Frauenskippertraining SY Amely

Transkript

1 Frauenskippertraining SY Amely Rund Rügen gegen die Uhr Segeln mit Herz Seite 1 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /

2 Samstag 13. Mai Ich sitze im Hafen von Breege/ Rügen, in der Ostseeperle von Marcus und lasse mir gerade zwei Matjesbrötchen schmecken. Den Vormittag über bin ich Thomas zur Hand gegangen beim Auftakeln einer nagelneuen Hanse 430. Da konnte ich für meinen Job als Skipperin wieder ein paar Dinge dazu lernen. Bis um 1400 kann ich das auch noch weiter machen. Dann werde ich meine Teilnehmerinnen vom Skippertraining für Frauen an Bord der SY Amely, einer neuen Bavaria 32 cruiser erwarten Die ersten beiden sind da. Katrin, mittelgroß und wirkt drahtig, erscheint mir zurückhaltend. Sie kennt das Segeln seit Ihrer Kindheit. Sie möchte in erster Linie Hafenmanöver und Navigieren üben. Angela, groß und sportlich, ist offener. Sie segelt meist in den Niederlanden am Ijsselmeer, wünscht sich mehr Erfahrung bei Schwerwetter. Ich helfe Ihnen die Taschen an Bord zu bringen und quartiere die Beiden im Bug ein. Da Sie gemeinsam eintrafen vermutete ich Sie kennen sich schon länger. Zehn Minuten später kommt Andrea. Ebenfalls mittelgroß und auch sportlich, jedoch deutlich ruhiger als die beiden anderen Frauen. Andrea wird zu mir in die Achterkabine ziehen. Sie möchte gern alles ausprobieren und viel lernen. Damit sind wir komplett an Bord. Ich schicke meine Mädels auch baldmöglichst Einkaufen und Ihre Auto parken, damit wir heute noch einen Schlag nach Ralswiek schaffen können Einkaufen und der wichtigste Teil der Schiffs und Sicherheitseinweisung sind erledigt. Wir laufen aus. Der Wind kommt mit 4 bis 5 Windstärken aus Süd. Es könnte also ein Kreuzkurs über den Jasmunder Bodden nach Ralswiek werden Nach kurzer Rücksprache mit Katrin, beschließen wir schon an Tonne Br6 die Fock zu setzen und erst einmal nur unter der Fock zu segeln. Der Wind steht günstig dafür. Er kommt nun eher aus West, immer noch um die fünf Windstärken, in Böen leicht drüber. Kurz darauf ist der Motor aus, wir segeln im Fahrwasser, auf Sicht nach Süden. Die Amely kommt dabei auf fast 6 Knoten, obwohl die Fock noch ein wenig gerefft ist. Als der Wind gegen 1900 nachlässt reffen wir komplett aus. Erst direkt vor dem Hafen von Ralswiek nehmen wir das Segel weg und laufen unter Maschine ein. Katrin, die schon in Breege ausgelaufen war, übernimmt nun auch den Anleger. Um 2020 sind wir fest in Ralswiek. Leider treffen wir keinen Hafenmeister mehr an. So bestellen wir uns im Restaurant-Cafe Riff erst einmal vier heiße Schokoladen. Danach gibt es ein ausgiebiges Willkommensessen in diesem guten Lokal. Von Wolfgang Lippert, dessen Frau das Lokal führt, ergattere ich noch eine Widmung in meinem Logbuch und eine Autogrammkarte für meinen Schatz. Um 2330 ist das endlich Ruhe im Schiff. Seite 2 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /

3 Sonntag, 15. Mai Die ersten Sonnenstrahlen kitzeln in meiner Nase und treiben mich dann irgendwann aus dem Schlafsack. Da der Hafenmeister erst gegen 0900 kommen wird, muss ich an Bord die Toilette nutzen. Dann ziehe ich los einen offenen Bäcker zu finden. Leider ohne Erfolg. So bleibt es dann bei Broten zum Frühstück. Auf meiner Tour durch den Ort kann ich die Festspielkoggen noch an Land besichtigen. Ab Juni werden sie wieder die Piratenschiffe von Claus Störtebecker und Michael Gödecke, aber auch die Schiffe der anderen Parteien darstellen Wir sehen uns den Ölstand, den Seewasserfilter, Bilgen, Keilriemen, Seeventile und auch die nautischen Instrumente an. Damit ist die restliche Schiffs und Sicherheitseinweisung abgeschlossen. Danach gehen wir alles erst einmal ausgiebig duschen Wir verlassen Ralswiek. Katrin, als Skipper of the Day, fährt den Ableger und leitet auch das Segel setzen. Der Wind kommt mit guten 4 Beaufort aus WNW, ein wenig frischt er auch noch auf Wir sind unter einfach gerefftem Groß und Genua unterwegs zur Tonne Wall, KaK 350. Von dort mit 325 zum Fahrwasser. Auch wenn nicht die Sonne scheint, es schüttet zumindest nicht mehr so, wie gestern auf der Hinfahrt Am Beginn des Tonnenstriches nach Breege rollen wir die Segel weg und starten die Maschine. Ich lasse Katrin fahren und will ein paar Würstchen warm machen als der Motor das qualmen beginnt. Also Motor aus, das bei Seitenwind im Tonnenstrich. Wir rollen die Segeln wieder aus und versuchen einen Anlieger zu fahren. Zum Kreuzen ist nicht wirklich viel Platz. Leider drückt uns der Wind nördlich der Tonnen 45/46 am kleinen Ort, ins Flach. Wir sitzen fest. Ein klein wenig weiter nördlich wären wir super durch gekommen. Auch das Dichtholen der Segel bringt nix, wir kommen allein nicht mehr raus Die Retter der DGzRS sind zum Abschleppen da. Wegen des Motorschadens werden wir nach Breege eingeschleppt Wir sind fest am Steg in Breege. Die Ursache, eine defekter Impeller ist schnell gefunden. Der Einbau des neuen Impellers ist fix gemacht. Jetzt noch ein Testlauf und als der Motor nun wieder problemlos läuft, dürfen wir auch bald wieder auslaufen. Seite 3 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /

4 Breege liegt im Heckwasser. Wir fahren unter Maschine, gegen den Wind, nach Vitte. Penibel werden Tonnen abgehakt und der Kurs gehalten. Zwischen Hahnentief und der Fahrrinne zur Ostsee am Neubessin ist eine riesige Sandbank. Die Bodden haben definitiv weniger Wasser als in der Karte vermerkt Wir liegen im Kommunehafen von Vitte. Außen im Päckchen. Unsere Innenlieger möchten am kommenden Morgen um 0800 auslaufen. Das ist jedoch für uns kein Problem. Der Hafenmeister ist noch da und zeigt uns die Toiletten. Montag, 16. Mai Es ist 0845 als unsere Nachbarn klopfen, sie wollen los. Also starten wir die Maschine und lassen Sie raus. Danach üben wir noch Anleger am Steg, gehen Einkaufen bevor wir uns für die fahrt nach Stralsund warm uns trocken einpacken Andrea fährt uns aus dem Hafen. Es folgen 215 Minuten konzertiertes Steuern in den teilweise engen Fahrwassern. Damit mir meine Steuerfrau nicht abhanden kommt, wird Sie an die Leine gelegt Wir liegen am Steg 8 in der Citymarina von Stralsund. Das Dusch- und Toilettenhäuschen ist knapp 25m entfernt. Leider umsonst, es wird erst am 01. Juni in Betreib genommen. Wir müssen bis zum Steg 1 zum Hafenmeister wenn wir duschen wollen. Der Hafenmeister ist zwar sehr devot, aber nicht wirklich hilfsbereit Wir sitzen in einem schönen Cafe von Stralsund und genießen wirklich guten Kaffee und Kuchen. Der Regen draußen ist nicht sehr einladend zum spazieren gehen. Dennoch gehen die Mädels noch eine Runde, während ich mich zum kochen am Bord verdrücke Alle satt und geduscht. Der Abend vergeht mit schönen Gesprächen und einer Flasche Hiddenseer Sanddornlikör. Früh gehen wir heute schlafen. Morgen folgt eine längere Etappe nach Seedorf, oder Gager. Außerdem müssen wir wegen der Brückenöffnung um 0820 früh raus. Dienstag, 17. Mai 2011, Nach einer ruhigen und erholsamen Nacht, geht es ans Kaffee kochen, während Andrea frische Brötchen holt. Während Angela, SkotD sich um die Vorbereitungen fürs Ablegen kümmert, waschen Katrin und Andrea noch fix ab. Dann geht s auch schon, auf Michelinmädchenart, an Deck. Seite 4 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /

5 Wir legen ab und tuckern gemütlich zur Ziegelgrabenbrücke. Natürlich wieder im regen. Wind circa 3 Windstärken aus Südwest. Pünktlich um 0820 geht die Brücke auf und wir können durch. Direkt dahinter setzen wir die Segel. Es könnte wirklich schön sein. Leichter Wind, wenig Verkehr, nur - es ist so verdammt Nass! Knapp eine Meile vor uns ist eine Elan 368 unterwegs. Monis Ehrgeiz ist geweckt. Wir vergrößern ein wenig die Segelfläche und holen nach gut einer Stunde die Elan ein, bald bleibt sie in unserem Kielwasser zurück. Ok, die Segeln nur mit der Genua, aber ein cooles Gefühl ist es dennoch. Danach übernehmen Katrin und Angela und steuern Raumschots bei teilweise 6 Windstärken über den Greifswalder Bodden. Inzwischen haben wir auch wieder gerefft. Heute bekommt Angela ein wenig Starkwindtraining. Andrea kümmert sich derweil tapfer um die Navigation Wir sind fest in Gager. Eine ausgiebige, nicht zeitbegrenzte, Dusche ist so ziemlich das erste was sich vier halbwegs durchgefrorene Frauen gönnen. Dann Kaffee und Kuchen. Als die Sonne rauskommt und der Regen aufhört wird Frischwasser gebunkert und die Wäsche zum trocknen rausgehängt. Abends geht es dann zum Essen im Spezialitätenrestaurant direkt im Hafen. Seite 5 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /

6 Mittwoch, 18. Mai 2011, Hafenmanöver in Gager. Vorwärts und Rückwärts anlegen, Drehen auf engem Raum. Vorher Motorcheck, Ölstand, Besprechung der Notbedienung des Motors Wir verlassen den schönen Hafen und beginnen die Fahrt nach Lohme. Wind? Anfangs 3 Windstärken aus Südwest, später eventuell noch eine An Tonne Zicker, Maschine aus, Segel hoch ,8 N ,5 E - der Wind ist fast weg. Wir versuchen uns im Leichtwind-Kaffee- Segeln. Mit dem Bootshaken baumen wir die Genua aus. Katrin und Andrea lesen, Angela döst, Moni versucht zielgerichtet zu treiben. Immerhin regnet es nicht. Die Sonne wärmt auch durch die leichte Stratusbewölkung, T-Shirt-Segeln. Auch schön. Katrin verwöhnt uns mit einem Cappuccino Wir stehen. Da wir noch nach Lohme wollen, oder müssen, muss nun die Eisenfock schieben Wir stehen an Tonne Landtief A. Kurs Wind! Wenn auch nur 2 Windstärken. Da wir der Maschine weniger trauen als den Segeln. Motor aus, Segel raus. Diesmal setzen sich Angela und Katrin hinters Steuer. Andrea hat die Navigation übernommen Der Wind ist weg. Nun tuckern wir langsam unter Maschine nach Lohme. Der Himmel ist bedeckt, es ist kühler geworden. Kaltfrontaufzug? Lyngby-Radio und die Polen geben eine Near-Gale- Warning auf Kanal 16 heraus. Komischer geographischer Kontext, wir haben keinen Wind. Von deutscher Seite nix Fest in Lohme. Der Hafenmeister ist noch da. Die Arbeiten an der Abrutschkante sind beeindruckend. Ein wenig sogar beängstigend, wenn man sieht wie nah die Bagger am Abgrund arbeiten. Mich freut es, das in Lohme gearbeitet wird. Ich mag dieses Hafen sehr gern und würde es bedauern, wenn Lohme nicht zu halten wäre. Abends gehen wir zügig zum Restaurant Daheim. Die Mädels sind von den Portionen beeindruckt. Wir sitzen nach der Rückkehr noch länger im Cockpit und genießen die Stille. Kurz vor Mitternacht gehen die letzten schlafen. Seite 6 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /

7 Donnerstag, 19. Mai 2011, Wind aus West bis Südwest, mit 3 bis 4 Windstärken. Direkt hinter dem Hafen setzen wir die Segel mit Kurs Kap Arkona. Angela skippert, Katrin navigiert. Heute steht auf dem Lehrplan: Kreuzen und Weg nach West gut machen, Ausguck bei schlechterer Sicht, Navigation auf See. Regelmäßig wird die Steuerfrau gewechselt. So kann sich jede im Steuern üben. Katrin, als erfahrene Seglerin übernimmt die Aufsicht, so kann sich Moni für ein Stündchen zurück ziehen und Büroarbeiten erledigen ,2 N ,6 E. Es ist wieder eine Wende fällig. Nachdem wir bisher wenig Weg nach West gut machten, haben wir beschlossen weiter raus zufahren. Der neue Kurs von 210 kann uns jedoch an der Nordküste Rügens vorbei bringen Wir passieren das Tonnenpaar 1/2 des Hiddenseefahrwassers, am Libben. Unter Segeln geht es weiter nach Wiek. Allerdings lässt der Wind stetig nach Tonnenpaar W5a/6a. Motor an, Segel weg, es ist zu wenig fahrt im Schiff um sicher in den Fahrwassern voran zu kommen Wir liegen in Wiek. Ein wunderschöner Segeltag ist zu Ende. Wir sind uns einig, es war der schönste. Seite 7 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /

8 Freitag, 20. Mai 2011, Spät ist es heute geworden. Nach einem guten Essen und viel Geschnack, gingen wir auch später in die federn. So zog sich alles hin. Nach dem Frühstück noch einmal Bootstechnik, dann Hafenmanöver satt. Katrin versucht es auch Doublehandmanöver, klappt richtig gut Wir verlassen Wiek. Schön ist es hier. Guter Hafen zum üben. Beim Auslaufen kommt uns noch der Weihnachtsmann, jedenfalls sah der Skipper so aus, auf seiner Ketsch entgegen. Die Fahrwasser nach Breege ziehen sich. Und so wird es eine stille Motorfahrt, bei Null Wind. Nah am Fahrwasser stehen dicht an dicht, Angler. Teilweise ankern die sogar mitten im Fahrwasser. Vertieft über Ihrem tun. Wir hupen sie aus dem Weg Wir haben getankt, 31,4 Liter Diesel. Nun liegen wir am Steg und lassen die letzte Woche Revue passieren. 191 Seemeilen liegen hinter uns, etwas mehr als die Hälfte konnten wir segeln. Viele Erfahrungen und Lehren gab es in dieser Woche. Und Spaß hatten wir auch, richtig viel. Nur die Sonne, die hatte sich zu sehr zurück gehalten. Wir hätten wohl doch den Göttern ein Opfer bringen sollen ;). Ich danke Katrin F. und Andrea F. für die zur Verfügung gestellten Bilder. Seite 8 von 8 Monica F. Jüptner- M² - Segeln mit Herz /