Auswirkungen des Klimawandels auf Schadstoffbelastungen von Wasserstraßen
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- Rüdiger Kuntz
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1 Auswirkungen des Klimawandels auf Schadstoffbelastungen von Wasserstraßen Thomas Ternes, Michael Schlüsener, Lars Düster, Agnessa Luft, Rita Beel, Kathrin Bröder, Annkatrin Schmukat Übergeordnete Fragen Führt der durch den Klimawandel verursachte Anstieg der Außentemperaturen zu einer veränderten Schadstoffbelastung der Fließgewässer? Haben zunehmende Wassertemperaturen einen Einfluss auf das Sorptionsverhalten und die Freisetzung von Schadstoffen? Beeinflussen zunehmende Wassertemperaturen den biologischen Abbau von organischen Spurenstoffen?
2 Wassertemperatur des Rheins bei Koblenz von Wassertemperatur in C Maximaler Tagesmittelwert im Jahr Jahresdurchschnittstemperatur Quelle: Martin Keller, BfG Aufeinanderfolgende Tage mit Überschreitungen von 25 C und 27 C Referenz nahe Zukunft ferne Zukunft Quelle: Projekt Algen, Gewässergütemodellierung, BfG
3 Biozide - Anwendungsbereiche Biozide: Wirkstoffe/Zubereitungen, die Schadorganismen/Mikroorganismen abschrecken, inaktivieren oder zerstören biologisch aktive Substanzen Vier Hauptgruppen an Biozide Desinfektionsmittel und allgemeine Biozidprodukte Schädlingsbekämpfungsmittel Konservierungsmittel Bewuchshemmende Anstriche (z.b. Antifouling) Gesamtkonsum in Deutschland: ~ t (geschätzt nach Larsen et al. 21) Biozide und Klimawandel Erhöhter hter Biozideinsatz Erhöhter hter Biozideinsatz Erhöhter hter Biozideinsatz Kontinuierlicher Eintrag in die Gewässer Erhöhter hter Biozideinsatz
4 Zulauffracht des Biozids Terbutryn Kläranlage Koblenz 21 S CH CH H H CH Verteilungskoeffizient: Sediment/Wasser TOC Binnensediment: 4,% TOC Küstensediment:,4% Verteilungskoeffizient K d normierter Verteilungskoeffizient K OC K d = C s C W (L/kg) K OC = K d f OC (L/kg) 44 Biozide/Pestizide, Pharmaka, 1 Flammschutzmittel f oc = Anteil organischer Kohlenstoff log K d Substanz Binnen log K d Küste log K oc 4 C 2 C 6 C 2 C 2 C Binnen 2 C Küste Irgarol 1,6 1,5 1,6,7 2,9,1 Irgarol M1 1,2 1,1 1,1, 2,5 2,7 Terbutryn 1,5 1,5 1,6,7 2,9,1 Sorption ist vor allem abhängig vom organischen Kohlenstoffgehalt (TOC) Climbazol und kaum 2,8 von 2,8Temperatur und 2,2Salzgehalt 4,1 4,6 Triclosan 2,9 2,9 2,9 1,5 4, 4, Triclocarban,5,1, 2,5 4,9 4,7
5 Bioabbauexperimente nach OECD 8 Luft Wasser Sediment Testgefäß Konzentration µg/l 2, 1,5 1, c c e k biol, Zeit [d] t Dauer: 1 Tage (d) Probenahme:, ½, 1, 2, 4, 8, 16, 25, 5, 1 d Wiederholungen: Temperaturen: 4 C, 12 C, 2 C, 28 C Einfluss der Temperatur auf den biologischen Abbau Biozid Irgarol Konz. in µg/l 7, 6, 5, H C H C CH H S CH H Ersatzstoff von TBT in Antifouling-Anstrichen Photosynthese-Hemmer Toxisch für Algen und Crustaceen 4,, 2, 1, 2 C 28 C 4 C 12 C Zeit [d]
6 Abbau ist häufig unvollständig Beispiel: Biozide Irgarol & Terbutryn Photoabbau & biologischer Abbau S CH S CH CH H biotisch H C CH H Irgarol O S H CH UV [1,2] biotisch [] H Irgarolsulfoxid (ISO) CH H S CH H 2 De-isopropyl-Irgarol (M1) (Wasser/ Sediment) biotisch [4] CH CH H H CH Terbutryn O S biotisch CH H H CH Terbutrynsulfoxid (TSO) [1] Penuela et al. (2), Int. J. Environ. Anal. Chem., 78, [2] Sakkas et al. (22), J. Photochem. Photobiol. A-Chem., 147, [] Liu et al. (1997), Wat. Res., 1, [4] Miur et al. (1982), J. Environ. Sci. Health, B17, 6-8 Beprobung ausgewählter Zufüsse von Main und Rhein Frankfurt am Main Bieber Rodau Main 12 Mainz Rhine Schwarzbach 4 1 Gundbach 2.1 Geräthsbach 2.2 Hengstbach Kilometers 212 Kläranlagen: Zulauf & Ablauf Tagesmischproben über Tage Fließgewässer Stichproben über einen Zeitraum von 2 Wochen
7 Bildung von Transformationsprodukten (TPs) in kommunalen Kläranlagen, Juni 212 ng/l Irgarol Irgarolsulfoxid ng/l Terbutryn Terbutrynsulfoxid 4 Zulauf Zulauf Ablauf Ablauf 2 1 KA 1 KA 2 KA KA 4 KA 1 KA 2 KA KA 4 In KA werden Terbutrynsulfoxid und Irgarolsulfoxid gebildet Irgarolsulfoxid war teilweise auch im KA Zulauf nachweisbar achweis von Irgarol, Terbutryn und der TPs Zuflüsse von Rhein und Main, Juni 212 ng/l 4 Irgarol Irgarolsulfoxid M1 ng/l 12 Terbutryn Terbutrynsulfoxid 2 UQ (Max) UQ (JD) UQ (JD) Gerätsb. Bach Bieber Rodau Weschnitz Gerätsb. Bach Bieber Rodau Weschnitz Sulfoxide sind in Fließgewässern nachweisbar, und zwar um so höher je höher der Anteil an gereinigtem Abwasser ist. Die Summe der Konzentrationen von Ausgangssubstanz und TPs überschreiten die vorgeschlagenen UQ von 2,5 ng/l (Irgarol) und 65 ng/l (Terbutryn)
8 Veränderung der Schadstoffkonzentrationen Beispiel: Antidepressivum Venlafaxin 29 Deutschland Kanada Verbrauch [mg cap -1 a -1 ] Verbrauch [t a -1 ] O OH Steigender Verbrauch in Deutschland Jahr [t/a] Mind. 15%iger Anstieg der Verschreibungen für die nächsten Jahre prognostiziert (Gründe: Demographische Entwicklung, veränderter Lebensstil) Klimawandel: steigende Anzahl an Trockenperioden Maximal jährlicher Abwasseranteil des Rheins (Koblenz) Projektionen mit abnehmendem iedrigwasserabfluss in % Quelle: Enno ilson, BfG.
9 Modellierte Konzentration an Venlafaxin in Abhängigkeit vom Abwasseranteil in % (Abfluss des Rheins bei Koblenz in m³/s) ng/l 8 7% (1) 5% (18) 4% (2) % () 2% (45) 15% (6) 1% (9) 7% (1) 5% (18) 7 Concentration in water [ng/l] Rhein (Koblenz) Effektschwelle 22 Effektschwelle KLIWAS Statuskonferenz Year 21, 12./ , Berlin Beobachtete ökotoxikologische Effekte Quelle: Painter et al. Environ. Toxicol. Chem. 29, 28, Entwicklung einer sensitiven Methode zur Messung von Algentoxinen Algentoxine sind potentiell toxisch für das Ökosystem Simultane Bestimmung von 1 Toxinen innerhalb einer Stunde Large-volume -Injektion (9 µl), Bestimmungsgrenzen bis 1 ng/l Warnhinweise Gymnodimin SPX MC-RR Cylindrospermopsin Domoinsäure Anatoxin A OD MC-LY MC-YR MC-LA MC-LR MC-LW Algenblüte, Ostsee, Juli 25 MC-LF Retentionszeit
10 Havel-Probenahme (August 212) 5) Unterhalb Schleuse Spandau 4) Untere Havel (Pichelsdorfer Gemünd 1) Stößensee ) Untere Havel (Kladow) 2) Großer Wannsee Algentoxine in der Havel (Berlin, August 212) Sonnig, keine Algenblüte, Frühwarnung möglich [ng/l] Havel 1 Havel 2 Havel Havel 4 Havel 5 CY 6,7 4,8 6,7 7,1 15 MC-LR MC-RR ,5 2, MC-YR 42 < BG < BG < BG OD ,2 < BG < BG Summe MC-LR Havel 2
11 Algentoxine in Eluaten von Elbe- Hafensedimenten (Okt. 212) [µg/l Eluat] MC-LR in Probe CY < BG < BG < BG,19 MC-LA < BG < BG < BG,4 MC-LF < BG < BG 9,7 MC-LR,14,8 4,9 6 MC-LW < BG < BG,17,92 MC-LY < BG,4,16,8 MC-RR,68,46 5, 5 MC-YR,67,47 2,7 2 Summe,28 1, Schlussfolgerungen: Klimawandel und Schadstoffe Kein Einfluss der Wassertemperatur (4-6 C) auf Sorptionsverhalten von 87 Schadstoffen. Die Abbaugeschwindigkeit in Wasser/Sediment-Systemen nimmt von 4 C bis 2 C zu. Bei 28 C war für viele Schadstoffe ein Rückgang zu beobachten. Das «Verschwinden» einer Substanz ist für eine Bewertung nicht ausreichend, da sich häufig stabile TPs mit vergleichbarer/unbekannter Toxizität bilden. Algentoxine: empfindliche achweismethode, um frühzeitig deren Auftreten zu erkennen. Die Schadstoffbelastungen der Binnengewässer erhöhen sich geringfügig bei steigendem Abwasseranteil. Der erhöhte Einsatz von Stoffen wie Bioziden und UV-Stabilisatoren wird vermutlich zu einer stärkeren Erhöhung der Gewässerbelastungen führen.
12 Anpassungsoptionen Die Einführung der sog. 4. Reinigungsstufe (z. B. Aktivkohlefiltration) bei KA führt zu einer deutlichen Reduzierung der abwasserbürtigen Schadstoffe in den Fließgewässern. Bei der Zulassung von Produkten ist die Freisetzung von Stoffen und die Bildung von Transformationsprodukten bei erhöhten Temperaturen zu berücksichtigen. Ein Verbot bzw. eine Anwendungsbeschränkung von extrem toxischen Spurenstoffen ist nur in gut begründeten Ausnahmefällen umsetzbar. Dank Dank BfG Referate G, U (Probenahme Ostsee, Havel für finanzielle Unterstützung und Erstellung der Sedimenteluate) BMU, BMVBS
13 Einfluss der Temperatur auf den biologischen Abbau k biol, T verändert Tverän. T kbiol, T e k biol,t : Geschwindigkeitskonstante bei der Temperatur T [d -1 ] T: Ausgangstemperatur [ C] η: Temperaturkoeffizient [-], η =,1-,15 k biol,tverän. k biol,4 C Carbofuran Isoproturon η =.117±.1 Verdopplung der Abbaugeschwindigkeit T = 5,9 C 1 5 η =.74±.5 T = 9,4 C T=T verän. -T Einfluss der Temperatur auf das Abbauverhalten Wasser/Sediment-System (OECD 8) T [ C] Irgarol DT5 in Tagen Terbutryn Simazin DEET Isoproturon Monuron ,2 7,9 1 7, ,2 8 6, Salzwasser 2 C 4,7 5, DT5: 5% der Ausgangsverbindung sind nicht mehr nachweisbar
14 Untersuchte Substanzen bei den biologischen Abbauexperimenten Pharmaka () Antiepileptika: Primidon, Carbamazepin Analgetika: Tramadol Biozide/Pestizide (2) Herbizide: Propazin, Atrazin, Simazin, Terbutylazine, Irgarol, Terbutryn, Monuron, Diuron, Chloroxuron, Isoproturon Repellent: DEET Antibakterieller Wirkstoff: Triclosan, Triclocarban Fungizide: Thiabendazole, Tebuconazole, Propiconazole, Climbazole, Tridemorph, Fenpropimorph, Imazalil Insektizide: Carbofuran, Indoxacarb, Allethrin
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