestellt werden können. Entscheidungsgrundlagen für den Einsatz von Robotik: Eine Reihe von Studien- und Forschungsprojekten hat dazu geführt, dass die Wirksamkeit, der Nutzen, die Wirtschaftlichkeit, die Praktikabilität, die ethischen Aspekte und gesellschaftlichen Auswirkungen von Robotik im Gesundheitswesen näher untersucht wurden. Diese Erkenntnisse bilden eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Anschaffung und Verbreitung von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Das Wissen spielt ebenso eine Rolle für nicht professionelle Nutzer, die vor allem der individuelle und praktische Nutzen interessiert, wie auch für professionelle Nutzer, deren Interesse die Auswirkungen von Robotik auf psychosoziale Dimensionen sind. Kostensteigerung im Gesundheitswesen schreitet weiter voran. Die Gesundheitskosten werden im Jahr 2030 voraussichtlich 111 bis 123 Milliarden Franken erreichen. Gründe dafür sind vor allem der technische Fortschritt und die wachsenden Ansprüche der Patienten, zu einem geringeren Teil die demografische Alterung der Gesellschaft und die Bevölkerungszunahme. Die steigende Verbreitung von Robotik hat einen Beitrag zur Kostensteigerung im Gesundheitswesen geleistet. Viele Geräte werden mittlerweile aufgrund von durchgeführten HTA und den dabei festgestellten positiven Auswirkungen insbesondere auf die Versorgung ländlicher Gebiete und die Behandlungsqualität von den Sozialversicherungen finanziert. Das Angebot an Robotik ist gross und die Robotik konnte einen sinnvollen Beitrag zur Versorgung leisten, die Sozialversicherungen werden allerdings durch die Kostenübernahme belastet. Zwar wurde immer wieder betont, dass der Einsatz von neuen Technologien grosses Rationalisierungspotenzial habe, bislang gibt es dazu aber kaum aussagekräftige Daten. In den Bereichen Logistik und Informationstechnologie (z.b. elektronisches Patientendossier) konnten allerdings nachweislich Effizienzsteigerungen erzielt werden. Akzeptanz der Robotik in Gesundheitsversorgung nimmt zu. Technik wird vermehrt in interdisziplinären Kooperationen und Netzwerken unter Beteiligung der nicht professionellen und professionellen Nutzer

203 Szenarien zu Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 177 entwickelt. Das steigert die Auseinandersetzung mit dem Thema und die Akzeptanz der Geräte. Die differenzierte und realistische Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken bereits in der Aus- und Weiterbildung des zukünftigen Gesundheitspersonals sowie in der Öffentlichkeit hat ebenfalls dazu beigetragen, dass die eingeführten Geräte akzeptiert und nachgefragt werden.

204

205 10 Diskussion der Ergebnisse Die Studie zielt darauf ab, möglichst unterschiedliche Zukunftsszenarien mittelfristiger Perspektive für das Jahr 2025 im Hinblick auf Robotik in der Gesundheitsversorgung aufzuzeigen und daraus die in Kapitel 11.2 beschriebenen Empfehlungen für Entscheidungsträger ableiten zu können. Zuvor wurden insbesondere die folgenden Hauptfragestellungen untersucht: Was ist bis 2025 technisch machbar? Was ist ökonomisch sinnvoll und realisierbar? Was halten die Nutzer für wünschenswert, vertretbar oder bedenklich? Was ist ethisch wünschenswert, vertretbar oder bedenklich? Welche rechtlichen Fragen sind zu klären? Von welchen Faktoren und Akteuren wird die Entwicklung von Robotik beeinflusst? Im Folgenden werden diese eingangs formulierten Forschungsfragen in ihren Hauptergebnissen zusammengefasst Was ist bis 2025 technisch machbar? Wohin sich die Technik in den nächsten 13 Jahren entwickeln wird, kann nicht mit Sicherheit vorausgesagt werden. Letztendlich sind es zu viele Faktoren, welche eine mögliche Entwicklungsrichtung beeinflussen, sei es die technische Machbarkeit an sich, der Markt, die Politik, das aktuelle Weltgeschehen oder aber auch zufällige Ereignisse wie Entdeckungen, Zufallsprodukte aus anderen Entwicklungen usw. Die Fähigkeit von Menschen und Tieren, in einer nicht strukturierten Umgebung auf beliebige, vorher nicht programmierte Ereignisse sinnvoll zu reagieren, konnte bis heute von Maschinen nicht erreicht werden. Da aber in diesem Bereich sehr viel geforscht wird, kann es sein, dass hier Durchbrüche erzielt werden. Bis diese neuen Entdeckungen aber in Robotern eingesetzt werden können, welche dann robust und zuverlässig völlig autonom Aufgaben zum Wohle des Menschen erledigen, wird wohl mehr Zeit als bis 2025 benötigt. Ein humanoider Roboter, welcher allgemeine Pflege und Betreuungsarbeiten direkt

206 180 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung anstelle von Menschen übernehmen kann, bleibt also im betrachteten Zeithorizont aller Wahrscheinlichkeit nach ein Wunschziel der Forschung (Gudorf, 2012). Sobald man jedoch vom vollautonomen Ansatz abweicht, gibt es einige interessante Prototypen und Produkte, welche bereits realisiert worden sind oder in der betrachteten Zeitspanne bis 2025 realisiert werden können. In der Kategorie der Trainingsgeräte und Hilfsmittel sind dies beispielsweise Trainingsgeräte für den Heimeinsatz (z.b. Armtrainingsgerät Armeo), Hilfsmittel zum Gehen (z.b. Exoskelett ReWalk) oder Traghilfen (Riken). Auch reine Navigationshilfen (SmartCane oder SmartWalker) sind realisierbar. Vor allem in der Telepräsenz sind viele neue Anwendungen möglich. Die Geräte können fest installiert (z.b. Überwachungskameras, Terminals mit Monitor und Mikrofon für Fernberatung, Datenfernabfragen für z.b. für Puls- und Blutdrucküberwachung) oder auf mobilen Plattformen montiert sein. Auf diese Weise muss die betreuende Person nicht physisch vor Ort sein. Innerhalb von Gebäuden können mobile Plattformen auch autonom navigieren und entweder Aufgaben im Haushalt (Staubsaugen, Bodenwischen) oder in der Pflege (Getränke- oder Medikamentenabgabe) übernehmen. Sozial interaktive Roboter sind heute schon im Einsatz (Paro) und werden in Zukunft dank Sensorik in der Lage sein, Menschen und deren Stimmungslage zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Generell ist zu erwarten, dass die Geräte immer benutzerfreundlicher gestaltet sein werden und entsprechend intuitiv zu bedienen sind. Nebst Sprache werden sie auch Gestik interpretieren können und sich durch Sprachausgabe selbst verständlich machen können. Insgesamt jedoch könnten in der Pflege von Menschen schon relativ einfache Geräte grosse Erleichterung bringen, vollautonome Technik ist dafür keine Bedingung. Die Technik kann als Ideenlieferant für praktische Geräte und Roboter zur Unterstützung der Arbeiten im Gesundheitswesen dienen. Rein technologiegetriebene Lösungsansätze bergen aber immer auch die Gefahr, nicht wirklich vollumfänglich praxistauglich zu sein und der Einsatz von unausgereifter Technik könnte dem Image und letztendlich der Akzeptanz von Robotik im Gesundheitswesen schaden. Bei Fokussierung auf die Erforschung und Entwicklung von komplexen, vollautonomen Robotern werden viele Ressourcen gebunden, welche fehlen könnten, um einfachere, aber dafür robuste und bezahlbare teilautonome Systeme zu bauen.

207 Diskussion der Ergebnisse Was ist ökonomisch sinnvoll und realisierbar? In der Industrie wurde das Rationalisierungs- und Kostensparpotenzial von Robotik bereits vor langer Zeit erkannt. Mittlerweile ist unbestritten, dass technische Geräte gewisse Arbeitsschritte nicht nur schneller, sondern auch qualitativ besser und günstiger ausführen können als der Mensch. Im Bereich Betreuung und Gesundheitsversorgung stehen allerdings in den allermeisten Fällen nicht repetitive und automatisierbare Arbeitsschritte im Vordergrund. Vielmehr ist eine umfassende und individualisierte Betreuung der Patienten notwendig, bei der die soziale Interaktion eine wesentliche Rolle spielt. Trotz dieses Umstandes hält das ökonomische Denken aufgrund von Sparvorgaben und pauschalisierten Entgeltsystemen zunehmend Einzug in die Entscheidungsgremien der Institutionen im Gesundheits- und Sozialwesen. Es wird immer wieder Möglichkeiten und Chancen geben, gewisse Prozesse im Bereich Betreuung und Gesundheitsversorgung aus ökonomischen Gründen durch Robotik ausführen zu lassen. Allerdings konnte in der Literatur keine Evidenz gefunden werden, welche den ökonomischen Nutzen von Rationalisierungen durch Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung abschliessend nachweist. Diejenige Partei, welche für die Beschaffung und den Unterhalt des Gerätes aufkommt, muss sich die Frage nach der Wirtschaftlichkeit stellen, entsprechende Kalkulationen vornehmen und sie auch den nicht in Geldwert zu erfassenden Vorteilen gegenüberstellen (Stichwort: Hospital Health Technology Assessment). Aufgrund der in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse wird angenommen, dass der Einsatz von Robotik bezüglich des Personals vielmehr unterstützend als ersetzend erfolgen wird, was grundsätzlich zu einer Qualitäts-, aber auch zu einer Kostensteigerung führen kann. Die Wirtschaftlichkeit muss anwendungsspezifisch beurteilt werden und ist kurzfristig sicherlich nicht einfach abschätzbar. So kann ein Roboter, welcher einen Patienten in ein Bett hebt, kurzfristig teuer sein, langfristig allerdings die Pflegefachkraft gesundheitlich schonen und damit länger im Erwerbsleben halten, was volkswirtschaftlich gesehen durchaus erwünscht ist. Die Frage der Wirtschaftlichkeit hängt also wesentlich von der Perspektive ab, aus welcher man sie beantwortet. Weiter ist anzumerken, dass die reine Notwendigkeit der Frage der Wirtschaftlichkeit die Bedeutung nehmen kann. So könnte es sein, dass der Einsatz von Robotik aufgrund des Mangels an Pflegekräften schlicht notwendig wird, um die Versorgung sicherstellen zu kön-

208 182 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung nen. Wirtschaftliche Fragen würden in diesem Szenario eine untergeordnete Rolle spielen Was halten die Nutzer für wünschenswert, vertretbar oder bedenklich? Die Ergebnisse der Fokusgruppen mit professionellen und nicht professionellen Nutzern zeigen, dass vielen durchaus präsent ist, dass Technik ein Teil des Lebens ist. Die Einstellungen gegenüber Robotern sind je nach Autonomiegrad der Geräte sehr unterschiedlich. Es zeigt sich, dass die Bedenken der Akteure mit zunehmendem Grad der Geräteautonomie zunehmen, d.h., es bestehen geringe Bedenken gegenüber passiven Assistenzsystemen wie Reha-Robotern, mittlere Bedenken gegenüber Service- und Monitoringsystemen und grosse Bedenken gegenüber halbautonomen bzw. autonomen Geräten, die in Interaktion mit nichtprofessionellen Nutzern treten können. Ausserdem lassen sich Unterschiede in der Akzeptanz zwischen professionellen und nicht professionellen Nutzern feststellen (vgl. Kapitel 6): Nicht professionelle Nutzer interessiert vor allem der individuelle und praktische Nutzen. Sie sehen Chancen für eine stärkere Autonomie durch Robotik, befürchten aber zugleich den Verlust von zwischenmenschlichen Kontakten und Wahlfreiheit und dass die Zugangsgerechtigkeit nicht genügend gewährleistet sein könnte. Professionelle Nutzer betonen die Auswirkungen von Robotik auf die psychosoziale Dimension ihrer Arbeit, ethische Fragen, Arbeitsbedingungen und Selbstverständnis des Berufes. Grosse Chancen sehen sie bei ihrer Entlastung und der Erweiterung von Möglichkeiten durch den Robotereinsatz: So könnte eine qualitative Verbesserung der Versorgung mit dem Einsatz von Robotik erreicht werden, z.b. durch die Unterstützung und Entlastung der Pflegekräfte, wodurch diese länger im Beruf verbleiben können, oder durch Therapiegeräte für den Homecare-Bereich, die das Training intensivieren. Professionelle Nutzer befürchten aber auch, dass der Einsatz von Robotern zu Arbeitsplatzabbau und einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen könnte. Den potenziellen Nutzern ist bewusst, dass Robotik in gewissen Bereichen ein grosses Rationalisierungspotenzial hat. Allgemein rechnen sie mit Personaleinsparungen durch den Einsatz von spezifischen Robotikgeräten, z.b. durch Tele-

209 Diskussion der Ergebnisse 183 präsenz- oder Trainingsgeräte. Sie sind jedoch der Meinung, dass das gesellschaftliche Problem der Personalknappheit im Gesundheitswesen nicht unreflektiert mit dem zunehmenden Einsatz von Technik gelöst werden sollte. Entscheidend sei, dass Sinn und Nutzen des Technikeinsatzes hinterfragt werden. Ein zentrales Bedürfnis der Akteure ist es, dass der Mensch im Mittelpunkt bleibt und Pflegende nicht durch den Einsatz von Technik ersetzt werden. Aus Sicht der Akteure sollte Robotik ausschliesslich zur Unterstützung und Entlastung der Betreuung und Versorgung genutzt werden. Insbesondere bei schutzbedürftigen und vulnerablen Gruppen soll der Technikeinsatz genau bedacht und nicht vorschnell angewendet werden. Um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, sollten daher auch Alternativen zur Robotik gesucht werden. Beispiele wären: Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Verbesserung von Status und Einkommen in den Gesundheitsberufen, Steigerung und Flexibilisierung der Ausbildungsangebote Welche rechtlichen Fragen sind zu klären? Die Szenarien haben verschiedene, derzeit noch ungeklärte rechtliche Fragestellungen aufgezeigt. In der Schweiz wurde diesem Thema in Bezug auf Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung noch keine intensive Aufmerksamkeit geschenkt. Folgende Bereiche werden vom Einsatz von Robotik besonders tangiert: Haftung, Sicherheit und Zulassung, Datenschutz, Forschung. Im Bereich der Haftung ist die Rechtslage für autonome Robotikgeräte noch unklar. Hersteller, Programmierer oder Nutzer könnten für Schäden haftbar gemacht werden. In Deutschland beschäftigt sich die Forschungsstelle RobotRecht der Universität Würzburg mit diesen Fragen. Für die Schweiz fehlen zum jetzigen Zeitpunkt Diskussionen über Lösungen dieser Problematik. Die Unsicherheit im Umgang mit autonomen Robotikgeräten wirkt sich auch auf die Zulassung aus. Es existieren keine speziellen Regelungen für autonome Robotikgeräte in der Gesundheitsversorgung und ihre Nutzung im öffentlichen

210 184 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Raum. Entwickler und Hersteller sind jeweils gefordert, mit den Zulassungsstellen im Rahmen der bestehenden Sicherheitsbestimmungen zu verhandeln. Datenschutz ist für Geräte mit Speicher- und/oder Datenübermittlungsfunktion von grosser Bedeutung. Man kann davon ausgehen, dass im Rahmen der Einführung des elektronischen Patientendossiers der Datenschutz für gesundheitsbezogene Daten geklärt wird. Bezüglich nicht gesundheitsbezogener Daten auch von anderen Personen (z.b. Besucher oder Passanten) muss der Datenschutz ebenfalls geregelt werden. Bereits in der Pilottestung von Prototypen kommen sowohl Patienten als auch Passanten mit Robotikgeräten in Kontakt. Forschung zu Krankheiten des Menschen sowie zu Aufbau und Funktion des menschlichen Körpers wird nach dem Humanforschungsgesetz 61 (gültig ab 2013) von Ethikkommissionen überprüft. Für Geräte, die zum Transport, zum Service oder zur Unterhaltung dienen, ist keine Prüfung der Forschungsvorhaben vorgesehen Was ist ethisch wünschenswert, vertretbar oder bedenklich? Bislang existiert kein universell akzeptiertes Set von ethischen Prinzipien für den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung. Ethische Werte wie Autonomie, Schutz vor Schaden, Fürsorge und Gerechtigkeit sind aber auch auf den Einsatz von Robotik anzuwenden. Relevante ethische Problemstellungen betreffen nicht nur den reinen Robotikeinsatz, sondern auch forschungsethische Fragen sowie die Grenzziehungsfrage, wie viel Technik der Mensch in unterschiedlichen Situationen überhaupt verträgt (Clausen, 2006). Dass es neue, verbindliche, ethische Richtlinien braucht, traf auf Zustimmung aller befragten Experten. Die Krux beim Thema Ethik liegt jedoch in der Umsetzung: Ein internationaler und allgemein gültiger «Code of ethics» erscheint weder realistisch noch praktikabel. Die Geräte und spezifischen Situationen des Robotereinsatzes sind zu unterschiedlich, als dass eine Konkretisierung vorgenommen werden könnte. Es ist nach Meinung der Experten nur schwer möglich, Richtlinien für zukünftige Innovationen zu entwickeln, auch weil die Schnelllebigkeit und Innovationskraft 61

211 Diskussion der Ergebnisse 185 im Bereich Technik die Formulierung griffiger und aktueller Richtlinien und Gesetze erschweren. Bestehende Konventionen und Richtlinien können und sollten, gemäss Experten, in Bezug auf ethische Fragestellungen auf den Bereich Robotik übertragen und angewendet werden (z.b. medizinisch-ethische Richtlinien der SAMW). So könnte z.b. eine ausdrückliche Zustimmungsverpflichtung oder ein Vetorecht sicherstellen, dass Menschen nicht gegen ihren Willen mit Robotik versorgt werden. Der Einsatz von Robotern in Betreuung und Gesundheitsversorgung ist unter ethischen Gesichtspunkten zu beurteilen, besonders wenn pflegebedürftigen Menschen menschliches Pflegepersonal entzogen wird. Die Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes Österreich (2009) empfiehlt, Roboter nur als Werkzeuge bzw. als technische Assistenz in der Pflege und zur Aufrechterhaltung der Autarkie des Pflegebedürftigen einzusetzen und die Zustimmung der Person für den Einsatz der Geräte sicherzustellen. Besonderer Vorkehrungen und ethischer Abklärung bedürfe es beim Einsatz bei nicht einwilligungsfähigen Personen. Die Royal Academy of Engineering (2009) sieht Risiken, wenn für Nutzer die Leistungen und Grenzen der Robotik nicht klar ersichtlich sind und es zu Fehleinschätzungen und Verwirrungen kommen kann. Mit dem Geräteeinsatz sei häufig abzuwägen, welche Werte betroffen sind und miteinander konkurrieren, z.b. Autonomie vs. soziale Kontakte. Adäquate Entscheidungen könnten meist nur für und mit der betroffenen Person und die konkrete Situation getroffen werden. Beim Design von Produkten sollten ethische Werte und Annahmen über spätere Nutzer nicht den Entwicklern überlassen werden (Royal Academy of Engineering 2009). Ala-Mutka et al. (2008) empfehlen, sich an den Prinzipien des Universal Designs zu orientieren. Van Weinsberghe (2011) rät, zur Analyse der Werte für Robotik in der Gesundheitsversorgung bereits im Designprozess und stellt dazu einen praxisbezogenen Ansatz vor, der auch für die Bewertung bereits vorhandener Produkte verwendet werden kann. Für Betroffene kann es andererseits ethisch auch sehr erstrebenswert sein, wenn innovative Hilfsmittel schnell auf den Markt kommen. Es wurde daher auch von den befragten Experten empfohlen, dass sich die Gesellschaft mit den erwähnten ethischen Herausforderungen auseinandersetzt, um zukünftige Innovationen erfolgreich zu gestalten und die potenziellen Vorteile von Robotik im Gesundheitswesen nutzen zu können. Anzumerken ist, dass nicht nur durch den Einsatz von Robotik in Altersheimen und anderen Betreuungsinstitutionen ethische Problme entstehen. Viel mehr

212 186 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung existieren bereits in der aktuellen Versorgung ethische Dilemmata. Die medizinisch-ethischen Richtlinien der SAMW versuchen diese zu adressieren. Sie sind jedoch zu wenig bekannt und ihre Einhaltung wird nicht genügend überprüft. Zum Beispiel ist nicht geklärt, ob die bereits übliche Abgabe von Stofftieren oder Puppen an Personen mit Demenz die Würde dieser Personen verletzt Von welchen Faktoren und Akteuren wird die Entwicklung von Robotik beeinflusst? Es wurde deutlich, dass technisch getriebene Innovationen einen starken Einfluss auf das Angebot im Bereich Robotik haben. Die Entwicklungen im technischen Bereich sind häufig nicht bedarfsgesteuert, sondern wecken selbst erst Bedürfnisse. Die Treiber aus der Technik scheinen die demografische Entwicklung und die Zunahme an besonders hilfebedürftigen Personen mitunter zur Rechtfertigung für Entwicklungen zu nutzen. Dennoch können die Entwicklungen und Innovationen sehr nutzerorientiert sein, und es spielen eine Vielzahl weiterer und zum Teil konkurrierender Akteure und Entwicklungen (z.b. Autonomiebedarf vs. Kostenbegrenzung) eine zentrale Rolle dabei, ob und in welchem Ausmass sich Robotik verbreiten und durchsetzen wird. Bedarfsseitig kann aufgrund aktueller Studien und Hochrechnungen festgehalten werden, dass der Bedarf an Pflege stetig steigen wird und ohne Korrekturmassnahmen nicht genügend ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung stehen werden. Der Einsatz neuer technischer Geräte hängt in Zukunft wesentlich davon ab, ob die Geräte Fachkräfte effektiv entlasten, ohne die Qualität der Versorgung zu reduzieren. Die praxisnahe und interdisziplinäre Forschung unter der Einbeziehung von Werte- und Bedarfsanalysen wird dabei von Experten als wichtiger Erfolgsfaktor betrachtet. Für Institutionen, welche die Geräte einsetzen möchten, ist unter anderem ausschlaggebend, welche Entscheidungen auf staatlicher Seite bezüglich der Finanzierung der Geräte gefällt werden. Dies gilt besonders vor dem Hintergrund der staatlichen Bemühungen, die stark wachsenden Gesundheitskosten einzudämmen. Neben der Qualität müssen also auch die Kosten vertretbar respektive die Vergütung geregelt sein. Angebotsseitig entstehen in der Regel Produkte, für welche ein attraktiver Markt besteht. Die Attraktivität kann durch staatliche Eingriffe zu- oder auch abnehmen.

213 Diskussion der Ergebnisse 187 Dementsprechend sind das Ausmass und die Ausrichtung der staatlichen Interventionen im Bereich Robotik mitentscheidend für die Entwicklung neuer Geräte (z.b. Finanzierungsanreize, Rechtssicherheit, Forschungsschwerpunkte). Mögliche Auswirkungen unterschiedlichen staatlichen Handelns wurden in den Szenarien aufgezeigt. Fragen der Nachhaltigkeit in der Produktion, z.b. von Rohstoff- und Energieverbrauch sowie der Entsorgung oder des Recyclings (Life Cycle Engineering), können zukünftig eine Rolle in der Verbreitung von Robotik spielen, wenn diese Geräte zur Massenware werden Einschränkungen Die vorliegende Arbeit hat einige methodische Einschränkungen, die nachfolgend beschrieben werden. Mit der in der Literaturanalyse angewandten Suchstrategie wurden ausschliesslich publizierte oder im Internet zugängliche Quellen berücksichtigt. Auf diese Weise konnten gegebenenfalls Hinweise auf einzelne neue Ideen, Projekte oder Studien nicht erfasst werden. Zu betonen ist ausserdem, dass die Literaturrecherche zu aktuellen Entwicklungen, Prototypen und dem Einsatz in der Praxis bereits 2011 durchgeführt wurde und neuere Publikationen nur partiell mitberücksichtigt werden konnten. Zur Erhebung der Makrotrends im Anschluss an die Literaturanalyse wurde eine PESTEL-Analyse durchgeführt. Die Analyse diente als Ausgangspunkt für die Befragung und die Gespräche mit Akteuren und Experten. Die PESTEL-Analyse ist ein Instrument, welches dazu beiträgt, grundlegende Trends und Entwicklungen in verschiedensten relevanten Bereichen identifizieren zu können. Um für jeden der PESTEL-Bereiche aussagekräftige und tiefergehende Erkenntnisse zu gewinnen, erwies sich das PESTEL-Instrument zwar als hilfreich, aber nicht als ausreichend, insbesondere für die Bereiche Recht und Ethik (vgl. hierzu Recklies, 2012). Es musste entsprechend nachrecherchiert werden. Die Fokusgruppen in den Akteursbefragungen setzten sich aus professionellen sowie aus nicht professionellen Nutzern zusammen. Der Alters- und Geschlechtsverteilung fiel allerdings nicht wie geplant aus. Der Einbezug von heute

214 188 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung bereits betroffenen Senioren und die stärkere Beteiligung von Frauen hätten gegebenenfalls zu differenzierteren Ergebnissen geführt. Dem Einbezug des Genderaspektes (gerade im Hinblick auf die Feminisierung der alternden Gesellschaft) hätte ebenfalls mehr Bedeutung beigemessen werden können und er sollte in weiterführenden Studien beachtet werden. Die durch die Fokusgruppen gewonnenen Erkenntnisse weisen aber darauf hin, dass die Gruppenzusammensetzung in diesem Fall keine entscheidende Limitation darstellte, weil die Ergebnisse mit anderen Studien übereinstimmten (z.b. die Bedenken der Akteure mit zunehmendem Grad der Geräteautonomie, vgl. Butter et al., 2008; Compagna D., Mauz & Shire, 2009). Von der zunächst angestrebten, internationalen DELPHI-Befragung wurde abgesehen. Stattdessen wurden ausschliesslich in der Schweiz lebende Experten zu einem Expertenworkshop eingeladen. Dies sollte sicherstellen, dass eine direkte Debatte (Face-to-Face) auf die Schweiz bezogen zu dem Thema stattfindet. Obwohl die Diskussion sehr befruchtend war, bleibt festzustellen, dass das Thema Robotik in der Gesundheitsversorgung in der Schweiz noch relativ neu ist und die befragten Experten ihr Experten- und Fachwissen zum Teil erst auf diesen neuen Bereich übertragen mussten. Deshalb mussten nachträglich Aussagen internationaler Robotikexperten einbezogen werden. Anders als mit Technik- und Trendszenarien können mit den von uns verwendeten Handlungsszenarien keine verbindlichen Aussagen über die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens der beschriebenen Entwicklungen gemacht werden. Um Handlungsoptionen anschaulich aufzuzeigen, erachteten wir normative Szenarien als das geeignetere Instrument. Hierbei wurde der Fokus auf die staatliche Einflussnahme gelegt, während mögliche Einflüsse von Lobbygruppen oder NGO aufgrund der Unvorhersehbarkeit unberücksichtigt bleiben mussten. Die Szenarien betrachten nur den Zeitraum bis 2025 und sind nur aus Sicht der betroffenen, nicht professionellen Nutzer beschrieben. Es wäre auch möglich gewesen, andere Sichtweisen, z.b. von professionellen Nutzern zu schildern. Zur Nachhaltigkeit und zu ökologischen Problemen in Bezug auf Robotik konnte wenig in Erfahrung gebracht werden. Eine direkte Konkurrenz um sogenannte seltene Erden, die in der Herstellung von Elektrofahrzeugen verwendet werden, scheint aktuell nicht zu bestehen. Für die Robotik in Service und Gesundheitsversorgung werden derzeit herkömmliche Batterien verwendet werden, da diese weniger brandgefährdet und damit sicherer sind.

215 Diskussion der Ergebnisse 189 Auf die Sicht betroffener Individuen und Familien wurde nur im Rahmen der Akteursbefragungen eingegangen. Die Aussagen im Bericht vor allem zu den Auswirkungen von Robotik auf Betroffene und ihre Familien, also die psychosoziale Komponente, sind nur begrenzt und meist prospektiv, da noch zu wenig Erfahrungen vorliegen. Sollte Robotik breiter zum Einsatz kommen, wäre es wichtig, Untersuchungen zur psychologischen und psychosozialen Dimension durchzuführen. Es wurde in Studien über die Angst vor Arbeitsplatzabbau berichtet. Aufgrund der mangelnden Informationen konnte jedoch keine ausreichende Abschätzung des tatsächlichen Risikos getroffen werden Offene Fragen und weiterer Forschungsbedarf Folgende eingangs formulierte Forschungsfragen können mit heutigem Wissensstand nicht oder nur unzureichend beantwortet werden: Was ist technisch bis 2025 machbar? Was ist ökonomisch im Jahre 2025 realisierbar? Diese beiden Fragen hängen von einer Reihe von weiteren Faktoren ab, die nicht sicher vorhersagbar sind. Hierzu aufgrund des aktuellen Fachwissens eine Aussage oder Prognose zu treffen, wäre sicher unlauter. Beispielsweise würde ein bahnbrechender, technischer Durchbruch im Bereich der Neuroprothetik die technischen Bemühungen im Bereich Trainingsgeräte und Mobilitätshilfen überflüssig machen. Bei allen technischen Entwicklungen bedarf es aber weiterer Untersuchungen zum Kosten-Nutzen-Verhältnis sowie zur Wirksamkeit und Praktikabilität unter Alltagsbedingungen. Ebenso notwendig sind Studien und Abschätzungen eines drohenden Arbeitsplatzabbaus im Gesundheitswesen durch den Einsatz von Robotik. Die Frage nach ethischen und rechtlichen Aspekten des Robotikeinsatzes kann ebenfalls nicht abschliessend beantwortet werden.

216 190 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Weiterer Forschung bedürftig erscheint vor allem die Frage, welche konkreten Schwierigkeiten per Gesetz oder Richtlinien geregelt werden sollen. Dazu müssen die Werte bestimmt werden, nach denen Regelungen getroffen werden sollen. Wertesysteme und Wertewandel einer Gesellschaft werden von der Politik massgeblich mitbeeinflusst. Hier ist ebenfalls die Frage zu stellen, auf welches Menschenbild in der Betreuung und Gesundheitsversorgung Bezug genommen werden soll. Momentan wird auch medial ein Altersbild vermittelt, das vor allem defizitorientiert ist und die Angst vor Hilfebedürftigkeit und fehlenden Fachkräften schürt. Da Robotik vor allem für das sogenannte Vierte Alter (ab ca. 80 Jahren) entwickelt wird, verstärken Berichte über Robotik dieses Altersbild. Deshalb wäre auch die Reflexion der Altersbilder in der Gesellschaft notwendig. Dass für die Robotikforschung und den Einsatz von Technik zunächst Gelder gebunden werden, für die auch alternative Verwendungszwecke denkbar wären (z.b. die zeitgleich ebenfalls in menschliches Personal oder die Ausbildung und den Einsatz von Therapietieren investiert werden könnten), kann ebenfalls kontrovers diskutiert und ethisch hinterfragt werden. Hierbei ist auch die Nachhaltigkeit im Hinblick auf Ressourcen (Rohstoffe, Energieerzeugung) mit zu bedenken. Auch diese Fragen bedürfen einer weiteren Auseinandersetzung.

217 11 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 11.1 Schlussfolgerungen Das folgende Kapitel fasst die in den vorangegangen Kapiteln identifizierten Chancen und Risiken zusammen und leitet daraus Schlussfolgerungen und Empfehlungen ab. Da der Einsatz von Robotik auf verschiedene Ebenen in Betreuung und Gesundheitsversorgung Auswirkungen hat, wurde folgende Einteilung gewählt: individuelle Ebene: für professionelle Nutzer wie Therapeuten, Ärzte, Pflegefachkräfte und für nicht professionelle Nutzer, z.b. Patienten, pflegende Angehörige, Angehörige, vulnerable Personen, Schutzbefohlene, institutionelle Ebene, z.b. Spitäler, ambulante Versorgungseinrichtungen, gesellschaftliche Ebene, z.b. Politik, Recht, Wirtschaft, Öffentlichkeit. Im Folgenden werden die Chancen und die Risiken auf den verschiedenen Ebenen beschrieben und anschliessend in Tabelle 5 dargestellt Chancen und Risiken auf individueller Ebene Chancen auf individueller Ebene Professionelle Nutzer (Therapeuten, Ärzte, Pflegefachkräfte etc.) können durch den Einsatz von Robotik gezielt entlastet werden, z.b. durch Hebe- und Trainingsroboter. Hierzu genügen bereits relativ einfache Hilfsmittel, vollautonome Technik ist keine Bedingung. Telepräsenzgeräte haben das Potenzial, räumliche Distanzen zu überwinden und damit bei der Diagnosestellung und der Fernüberwachung von Risikopatienten Expertenwissen orts- und zeitunabhängig zur Verfügung zu stellen.

218 192 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Nicht professionelle Nutzer (Patienten, Betroffene, Angehörige) können an Autonomie und Mobilität gewinnen. Telepräsenzgeräte können den Patienten die Kommunikation erleichtern und damit ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität steigern. Robotik trägt dazu bei, den Alltag zu erleichtern und Training abwechslungsreicher gestalten. Bei einigen Handlungen, die eher schambehaftet sind (z.b. Toilettenbesuche), ziehen Betroffene Roboter der menschlichen Unterstützung vor. Risiken auf individueller Ebene Die Beziehung zwischen dem Gesundheitspersonal und den Personen, die Versorgung erhalten, ist die grundlegende Basis für Prävention, Diagnostik, Pflege und Therapie. Nur sie stellt sicher, dass komplexe Situationen richtig wahrgenommen, schnell erfasst und bewertet werden. Sie garantiert, dass Patienten Massnahmen mittragen und z.b. Medikamente einnehmen. Entscheidungsprozesse, die häufig unter Zeitdruck geschehen, können dabei nicht anhand von in Algorithmen übersetzbaren Regeln gefällt werden. Vielmehr müssen die professionellen Nutzer in der Lage sein, zu entscheiden, wann von Regeln abgewichen werden muss. Eine Delegation von Entscheidungen an Robotik würde zu einem nicht vertretbaren Risiko führen. Man kann deshalb von einer technischen Nichtersetzbarkeit des Menschen (Decker, 2001, 2002) sprechen: Entscheidungsprozesse in der Gesundheitsversorgung können und dürfen nicht an autonome Geräte delegiert werden. Professionelle Nutzer, insbesondere Pflegefachkräfte, sehen ganz besonders das Risiko, dass ihre Arbeit zunehmend durch Maschinen ersetzt wird und immer weniger direkter Kontakt zu den Patienten besteht. Das birgt das Risiko von Fehleinschätzungen, für Diagnose- und Behandlungsfehler, wenn nicht mehr die Gesamtsituation des Patienten erfasst wird. Direkte soziale Kontakte zwischen Patienten und dem Gesundheitspersonal könnten durch Robotik abnehmen, wenn z.b. Hausbesuche durch Telepräsenzgeräte ersetzt werden. Neue Aufgaben wie das Bedienen von Maschinen können statt zu entlasten zu einer weiteren Belastung in der Arbeit führen. Für diese Personen könnte der Einsatz von Robotik eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bedeuten der Beruf würde insgesamt an Attraktivität verlieren. Sollte es zu einer umfassenden Automatisierung von Tätigkeiten z.b. in der Pflege und der Therapie kommen, besteht das Risiko, dass es zu Arbeitsplatzabbau kommt.

219 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 193 Im Rahmen des betrachteten Zeitraums bis 2025 können darüber jedoch keine genauen Aussagen getroffen werden. Nicht professionelle Nutzer können sich durch den Einsatz von Robotern überwacht fühlen und einen Verlust an Autonomie und Entscheidungsfreiheit erfahren. Insbesondere bei vulnerablen Personen besteht das Risiko, dass ohne ihr Einverständnis Roboter zur Betreuung eingesetzt werden, was grosse ethische Probleme mit sich bringt. Durch die Verlagerung der Versorgung in den ambulanten Bereich wird nicht professionellen Nutzern mehr Verantwortung übertragen. Sie können sich durch den Einsatz und die Bedienung von Geräten überfordert fühlen, verwirrt werden oder die Leistung der Geräte falsch einschätzen. Mit der Abnahme direkter sozialer Kontakte ist das Risiko verbunden, dass sie Folgen von Fehlentscheidungen ausgesetzt sind, ihr Wohlbefinden und ihre Genesung beeinträchtigt werden und sie dem Risiko von Vereinsamung ausgesetzt sind. Da mit dem Einsatz gewisser Geräte sehr viele personen- und gesundheitsbezogene Daten gesammelt und gespeichert werden müssen, steigt das Missbrauchsrisiko. Es ist zu befürchten, dass diese Daten in falsche Hände und an falsche Adressaten gelangen, z.b. an Versicherungen und Arbeitgeber Chancen und Risiken auf institutioneller Ebene Chancen auf institutioneller Ebene Durch den Einsatz von Robotern auf institutioneller Ebene können logistische und organisatorische Prozesse verbessert und effizienter werden, z.b. durch Transport-, Reinigungs- und Nachtwacheroboter, Telepräsenzgeräte. Neue Behandlungs- und Therapiekonzepte können entwickelt werden, z.b. Trainingsroboter, Telepräsenz als virtueller Therapeut. Das kann zur Attraktivität der Institution beitragen und die Motivation der Patienten und Therapeuten verbessern. Der steigende wirtschaftliche Druck im Gesundheitswesen, z.b. durch Fallpauschalen, kann dazu führen, dass für die Institutionen ökonomisch vorteilhaftere Geräte eingesetzt werden.

220 194 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Risiken auf institutioneller Ebene Bislang gibt es noch keine aussagekräftigen Kosten-Nutzen-Analysen über Roboter im Gesundheitswesen. Es besteht das Risiko, dass Geräte zu Kostensteigerungen führen könnten, ohne dass Erkenntnisse zum Nutzen und zum Kosten- Nutzen-Verhältnis vorliegen. Die fehlende Konvergenz der informationstechnischen Infrastrukturen (Normen, Standards etc.) kann die Implementierung von neuen Technologien auf institutioneller Ebene erschweren Chancen und Risiken auf gesellschaftlicher Ebene Chancen auf gesellschaftlicher Ebene Der Einsatz von Robotik kann zu einer qualitativen Verbesserung der Versorgung führen, z.b. durch die Unterstützung und Entlastung der Pflegefachkräfte, wodurch diese länger im Beruf verbleiben können. Dieser Umstand könnte auch dem akuten Fachkräftemangel entgegenwirken. Sollte der Einsatz von Robotikgeräten in der Gesundheitsversorung zu Effizienzsteigerungen führen, kann auf diese Weise ebenso ein Beitrag zur Kostenkontrolle geleistet werden. Da durch den Einsatz von Robotern neue Leistungen entstehen, können auch neue Arbeitsplätze und Berufsbilder geschaffen werden. Eine reaktive Politik bietet die Chance, dass sich Entwicklung und Herstellung am Markt orientieren und an Bedürfnissen, die einen ausreichend grossen Teil der Bevölkerung ansprechen. Dabei muss auf Wirtschaftlichkeit Wert gelegt werden, um die Produkte absetzen zu können. Die Gesellschaft insgesamt könnte davon profitieren, wenn nützliche Produkte vielen Menschen zugutekommen und die Zugangsgerechtigkeit gesichert ist. Eine proaktive und steuernde Politik könnte Voraussetzungen schaffen, die den Einsatz von Robotik durch Rechtssicherheit (Zulassung, Haftung, Datenschutz etc.), günstige Umweltbedingungen (zugängliche Aussen- und Innenräume, Mobilität und Information) erleichtern sowie die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen von Robotik in der Gesundheitsversorgung vorantreiben. Das kann dazu führen, dass Geräte, die sich als nützlich und wirtschaftlich und ethisch vertretbar erweisen, zügiger auf den Markt kommen. Die Schweiz könnte dadurch Marktvorteile erzie-

221 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 195 len, z.b. ihre Position bei medizinischen Geräten ausbauen. Teilprodukte und/oder Zufallsprodukte bei der Erforschung von grundlegenden neuen Robotertechnologien könnten entstehen, deren Einsatz mittelfristig sinnvoll sein könnte. Insgesamt lässt sich sagen, dass Chancen dann bestehen, wenn die proaktiven Massnahmen sich am Nutzen für Individuum und Gesellschaft orientieren und angemessen eingesetzt werden. Risiken auf gesellschaftlicher Ebene Es wird erwartet, dass der Einsatz von Robotik in gewissen Fällen kosteneinsparende Effekte hat. Gesamtgesellschaftlich besteht allerdings das Risiko, dass die Verfügbarkeit und der Einsatz unterschiedlichster und zum Teil sehr teurer Geräte eher zu einem zusätzlichen als zu einem verminderten Kostenwachstum im Gesundheitswesen führen. Heute orientiert sich die technische Entwicklung stark am Markt und an technischen Innovationen. Damit besteht das Risiko, dass die Interessen kleinerer Nutzergruppen kaum berücksichtigt werden, da dies aus ökonomischen Gründen nicht gewinnbringend erscheint. Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Kosten-Nutzen-Betrachtungen allein die institutionelle Ebene bzw. die Ebene der Leistungserbringer in Betracht ziehen. Dabei drohen der gesamtgesellschaftliche und volkswirtschaftliche Nutzen ebenso wie die Nachhaltigkeit ausser Acht gelassen zu werden. Es fehlt bislang an validen Methoden, diese Aspekte zu erfassen. Beispiel: Geräte, d die körperliche Belastung der Pflegekräfte reduzieren, sind für ein Spital oder Altersheim möglicherweise nicht rentabel, sparen aber volkswirtschaftlich betrachtet Kosten für die Behandlung von Rückenproblemen und sichern den Verbleib im Beruf. Die Auswirkungen der Politik können unterschiedlich sein, je nachdem, welches Vorgehen bevorzugt wird. Bei einer reaktiven Politik besteht das Risiko, dass Geräte ohne ausreichende Klärung von Haftungsrecht und Datenschutzfragen getestet werden und auf den Markt kommen. Es könnte z.b. zu Unfällen mit Personenschäden kommen, für deren Haftung vor Gericht mangelnder Rechtsgrundlage wegen gestritten werden müsste. Oder es müssten erst einmal Betroffene gegen einen Missbrauch von Daten klagen, bevor der Datenschutz überprüft wird. Es ist denkbar, dass Geräte nicht auf den Markt kommen, weil Hersteller und Entwickler das Risiko von Rechtsstreitigkeiten als zu gross erachten und

222 196 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Versicherungen nicht bereit sind, für Schäden zu haften. Mögliche Nutzer könnten aus denselben Gründen vor einer Anschaffung zurückschrecken. Zulassungsstellen urteilen aufgrund der bestehenden Normen bereits heute streng. Das Risiko, dass Geräte Sicherheitsbedenken wegen nicht zugelassen werden, scheint aktuell höher als das Risiko, dass sichere Geräte nicht zugelassen werden, weil sie neue Technologien einsetzen, für die es noch keine anwendbaren Normen gibt. Einige Geräte sind nur begrenzt einsatzfähig, solange Hindernisse wie Türschwellen, enge Durchgänge, hohe Bordsteinkanten etc. bestehen. Ihre Verbreitung wird durch die fehlende Zugänglichkeit gebremst. In ethisch heiklen Situationen stünden möglicherweise keine angepassten Richtlinien zur Verfügung und würden nur dann erarbeitet, wenn das z.b. von Patientenorganisationen eingefordert wird. Die Qualität der Betreuung und Versorgung kann unter dem unreflektierten und nicht diskutierten Einsatz von Robotik leiden, wenn Werte, Menschenbild und Prioritäten nicht geklärt werden und es zum Abbau von Beziehungen und Kontakten zwischen Gesundheitspersonal und Betroffenen kommt. Eine proaktive und steuernde Politik würde versuchen, diesen Risiken vorzubeugen. Dennoch birgt auch diese Politik Risiken: Eine gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema Robotik könnte sich negativ auf die Akzeptanz auswirken und in der Gesellschaft zu Spaltungen zwischen technikaffinen und technikskeptischen Gruppen führen. Die Steuerung der Forschung und Entwicklung könnte als zu einseitig empfunden werden, da vorhandene Gelder nicht für andere Entwicklungen im Gesundheitswesen zur Verfügung stehen würden. Gemeinden und Kantone, die häufig für die Institutionen im Gesundheitswesen verantwortlich sind, könnten sich zu stark reglementiert fühlen und Massnahmen, die vom Bund kommen, ablehnen Resumee zu Chancen und Risiken Tabelle 5 gibt eine Übersicht über Chancen und Risiken von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung, die nach folgenden Kriterien ausgewählt wurden: Auswirkungen, die nach Einschätzung der befragten Akteure von grosser Bedeutung sind, Auswirkungen, die aus Sicht der befragten Experten relevant sind,

223 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 197 Auswirkungen, die in einem oder mehreren Zukunftsbildern für das Jahr 2025 vorkommen. Tabelle 5: Übersicht über die Chancen und Risiken für Individuum, Institutionen und Gesellschaft Ebene Chancen Risiken Individuum (Semi-)professionelle Nutzer Entlastung bei kraft- und zeitintensiven Routinearbeiten (z.b. Logistik, Verwaltung, Heben und Tragen) Expertenwissen steht ortsund zeitunabhängig zur Verfügung, bei der Diagnosestellung und der Fernüberwachung von Risikopatienten (Telepräsenzgeräte) Beeinträchtigung der Beziehung zum Patienten und der Kooperation Verschlechterung der Arbeitsbedingungen durch weniger direkten Patientenkontakt, höhere Belastung durch zusätzliche, fachfremde Aufgaben, geringere Attraktivität des Berufes Risiko für Diagnose- und Behandlungsfehler z.b. durch Telepräsenz Individuum Nichtprofessionelle Nutzer und Betroffene Gewinn an Autonomie und Mobilität Kommunikation- und Alltagserleichterung Trainingsintensivierung Abbau von Arbeitsplätzen bei umfassender Nutzung von Telepräsenz und Automatisierung Weniger direkte Kontakte beeinträchtigen die Beziehung zum Gesundheitspersonal, die Kooperation und damit die Versorgungsqualität Weniger direkte Kontakte können zu Vereinsamung führen Gefühl von Überwachung, Kontrolle und Verlust an Auto-

224 198 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung nomie, insbesondere wenn Betroffene kein Einverständnis zur Nutzung von Robotern geben können Ethische Probleme z.b. Fremdbestimmung, Fürsorgeverlust Datenmissbrauchsrisiko Institution Gesellschaft Allgemein Logistische und organisatorische Prozesse effektiver, z.b. Transport, Reinigung, Verwaltung Neue Behandlungs- und Therapiekonzepte können Attraktivität und Wirtschaftlichkeit der Institution steigern Neue Arbeitsplätze und Berufsbilder (Teilweise) Kompensation des Arbeitskräftemangels Qualitative Verbesserung der Versorgung Kostenkontrolle durch Effizienzsteigerung Kostensteigerungen bei Anschaffungen ohne Erkenntnisse zum Nutzen und zum Kosten-Nutzen-Verhältnis Fehlende Konvergenz der informationstechnischen Infrastrukturen (Normen, Standards etc.) erschwert Implementierung Beeinträchtigung der Betreuungs- und Versorgungsqualität durch Verlust an Beziehung und Kontakt zwischen den beteiligten Personen Keine Reduktion, sondern Steigerung der Gesundheitskosten Kosten-Nutzen-Betrachtungen nur auf institutioneller Ebene bzw. auf Ebene der Leistungserbringer, der gesamtgesellschaftliche und volkswirtschaftliche Nutzen sowie die Nachhaltigkeit werden vernachlässigt

225 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 199 Kaum bezahlbare Produkte für kleinere Nutzergruppen Gesellschaft Bei reaktiver Politik Wirtschaftlichkeit, Marktorientierung, d.h. Produkte für grosse Nutzergruppen Fehlende gesellschaftliche Auseinandersetzung und Prioritätensetzung, marktstatt bedarfsorientierte Produkte, unklare Haftung im Schadensfall, Missachtung von Datenschutz und von ethischen Normen, wenig Erkenntnisse über Kosten und Nutzen, Hindernisse in der Umwelt erschweren Nutzung Gesellschaft Bei proaktiver und steuernder Politik Auseinandersetzung mit der Thematik, Rechtssicherheit, Ethikrichtlinien, günstige Umweltbedingungen, Erkenntnisgewinn, Marktvorteile für die Schweiz Gesellschaftliche Spaltung: technikaffine vs. technikskeptische Kreise, Vernachlässigung anderer Forschungsfragen zur Gesundheitsversorgung, zu starke Steuerung führt zu Ablehnung der Politik 11.3 Fazit Auf der Grundlage der Informationen, die durch diese Studie gewonnen wurden, kommen wir zu dem Ergebnis, dass eine proaktive und steuernde Politik am besten geeignet ist, die Risiken von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung zu mindern und gleichzeitig die Chancen, die in ihrer Anwendung stecken, zu nutzen. Dabei ist es entscheidend, das richtige Mass und angemessene Massnahmen unter Beteiligung der Akteure zu finden. Zusammenfassend kommen wir zu folgenden Schlussfolgerungen: Fehlende Rechts- und Ethikregelungen führen bereits jetzt zu Risiken für Menschen, die mit der Forschung, Erprobung und Anwendung von Geräten in Kontakt kommen. Ein abwartendes und reaktives Vorgehen der

226 200 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Politik würde diese Risiken in Kauf nehmen. Gewisse Massnahmen müssen deshalb bereits heute getroffen und nicht aufgeschoben werden. Die Einführung von Robotik in Gesundheitsversorgung und Betreuung wird durch mangelnde Zulassungs-, Rechts- und Ethikregelungen erschwert. Es bestehen Wissenslücken über Praktikabilität, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Kosten-Nutzen-Verhältnis der Geräte sowie zu den gesellschaftlichen Auswirkungen von Robotik in der Gesundheitsversorgung. Die technische Entwicklung ist häufig nicht am Bedarf und den Nutzerbedürfnissen orientiert, sondern ist technik- und marktgetrieben. Technik allein kann das Problem des steigenden Bedarfs der Versorgung vor allem älterer Menschen nicht lösen. Zwischenmenschliche Beziehungen und Kontakte sind weiterhin die Basis für eine angemessene und effektive Gesundheitsversorgung. Voraussetzung für die Anwendung von Robotik sind: o hindernisfreie Umwelten (innen und aussen) und die Konvergenz verschiedener Geräte, o Information der Bevölkerung wie der Berufswelt über Möglichkeiten, Chancen und Risiken dieser in dauernder Weiterentwicklung befindlichen technologischen Hilfsmittel, o ausgewählte Pilotprojekte und deren Evaluation im Sinne der Risikoeinschätzung, Werteanalyse in der Anwendung, sowohl subjekt- wie objektbezogen, o eine reflektierte Auseinandersetzung hinsichtlich der Werte und des Menschenbildes, die in der Gesundheitsversorgung in Anbetracht der zukünftigen Versorgungsprobleme zentral sein sollen. Bisher bestimmen Medienberichte das Bild und die Rolle von Robotik in der Gesundheitsversorgung Empfehlungen für den Einsatz von Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Aus den geschilderten Problemen und Schlussfolgerungen leiten sich die folgenden Empfehlungen ab. Sie lassen sich unterschieden in: Empfehlungen für notwendige Grundvoraussetzungen und Empfehlungen für weiterführende Massnahmen.

227 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Empfehlungen für notwendige Grundvoraussetzungen Hierzu gehören Massnahmen, die getroffen werden müssen, um Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung anwenden zu können. Ferner haben diese Massnahmen zum Ziel, Menschen zu schützen, die in der Forschung und Entwicklung bereits jetzt Risiken ausgesetzt sind. Sie betreffen vor allem die Bereiche Recht und Ethik. 1 Auslegungs- und Anpassungsbedarf des Haftungsrechts in Bezug auf (semi-)autonome Geräte beurteilen. Zuständige Gerichte, Experten, Forscher oder Berater und das BAG prüfen die Gesetzeslage und schlagen gegebenenfalls Anpassungen vor. Die Klärung von Haftungsfragen erhöht die Rechts- und Investitionssicherheit für die Hersteller, Institutionen, Endnutzer, Versicherer und die von der Endnutzung Betroffenen. Wesentlich für die Beurteilung von Herstellung und Einsatzbedingungen dürften gerichtliche Präzedenzfälle sein. 2 Einführung eines elektronischen Patientendossiers ermöglichen. Entwicklung und Einsatz von diversen Geräten könnten daran scheitern, dass Patientendaten nicht digital vorliegen, versendet und genutzt werden können. Ein Gesetz über das elektronische Patientendossier, wie es z.b. das BAG zurzeit ausarbeitet, könnte dem entgegenwirken, indem es auch den Datenschutz für gesundheitsbezogene Daten klärt. 3 Datenschutz für nicht gesundheitsbezogene Daten klären. Telepräsenzgeräte, aber auch andere Robotikgeräte, die sich in der Wohnung oder im öffentlichen Raum bewegen, zeichnen häufig (autonom) Daten von anwesenden Personen auf (Video, Audio). Der Datenschutz muss geprüft und gegebenenfalls durch zusätzliche Regulierungen sichergestellt werden. 4 Die SAMW berücksichtigt in ihren medizinisch-ethischen Richtlinien Chancen und Risiken des Robotikeinsatzes bei nicht einwilligungsund nicht entscheidungsfähigen Personen. Die Zentrale Ethikkommission der SAMW erstellt und aktualisiert regelmässig medizinisch-ethische Richtlinien; diese betreffen u.a. auch die Behandlung und Betreuung von vermindert oder nicht einwilligungsfähigen Personen (z.b. ältere, pflegebedürftige Personen oder Personen mit Behinderung). Wenn diese Personen eines besonderen Schutzes beim Einsatz von Robotik bedürfen, ist diese Thematik in den entsprechenden Richtlinien anzusprechen und zu regeln.

228 202 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung 5 Einhaltung ethischer Richtlinien in der Heimversorgung sicherstellen. Beim Einsatz von autonomen Robotikgeräten bei nicht einwilligungsfähigen Personen ist das Verhalten der Heimmitarbeiter entscheidend. Die Trägerschaften der Heime (z.b. Kantone, Gemeinden) haben für die Umsetzung ethischer Richtlinien in ihren Heimen zu sorgen. Falls Behörden mit den Trägerschaften Leistungsvereinbarungen abschliessen, so ist darin die Pflicht zur Beachtung dieser Richtlinien festzuhalten. 6 Bei Forschungsprojekten mit Robotikgeräten am Menschen ist die Beachtung der Ethikrichtlinien und des Haftungs- und Versicherungsschutzes sicherzustellen. Bereits bei Pilotversuchen von Robotikprototypen sind sowohl Patienten als auch gesunde Personen involviert. Für Geräte, die zum Transport, zum Service oder zur Unterhaltung dienen, sieht das ab 2013 gültige Humanforschungsgesetz 62 keine Prüfung der Forschungsvorhaben durch eine Ethikkommission vor. Es müsste sichergestellt sein, dass für entsprechende Forschungsvorhaben die Ethikrichtlinien der SAMW für Forschung mit Menschen sowie ein Haftungs- und Versicherungsschutz zur Anwendung kommen Empfehlungen für weiterführende Massnahmen Weiterführende Massnahmen umfassen sowohl proaktive als auch steuernde Elemente. Sie betreffen die Bereiche Zulassungsbedingungen, Umweltbedingungen, Forschung und Entwicklung, gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der Rolle von Robotik in der Gesundheitsversorgung und die Förderung der Unterstützung sozial Benachteiligter sowie die Klärung der Finanzierung z.b. im Sozialversicherungsrecht. 1 Bei den Anpassungen von Zulassungsbedingungen für (semi-) autonome Geräte gilt es, den Einsatz von Servicegeräten und anderen Geräten zur Betreuung und Gesundheitsversorgung miteinzubeziehen. Man kann davon ausgehen, dass es in absehbarer Zeit neue Zulassungsbedingungen für autonome Robotikgeräte (z.b. selbstständig parkierende Autos) geben wird. In diesen Regelungen sollten Robotikgeräte für Betreuung und Gesundheitsversorgung mit bedacht werden. Für die Zulassungsbedingungen sind von Herstellerseite Nachweise und Ergebnisse der subjekt- wie objektbezogenen 62

229 Schlussfolgerungen und Empfehlungen 203 Sicherheitsprüfungen der Geräte einzufordern. Einschränkungen oder zusätzliche Bestimmungen könnten bei den Zulassungsbedingungen von (semi-) autonomen Geräten sinnvoll sein, bei welchen in gewissen Einsatzgebieten im öffentlichen Raum starke negative Auswirkungen erwartet werden. So sollte z.b. der Nutzer eines autonom navigierenden Gerätes im öffentlichen Raum selbst imstande sein, den Nothalt auszulösen; bei Roboter-Nannys sollten gewisse Bedienungsbedingungen verhindern, dass Kinder mit den Geräten allein gelassen werden, z.b. indem ein Erwachsener regelmässig die Hand auflegen oder einen Code eingeben muss. Bei anderen Geräten ist es möglicherweise nötig, Sicherheitsanforderungen zu verändern oder zu lockern, bevor sie eingesetzt werden können. Entsprechend sinnvoll wäre es, Risikoanalysen standardmässig einzuführen und gegebenenfalls bestehende Zulassungsnormen (z.b. DIN) zu ergänzen. 2 Zugänglichkeit des öffentlichen Raumes (z.b. für Transport, Gebäude, Informationen etc.) sicherstellen. Für den Einsatz von neuen Technologien wie Robotik und Ambient Assisted Living (AAL) ist eine hindernisfreie Umgebung eine wichtige Voraussetzung. Die verbesserte Zugänglichkeit des öffentlichen Raumes ermöglicht Menschen mit Einschränkungen die Partizipation an vielen Lebensbereichen und erleichtert den Einsatz von zu diesem Zweck entwickelten Technologien. Die Orientierung an den Prinzipien des Universaldesigns ermöglichen diesen Zugang. 3 Öffentlich geförderte Forschung sollte bereits frühzeitig potenzielle Nutzer wie auch potenziell von der Nutzung Betroffene in die Entwicklung miteinbeziehen, um sich an deren Bedarf und Bedürfnissen zu orientieren. Bislang verläuft die Entwicklung von Robotik für die Gesundheitsversorgung vor allem technikgetrieben und an Marktinteressen orientiert. Die Sichtweisen und Bedürfnisse der Nutzer werden dabei nicht immer angemessen berücksichtigt. Durch eine frühzeitige, trans- und interdisziplinäre, partizipative Entwicklung können der Nutzen und die Akzeptanz der Geräte erhöht werden. Bei einer öffentlichen Förderung der Entwicklung von Robotik, (z.b. durch die KTI) sollen deshalb die Sichtweisen und Bedürfnisse der Endnutzer einbezogen werden und zwar insbesondere auch weibliche professionelle und nicht professionelle. Es ist davon auszugehen, dass in Zukunft ebenfalls weit mehr Frauen als Männer im Bereich der Betreuung und Gesundheitsversorgung arbeiten und aufgrund der höheren Lebenserwartung auch mehr Frauen als Nutzerinnen auftreten. Männer und Frauen setzen unterschiedliche Prioritäten und stellen nicht dieselben Anfor-

230 204 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung derungen an Produkte wie z.b. Autos. Es sollte geprüft werden, ob dies auch die Robotik betrifft. Werteanalysen bereits im Designprozess ermöglichen es, Werte explizit zu machen und zu reflektieren. 4 Interdisziplinäre Forschung zu «Technologieeinsatz in der Betreuung und Gesundheitsversorgung» gezielt fördern. Der Bund kann die Forschung im Bereich Robotik und anderer Technologien z.b. durch ein nationales Forschungsprogramm zu «Technologieeinsatz in Betreuung und Gesundheitsversorgung» fördern. Dabei ist es sinnvoll, die Themen und Kompetenzen interdisziplinär zu vernetzen (z.b. Technik, Recht, Ethik, Sozialund Geisteswissenschaften, Medizin, Gesundheits- und Therapiewissenschaften etc.) und auch nicht allein auf Robotik zu fokussieren, da in diesem Bereich verschiedene Technologien miteinander vernetzt werden müssen. Das Augenmerk sollte zudem nicht ausschliesslich auf älteren Menschen liegen, da Personen jeden Alters von den Chancen der technologischen Entwicklung profitieren sollen und damit auch von deren Risiken betroffen sein können. Angewandte Forschung und Versorgungsforschung sowie das Health Technology Assessment sollen vermehrt gefördert werden, da noch zu wenig über Bedarf und Bedürfnisse in der sich verändernden Gesundheitsversorgung bekannt ist und ausreichende Kenntnisse über Robotik im Hinblick auf Wirksamkeit, Nutzen, Wirtschaftlichkeit, Praktikabilität, ethische Werte und psychosoziale Auswirkungen fehlen. 5 Auseinandersetzung der (semi-)professionellen Nutzer mit Robotik, autonomen Systemen und anderen Technologien in der Gesundheitsversorgung fördern. Aus-, Fort- und Weiterbildungsanbieter, Berufsverbände, Spitex, Laienorganisationen etc. thematisieren Chancen und Risiken und integrieren den Umgang und Einsatz von Robotik in die Aus-, Fort- und Weiterbildung des Gesundheitspersonals mit dem Ziel, kompetente Nutzer heranzubilden. Diese sollten sich intensiv mit den Chancen und Risiken der Geräte auseinandersetzen können und auch über rechtliche und ethische Aspekte Bescheid wissen.

231 Schlussfolgerungen und Empfehlungen Chancen und Risiken von Robotik und anderen Technologien in der Betreuung und Gesundheitsversorgung in der Öffentlichkeit diskutieren. Unter der Koordination des BAG soll gemeinsam mit allen interessierten Anspruchsgruppen und Organisationen ein Kommunikationskonzept erarbeitet werden. Dieses soll faktenorientiert über die Chancen und Risiken von Robotik informieren und eine Diskussion anregen über Menschenbild, Werte und Prioritäten in der Gesundheitsversorgung. Die Ergebnisse dieser Diskussionen sollen Orientierung bieten für den zukünftigen Einsatz von Technologien in der Gesundheitsversorgung. Nichtregierungsorganisationen wie z.b. Pro Senectute, pro infirmis, Rotes Kreuz, Patientenorganisationen wie Alzheimer- bzw. Parkinsonvereinigung sowie Eltern- und Seniorenvereinigungen sollten als Anspruchsgruppen mit einbezogen werden. 7 Für wirksame, zweckmässige und wirtschaftliche Geräte die Finanzierung und damit Zugangsgerechtigkeit sicherstellen. Anhand festzulegender Prüfkriterien könnten die Kosten für den Einsatz und den Unterhalt gewisser Geräte oder Gerätetypen durch die Sozialversicherungen übernommen werden. Diesbezüglich gilt es, je nach Sozialversicherung (Krankenversicherung (KV), Unfallversicherung (UV), Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV), Militärversicherung (MV)) gegebenenfalls die Bedingungen zu definieren oder anzupassen, an denen sich die Kostenübernahme von Robotik orientiert. Die dazu notwendigen Informationen über das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Geräte kann anhand von Health Technology Assessment ermittelt werden, wobei der Nutzen für den Anwender wie für den von der Anwendung Betroffenen zu beurteilen ist. Dieser Schritt soll die Zugangsgerechtigkeit bei der Nutzung von Robotik in der Gesundheitsversorgung sicherstellen. 8 Fördern von sozialer Unterstützung. Technik allein wird die kommenden Versorgungsprobleme nicht lösen. Erfolgt der Einsatz von Technologien wie AAL und Telemedizin hauptsächlich mit dem Zweck, Zeit und Kosten einzusparen, dann ist damit das Risiko eines Abbaus zwischenmenschlicher Kontakte verbunden. Einer solchen Tendenz gilt es, mit klaren Vorgaben und Zielsetzungen in Betreuung und Pflege entgegenzuwirken. Die Robotik soll im Gegenteil dazu dienen, mehr Zeit für das Zwischenmenschliche am Krankenbett, mit Pflegebedürftigen oder behinderten Menschen zu gewinnen. Der Vereinsamung kann ausserdem mit den zusätzlichen Möglichkeiten privater sozialer Netzwerke begegnet werden. Diese Netzwerke können digital

232 206 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung und durch Geräte wie z.b. Telepräsenz unterstützt werden und praktische Hilfe organisieren, wie dies z.b. bereits in Nachbarschaftsnetzwerken geschieht. 63 Umso wichtiger sind die laufenden Anstrengungen, Personen jeden Alters und mit jeglichen Einschränkungen Zugang zur Nutzung digitaler Medien zu ermöglichen. 63 Siehe z.b. NIejahr E. Das Netzwerk nebenan. DIE ZEIT 9. August 2012.

233 Literaturverzeichnis Ala-Mutka K., Malanowski N., Punie Y., Cabrera M. (2008) : Active Ageing and the Potential of ICT for Learning. JRC. Scientific and Technical Reports. European Communities, Luxemburg. Allsop, M.J., Holt, R.J., Levesley, M.C. & Bhakta, B. (2010): The engagement of children with disabilities in health-related technology design processes: Identifying methodology. Disability and Rehabilitation: Assistive Technology, 5(1), Anderson, M. & Leigh Anderson, S. (2010): Robot Be Good: A Call for Ethical Autonomous Machines. Scientific American. Backus, D. & Tefertiller, C. (2008): Incorporating manual and robotic locomotor training into clinical practice: suggestions for clinical decision making. Topics in Spinal Cord Injury Rehabilitation, 14(1), Banks, M. R., Willoughby, L. M. & Banks, W. A. (2008): Animal-assisted therapy and loneliness in nursing homes: use of robotic versus living dogs. [Randomized Controlled Trial]. Journal of the American Medical Directors Association, 9(3), Beauchamp, T. L. & Childress, J. F. (2008): Principles of Biomedical Ethics (6 ed.). New York: Oxford University Press. Belpaeme, T. & Morse, A. (2010): Time will tell why it is too early to worry. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is bel. Berweck, S., Staudt, M., Mall, V., Hodapp, M., Borggraefe, I., Kuhnke, N., & Juenger, H. (2009): Movement science and intervention in cerebral palsy. Treadmill training, Robotic Medicine (Lokomat (R)), and Constraint- Induced Movement Therapy. Monatsschrift Kinderheilkunde, 157(11), doi: /s Biocca, F. (1997): The Cyborg s Dilemma: Progressive Embodiment in Virtual Environments. Journal of Computer-Mediated Communication, 3(2). Bioethikkommission des Bundeskanzleramtes Österreich (2009): Assistive Technologien Ethische Aspekte der Entwicklung und des Einsatzes Assistiver Technologien. Wien: Bundeskanzleramt, Geschäftsstelle Bioethikkommission.

234 208 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Böhle, K. Pfadenhauer. M. (2011): Parasoziale Beziehungen mit pseudointelligenten Softwareagenten und Robotern. Technologiefolgenabschätzung Theorie und Praxis, 20(1), Boman, K., Olofsson, M., Forsberg, J. & Bostrom, S.-A. (2009): Remotecontrolled robotic arm for real-time echocardiography: the diagnostic future for patients in rural areas? [Research Support, Non-U.S. Gov t]. Telemedicine Journal & E-Health, 15(2), Borgaard, C. A. (2011): Robot helper allows for real-time communication to save stroke victims, The daily news online, ( ). Born, C. (2001): Verweildauer und Erwerbsbiographien von Frauen in der Krankenpflege. Ein Beitrag zur Diskussion um Altersteilzeit für Gesundheitsberufe. PfleGe, 6(3), Brandenberg, J. E. (2011): Orthopädenmangel Schweizerische Ärztezeitung, 92(18), Braun-Thürmann, H., (2002): Künstliche Interaktion. Wie Technik zur Teilnehmerin sozialer Wirklichkeit wird. Wiesbaden. Broadbent, E., Kuo, I. H., Lee, Y. I., Rabindran, J., Kerse, N., Stafford, R. & MacDonald, B. A. (2010): Attitudes and reactions to a healthcare robot. Telemedicine Journal & E-Health, 16(5), Broek, E. L. v. d. (2010): Robot nannies: Future or fiction? [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is van. Bryson, J. J. (2010a): Why robot nannies probably won t do much psychological damage. [Comment/Reply]. Interaction Studies: Social Behaviour and Communication in Biological and Artificial Systems, 11(2), Bryson, J. J. (2010b): Why robot nannies probably won t do much psychological damage. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is bry. Bundesamt für Gesundheit (2011): Schweiz nimmt an hochrangiger Tagung der UNO-Generalversammlung zum Thema der nichtübertragbaren Krankheiten teil. Zugriff am Bundesamt für Statistik BFS (2002): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz Vollständiger Szenarien Satz. Neuenburg: BFS. Bundesamt für Statistik BFS (2010): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz Neuchatel. Bundesamt für Statistik BFS (2011): Panorama Bevölkerung. Neuchatel.

235 Literaturverzeichnis 209 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. (2010): Eine neue Kultur des Alterns Altersbilder in der Gesellschaft. Erkenntnisse und Empfehlungen des Sechsten Altenberichts 6.-Altenbericht-Eine-neue-Kultur-des-Alterns,property=pdf,bereich= bmfsfj,sprache=de,rwb=true.pdf. Bundesrat (2011): Strategie gegen Ärztemangel und zur Förderung der Hausarztmedizin. Zugriff unter: am Bussmann, W., Klöti, U. & Knoepfel, P. (Hrsg.) (1997): Einführung in die Politikevaluation. Basel: Helbling & Lichtenhahn. Butter, M., Rensma, A., Boxsel, J., Kalisingh, S., Schoona, M., Leis, M., Gelderblom, G. J., Cremers, G., Wilt, M., Kortekaas, W., Thielmann, A., Cuhls, K., Sachinopoulou, A. & Korhonen, I. (2008): Robotics for Healthcare. [Report]. European Commission, DG Information Society. Carignan, C. R. & Krebs, H.I. (2006): Telerehabilitation robotics: Bright lights, big future? Journal of Rehabilitation Research & Development, 43(5), Casadio, M., Giannoni, P., Morasso, P. & Sanguineti, V. (2009): A proof of concept study for the integration of robot therapy with physiotherapy in the treatment of stroke patients. [Controlled Clinical Trial]. Clinical Rehabilitation, 23(3), Castellano, G., Peters C. (2010): Socially perceptive robots. Challanges and concerns. Interaction Studies, 11(2), Chan, M., Esteve, D., Escriba, C. & Campo, E. (2008): A review of smart homespresent state and future challenges. [Research Support, Non-U.S. Gov t Review]. Computer Methods & Programs in Biomedicine, 91(1), Chen, T. L. & Kemp, C. C. (2011): A Direct Physical Interface for Navigation and Positioning of a Robotic Nursing Assistant. Advanced Robotics, 25(5), doi: / x Chin, L. F., Lim, W. S. & Kong, K. H. (2010): Evaluation of robotic-assisted locomotor training outcomes at a rehabilitation centre in Singapore. [Erratum appears in Singapore Med J Oct; 51(10): 840]. Singapore Medical Journal, 51(9),

236 210 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Clausen, J. (2006): Ethische Aspekte von Gehirn-Computer-Schnittstellen in motorischen Neuroprothesen. In: IRIE-International Review of Information Ethics, 5(09): 25 32). Coeckelbergh, M. (2009): Personal robots, appearance, and human good: A methodological reflection on roboethics. International Journal of Social Robotics, 1(3), doi: Cohen-Mansfield, J. & Biddison, J. (2007): The Scope and Future Trends of Gerontechnology: Consumers Opinions and Literature Survey. Journal of Technology in Human Services, 25(3),1 19. Compagna, D., Derpmann S., Mauz, K. & Shire, K A. (2009): Zwischenergebnisse der Bedarfsanalyse für den Einsatz von Servicerobotik in einer Pflegeeinrichtung: Zusammenfassung Förderung des Wissenstransfers für eine aktive Mitgestaltung des Pflegesektors durch Mikrosystemtechnik. Working Brief 10. Compagna, D., Derpmann, S. & Shire, K. A. (2010): Demografischer Wandel und Diversität Zielgruppenheterogenität als Herausforderung partizipativer Technikentwicklung. WiMi-Care-Projekt, Universität Duisburg-Essen, Working Brief 18. April 2010, Zugriff am Connette, C. P., Gebhard, G., Pfeiffer, K., Arndt, S. & Albert, A. (2008): Akzeptanz und soziale Aspekte beim Einsatz von Service-Robotern in einem alltagsnahen Umfeld. Fraunhofer Institut Stuttgart. Cook, A., A. K., Volden, J., Harbottle, N. & Harbottle, C. (2011): Using Lego robots to estimate cognitive ability in children who have severe physical disabilities. Disability & Rehabilitation: Assistive Technology, 6(4), Cook, A. M., Bentz, B., Harbottle, N., Lynch, C. & Miller, B. (2005): School-based use of a robotic arm system by children with disabilities. [Research Support, Non-U.S. Gov t]. IEEE Transactions on Neural Systems & Rehabilitation Engineering, 13(4), Cooper, R. A., Ding, D., Grindle, G. G. & Wang, H. (2007): Personal mobility and manipulation using robotics, artificial intelligence and advanced control. [Research Support, N.I.H., Extramural Research Support, U.S. Gov t, Non-P.H.S.Review]. Conference Proceedings:... Annual International Conference of the IEEE Engineering in Medicine & Biology Society, 2007,

237 Literaturverzeichnis 211 Costa, S., Resende, J., Soares, F. O., Ferreira, M. J., Santos, C. P. & Moreira, F. (2009): Applications of simple robots to encourage social receptiveness of adolescents with autism. Conference Proceedings: Annual International Conference of the IEEE Engineering in Medicine & Biology Society, 2009, Council of the European Union (2011): Directive on cross-border healthcare adopted pdf, Zugriff am Courtney, K. L., Demiris, G., Rantz, M. & Skubic, M. (2008): Needing smart home technologies: the perspectives of older adults in continuing care retirement communities. [Research Support, N.I.H., ExtramuralResearch Support, Non-U.S. Gov t]. Informatics in Primary Care, 16(3), Cuhls, K. & Kimpeler, S. (2008): Delphi-Report: Zukünftige Informations- und Kommunikationstechniken. Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung -ISI-, Karlsruhe. Dautenhahn, K. (2007): Socially intelligent robots: dimensions of human-robot interaction. Philosophical Transactions of the Royal Society of London Series B: Biological Sciences, 362(1480), 679V704. Decker M. (2001), Perspektiven der Robotik. Überlegungen zur Ersetzbarkeit des Menschen. Graue Reihe Nr. 8. Bad Neuenahr-Ahrweiler, Europäische Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen. Decker, M. (2002), Robotik. Perspektiven für menschliches Handeln in der zukünftigen Gesellschaft. Technikfolgenabschätzung Theorie und Praxis Nr. 2, 11. Jg., Dijcks, B. P., De Witte, L. P., Gelderblom, G. J., Wessels, R. D. & Soede, M. (2006): Non-use of assistive technology in the Netherlands: a non-issue? Disability and Rehabilitation Assistive Technology 1, DiSalvo C., Gemperle F., Forlizzi J., Yonkers W. (2003): The Hug: a New form for Communication. Proceeding DUX 03 Proceedings of the 2003 conference on Designing for user experiences doi: / Dobson, R. & Rudy, M. (2004): The world s first«robodoc». BMJ, 329, 474. Dunbar, R. (1998): The social brain hypothesis. Evol Anthropol, 6, Economiesuisse (2012): Kein Ende der Euro-Krise in Sicht. Schweizer Wirtschaft in rauem Fahrwasser. Prozent20

238 212 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Download Prozent20Files/ MM_Konjunktur_D2.pdf, Zugriff am Égalité Handicap (2011): Die UNO-Behindertenrechtskonvention FAQ. Zugriff am Endo, G., Tani, A., Fukushima, E. F., Hirose, S., Iribe, M. & Takubo, T. (2009): Study on a practical robotic follower to support daily life Development of a mobile robot with Hyper-Tether for Home Oxygen Therapy patients. Paper presented at the System Integration, SII IEEE/SICE International Symposium on. Eriksson, J., Mataric, M. J. & Winstein, C. J. (2005): Hands-off assistive robotics for post-stroke arm rehabilitation. Paper presented at the Rehabilitation Robotics, ICORR th International Conference on. Faucounau, V., Wu, Y.-H., Boulay, M., Maestrutti, M. & Rigaud, A.-S. (2009): Caregivers requirements for in-home robotic agent for supporting community-living elderly subjects with cognitive impairment. [Research Support, Non-U.S. Gov t]. Technology & Health Care, 17(1), Feil-Seifer, D. & Matarić, M. J. (2010): Dry your eyes: Examining the roles of robots for childcare applications. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is fei. Ferrigno, G., Baroni, G., Casolo, F., Momi, E., Gini, G., Matteucci, M. & Pedrocchi, A. (2011): Medical robotics. IEEE Pulse, 2(3), Ferris, D. P. (2009): The exoskeletons are here. [Introductory]. Journal of Neuroengineering & Rehabilitation, 6, 17. Foederatio Medicorum Helveticorum (FMH) (2011): Fallpauschalen: Begleitstudie über Leistungs- und Kostenverschiebungen. Zugriff am Forlizzi, J., DiSalvo C., Zimmerman J., Mutlu B. & Hurst A. (2005): The Sense- Chair: The lounge chair as an intelligent assistive device for elders. A design research study. Proceeding DUX 05 Proceedings of the 2005 conference on Designing for User experience. Frascarelli, F., M. L., Di Rosa, G. Petrarca, M., Cappa, P. & Castelli, E. (2009): Robot-mediated and clinical-scales evaluation after upper limb botulinum toxin type a injection in children with hemiplegia. J Rehabil Med, 41,

239 Literaturverzeichnis 213 Frijda N. H. (2005): Emotion experience. Cognition and Emotion; 19 (4), Gates, B. (2006): A robot in every home. Scientific American. Dezember Gelderblom, G. J. & Cremers, G. (2010): Robotics for elderly care; a roadmap study for the European commission Fourth European Nursing Congress. Journal of Clinical Nursing, 19, doi: /j x. Goransson, O., Pettersson, K., Larsson, P. A. & Lennernas, B. (2008): Personals attitudes towards robot assisted health care a pilot study in 111 respondents. Studies in Health Technology & Informatics, 137, Gosheh, N (2005): Telework and social change: How technology is reshaping the boundaries between home and work. International Labour Review 2005; 11 (4): Graf, B. (2009): Servicerobotik: Definition und Potenzial. Förderung des Wissenstransfers für eine aktive Mitgestaltung des Pflegesektors durch Mikrosystemtechnik. Duisburg: WiMi Care. Zugriff am Greif, H., Bammè, A., Berger, W. & Werner, M. (2011): Die Natürlichkeit künstlicher Intelligenzen und Umwelten. Technikfolgenabschätzung Theorie und Praxis, 20(1), Gudorf, P. (2012): Abschied vom Humanoiden. In: JapanMarkt, 1(12): Guo, S., & Zhang, G. (2009): Robot rights. [CommentLetter]. Science, 323(5916), 876. Gutmann, M. (2011): Sozialität durch technische Systeme? Technologiefolgenabschätzung Theorie und Praxis, 20(1), Hägele, M., Blümlein, N., Kleine, O. (2011): Wirtschaftlichkeitsanalysen neuartiger Servicerobotik - Anwendungen und ihre Bedeutung für die Robotikentwicklung. Eine Analyse der Fraunhofer-Institute IPA und ISI im Auftrag des BMBF. München. Hamada, T., Okubo, H., Shimada, Y., Watanabe, Y., Onari, H., Kagawa, Y., Akazawa, T. (2006): Effective Method of Robot Therapy in a Nursing Home Study on Intervention of Therapy. Paper presented at the SICE-ICASE, International Joint Conference, Oct. 2006). Harmo, P., Taipalus, T., Knuuttila, J., Vallet, J. & Halme, A. (2005): Needs and Solutions Home Automation and Service Robots for the Elderly and Disabled. Intelligent Robots and Systems:

240 214 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Harrefors, C., Axelsson, K. & Sävenstedt, S. (2010): Using assistive technology services at differing levels of care: healthy older couples perceptions. Journal of Advanced Nursing, 66: doi: /j x. Hatsopoulos, N. G. & Donoghue, J. P. (2009): The science of neural interface systems. Annual Review of Neuroscience, 32, Hein, T. (2009): Robo Sapiens. Weltwoche, 23(09). Zugriff am Heinecke, A. (2006): Induktive Verfahren in der Szenario-Technik, in: Der Umgang mit der Zukunft, Hrsg.: Falko E.P. Willms, Bern, Stuttgart, Herrero P., Asenio A., Garcia E., Marco A., Olivan B., Ibarz A., Gomez-Trullen E., Casas R. (2010): Study of the therapeutic effects of an advanced hippotherapy simluator in children with cerebral palsy: a randomised controlled trail. BMS Muscosceletal Disorders, 11: Hidler, J., Hamm, L. F., Lichy, A. & Groah, S. L. (2008): Automating activitybased interventions: the role of robotics. [Research Support, U.S. Gov t, Non-P.H.S.]. Journal of Rehabilitation Research & Development, 45(2), Horton, D.; Wohl, R. (1956): Mass Communication and Parasocial Interaction: Observation on Intimacy at a Distance. Journal of Psychiatry 19, Hungenberg, H. (2011): Strategisches Management in Unternehmen. Ziele Prozesse Verfahren. Wiesbaden: Gabler Verlag. International Federation of Robotics IFR (2008): World Robotics Zugriff am Ishihara, K. & Fukushi, T. (2010): Introduction: roboethics as an emerging field of ethics of technology. [Introductory Research Support, Non-U.S. Gov t]. Accountability in Research, 17(6), Jaccard Ruedin, H. & Widmer, M. (2010): Ausländisches Gesundheitspersonal in der Schweiz (Obsan Bulletin 4/2010). Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium. Jardóón, A., Gil, A., Monje, C. A. & Balaguer, C. (2011): Usability assessment of ASIBOT: a portable robot to aid patients with spinal cord injury. Disability & Rehabilitation: Assistive Technology, 6(4), doi: /

241 Literaturverzeichnis 215 Johnson, G., Scholes, K. & Whittington, R. (2005): Exploring Corporate Strategy. Harlow: Prentice Hall. Johnson, M. J., Feng, X., Johnson, L. M. & Winters, J. M. (2007): Potenzial of a suite of robot/computer-assisted motivating systems for personalized, home-based, stroke rehabilitation. Journal of NeuroEngineering and Rehabilitation, 4(6), Kahn, J. P. H., Friedman, B., Pérez-Granados, D. R., Freier, N.G. (2006): Robotic pets in the lives of preschool children. Interaction Studies, 7(3), Kim, G. & Chung, W. (2006): Tripodal schematic control architecture for integration of multi-functional indoor service robots. Ieee Transactions on Industrial Electronics, 53(5), doi: /tie Kirby, R., Forlizzi, J. & Simmons, R. (2010): Affective social robots. Robotics and Autonomous Systems, 58(3), doi: /j.robot Krebs, H. J. & Hogan, N. (2006): Therapeutic Robotics: A Technology Push. Proceedings of the IEEE, 94(9), Krummheuer, A. (2011): Künstliche Interaktionen mit Embodied Conversational Agents. Technologiefolgenabschätzung Theorie und Praxis, 20(1), Kubinyi, E., P. P. & Miklosi, A. (2010): Can you kill a robot nanny? Ethological approach to the effect of robot caregivers on child development and human evolution. Interaction Studies, 11(2), Kwakkel, G., Kollen, B. J., & Krebs, H. I. (2008): Effects of robot-assisted therapy on upper limb recovery after stroke: A systematic review. Neurorehabilitation and Neural Repair, 22(2), Lang, M. (2011): Assistenz-Roboter. Zugriff am?. Lau, Y. Y., van t Hof. C. & van Est R. (2009): Beyond the surface. An exploration in healthcare Robotics in Japan. The Hague, NL: Rathenau Institut. Lee, H.-E. & Bien, Z. (2005): Design principles for rehabilitation robots and its application to KARES II system. Methods and Applications in Automation, 25th Colloquium of Automation, 26th Colloquium of Automation, Salzhausen, DE, Nov, 2003, Salzhausen, DE, Nov, 2004 (in Serie: Publication Series of the Institute of Automation, Universität Bremen, Series 1, Colloquium of Automation),

242 216 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Lenker, J. A., Paquet. V. L. (2003): A Review of Conceptual Models for Assistive Technology Outcomes Research and Practice. Assistive Technology, 15(1), Lo, A. C., Guarino, P. D., Richards, L. G., Haselkorn, J. K., Wittenberg, G. F., Federman, D. G., Peduzzi, P. (2010): Robot-assisted therapy for longterm upper-limb impairment after stroke. New England Journal of Medicine, 362(19), Lum, P. S., Burgar, C. G., Van der Loos, M., Shor, P. C., Majmundar, M. & Yap, R. (2006): MIME robotic device for upper-limb neurorehabilitation in subacute stroke subjects: A follow-up study. Journal of Rehabilitation Research & Development, 43(5), Magagnin, V., Bo, I., Turiel, M., Fornari, M., Caiani, E. G. & Porta, A. (2010): Effects of robot-driven gait orthosis treadmill training on the autonomic response in rehabilitation-responsive stroke and cervical spondylotic myelopathy patients. Gait & Posture, 32(2), Mann, W. C., Belchior, P., Tomita, M. R. & Kemp, B. J. (2007): Older adults perception and use of PDAs, home automation system, and home health monitoring system. Topics in Geriatric Rehabilitation, 23(1), Marchal-Crespo, L., Furumasu, J. & Reinkensmeyer, D. J. (2010): A robotic wheelchair trainer: design overview and a feasibility study. Journal of NeuroEngineering and Rehabilitation, 7,40. Marti, P. (2010a): Robot companions: Towards a new concept of friendship? [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is mar. Marti, P. (2010b): Robot companions: Towards a new concept of friendship? [Comment/Reply]. Interaction Studies: Social Behaviour and Communication in Biological and Artificial Systems, 11(2), Martin, S., Kelly, G., Kernohan, W. G., McCreight, B. & Nugent, C. (2008): Smart home technologies for health and social care support. The Cochrane Collaboration. John Wiley and Sons. Matthews, J. T. (2006): Existing and emerging healthcare devices for elders to use at home. Generations, 30(2), Mehrholz, J., Platz, T., Kugler, J., & Pohl, M. (2008): Electromechanical and robot-assisted arm training for improving arm function and activities of daily living after stroke. Cochrane Database of Systematic Reviews (4). Meier, P. (2008): Die zukünftige Arbeitswelt. Arbeitsschutz aktuell 9:

243 Literaturverzeichnis 217 Meister, M. (2011): Mensch-Technik-Interaktivität mit Servicerobotern. Ansatzpunkte für eine techniksoziologisch informierte TA der Robotik. Technikfolgenabschätzung Theorie und Praxis, 20(1), Melson, G. F. (2010): Child development robots. Social forces, children perspectives. Interaction Studies, 11(2), Melson, G. F., Kahn, P. H., Jr., Beck, A. & Friedman, B. (2009): Robotic pets in human lives: Implications for the human-animal bond and for human relationships with personified technologies. Journal of Social Issues, 65(3), doi: Mercer, J. (2010): Themes and variations in development: Can nanny-bots act like human caregivers? [Comment/Reply]. Interaction Studies: Social Behaviour and Communication in Biological and Artificial Systems, 11(2), Michel-Alder, E. (2011): Alt werden im Beruf. Mit 50 nochmals quicklebendig durchstarten für die nächsten 20 Jahre. Curavia 2/11. URL: F2248/ CEBECFEF47.pdf, Zugriff am Mihelj, M., Nef, T. & Riener, R. (2007): ARMin II 7 DoF rehabilitation robot: mechanics and kinematics. Paper presented at the Robotics and Automation, 2007 IEEE International Conference on April Mohr, G. & Otto, K. (2005): Schöne neue Arbeitswelt: Risiken und Nebenwirkungen. Report Psychologie, 30, Moor, C. (2006): Altersbilder: Krankheitsrisiko und Gesundheitspotenzial. Managed Care(5), Mori, M. (1970): The Uncanny Valley. Energy 7(4), Morrison, S. A. & Backus, D. (2007): Locomotor Training: Is Translating Evidence Into Practice Financially Feasible? Journal of Neurologic Physical Therapy, 31(2), Movellan, J. R. (2010): Warning: The author of this document may have no mental states. Read at your own risk. [Comment/Reply]. Interaction Studies: Social Behaviour and Communication in Biological and Artificial Systems, 11(2), Nejat, G., Nies, M. A. & Sexton, T. R. (2010): An interdisciplinary team for the design and integration of assistive robots in health care applications. Home Health Care Management & Practice, 22(2), doi: /

244 218 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Nejat, G., Sun, Y. & Nies, M. (2009): Assistive robots in health care settings. Home Health Care Management & Practice, 21(3), Neven, L. (2010): «But obviously not for me»: robots, laboratories and the defiant identity of elder test users. [Article]. Sociology of Health & Illness, 32(2), doi: /j x. Niejahr E. Das Netzwerk nebenan. DIE ZEIT 9. August 2012, S Nollert, M. & Pelizzari, A. (2008): Flexibilisierung des Arbeitsmarktes als Chance oder Risiko? Atypisch Beschäftigte in der Schweiz. In: Szydlik (Hrsg.): Flexibilisierung: Folgen für Arbeit und Familie , Obsan (2009): Gesundheitspersonal in der Schweiz Bestandsaufnahme und Perspektiven bis Neuchâtel: Schweizerisches Gesundheitsobservatorium. OECD/WHO (2011): OECD Reviews of Health Systems: Switzerland 2011, OECD Publishing. Zugriff am Petters, D., Waters. E. & Schönbrodt, F. (2010): Strange carers. Robots as attachment figures and aids to parenting Interaction Studies, 11(2), Pioggia, G., Igliozzi, R., Ferro, M., Ahluwalia, A., Muratori, F. & De Rossi, D. (2005): An android for enhancing social skills and emotion recognition in people with autism. IEEE Transactions on Neural Systems & Rehabilitation Engineering, 13(4), Pflügel, R. (2008): Strategien für zukünftige Anforderungen im Gesundheitswesen. Qualifizierung für das Management in der Gesundheitswirtschaft. Grin Verlag. Poletz, L., Encarnação, P., Adams, K. & Cook, A. (2010): Robot skills and cognitive performance of preschool children. Technology & Disability, 22(3), PwC Studie (2010): Fachkräftemangel stationärer und ambulanter Bereich bis zum Jahr Frankfurt am Main. Rahman, T., Sample, W,. Jaykumar, S., King, M., Wee, J., Seliktar, R., Alexander, M., Scavina, M., Clark, A. (2006): Passive exoskeletons for assisting limb movement. Journal of Rehabilitation Research and Development, 43, 5,

245 Literaturverzeichnis 219 Recklies, D. (2012): Die PEST(LE) Analyse. Zugriff am Renn, O. & Zwick, M. M. (1997): Risiko- und Technikakzeptanz. Berlin: Springer. Ribi F. N., Yokoyama A., Turner D. C. (2004): A comparison of Japanese and Swiss childrens behavior toward a robot pet. Paper presented at the International Conference on Human-Animal Interactions, Glasgow Scotland. Riener, R., Klamroth-Marganska, V. (2010): «Roboterunterstuetzte Rehabilitation der oberen Extremitaet nach Schlaganfall. Robot-assisted therapy in neurological rehabilitation of the upper limb following stroke.» Neurologie & Rehabilitation 16(1), Robins B., Dautenhahn K., Te Boekhorst R. (2005): Robotic assistants in therapy and education of children with autism: can a small humanoid robot help encourage social interaction skills? Univ Access Inf Soc, 4, Robotherapy in dementia care: a pilot project using artificial reality in dementia care. (2005): Canadian Nursing Home, 16(1), (ohne Autor). Rosenkoetter, M. M., Bowcutt, M., Khasanshina, E. V., Chernecky, C. C. & Wall, J. (2008): Perceptions of the impact of «smart pumps» on nurses and nursing care provided. Journal of the Association for Vascular Access, 13(2), Roux P., Gobet P., Clémence A., Höpflinger F. (1996): Generationsbeziehungen und Altersbilder. Ergebnisse einer empirischen Studie. In S. N. z. F. d. w. Forschung (Ed.), Nationales Forschungsprogramm 32 Alter. Lausanne/ Zürich. Roy, A., Krebs, H. I., Williams, D. J., Bever, C. T., Forrester, L. W., Macko, R. M. & Hogan, N. (2009): Robot-Aided Neurorehabilitation: A Novel Robot for Ankle Rehabilitation. Robotics, IEEE Transactions on, 25(3), Royal Academy of Engineering (2009): Autonomus Sytems: Social, Legal and Ethical Issues. London. Ruiz-del-Solar, J. (2010a): Additional elements on the use of robots for childcare. [Comment/Reply]. Interaction Studies: Social Behaviour and Communication in Biological and Artificial Systems, 11(2), Ruiz-del-Solar, J. (2010b): Additional elements on the use of robots for childcare. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is rui.

246 220 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Rupp, R., Plewa, H., Schuld, C., Gerner, N. Weidner, E., Hofer P. & Knestel, M. (2011): Ein motorisiertes Exoskelett zur automatisierten Lokomotionstherapie im häuslichen Umfeld Ergebnisse einer Pilotstudie mit inkomplett Querschnittgelähmten. Neurol Rehabil 2011; 17 (1): Sabanovic, S. (2010): Robots in society, society in robots: Mutual shaping of society and technology as a framework for social robot design. International Journal of Social Robotics, 2(4), 439 P doi: Schulz-Montag, B. & Müller-Stoffels, M. (2006): Szenarien Instrumente für Innovations- und Strategieprozesse. In: Falko E. P. Wilms (Hrsg.): Szenariotechnik. Vom Umgang mit Zukunft. Bern: Haupt Verlag. Schweizerische Nationalbank (2012): Geldpolitische Lagebeurteilung vom 14. Juni Zugriff am SECO. (2012): Die Lage auf dem Arbeitsmarkt Mai Bern. Sharkey, N. (2008): Computer science. The ethical frontiers of robotics. [Research Support, Non-U.S. Gov t]. Science, 322(5909), Sharkey, N. & Sharkey, A. (2010): The crying shame of robot nannies: An ethical appraisal. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is sha. Smith, C. (2008a): Technology and Web-Based Support. [Journal Article]. American Journal of Nursing, 108 (Supplement), Smith, C. (2008b): Technology and WEB-Based Support. [Article]. Journal of Social Work Education, 44, Sparrow, R. & Sparrow, L. (2006): In the hands of machines? The future of aged care. Minds and Machines, 16(2), doi: Spenko, M., Yu, H. & Dubowsky, S. (2006): Robotic personal aids for mobility and monitoring for the elderly. [Evaluation StudiesResearch Support, Non-U.S. Gov t]. IEEE Transactions on Neural Systems & Rehabilitation Engineering, 14(3), Steinmüller, K. (1997): Grundlagen und Methoden der Zukunftsforschung. Szenarien, Delphi, Technikvorausschau, SFZ-WerkstattBericht 21, Gelsenkirchen.

247 Literaturverzeichnis 221 Stiehl W. D., Lee, J. K., Breazeal. C., Nalin, M., Morand, A. & Sanna, A. (2009): The Huggable: A plattform for research in Robotic Companions for Pediatric care. Paper presented at the IDC, Como, Italy. Strassmann, B. (2012): Die Roboter kommen. DIE ZEIT Straub, M. & Hartwig, J. (2011): Frühjahrsprognose der schweizerischen Gesundheitsausgaben Zürich. Steurer-Stey, C. & Rosemann, Th. (2009): Willkommen im Medical Home! Das «Patientenzentrierte medizinische Zuhause»: Ein zukunftsträchtiges Konzept in der Grundversorgung. In: Chronic Care Management, Care Management 2009; 2: Nr. 4, 6 9. Summerfield, M. R., Seagull, F. J., Vaidya, N. & Xiao, Y. (2011): Use of pharmacy delivery robots in intensive care units. [Research Support, Non-U.S. Gov t]. American Journal of Health-System Pharmacy, 68(1), Sung, J. Y., Grinter, R. & Christensen, H. I. (2010): Domestic Robot Ecology An Initial Framework to Unpack Long-Term Acceptance of Robots at Home. Int J Soc Robot 2, Swinnen, E., Duerinck, S., Baeyens, J.-P., Meeusen, R. & Kerckhofs, E. (2010): Effectiveness of robot-assisted gait training in persons with spinal cord injury: a systematic review. Journal of Rehabilitation Medicine, 42(6), Tanaka, F. & Kimura, T. (2010): Care-receiving robot as a tool of teachers in child education. Interaction Studies, 11(2), doi: /is tan. Tiwari, M. M., Day, K. J. & Mac Donald, B. (2010): Some Non-technology Implications for Wider Application of Robots to Assist Older People. Torras, C. (2010): Robbie, the pioneer robot nanny: Science fiction helps develop ethical social opinion. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is tor. Trapp, Ch. (2000): So also wird es sein? Vom Verlust der Gestaltungsfähigkeit durch den Glauben an Zahlen, in: ZUKÜNFTE. Zeitschrift für Zukunftsgestaltung & vernetztes Denken, 9. Jhg., Heft 33: Ist Zukunft planbar? Die prognoseabhängige Gesellschaft, Herbst Tsumaki, Y., Kon, T., Suginuma, A., Imada, K., Sekiguchi, A., Nenchev, D. N. & Hanada, K. (2008): Development of a skincare robot. Paper presented at the Robotics and Automation, ICRA IEEE International Conference on.

248 222 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Turiel, M., Sitia, S., Cicala, S., Magagnin, V., Bo, I., Porta, A. & Tomasoni, L. (2011): Robotic treadmill training improves cardiovascular function in spinal cord injury patients. International Journal of Cardiology, 149(3), Umweltbundesamt (2010): Export alter Elektrogeräte: Viel Gold, aber auch viel Gift. Zugriff am Varela, F., Thompson E. (1992): Der Mittlere Weg der Erkenntnis. Bern, München, Wien: Scherz. Wada, K., Shibata, T., Saito, T. & Tanie, K. (2002): Analysis of Factors that Bring Mental Effects to Elderly People in Robot Assisted Activity. Proceedings of 2002 IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems (IROS), Switzerland Wada, K., & Shibata, T. (2006): Robot Therapy in a Care House Results of Case Studies. Robot and Human Interactive Communication, ROMAN The 15th IEEE International Symposium on. Wada, K. & Shibata, T. (2007a): Robot Therapy in a Care House Change of Relationship among the Residents and Seal Robot during a 2-month Long Study. Paper presented at the Robot and Human interactive Communication, RO-MAN The 16th IEEE International Symposium. Wada, K. & Shibata, T. (2007b): Social Effects of Robot Therapy in a Care House Change of Social Network of the Residents for Two Months. Paper presented at the Robotics and Automation, 2007 IEEE International Conference. Wada, K., Shibata, T. & Kawaguchi, Y. (2009): Long-term robot therapy in a health service facility for the aged A case study for 5 years. Paper presented at the Rehabilitation Robotics, ICORR IEEE International Conference. Wallach, W. (2010): Applied ethicists: Naysayers or problem solvers? Interaction Studies, 11(2), doi: /is wal. Weinbrenner, P. ( 2001): Szenariotechnik. dokumente/szenariotechnik.htm, Zugriff am Weinrich, M. (2006): National Institutes of Health support of rehabilitation robotics research. [Editorial]. Journal of Rehabilitation Research & Development, 43(5).

249 Literaturverzeichnis 223 Weinsberghe van, A. (2011): Designing Robots for Care: Care Centered. Value- Sensitive Design. Sci Eng Ethics, Springer Online, DOI /s , 03. Januar Welch, K. C., Lahiri, U., Warren, Z., & Sarkar, N. (2010): An approach to the design of socially acceptable robots for children with autism spectrum disorders. International Journal of Social Robotics, 2(4), doi: Westlake, K. & Patten, C. (2009): Pilot study of Lokomat versus manual-assisted treadmill training for locomotor recovery post-stroke. Journal of NeuroEngineering and Rehabilitation, 6(1), 18. Whitby, B. (2010): Oversold, unregulated, and unethical: Why we need to respond to robot nannies. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is whi. Wildi, R. (2008): Handelszeitung: Roboter als Segen für die Wirtschaft. Zugriff am World Medical Association (2007): WMA Statement on the Ethics of Telemedicine. Zugriff am Young, J. E., Hawkins, R., Sharlin, E. & Igarashi, T. (2009): Toward acceptable domestic robots: Applying insights from social psychology. International Journal of Social Robotics, 1(1), doi: Zhang, H., Austin, H., Buchanan, S., Herman, R., Koeneman, J. & He, J. (2011): Feasibility study of robot-assisted stroke rehabilitation at home using RUPERT. Paper presented at the Complex Medical Engineering (CME), 2011 IEEE/ICME International Conference. Zhang, T., Kaber, D. B., Zhu, B., Swangnetr, M., Mosaly, P. & Hodge, L. (2010): Service robot feature design effects on user perceptions and emotional responses. Intelligent Service Robotics, 3(2), doi: Zhang X., Norris S. L., Gregg E. W. et al. (2005): Depressive symptoms and mortality among persons with and without diabetes. Am J Epidemiol; 161: Zhao, S. Y. (2006): Humanoid social robots as a medium of communication. New Media & Society, 8(3), doi: /

250 224 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Zoll, C. & Spielhagen, C. (2010a): Changing perspective: From avoiding harm to child s best interests. [Comment/Reply]. Interaction Studies: Social Behaviour and Communication in Biological and Artificial Systems, 11(2), Zoll, C. & Spielhagen, C. (2010b): Changing perspective: From avoiding harm to child s best interests. [Article]. Interaction Studies, 11(2), doi: /is zol.

251 Projektteam / Mitglieder der Begleitgruppe 225 Das Projektteam der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften Die interdisziplinäre Projektgruppe umfasste Mitarbeitende der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) aus den Bereichen Ergotherapie und Physiotherapie (Departement Gesundheit), aus dem Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie (WIG, School of Management and Law) sowie Mitarbeitende aus dem Institut für Mechatronische Systeme (School of Engineering). Institut für Ergotherapie, Departement Gesundheit Prof. Dr. phil. Heidrun Becker, Projektleiterin Diplom Medizinpädagogin und Ergotherapeutin Stv. Leitung Forschung & Entwicklung Yvonne Treusch, Msc Ergotherapeutin, Msc Management und Qualitätssicherung im Gesundheitswesen Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung & Entwicklung Institut für Physiotherapie, Departement Gesundheit Mandy Scheermesser Diplom Sozialwissenschaftlerin Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung & Entwicklung Institut für Mechatronische Systeme, School of Engineering Prof. Dr.-Ing. Hans Wernher van de Venn Institutsleiter Institut für Mechatronische Systeme Richard Alexander Hüppi, Dipl. El. Ing. FH, E MBA Leitender Ingenieur Roboterentwicklung IMS, School of Engineering Matthias Bleibler, Masterstudent

252 226 Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie, School of Management and Law Prof. Dr. Holger Auerbach Gesundheitsökonom Stv. Institutsleiter und Dozent Michael Früh, BSc Betriebsökonom Wissenschaftlicher Mitarbeiter Flurina Meier, MSc ETH Bewegungswissenschaftlerin Wissenschaftliche Mitarbeiterin Redaktionelle Bearbeitung Ursula Meidert, lic. Phil Soziologin Wissenschaftliche Mitarbeiterin Forschung & Entwicklung Institut für Ergotherapie, Departement Gesundheit Mitglieder der Begleitgruppe Prof. Dr. Daniel Gygax (Vorsitzender der Begleitgruppe) Fachhochschule Nordwestschweiz Sibylle Ackermann Birbaum Verbund der Akademien der Wissenschaften Schweiz A+ Prof. Dr. Hannes Bleuler EPF Lausanne Dr. Katrin Crameri Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften SAMW, Basel Janine Graf Delegierte der Kommission für Technologie und Innovation KTI, Bern

253 Projektteam / Mitglieder der Begleitgruppe 227 Bea Heim, Nationalrätin Sozialdemokratische Partei, Kanton Solothurn Prof. Dr. François Höpflinger Universität Zürich Prof. Dr. Annemarie Kesselring Universität Basel Dr. med. Pedro Koch Senior Health Consultant, Küsnacht Prof. Dr. Sabine Maasen Universität Basel Dr. Jürg Müller Rechtsdienst Universitätsspital Basel Thomas Müller Redaktor Information Radio DRS, Bern Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello Universität Bern Prof. Dr. Robert Riener ETH Zürich Prof. Dr. Giatgen Spinas Universitätsspital Zürich Prof. Dr. Gábor Székely Delegierter der Kommission für Technologie und Innovation KTI, Bern Dr. Markus Zürcher Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften SAGW, Bern

254 Weitere Publikationen von TA-SWISS Rainer Zah, Claudia Binder, Stefan Bringezu, Jürgen Reinhard, Alfons Schmid, Helmut Schütz Future Perspectives of 2nd Generation Biofuels Martin Möller, Ulrike Eberle, Andreas Hermann, Katja Moch, Britta Stratmann Nanotechnologie im Bereich der Lebensmittel 2010, 328 Seiten, zahlreiche Grafiken und Tabellen, durchg. farbig, Format 16 x 23 cm, broschiert ISBN auch als ebook erhältlich 2009, 228 Seiten, zahlreiche Grafiken und Tabellen, Format 16 x 23 cm, broschiert ISBN auch als ebook (Open Access) erhältlich Lorenz Hilty, Britta Oertel, Michaela Wölk, Kurt Pärli Lokalisiert und identifiziert Anne Eckhardt, Andreas Bachmann, Michèle Marti, Bernhard Rütsche, Harry Telser Human Enhancement 2012, 294 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Grafiken, Format 16 x 23 cm, broschiert ISBN auch als ebook (Open Access) erhältlich 2011, 300 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Tabellen, Format 16 x 23 cm, broschiert ISBN auch als ebook (Open Access) erhältlich vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, Voltastrasse 24, VOB D, CH-8092 Zürich Tel. +41 (0) , Fax +41 (0) , verlag@vdf.ethz.ch,

Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung

Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung Heidrun Becker, Mandy Scheermesser, Michael Früh, Yvonne Treusch, Holger Auerbach, Richard Alexander Hüppi, Flurina Meier Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung TA-SWISS 58/2013 Heidrun Becker,

Mehr

Departement Gesundheit Institut für mechatronische Systeme Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie

Departement Gesundheit Institut für mechatronische Systeme Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie Departement Gesundheit Institut für mechatronische Systeme Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie TA STUDIE: «ROBOTIK IN BETREUUNG UND GESUNDHEITSVERSORGUNG» Fachtagung «ambulant UND stationär»

Mehr

Soll der Staat aktiv Innovationen fördern? Das Beispiel Airbus A400M

Soll der Staat aktiv Innovationen fördern? Das Beispiel Airbus A400M Wirtschaft Tobias Karcher Soll der Staat aktiv Innovationen fördern? Das Beispiel Airbus A400M Bachelorarbeit Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet

Mehr

Verwenden Sie nur Original-KRONE-Ersatzteile! Das gibt Sicherheit und spart Kosten! Use Original-KRONE parts only This will increase operational reliability and help to save costs! N'utiliser que des piéces

Mehr

Verwenden Sie nur Original-KRONE-Ersatzteile! Das gibt Sicherheit und spart Kosten! Use Original-KRONE parts only This will increase operational reliability and help to save costs! N'utiliser que des piéces

Mehr

Verwenden Sie nur Original-KRONE-Ersatzteile! Das gibt Sicherheit und spart Kosten! Use Original-KRONE parts only This will increase operational reliability and help to save costs! N'utiliser que des piéces

Mehr

Verwenden Sie nur Original-KRONE-Ersatzteile! Das gibt Sicherheit und spart Kosten! Use Original-KRONE parts only This will increase operational reliability and help to save costs! N'utiliser que des piéces

Mehr

Aus- und Weiterbildung in «Wissenschaftliche Integrität» 2. nationaler Vernetzungsanlass für Fachpersonen im Bereich wissenschaftliche Integrität

Aus- und Weiterbildung in «Wissenschaftliche Integrität» 2. nationaler Vernetzungsanlass für Fachpersonen im Bereich wissenschaftliche Integrität Aus- und Weiterbildung in «Wissenschaftliche Integrität» 2. nationaler Vernetzungsanlass für Fachpersonen im Bereich wissenschaftliche Integrität Formation pré- et postgraduée en «intégrité scientifique»

Mehr

Raoua Allaoui (Autor) Dolmetschen im Krankenhaus Rollenerwartungen und Rollenverständnisse

Raoua Allaoui (Autor) Dolmetschen im Krankenhaus Rollenerwartungen und Rollenverständnisse Raoua Allaoui (Autor) Dolmetschen im Krankenhaus Rollenerwartungen und Rollenverständnisse https://cuvillier.de/de/shop/publications/2593 Copyright: Cuvillier Verlag, Inhaberin Annette Jentzsch-Cuvillier,

Mehr

Analogtechnik 2, Semestertest Technique analogique 2, Test de semestre

Analogtechnik 2, Semestertest Technique analogique 2, Test de semestre Analogtechnik 2, Semestertest Technique analogique 2, Dr. Theo Kluter 05. 06. 2011 Name/Nom : Vorname/Prénom : Klasse/Classe : Aufgabe/ Punkte maximal/ Punkte erreicht/ Problème : Points maximaux : Points

Mehr

08/12. Gebrauchsanleitung Trekkingrucksäcke Trekking rucksacks Instructions for use Notice d'emploi pour sacs à dos de trek

08/12. Gebrauchsanleitung Trekkingrucksäcke Trekking rucksacks Instructions for use Notice d'emploi pour sacs à dos de trek 08/12 Gebrauchsanleitung Trekkingrucksäcke Trekking rucksacks Instructions for use Notice d'emploi pour sacs à dos de trek X-TRANSITION Bedingungen der JACK WOLFSKIN 3-Jahres-Gewährleistung Terms and

Mehr

Scenario Building Workshop - Interplay of problem framings

Scenario Building Workshop - Interplay of problem framings Transdiciplinary Conference Inter- and Transdisciplinary Problem Framing, ETH Zürich, 27-28 November 2008 Scenario Building Workshop - Interplay of problem framings PD Dr. Rolf Meyer*, Dr. Martin Knapp*,

Mehr

Schulstruktur Kindergarten und Grundschule

Schulstruktur Kindergarten und Grundschule Schulstruktur Kindergarten und Grundschule Vom Kindergarten bis zur 12. Klasse bietet die Ecole Internationale de Manosque eine mehrsprachige Erziehung und Bildung auf hohem Niveau. In Kindergarten und

Mehr

Auswirkungen des Pendelns auf das subjektive Wohlbefinden

Auswirkungen des Pendelns auf das subjektive Wohlbefinden Naturwissenschaft Franziska Schropp Auswirkungen des Pendelns auf das subjektive Wohlbefinden Das Pendler Paradoxon und andere Methoden im Vergleich Bachelorarbeit Bibliografische Information der Deutschen

Mehr

Inequality Utilitarian and Capabilities Perspectives (and what they may imply for public health)

Inequality Utilitarian and Capabilities Perspectives (and what they may imply for public health) Inequality Utilitarian and Capabilities Perspectives (and what they may imply for public health) 1 Utilitarian Perspectives on Inequality 2 Inequalities matter most in terms of their impact onthelivesthatpeopleseektoliveandthethings,

Mehr

Support Technologies based on Bi-Modal Network Analysis. H. Ulrich Hoppe. Virtuelles Arbeiten und Lernen in projektartigen Netzwerken

Support Technologies based on Bi-Modal Network Analysis. H. Ulrich Hoppe. Virtuelles Arbeiten und Lernen in projektartigen Netzwerken Support Technologies based on Bi-Modal Network Analysis H. Agenda 1. Network analysis short introduction 2. Supporting the development of virtual organizations 3. Supporting the development of compentences

Mehr

ZKD FITT & FLEXX. Die Flexibilität des Designs. La flexibilité du design.

ZKD FITT & FLEXX. Die Flexibilität des Designs. La flexibilité du design. ZKD FITT & FLEXX. Die Flexibilität des Designs. La flexibilité du design. ZKD FITT & FLEXX. KOMBINIERTE FLEXIBILITÄT IST PROGRAMM. Wo klare Linien und grenzenlose Einrichtungsfreiheiten aufeinander treffen,

Mehr

Bildungs- und Forschungsfonds des Verbandes der Schweizerischen Schmierstoffindustrie BFF des VSS

Bildungs- und Forschungsfonds des Verbandes der Schweizerischen Schmierstoffindustrie BFF des VSS Gesuch um Entrichtung eines Forschungsbeitrages Requête pour bénéficier d une bourse pour la recherche Richiesta per l ottenimento di un sussidio per la ricerca Antragsteller / Requérant / Richiedente

Mehr

Revue suisse de droit de la santé Schweizerische Zeitschrift für Gesundheitsrecht

Revue suisse de droit de la santé Schweizerische Zeitschrift für Gesundheitsrecht www.jusletter.ch Weblaw / Institut de droit de la santé de l'université de Neuchâtel (Editeurs/Hrsg.) Revue suisse de droit de la santé Schweizerische Zeitschrift für Gesundheitsrecht RSDS/SZG 12/2009

Mehr

elearning 02.07.2004 SIGNAL project Hans Dietmar Jäger 1

elearning 02.07.2004 SIGNAL project Hans Dietmar Jäger 1 elearning The use of new multimedia technologies and the Internet to improve the quality of learning by facilitating access to resources and services as well as remote exchange and collaboration. (Commission

Mehr

Customer-specific software for autonomous driving and driver assistance (ADAS)

Customer-specific software for autonomous driving and driver assistance (ADAS) This press release is approved for publication. Press Release Chemnitz, February 6 th, 2014 Customer-specific software for autonomous driving and driver assistance (ADAS) With the new product line Baselabs

Mehr

1,2-1,8 TON TWIST 100 TWIST 100

1,2-1,8 TON TWIST 100 TWIST 100 1,2-1,8 TWIST 100 L attuatore idraulico bi-direzionale Cangini permette di inclinare attrezzature o attacchi rapidi fino ad un angolazione di, facilitando le operazioni di scavo, anche in posizioni difficili

Mehr

How does the Institute for quality and efficiency in health care work?

How does the Institute for quality and efficiency in health care work? Health Care for all Creating Effective and Dynamic Structures How does the Institute for quality and efficiency in health care work? Peter T. Sawicki; Institute for Quality and Efficiency in Health Care.

Mehr

ELBA2 ILIAS TOOLS AS SINGLE APPLICATIONS

ELBA2 ILIAS TOOLS AS SINGLE APPLICATIONS ELBA2 ILIAS TOOLS AS SINGLE APPLICATIONS An AAA/Switch cooperative project run by LET, ETH Zurich, and ilub, University of Bern Martin Studer, ilub, University of Bern Julia Kehl, LET, ETH Zurich 1 Contents

Mehr

All waves. Toutes les Vagues. Alle wellen. Tutte le onde

All waves. Toutes les Vagues. Alle wellen. Tutte le onde Household Master File Master File Ménage Haushalt Master File Master File economia All waves Toutes les Vagues Alle wellen Tutte le onde Légende Legende Legenda Legend Original Variable issue directement

Mehr

Darstellung und Anwendung der Assessmentergebnisse

Darstellung und Anwendung der Assessmentergebnisse Process flow Remarks Role Documents, data, tool input, output Important: Involve as many PZU as possible PZO Start Use appropriate templates for the process documentation Define purpose and scope Define

Mehr

Untersuchung der Genauigkeit bei der Mikrolaserablation

Untersuchung der Genauigkeit bei der Mikrolaserablation Technik Anonym Untersuchung der Genauigkeit bei der Mikrolaserablation Bachelorarbeit Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation

Mehr

Efficient Design Space Exploration for Embedded Systems

Efficient Design Space Exploration for Embedded Systems Diss. ETH No. 16589 Efficient Design Space Exploration for Embedded Systems A dissertation submitted to the SWISS FEDERAL INSTITUTE OF TECHNOLOGY ZURICH for the degree of Doctor of Sciences presented by

Mehr

Labour law and Consumer protection principles usage in non-state pension system

Labour law and Consumer protection principles usage in non-state pension system Labour law and Consumer protection principles usage in non-state pension system by Prof. Dr. Heinz-Dietrich Steinmeyer General Remarks In private non state pensions systems usually three actors Employer

Mehr

Challenges for the future between extern and intern evaluation

Challenges for the future between extern and intern evaluation Evaluation of schools in switzerland Challenges for the future between extern and intern evaluation Michael Frais Schulentwicklung in the Kanton Zürich between internal evaluation and external evaluation

Mehr

INTERREG IIIa Project R&D - Ready for Research and Development Project results and ongoing activities

INTERREG IIIa Project R&D - Ready for Research and Development Project results and ongoing activities INTERREG IIIa Project R&D - Ready for Research and Development Project results and ongoing activities Györ, 5th December 2007 Key regions + perifary for surveys Background objectives CENTROPE needs a strategy

Mehr

Das C-Teile-Management bei KMU

Das C-Teile-Management bei KMU Wirtschaft Lukas Ohnhaus Das C-Teile-Management bei KMU Identifikation und Analyse der Auswahlkriterien für einen Dienstleister mittels qualitativer Marktstudie Bachelorarbeit Bibliografische Information

Mehr

IMPORTANT / IMPORTANT:

IMPORTANT / IMPORTANT: Replacement of the old version 2.50. Procedure of installation and facility updates. New presentation. Remplacer l ancienne version 2.50. Procédure d installation et de mise à jour facilitée. Nouvelle

Mehr

Workshop neuer Leitfaden Velostationen

Workshop neuer Leitfaden Velostationen Workshop neuer Leitfaden Velostationen Atelier nouveau guide vélostations Infotreffen Velostation - Lyss 11. November 2011 Infotreffen 11. November 2011 Lyss Einleitung Workshop Weshalb ein neuer Leitfaden?

Mehr

NEU! PCS 950 win. Der Nachfolger des bewährten Eingabegeräts PCS 950

NEU! PCS 950 win. Der Nachfolger des bewährten Eingabegeräts PCS 950 NEU! PCS 950 win Der Nachfolger des bewährten Eingabegeräts PCS 950 Das PCS 950 hat viele Jahre lang hervorragende Dienste bei der Herstellung vielseitigster Gitterprodukte geleistet. Ein technisch aufbereitetes

Mehr

Corporate Digital Learning, How to Get It Right. Learning Café

Corporate Digital Learning, How to Get It Right. Learning Café 0 Corporate Digital Learning, How to Get It Right Learning Café Online Educa Berlin, 3 December 2015 Key Questions 1 1. 1. What is the unique proposition of digital learning? 2. 2. What is the right digital

Mehr

Resilienz im Erwachsenenalter

Resilienz im Erwachsenenalter Bernhard Leipold Resilienz im Erwachsenenalter Mit einem Geleitwort von Werner Greve Unter Mitarbeit von Tim Loepthien Mit 17 Abbildungen und 7 Tabellen Ernst Reinhardt Verlag München Basel PD Dr. Bernhard

Mehr

Überlaufrinne System Wiesbaden mit Ausklinkung für Mosaikbekleidung

Überlaufrinne System Wiesbaden mit Ausklinkung für Mosaikbekleidung 04/2012 System Wiesbaden 7.1.0 Beckenkopfausbildung/hochliegender Wasserspiegel Exécution de la tête du bassin/niveau d eau élevé Execution of the pool head/elevated water level Esecuzione del bordo/livello

Mehr

Gesundheitsmarketing. Erfolgsfaktoren und aktuelle Herausforderungen

Gesundheitsmarketing. Erfolgsfaktoren und aktuelle Herausforderungen Wirtschaft Jasmin Rüegsegger Gesundheitsmarketing. Erfolgsfaktoren und aktuelle Herausforderungen Eine explorative Untersuchung in der Schweiz Bachelorarbeit Bibliografische Information der Deutschen

Mehr

Christina Berghold. Die Szenario-Technik LEITFADEN. zur strategischen Planung mit Szenarien vor dem Hintergrund einer dynamischen Umwelt

Christina Berghold. Die Szenario-Technik LEITFADEN. zur strategischen Planung mit Szenarien vor dem Hintergrund einer dynamischen Umwelt Christina Berghold Die Szenario-Technik LEITFADEN zur strategischen Planung mit Szenarien vor dem Hintergrund einer dynamischen Umwelt Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche

Mehr

Ethische Fragestellungen im Zusammenhang der Nanobiotechnologie: Eine kurze Übersicht

Ethische Fragestellungen im Zusammenhang der Nanobiotechnologie: Eine kurze Übersicht Ethische Fragestellungen im Zusammenhang der Nanobiotechnologie: Eine kurze Übersicht Dr. Johann S. Ach Neue Möglichkeiten durch NT/NBT: Miniaturisierung Interaktion mit biologischen Systemen Neue Eigenschaften

Mehr

TMF projects on IT infrastructure for clinical research

TMF projects on IT infrastructure for clinical research Welcome! TMF projects on IT infrastructure for clinical research R. Speer Telematikplattform für Medizinische Forschungsnetze (TMF) e.v. Berlin Telematikplattform für Medizinische Forschungsnetze (TMF)

Mehr

Road Safety 2014. How is your country doing? STRASSENVERKEHRSSICHERHEIT: Wie sieht es in Ihrem Land aus?

Road Safety 2014. How is your country doing? STRASSENVERKEHRSSICHERHEIT: Wie sieht es in Ihrem Land aus? Road Safety 2014 How is your country doing? STRASSENVERKEHRSSICHERHEIT: Wie sieht es in Ihrem Land aus? SÉCURITÉ ROUTIÈRE: Quelle est la situation dans votre pays? Transport Die EU hat das Ziel, die Anzahl

Mehr

Bettina Heberer. Grüne Gentechnik. Hintergründe, Chancen und Risiken

Bettina Heberer. Grüne Gentechnik. Hintergründe, Chancen und Risiken essentials Essentials liefern aktuelles Wissen in konzentrierter Form. Die Essenz dessen, worauf es als State-of-the-Art in der gegenwärtigen Fachdiskussion oder in der Praxis ankommt. Essentials informieren

Mehr

Themen für Seminararbeiten WS 15/16

Themen für Seminararbeiten WS 15/16 Themen für Seminararbeiten WS 15/16 Institut für nachhaltige Unternehmensführung Themenblock A: 1) Carsharing worldwide - An international Comparison 2) The influence of Carsharing towards other mobility

Mehr

S-Digicash Payez mobile depuis votre compte courant! Mobil bezahlen, direkt von Ihrem Girokonto aus! Pay mobile from your current account!

S-Digicash Payez mobile depuis votre compte courant! Mobil bezahlen, direkt von Ihrem Girokonto aus! Pay mobile from your current account! S-Digicash Payez mobile depuis votre compte courant! Mobil bezahlen, direkt von Ihrem Girokonto aus! Pay mobile from your current account! Payez mobile depuis votre compte courant BCEE! Scannez le QR Code

Mehr

Öffentliche Trainingsprogramme Programmes inter-entreprises

Öffentliche Trainingsprogramme Programmes inter-entreprises Interaktive Broschüre/Brochure interactive Öffentliche Trainingsprogramme Programmes inter-entreprises Schweiz/Suisse, 01-015 Weitere Informationen zu den Orten, Trainingsterminen und Gebühren finden Sie

Mehr

Europe Job Bank Schülerumfrage. Projektpartner. Euro-Schulen Halle

Europe Job Bank Schülerumfrage. Projektpartner. Euro-Schulen Halle Europe Job Bank Schülerumfrage Projektpartner Euro-Schulen Halle Alter: Geschlecht: M W Ausbildung als: F 1 Was war der Hauptgrund für Deine Wahl der Ausbildung / Deine Berufswahl? a. Freunde b. Familie

Mehr

SCHRIFTLICHE KLAUSURPRÜFUNG IN FRANZÖSISCH ALS ZWEITE LEBENDE FREMDSPRACHE

SCHRIFTLICHE KLAUSURPRÜFUNG IN FRANZÖSISCH ALS ZWEITE LEBENDE FREMDSPRACHE TEXTE 1 : PRISE DE POSITION L UNIFORME «L uniforme scolaire permettrait aux enfants de toutes origines confondues de se consacrer à leur objectif de réussite scolaire en les soustrayant à une contrainte

Mehr

SOLVAXIS ET L INNOVATION SOLVAXIS UND INNOVATION

SOLVAXIS ET L INNOVATION SOLVAXIS UND INNOVATION 1 SOLVAXIS ET L INNOVATION SOLVAXIS UND INNOVATION Présentation PHILIPPE DAUCOURT, PROFESSEUR HES, HAUTE ÉCOLE DE GESTION ARC NAOUFEL CHEIKHROUHOU, OPERATIONS MANAGEMENT TEAM LEADER, ECOLE POLYTECHNIQUE

Mehr

High Technology for Professionals

High Technology for Professionals LMKAS 10 10 9.8 6.2 0.2 1.2 3 10 13 623 LMKAS 13 13 12 7.2 0.2 1.4 3 13 20 624 LMKAS 16 16 15.8 10.5 0.3 1.5 3 23 30 LMKAS 16 i 16 15.8 10.5 0.15 1.4 3 3 4.5 625-634 LMKAS 16 a 16 15.8 10.5 0.2 1.35 3

Mehr

Environmental management in German institutions of higher education: Lessons learnt and steps toward sustainable management

Environmental management in German institutions of higher education: Lessons learnt and steps toward sustainable management Environmental management in German institutions of higher education: Lessons learnt and steps toward sustainable management Lüneburg, Juni 23/24, 2005 Joachim Müller Sustainable Management of Higher Education

Mehr

TRIFT Transfer of Innovation into the Field of Foreign Trade

TRIFT Transfer of Innovation into the Field of Foreign Trade TRIFT Transfer of Innovation into the Field of Foreign Trade Compte rendu du projet Bearbeitet von EU-Geschäftsstelle 1. Auflage 2013. Taschenbuch. 167 S. Paperback ISBN 978 3 631 62868 3 Format (B x L):

Mehr

Kurzanleitung Ersatzgerät Guide succinct de l appareil de remplacement Breve guida all dispositivo di sostituzione

Kurzanleitung Ersatzgerät Guide succinct de l appareil de remplacement Breve guida all dispositivo di sostituzione Kurzanleitung Ersatzgerät Guide succinct de l appareil de remplacement Breve guida all dispositivo di sostituzione Das Ersatzgerät kann als zweites Gerät für die Nutzung des E-Bankings eingesetzt werden

Mehr

Assessments in der Rehabilitation

Assessments in der Rehabilitation Gesundheitsberufe Physiotherapie Peter Oesch Roger Hilfiker Sonja Keller Jan Kool Hannu Luomajoki Stefan Schädler Amir Tal-Akabi Martin Verra Colette Widmer Leu mit cd-rom Assessments in der Rehabilitation

Mehr

Armin Klein (Hrsg.) Gesucht: Kulturmanager

Armin Klein (Hrsg.) Gesucht: Kulturmanager Armin Klein (Hrsg.) Gesucht: Kulturmanager Armin Klein (Hrsg.) Gesucht: Kulturmanager Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

Mehr

Making quality visible. National Quality Certificate for Old Age and Nursing Homes in Austria (NQC)

Making quality visible. National Quality Certificate for Old Age and Nursing Homes in Austria (NQC) Making quality visible. National Quality Certificate for Old Age and Nursing Homes in Austria (NQC) Human Rights Council Genf, 15 September 2015 The Austrian System of Long Term Care System: 2 main components:

Mehr

Best practice dans le secteur de soins in differentes institutions de la santé en Europe

Best practice dans le secteur de soins in differentes institutions de la santé en Europe Best practice dans le secteur de soins in differentes institutions de la santé en Europe AT/09/LLP-LdV/IVT/158039 1 Information sur le projet Titre: Code Projet: Année: 2009 Type de Projet: Statut: Candidature

Mehr

Conditions de travail Arbeitsbedingungen

Conditions de travail Arbeitsbedingungen Conditions de travail 39 Conditions de travail Emissions Conditions de travail Industriel: une profession 3 fois plus sûr! 9627 personnes sont assurées dans le domaine industriel en Valais. Le nombre d

Mehr

2 IP X4 WLS/FL IP24. Montage-Anleitung Instructions de montage Assembling instructions. 225 cm. 60 cm 0

2 IP X4 WLS/FL IP24. Montage-Anleitung Instructions de montage Assembling instructions. 225 cm. 60 cm 0 WLS/FL IP Arbeiten an den elektrischen Anlagen dürfen nur von autorisierten Fachleuten nach den örtlichen Vorschriften ausgeführt werden. Für nicht fachgerechte Installation wird jegliche Haftung abgelehnt.

Mehr

WP2. Communication and Dissemination. Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung im Freistaat Thüringen

WP2. Communication and Dissemination. Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung im Freistaat Thüringen WP2 Communication and Dissemination Europa Programm Center Im Freistaat Thüringen In Trägerschaft des TIAW e. V. 1 GOALS for WP2: Knowledge information about CHAMPIONS and its content Direct communication

Mehr

TRAAM-TLSE-ALL004 / Katrin Unser Haus

TRAAM-TLSE-ALL004 / Katrin Unser Haus TRAAM-TLSE-ALL004 / Katrin Unser Haus I. Introduction Type de document : audio Langue : allemand Durée : 01:09 Niveau : collège A1+ Contenu : Katrin vit avec sa famille dans une maison. Elle présente l

Mehr

PAG en vigueur partie graphique

PAG en vigueur partie graphique WAS IST EIN PAG? PAG en vigueur partie graphique «Le plan d aménagement général est un ensemble de prescriptions graphiques et écrites à caractère réglementaire qui se complètent réciproquement et qui

Mehr

Auswirkungen auf die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung des Säuglings infolge der Nutzung eines Smartphones durch die primäre Bezugsperson

Auswirkungen auf die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung des Säuglings infolge der Nutzung eines Smartphones durch die primäre Bezugsperson Geisteswissenschaft Sarah Petri Auswirkungen auf die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung des Säuglings infolge der Nutzung eines Smartphones durch die primäre Bezugsperson Masterarbeit Bibliografische

Mehr

HIR Method & Tools for Fit Gap analysis

HIR Method & Tools for Fit Gap analysis HIR Method & Tools for Fit Gap analysis Based on a Powermax APML example 1 Base for all: The Processes HIR-Method for Template Checks, Fit Gap-Analysis, Change-, Quality- & Risk- Management etc. Main processes

Mehr

Einflüsse von aktuellen Trends und Stakeholderinteressen auf die Verbreitung von Pervasive Computing im Gesundheitswesen

Einflüsse von aktuellen Trends und Stakeholderinteressen auf die Verbreitung von Pervasive Computing im Gesundheitswesen Einflüsse von aktuellen Trends und Stakeholderinteressen auf die Verbreitung von Pervasive Computing im Gesundheitswesen Eine interdisziplinäre Betrachtung Andreas Gräfe Institut für Technikfolgenabschätzung

Mehr

Hazards and measures against hazards by implementation of safe pneumatic circuits

Hazards and measures against hazards by implementation of safe pneumatic circuits Application of EN ISO 13849-1 in electro-pneumatic control systems Hazards and measures against hazards by implementation of safe pneumatic circuits These examples of switching circuits are offered free

Mehr

COMPUTER: Mission Berlin. Le 9 novembre 2006, dix heures, cinquante-cinq minutes. Il ne vous reste plus que 65 minutes et une vie.

COMPUTER: Mission Berlin. Le 9 novembre 2006, dix heures, cinquante-cinq minutes. Il ne vous reste plus que 65 minutes et une vie. Épisode 12 Musique sacrée Anna a encore 65 minutes. Dans l église, elle découvre que la boîte à musique est en fait un élément manquant de l orgue. La femme en rouge apparaît et lui demande une clé. Mais

Mehr

Reflexionsmodul Interdisziplinarität IV

Reflexionsmodul Interdisziplinarität IV Reflexionsmodul Interdisziplinarität IV Kristin Maria Käuper, M.Sc. Linda Cording, M.Sc. Aisha Boettcher, M.Sc. Reflexionsmodul Interdisziplinarität IV 16.12.2015 Querschnittsmodul RI Termin Diskussion

Mehr

Cluster Health Care Economy has been established in 2008 Regional approach to develop health care industries Head of the cluster is Ms.

Cluster Health Care Economy has been established in 2008 Regional approach to develop health care industries Head of the cluster is Ms. How to develop health regions as driving forces for quality of life, growth and innovation? The experience of North Rhine-Westphalia Dr. rer. soc. Karin Scharfenorth WHO Collaborating Centre for Regional

Mehr

Fonds microprojets ETB: L ETB au service de ses citoyens TEB-Kleinprojektefonds: Der TEB setzt sich für seine BürgerInnen ein

Fonds microprojets ETB: L ETB au service de ses citoyens TEB-Kleinprojektefonds: Der TEB setzt sich für seine BürgerInnen ein Fonds microprojets ETB: L ETB au service de ses citoyens TEB-Kleinprojektefonds: Der TEB setzt sich für seine BürgerInnen ein FORMULAIRE DE DEMANDE DE COFINANCEMENT ANTRAGSFORMULAR Les demandes de cofinancement

Mehr

Aufgabe: Que faut-il faire? SK-Beispielaufgabe_Haustiere.docx

Aufgabe: Que faut-il faire? SK-Beispielaufgabe_Haustiere.docx Aufgabe: Que faut-il faire? SK-Beispielaufgabe_Haustiere.docx Lisez bien le sujet avant de vous précipiter sur votre copie et élaborez votre plan afin de préparer votre brouillon. On vous demande donc

Mehr

Daniel Burkhardt (Autor) Möglichkeiten zur Leistungssteigerung und Garnqualitätsverbesserung beim Rotorspinnen

Daniel Burkhardt (Autor) Möglichkeiten zur Leistungssteigerung und Garnqualitätsverbesserung beim Rotorspinnen Daniel Burkhardt (Autor) Möglichkeiten zur Leistungssteigerung und Garnqualitätsverbesserung beim Rotorspinnen https://cuvillier.de/de/shop/publications/3340 Copyright: Cuvillier Verlag, Inhaberin Annette

Mehr

Felix Huth. Straßenkinder in Duala

Felix Huth. Straßenkinder in Duala Felix Huth Straßenkinder in Duala VS COLLEGE Reviewed Research. Auf den Punkt gebracht. VS College richtet sich an hervorragende NachwuchswissenschaftlerInnen. Referierte Ergebnisse aus Forschungsprojekten

Mehr

Netzwerk Frauen und AIDS. in Austria

Netzwerk Frauen und AIDS. in Austria Network Women and AIDS Network Women and AIDS in Austria Im Herbst 2008 haben wir das in Österreich gegründet. In autumn 2008 we founded the Network Women and AIDS in Austria Wir, das sind Frauen, die

Mehr

Sustainability Balanced Scorecard as a Framework for Eco-Efficiency Analysis

Sustainability Balanced Scorecard as a Framework for Eco-Efficiency Analysis Sustainability Balanced Scorecard as a Framework for Eco-Efficiency Analysis Andreas Möller amoeller@uni-lueneburg.de umweltinformatik.uni-lueneburg.de Stefan Schaltegger schaltegger@uni-lueneburgde www.uni-lueneburg.de/csm

Mehr

«Management von Archiven, Bibliotheken und anderen Informationszentren

«Management von Archiven, Bibliotheken und anderen Informationszentren Philosophisch-historische akultät Historisches Institut Studienprogramm / Programme d études Master of Advanced Studies in Archival and Information Science (MAS AIS) 2014-2016 Modul 3b / Module 3b Detailprogramm

Mehr

Soziale Arbeit in der Integrierten Versorgung

Soziale Arbeit in der Integrierten Versorgung Marius Greuèl Hugo Mennemann 3 Soziale Arbeit in der Integrierten Versorgung Mit 13 Abbildungen Ernst Reinhardt Verlag München Basel 4 Selbstverständnis und professionsbezogene Verortung Marius Greuèl,

Mehr

Ways and methods to secure customer satisfaction at the example of a building subcontractor

Ways and methods to secure customer satisfaction at the example of a building subcontractor Abstract The thesis on hand deals with customer satisfaction at the example of a building subcontractor. Due to the problems in the building branch, it is nowadays necessary to act customer oriented. Customer

Mehr

1. Mise à jour de la version programme des cartes PCU-02 et PCU-03

1. Mise à jour de la version programme des cartes PCU-02 et PCU-03 T Service Documentation Technicocommerciale Information Technique Rubrique H Chaudières murales gaz à condensation GMR 3000 Condens Nouvelle version de programme de la carte PCU-02, PCU-03 : F1.7 P5253

Mehr

High Technology for Professionals. Wellfederscheiben Wave Spring Washers Rondelles Ressort

High Technology for Professionals. Wellfederscheiben Wave Spring Washers Rondelles Ressort Wellfederscheiben Spring Washers Rondelles Ressort du www.mtoswiss.ch info@mtoswiss.ch 2/9 LMKAS 10 10 9.8 6.2 0.2 1.2 3 10 13 623 LMKAS 13 13 12 7.2 0.2 1.4 3 13 20 624 LMKAS 16 16 15.8 10.5 0.3 1.5 3

Mehr

Internationale Energiewirtschaftstagung TU Wien 2015

Internationale Energiewirtschaftstagung TU Wien 2015 Internationale Energiewirtschaftstagung TU Wien 2015 Techno-economic study of measures to increase the flexibility of decentralized cogeneration plants on a German chemical company Luis Plascencia, Dr.

Mehr

Sicherheit / Sicherung - unterschiedliche Begriffsbestimmung, gemeinsame Fachaspekte

Sicherheit / Sicherung - unterschiedliche Begriffsbestimmung, gemeinsame Fachaspekte Sicherheit / Sicherung - unterschiedliche Begriffsbestimmung, gemeinsame Fachaspekte F. Seidel, BfS Salzgitter (Juli 2002) 1) Begriffsbestimmung (Vergleich unter Nutzung nationaler und internationaler

Mehr

IP X4 MOA/SL/FL IP44, CH IP24. Montage-Anleitung Instructions de montage Assembling instructions. 225 cm. 60 cm 0

IP X4 MOA/SL/FL IP44, CH IP24. Montage-Anleitung Instructions de montage Assembling instructions. 225 cm. 60 cm 0 MOA/SL/FL IP44, CH IP4 Arbeiten an den elektrischen Anlagen dürfen nur von autorisierten Fachleuten nach den örtlichen Vorschriften ausgeführt werden. Für nicht fachgerechte Installation wird jegliche

Mehr

Eine gewaltige Stimme singt für die Schweiz! U.W.A.O.

Eine gewaltige Stimme singt für die Schweiz! U.W.A.O. Eine gewaltige Stimme singt für die Schweiz! U.W.A.O. United We Are One heisst das neue Projekt vom renommierten DJ & Produzenten Mario Ferrini zusammen mit der Gesangslehrerin Miriam Sutter vom Gesangsatelier

Mehr

Tables pour la fixation des allocations journalières APG

Tables pour la fixation des allocations journalières APG Tabellen zur Ermittlung der EO-Tagesentschädigungen Tables pour la fixation des allocations journalières APG Gültig ab 1. Januar 2009 Valable dès le 1 er janvier 2009 318.116 df 10.08 Als Normaldienst

Mehr

11 EN 81-70 Page 1 of 2 Standard: INTERPRETATION RELATED TO. Clause(s): 5.4.2.3

11 EN 81-70 Page 1 of 2 Standard: INTERPRETATION RELATED TO. Clause(s): 5.4.2.3 CEN RELATED TO 11 Page 1 of 2 Standard: Edition: 2003 Clause(s): 5.4.2.3 Valid from: 15/09/2010 Date of modification: Key-word(s): Car operating panel, Two entrance lift Replacing interpretation No.: QUESTION

Mehr

Psychosoziale Beratung im Kontext von pränataler Diagnostik

Psychosoziale Beratung im Kontext von pränataler Diagnostik Geisteswissenschaft Sandra Mette Psychosoziale Beratung im Kontext von pränataler Diagnostik Rolle und Aufgabe der Sozialen Arbeit Bachelorarbeit Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Mehr

Förderung der Autonomieentwicklung im Umgang mit Kinderliteratur in der Grundschule

Förderung der Autonomieentwicklung im Umgang mit Kinderliteratur in der Grundschule Maria-Raphaela Lenz Förderung der Autonomieentwicklung im Umgang mit Kinderliteratur in der Grundschule Bachelorarbeit BACHELOR + MASTER Publishing Lenz, Maria-Raphaela: Förderung der Autonomieentwicklung

Mehr

DAS ZUFRIEDENE GEHIRN: FREI VON DEPRESSIONEN, TRAUMATA, ADHS, SUCHT UND ANGST. MIT DER BRAIN-STATE-TECHNOLOGIE DAS LEBEN AUSBALANCIEREN (GE

DAS ZUFRIEDENE GEHIRN: FREI VON DEPRESSIONEN, TRAUMATA, ADHS, SUCHT UND ANGST. MIT DER BRAIN-STATE-TECHNOLOGIE DAS LEBEN AUSBALANCIEREN (GE DAS ZUFRIEDENE GEHIRN: FREI VON DEPRESSIONEN, TRAUMATA, ADHS, SUCHT UND ANGST. MIT DER BRAIN-STATE-TECHNOLOGIE DAS LEBEN AUSBALANCIEREN (GE READ ONLINE AND DOWNLOAD EBOOK : DAS ZUFRIEDENE GEHIRN: FREI

Mehr

Negative Folgewirkungen eines sportlichen Abstiegs am Beispiel Alemannia Aachen

Negative Folgewirkungen eines sportlichen Abstiegs am Beispiel Alemannia Aachen Sport Tom Sommer Negative Folgewirkungen eines sportlichen Abstiegs am Beispiel Alemannia Aachen Bachelorarbeit Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet

Mehr

ITICITY. Generator für ausgemessene Strecken. start

ITICITY. Generator für ausgemessene Strecken. start ITICITY Generator für ausgemessene Strecken start Planen Entdecken Bewegen Mitteilen Strecken personalisierten mit punktgenauen Interessen Wir sind aktive Marketingmitglieder in unserem Gebiet (Gemeinde)

Mehr

Innovazione e partecipazione in azienda Innovation und Partizipation im Unternehmen

Innovazione e partecipazione in azienda Innovation und Partizipation im Unternehmen 1 Innovazione e partecipazione in azienda Innovation und Partizipation im Unternehmen Mario Giovannacci 27.09.2012 Innovazione tecnologica Technologische Innovation Innovazione organizzativa Organisatorische

Mehr

Anjes Tjarks. Familienbilder gleich Weltbilder

Anjes Tjarks. Familienbilder gleich Weltbilder Anjes Tjarks Familienbilder gleich Weltbilder Anjes Tjarks Familienbilder gleich Weltbilder Wie familiäre Metaphern unser politisches Denken und Handeln bestimmen Bibliografische Information der Deutschen

Mehr

Junge Menschen für das Thema Alter interessieren und begeistern Lebenssituation von älteren, hochaltrigen und pflegebedürftigen Menschen verbessern

Junge Menschen für das Thema Alter interessieren und begeistern Lebenssituation von älteren, hochaltrigen und pflegebedürftigen Menschen verbessern Stefanie Becker Vorgeschichte Die Geschichte der Gerontologie ist eine lange und von verschiedenen Bewegungen gekennzeichnet Das Leben im (hohen) Alter wird mit steigender Lebenserwartung komplexer und

Mehr

CHAMPIONS Communication and Dissemination

CHAMPIONS Communication and Dissemination CHAMPIONS Communication and Dissemination Europa Programm Center Im Freistaat Thüringen In Trägerschaft des TIAW e. V. 1 CENTRAL EUROPE PROGRAMME CENTRAL EUROPE PROGRAMME -ist als größtes Aufbauprogramm

Mehr

Freitag, 16. September 2016, 9.15 bis Uhr Vendredi 16 septembre 2016, de 9.15 à heures

Freitag, 16. September 2016, 9.15 bis Uhr Vendredi 16 septembre 2016, de 9.15 à heures Sterben in der Schweiz: Medizinische Versorgung und Betreuung am Lebensende Mourir en Suisse: soins médicaux et prise en charge des personnes en fin de vie Freitag, 16. September 2016, 9.15 bis 12.15 Uhr

Mehr

PRESENTE LE CONTE DANS L ENSEIGNEMENT DE L ALLEMAND EN MILIEU SCOLAIRE PROJET POUR COLLEGES ET LYCEES

PRESENTE LE CONTE DANS L ENSEIGNEMENT DE L ALLEMAND EN MILIEU SCOLAIRE PROJET POUR COLLEGES ET LYCEES 3 RUE MYRHA 75018 PARIS +33 (0) 1 42 29 15 81 +33 (0) 6 83 09 38 82 47plus@orange.fr PRESENTE LE CONTE DANS L ENSEIGNEMENT DE L ALLEMAND EN MILIEU SCOLAIRE PROJET POUR COLLEGES ET LYCEES CONCEPTION : JANINE

Mehr

Unheilbar krank und jetzt?

Unheilbar krank und jetzt? Unheilbar krank und jetzt? Wenn eine schwere Krankheit fortschreitet und keine Hoffnung auf Heilung besteht, treten schwierige Fragen in den Vordergrund: Wie viel Zeit bleibt mir noch? Wie verbringe ich

Mehr

POST MARKET CLINICAL FOLLOW UP

POST MARKET CLINICAL FOLLOW UP POST MARKET CLINICAL FOLLOW UP (MEDDEV 2.12-2 May 2004) Dr. med. Christian Schübel 2007/47/EG Änderungen Klin. Bewertung Historie: CETF Report (2000) Qualität der klinischen Daten zu schlecht Zu wenige

Mehr