Leitlinie Hypersalivation
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- Damian Schwarz
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1 publiziert bei: AWMF-Register Nr. 017/075 Klasse: S2k Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie Leitlinie Hypersalivation 1. Geltungsbereich 1.1 Begründung für die Auswahl des Leitlinienthemas Eine funktionelle Hypersalivation ist als begleitendes Symptom häufig zu finden bei Patienten mit schweren neurologischen Defiziten, trauma- oder tumor(-therapie)bedingten Defektstörungen im Kopf-Hals-Gebiet oder auch als pharmakologische Nebenwirkung in der Therapie mit Neuroleptika. Die deutliche Bandbreite der Genese und der vielgestaltigen Aspekte der Grunderkrankungen haben in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl an Studien zur Behandlung der Hypersalivation mit wenig belastbarem Evidenzniveau geführt. Dieses liegt unter anderem in der Schwierigkeit, an relativ inhomogenen Gruppen mit nur subjektiven Parametern die Ausprägung von Symptomen und Therapieerfolgen zu bewerten. Dieses führt zu einer unsicheren Situation in der klinischen Betreuung und bei der Auswahl des individuellen Therapieverfahrens sowie zu einer erschwerten Rechtfertigung von Behandlungsmaßnahmen bei den Kostenträgern. 1.2 Zielorientierung der Leitlinie Ziel dieser Leitlinie ist die Förderung einer qualitativ hochwertigen fachärztlichen Versorgung von Patienten mit Hypersalivation. Angestrebt wird eine sinnvolle Diagnostik und Therapie auf dem derzeitigen Stand fachlicher Kenntnisse. 1.3 Patientenzielgruppen und Versorgungsbereich Die Leitlinie wurde konzipiert für die Anwendung bei Patienten aller Altersgruppen im Rahmen der ambulanten und stationären fachärztlichen Versorgung. Seite 1 von 6
2 1.4 Anwenderzielgruppe Sie richtet sich daher im Speziellen an Fachärzte für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, für Phoniatrie und Pädaudiologie (Stimm-, Sprach- und kindliche Hörstörungen), für Psychiatrie und Psychotherapie, für Kinder- und Jugendheilkunde (Neuropädiatrie) und für Neurologie bzw. deren nachgeordnete Ärzte in der Weiterbildung. 2. Zusammensetzung der Leitliniengruppe 2.1 Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligte Berufsgruppen Die Inhomogenität der Betroffenen und die Vielgestaltigkeit der möglichen Optionen spiegelt die hohe Interdisziplinarität dieses speziellen Leitlinienthemas wider. Die Einbeziehung der vielen Berufsgruppen war daher bereits bei der Ersterstellung dieser Leitlinie notwendig. Im Leitlinienprozess waren beteiligt: Ärzte für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, für Phoniatrie und Pädaudiologie (Stimm-, Sprach- und kindliche Hörstörungen), für Psychiatrie und Psychotherapie, für Kinder- und Jugendheilkunde (Neuropädiatrie), für Neurologie, für Strahlentherapie und für Mund-, Kiefer, Gesichtschirurgie sowie Logopäden. 2.2 Repräsentativität der Leitliniengruppe: Beteiligung von Patienten Durch die Mitarbeit der Deutschen Parkinson-Vereinigung e. V. gelang es, die Patientenbelange zu dieser Thematik einzubringen. Bei der Inhomogenität der Betroffenen mit dem Symptom der Hypersalivation existiert keine spezifische Patientenvertretung. 3.Methodologische Exaktheit 3.1 Recherche, Auswahl und Bewertung wissenschaftlicher Belege (Evidenzbasierung) In der initialen Leitlinienrunde mit den Vertretern der beiden phoniatrischen Fachgesellschaften und der Dt. HNO-Gesellschaft wurden die zu bewertenden Schlüsselfragen festgelegt, die im Rahmen dieser Leitlinie erörtert werden sollten. Dabei ging es im Wesentlichen um die Erstellung von Unterkapiteln über die diagnostischen und therapeutischen Verfahren bei der Behandlung der Hypersalivation. Aufgrund des zu Beginn unterschätzten Interesses kamen im Laufe der Leitlinienerstellung weitere Fachgesellschaften hinzu. Explizit wurde jeder neu hinzugetretene Vertreter einer Fachgesellschaft dazu aufgefordert, die bisher existierenden Kapitel zu beurteilen und ggf. zu ergänzen. 3.2 Formulierung der Empfehlung und strukturierte Konsensusfindung Seite 2 von 6
3 Nachdem zunächst die Kapitel wie Ätiologie, diagnostische Maßnahmen oder die einzelnen Therapieansätze erarbeitet wurden, erfolgte die Zuteilung der Unterkapitel durch den Leitlinienkoordinator an die Vertreter der Fachgesellschaften, die am ehesten originär mit der entsprechenden Thematik beschäftigt sind. Deren Rückkopplung wurde vom Leitlinienkoordinator gesammelt und ggf. eigene Anmerkungen hinzugefügt. Daraufhin wurde diese Rohfassung allen Teilnehmern zur Kommentierung Anfang Juni 2011 versandt. Unter Moderation des AWMF fand am in der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde Kopf-Halschirurgie die Konsensuskonferenz statt. Teilgenommen haben: Prof. Dr. Orlando Guntinas-Lichius, Jena, Dt. HNO-Gesellschaft Prof. Dr. Wolfgang Jost, Wiesbaden, Dt. Parkinson-Gesellschaft PD Dr. Maria-Elke Schuster, München, Dt. Ges. Phoniatrie Pädaudiologie und Dt. Ges. Sprach-Stimmheilkunde PD Dr. Armin Steffen, Lübeck, Dt. HNO-Gesellschaft Dr. Susanne Steinlechner, Schleswig, Dt. Ges. Psychiatrie, Psychoth Nervenhlk Jan Winterhoff, Göttingen, Dt. HNO-Gesellschaft. Eine Konsenskonferenz ist notwendig, um bei gering vorhandener Evidenz Akzeptanz für eine Leitlinie zu erzeugen und die Verbreitung und Implementierung zu unterstützen. In Form eines Nominalen Gruppenprozesses wurden die Empfehlungen unter neutraler Moderation durch die AWMF verabschiedet. Der Ablauf gestaltete sich wie folgt: - Präsentation der zu konsentierenden Aussage bzw. Empfehlung - Stille Notiz: Welcher Empfehlung/Empfehlungsgrad stimmen Sie nicht zu? Ergänzungen oder Alternative? - Registrierung der Stellungnahmen im Umlaufverfahren und Zusammenfassung von Kommentaren durch den Moderator -Vorabstimmung über die Diskussion einzelner Kommentare und die Erstellung einer Rangfolge -Debattieren der Diskussionspunkte -Endgültige Abstimmung über jede Empfehlung und alle Alternativen => Schritte werden für jede Empfehlung wiederholt Seite 3 von 6
4 Aufgrund des S2k-Niveaus ist die formale Benutzung von Empfehlungsgraden und Evidenzlevel nicht möglich. Eine Bewertung der jeweiligen Maßnahmen kann nur über sprachliche Mittel (soll/sollte/kann) erfolgen. Die Teilnehmer des Konsensusverfahrens entsprechen den Autoren der Leitlinie. Die Klassifikation der Konsensusstärke wurde anhand der folgenden Tabelle festgelegt 1 : starker Konsens Konsens mehrheitliche Zustimmung kein Konsens Zustimmung von über 95% der Teilnehmer Zustimmung von über 75%, aber nicht mehr als 95% der Teilnehmer Zustimmung von über 50%, aber nicht mehr als 75 der Teilnehmer Zustimmung von weniger 50% der Teilnehmer Von Herbst 2011 und Frühjahr 2012 erfolgte die Kommentierung der Leitlinie durch das Ressort Leitlinien des Deutschen Bundesverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.v., den Deutschen Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie e.v., den Deutschen Bundesverband für Logopädie e.v., den Arbeitskreis Botulinumtoxin und den Bundesverband Deutscher Nervenärzte e. V. Im Frühjahr erfolgte der Zutritt der letzten Leitlinienteilnehmer, der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie e.v., welche ihrerseits Vorschläge einbrachten. 4. Externe Begutachtung und Verabschiedung Eine Pilottestung kann bei dieser Leitlinie nicht sinnvoll durchgeführt werden aufgrund der Inhomogenität des Patientenkollektivs und der zu geringen Fallzahl innerhalb eines sinnvollen Zeitabschnitts. Nach den Beiträgen aller teilnehmenden Fachgesellschaften und den oben erwähnten Kommentierungen durch die Berufsverbände erfolgte im Juli 2012 die Vorlage der Endversion bei den zuständigen Gremien der teilnehmenden Fachgesellschaften. Am ging die letzte, noch ausstehende Zustimmung einer Fachgesellschaft ein. Bis auf kleinere Formulierungsänderungen ergaben sich insgesamt keine weiteren inhaltlichen Veränderungen des Leitlinientextes. 5. Redaktionelle Unabhängigkeit 5.1 Finanzierung der Leitlinie Die entstandenen Aufwendungen für die Räumlichkeiten und Bewirtung während der Leitlinienkonferenz am wurden von der Deutschen Gesellschaft für HNO- Seite 4 von 6
5 Heilkunde e.v. übernommen. Die Kosten für die Moderation und Reise wurden nachträglich durch die Gemeinnützige Sparkassenstiftung zu Lübeck übernommen. Es besteht weder eine inhaltliche noch organisatorische Einflussnahme. 5.2 Darlegung von und Umgang mit potentiellen Interessenskonflikten Von allen Leitlinienautoren wurde eine Erklärung bezüglich potentieller Interessenskonflikte gemäß des AWMF-Formbogens gefordert; fehlende Rückmeldung mit mehrfachen Erinnerungen schlossen von der Autorenschaft aus. Im Zusammenhang mit dem Leitlinienthema ist insbesondere die finanzielle Förderung durch Firmen auffallend, die Botulinumtoxin herstellen und vertreiben, z. B. Fa. Allergan oder Merz. Keiner der betroffenen Autoren gab jedoch versuchte oder durchgeführte Einflussnahme dieser Firmen an. Unter der weiteren Berücksichtigung, dass Botulinumtoxin keine Zulassung für die Hypersalivation hat und keine Bestrebung für ein Zulassungsverfahren der Firmen erkennbar sind, so ist an dieser Stelle kein wesentlicher Interessenskonflikt, auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten absehbar. Diese Aspekte wurden unter den Leitlinienteilnehmern diskutiert, da jedoch keine Befangenheitsmeldungen gab und dieser Konflikt für nicht relevant eingestuft wurde, wurde kein Teilnehmer von der Abstimmung ausgeschlossen. 6. Verbreitung und Implementierung 6.1 Konzept zur Verbreitung und Implementierung Die Implementierung dieser speziellen Leitlinie soll bei den Fachtagungen der beteiligten Fachgesellschaften vorgetragen und zur Diskussion gestellt werden. Es ist eine Publikation in einer Fachzeitschrift angestrebt, die in Medline gelistet ist, um auf diesem Wege eine leichte Verfügbarkeit zur erreichen. Die Erstellung der Leitlinie hat die sehr breite Interdisziplinarität gezeigt, welche in der Erstfassung noch unzureichend durch die Beteiligung von entsprechenden Fachgesellschaften abgebildet ist. Die zukünftige Aktualisierung soll dem Rechnung tragen und auf diesem Wege zu einer Verbreitung führen. 6.2 Diskussion möglicher organisatorischer und/oder finanzieller Barrieren gegenüber der Anwendung der Leitlinienempfehlung Organisatorisch und finanziell gibt es hinsichtlich der diagnostischen Empfehlungen keine wesentlichen Bedenken. Grundsätzlich wird die Videofluoroskopie technisch nicht in allen radiologischen Abteilungen durchgeführt, jedoch werden hierzu in der Leitlinie Alternativen bzw. ergänzende Untersuchungstechniken genannt. Ebenso wie die Behandlung mit Botulinumtoxin sind fast alle in der Leitlinie diskutierten medikamentösen Therapieansätze in der Off-label-use-Situation, weshalb von den Kostenträgern eine Stellungnahme des behandelnden Arztes/Ärztin gefordert wurde, um die Seite 5 von 6
6 Wertigkeit der vorhandenen Behandlungsoptionen bei Patienten mit Hypersalivation besser einschätzen zu können. Hierfür kann zukünftig besser auf die nun erstellte Leitlinie verwiesen werden. 6.3 Messgrößen für das Monitoring: Qualitätsziele, Qualitätsindikatoren Bislang haben alle Vertreter der beteiligten Fachgesellschaften ihr Interesse zur Mitwirkung bei der Leitlinienaktualisierung zugesagt. Es wird bei der nächsten Aktualisierung die Erfahrung unter Anwendung dieser Leitlinien und aus der Diskussion mit behandelnden Kollegen erwartet. Aufgrund der bei diesem Symptom sehr eingeschränkten Messinstrumente können klassische Qualitätskontrollen nicht sinnvoll durchgeführt werden. 7. Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren Die letzte inhaltliche Überarbeitung erfolgte am Die Gültigkeitsdauer ist für 5 Jahre festgelegt. Für 2015 ist die nächste Aktualisierungsrunde vorgesehen, die durch die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde Kopf-Halschirurgie e.v. als initiierende und koordinierende Gesellschaft der Leitlinienersterstellung übernommen wird.. Die Erfahrung bei der Ersterstellung zeigt, dass mit laufenden Verfahren noch mehrere Fachgesellschaften mit eingebunden werden konnten. Dieser Effekt ist ebenfalls zukünftig erwartet, z. B. die Fachvertreter aus dem Bereich der neurologischen Rehabilitation bzw. Palliativmedizin, weshalb ein größerer Zeitrahmen als bisher angedacht werden muss. Erstellungsdatum: 01/2013 Nächste Überprüfung geplant: 01/2018 Die "Leitlinien" der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Die "Leitlinien" sind für Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung. Die AWMF erfasst und publiziert die Leitlinien der Fachgesellschaften mit größtmöglicher Sorgfalt - dennoch kann die AWMF für die Richtigkeit des Inhalts keine Verantwortung übernehmen. Insbesondere bei Dosierungsangaben sind stets die Angaben der Hersteller zu beachten! Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie Autorisiert für elektronische Publikation: AWMF online Seite 6 von 6
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