Es gilt das gesprochene Wort!

Transkript

1 Es gilt das gesprochene Wort! Rede von Herrn Oberbürgermeister Fritz Schramma anlässlich der Gedenkveranstaltung der Stadt Köln zum 40. Todestag des Kölner Oberbürgermeisters und ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland Konrad Adenauer am 19. April 2007, Historisches Rathaus, Piazzetta Sehr geehrte, liebe Familie Adenauer, sehr geehrter Herr Professor Morsey, meine Damen und Herren, heute, am 19. April 2007, jährt sich zum vierzigsten Mal der Todestag Konrad Adenauers. Mit ihm starb ein Mann, der nicht nur die Geschicke Europas und der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich geprägt hat. Es starb vor allem ein Kölner Oberbürgermeister, der die entscheidenden Jahre in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geprägt hat, wie kein anderer. Von 1917 bis 1933 war Konrad Adenauer Oberbürgermeister dieser Stadt. Seine Ära fiel in das letzte Jahr des Ersten Weltkrieges, umspannte die sog. Goldenen Zwanziger mit ihren erheblichen wirtschaftlichen und sozialen Problemen und endete abrupt mit der drohenden Verhaftung und Zwangsabsetzung durch die Nationalsozialisten. Vieles von dem, was er für Köln geplant und vorgedacht hat, prägt die Domstadt bis heute. An dieser Stelle möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren, Herrn Professor Rudolf Morsey, emeritierter Professor für neuere Geschichte an der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer, vorstellen, den wir für den Festvortrag zu Leben und Wirken Konrad Adenauers gewinnen konnten und den ich hiermit herzlich begrüße. 2

2 2 Zudem heiße ich ebenso herzlich willkommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der sich daran anschließenden Podiumsdiskussion. Wir freuen uns auf einen interessanten Abend mit Ihnen. Meine Damen und Herren, der Versuch, das lange und wechselvolle Leben Konrad Adenauers in einem Grußwort auszuloten oder auch nur beschreiben zu wollen, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Zu groß ist die Menge zeitgeschichtlicher Quellen, zu umfangreich alleine seine mehrbändigen Erinnerungen und geradezu unüberschaubar ist die historiographische Literatur über ihn geworden. Dies liegt natürlich zum einen in seiner Person selbst begründet. Denn als scharfsinniger homo politicus mit einer Vielzahl von Ämtern und Positionen war Konrad Adenauer eben ein Mann von großem Gestaltungswillen auf allen politischen Ebenen von der Kommune über das Land bis hin zum Reich und zum Bund. Andererseits ist seine herausragende Bedeutung als Person der Zeitgeschichte in der Tatsache begründet, dass sein langes Leben mehrere Epochen der Deutschen Geschichte überspannt hat. Konrad Adenauer wurde geboren in einer Epoche, in der Jules Verne die Reise zum Mond ersann und er starb in einer Zeit, in der diese Vision Wirklichkeit wurde. Während seiner Lebenszeit kamen und gingen nicht weniger als 24 deutsche Reichs- und Bundeskanzler - von Bismarck bis Kiesinger. Von dem Fieber der Gründerzeit des im Jahre 1871 auf Blut und Eisen gegründeten Deutschen Kaiserreiches war im Hause des Kölner Kanzleirates Adenauer nicht viel zu spüren. Sohn Konrad musste mit seinem älteren Bruder in einem Bett schlafen und zog Reihfäden aus Wachstuchschürzen, die seine Mutter in Heimarbeit nähte. Der Gymnasiast schwärmte von stiller Zukunft als Notar auf dem Lande. Doch er blieb der Stadt erhalten und betrat bereits in jungen Jahren das politische Parkett. 3

3 3 Dä Adenauer is uns allen över, rühmten rheinische Honoratioren den gefuchsten Assessor, der mit 30 Jahren Beigeordneter der Stadt Köln, mit 41 Oberbürgermeister mit 44 Präsident des Preußischen Staatsrates und mit 50 Jahren beinahe Reichskanzler - Stresemanns Volkspartei verhindert es - wird. In der Tat war diese steile Karriere durch zwei spezifische Faktoren begünstigt: Da wäre zunächst seine ausgeprägte Fähigkeit zu konzeptionellem Denken im Zusammenhang mit der schnellen Erfassung und Lösung komplizierter juristischer Sachverhalte. Hinzu kam die besondere Konstruktion der rheinischen Kommunalverfassung, die dem Oberbürgermeister eine herausgehobene Stellung gab. Nicht nur als Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, sondern auch als unumschränkte Chefs der Verwaltung erlangten die Oberbürgermeister der rheinischen Städte weitgehende Gestaltungsvollmacht. Diese Macht wusste Adenauer gerade in einer Zeit des Neuaufbaus der kommunalen Einrichtungen infolge der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturänderungen nach dem Ersten Weltkrieg überaus nutzbringend für Köln einzusetzen. Für ihn, den Frühaufsteher und intensiven Arbeiter, war klar, dass Fortschritt und Wohlstand nur durch solide Berufstätigkeit zu erreichen seien. Doch dazu hatten in Zeiten wirtschaftspolitischer Unsicherheit und des Verfalls der Währung nur wenige Menschen eine Chance. Adenauers erste Sorge galt deshalb der Industrieansiedelung im Norden Kölns sowie dem Ausbau der Häfen und Werke, um die Versorgung mit Energie und Rohstoffen zu gewährleisten. Der Bau der Messe sollte dem traditionsreichen Kölner Handel neue Impulse geben. Die Mülheimer Brücke, die neue Kraftwagenstraße nach Bonn und die Anlage eines Verkehrsflughafens im Norden sollten den Anschluss Kölns an Nah- und Fernziele verbessern. 4

4 4 Dies waren langfristig ausgerichtete Großprojekte mit hohem finanziellem Aufwand und entsprechendem Risiko - und dies alles in außen- wie auch innenpolitisch schwierigen Zeiten. Vor diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund bekommen Adenauers Aktivitäten auf dem Gebiet der Kultur umso größere Bedeutung. Welche deutsche Großstadt etwa gründete schon wenige Monate nach dem Ersten Weltkrieg eine eigene städtische Universität und betrieb diese dann auch finanziell? Die gleiche Frage könnte man stellen im Hinblick auf die Gründung der Hochschule für Musik, der Werkschulen und des Rheinischen Museums. Nicht zu vergessen die Jahrtausendausstellung im Jahr 1925 und die Pressa von Adenauer stellte sich diesen Aufgaben. Denn er war der festen Meinung, dass nur ein durch Bildung, Kultur und Tradition begründetes geistiges Fundament auch die Gewähr für politisch-gesellschaftliche Stabilität bieten könne. Dem gewieften Taktiker Adenauer gelang es sogar, den WDR nach Köln zu holen und erstmalig Düsseldorf damit auszubooten. Adenauer war auch in dieser Hinsicht ein echter Kölner, der nie seine Herkunft aus einer Stadt mit langer historischer Tradition und einer freiheitlichen, bürgerschaftlichen Stadtverfassung vergaß. Meine Damen und Herren, die Stadt Köln weiß, was sie ihrem ehemaligen Oberbürgermeister Konrad Adenauer zu verdanken hat. Sie hat ihm daher am 4. Januar 1951 das Ehrenbürgerrecht verliehen, die höchste Auszeichnung, die unsere Stadt zu vergeben hat. Zu seinem 100. Geburtstag im Jahre 1976 würdigte die Stadt Köln ihren früheren Oberbürgermeister mit einer Ausstellung und einer umfangreichen historischen Studie über seine Amtszeit als OB, an denen unser Historisches Archiv maßgeblich beteiligt war. 5

5 5 Zudem hat die Stadt Köln im Jahr 2002 den Konrad-Adenauer-Preis zum Gedenken an ihren Ehrenbürger gestiftet. Im Rhythmus von zwei Jahren würdigt die Stadt Köln mit diesem Preis herausragende Persönlichkeiten, die sich ähnlich wie Konrad Adenauer in besonderem Maße um die Entwicklung einer lebenswerten Großstadt, die Stärkung der Kommunalen Selbstverwaltung und die Förderung der europäischen Integration verdient gemacht haben wurde die Auszeichnung erstmals an Raymond Barre vergeben, dessen Vita als Bürgermeister von Lyon, Premierminister Frankreichs und Vizepräsident der Europäischen Kommission bemerkenswerte Parallelen zur Biographie Adenauers aufweist. Im vergangenen Jahr wurde nun der Rumänische Staatspräsident und vormalige Bürgermeister von Bukarest, Traian Băsescu geehrt. Nun, zum 40. Todestag von Konrad Adenauer hat die Stadt Köln diese Gedenkveranstaltung organisiert wir werden gleich einen Film mit Auszügen aus den wichtigsten Stationen der Amtszeit Konrad Adenauers als Oberbürgermeister sehen, der in den reichen Filmbeständen unseres Historischen Archivs liegt. Das Stadtarchiv hat auch die kleine Ausstellung zusammengestellt, die Sie im Anschluss an die Podiumsdiskussion erwartet. Dies alles zeigt die tiefen Spuren auf, die Konrad Adenauer in unserer Stadt hinterlassen hat. Allen, die zur Realisierung der Gedenkveranstaltung beigetragen haben und dies heute Abend noch tun, danke ich im Namen der Stadt Köln ganz herzlich. Möge diese Veranstaltung einen Beitrag dazu leisten, dass wir die Bedeutung der Städte, die Bedeutung Europas, vor allem aber die Bedeutung von Freiheit und Demokratie immer zu schätzen wissen. Und möge der Geist von Konrad Adenauer noch lange in unserer Stadt weiterleben. Ich darf nun Herrn Professor Rudolf Morsey für den Festvortrag auf die Bühne bitten.