Merkmale und Klassen in der Phonologie

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1 Merkmale und Klassen in der Phonologie Dieser Text ersetzt Kapitel 4 aus unserem Lehrbuch (Hall 2011: ) bzw. sollte in vor diesem gelesen werden. Sehen Sie auch die Videos zu distinktiven Merkmalen, die auf der Webseite verlinkt sind, in denen Sie auch etwas über die historische Entwicklung distinktiver Merkmale erfahren. Einleitung Wenn wir uns über zwei oder mehrere Objekte unterhalten, beziehen wir uns ganz automatisch auf deren Eigenschaften, um sie zu beschreiben oder miteinander zu vergleichen. Wir könnten z.b. sagen, dass Krähen schwarz sind und Gänse weiß, dass ein Fußball rund ist und ein Rugbyball oval (genauer: rotationselliptisch), dass eine Klarinette normalerweise aus Holz ist und eine Posaune aus Metall usw. usf. In all diesen Fällen machen wir Aussagen, die sich auf die unterschiedliche Ausprägung eines beiden Objekten gemeinsamen Attributes beziehen: sowohl Krähen als auch Gänse haben eine Farbe, sowohl Fußals auch Rugbybälle haben eine Form, sowohl Klarinetten als auch Posaunen sind aus einem bestimmten Material. Der Unterschied besteht in der jeweiligen Beschaffenheit dieses Attributes. Attribut und spezifische Ausprägung stellen ein Merkmal des fraglichen Objektes dar, was man gut in Form eines sog. Objekt-Attribut-Wert-Tripels 1 notieren kann: Merkmal Objekt Attribut Wert Krähe schwarz Farbe Gans weiß Fußball rund Form Rugbyball oval Klarinette Holz Material Posaune Metall Abbildung 1: Objekt-Attribut-Wert Tripel 1 Verallgemeinert gilt also folgendes: Objekte sind entweder physische Entitäten oder begriffliche Einheiten, Attribute sind allgemeine Eigenschaften, die mit Objekten assoziiert werden. Form und Farbe sind beispielsweise typische Attribute physischer Objekte, der Wert eines Attributs kennzeichnet dessen spezifische Beschaffenheit oder Ausprägung. Zusammengenommen beschreiben Attribut und Wert ein Merkmal des Objekts. Das ist eine engere Auslegung des Wortes»Merkmal«, als sie vielleicht in der Alltagssprache vorgenommen wird, wo»merkmal«häufig synonym zu»attribut«verwendet wird. Die Attribute haben dabei den Status des sog. Tertium Comparationis (das Dritte des Vergleichs): zwei Dinge werden immer beschrieben und verglichen mit Bezug auf ein Drittes, das beide gemeinsam aufweisen. 2 Bei so eindeutigen Fällen wie in Abbildung 1 bleibt das Attribut allerdings oft ungenannt, da die Werte für sich selber sprechen: wenn wir, wie oben, sagen, dass Krähen schwarz sind oder Posaunen aus Metall, ist klar, dass damit Farbe bzw. Material gemeint ist. Interessant sind diese Objekt-Attribut-Wert Tripel aber nicht nur für den Vergleich und die Unterscheidung zweier oder mehrerer Objekte, sondern insbesondere auch für die Bildung von Klassen bzw. Kategorien. 3 Wenn wir die folgende Tabelle hinzunehmen 1»Tripel«bedeutet so viel wie»3-tupel«, also eine Menge, die 3 Elemente umfasst. 2 Wie Sie feststellen werden, gehört die Etablierung eines geeigneten Tertium Comparationis zu den Fundamentalaufgaben der Linguistik und stellt insbesondere im Bereich der vergleichenden Sprachwissenschaften eine große Herausforderung dar. 3 Die Begriffe»Klasse«und»Kategorie«werden hier, wie in vielen anderen Arbeiten auch, synonym verwendet. S. HACKMACK 1 UNI BREMEN

2 Merkmal Objekt Attribut Wert Panther schwarz Farbe Polarfuchs weiß Oboe Holz Material Tuba Metall Abbildung 2: Objekt-Attribut-Wert Tripel 2 können wir in Kombination mit der Tabelle der Vorseite und auf der Basis identischer Werte für gleiche Attribute Klassen bilden wie folgt: die Klasse der schwarzen Objekte (Krähen und Panther), die Klasse der hölzernen Objekte (Oboen und Klarinetten), die Klasse der weißen Objekte (Polarfüchse und Gänse) usw. Das klingt ein wenig trivial, ist es aber nicht: Klassenbildung ist das A und O der Generalisierung in der Wissenschaft. Es geht ja nicht primär darum, isolierte Phänomene herauszugreifen und zu analysieren. Stattdessen wird versucht, die beobachteten Daten zusammenzufassen und zu verallgemeinern, also Aussagen zu machen, die so geartet sind, dass sie ganze Phänomenbereiche generalisiert erfassen können und, ein ganz wichtiger Punkt, Vorhersagen ermöglichen über noch nicht beobachtete Daten. Genau dieses wird über Klassen von (linguistischen) Objekten erreicht, und darum werden sie auf jeder Ebene der sprachlichen Beschreibung eingesetzt: in der Morphologie und Syntax beispielsweise werden Klassen von Wörtern definiert (Nomina, Verben, Adjektive usw.) oder Klassen von Konstituenten (NP, VP, PP usw.). Es gibt Klassen von Sätzen (Imperativ, Interrogativ, Indikativ) oder Klassen von Affixen (Präfix, Suffix, Infix, Zirkumfix). In der Semantik werden Klassen von Konzepten verwendet (abstrakt vs. konkret, belebt vs. unbelebt, statisch vs. dynamisch usw.), in der Pragmatik Klassen von Sprechakten (Deklarative, Kommissive, Performative usw.). In allen Fällen gilt, dass die in einer Klasse gruppierten Elemente formale oder funktional/semantische Merkmale teilen, auf der die Gruppierung basiert. Genauso ist es auch in der Phonologie, und mit den traditionellen Beschreibungssystemen für Konsonanten und Vokale, wie wir sie in den letzten Sitzungen kennengelernt haben, liegt uns bereits ein Merkmalsystem vor, das Klassenbildung erlaubt. Merkmale und Klassen in der Phonologie I: traditionell Nehmen wir zum Einstieg die folgenden Aussagen: 1. b ist ein pulmonisch-egressiver oraler stimmhafter bilabialer Plosiv. 2. i ist ein nicht gerundeter geschlossener Vorderzungenvokal. Die Beschreibung der Laute erfolgt in der artikulatorischen Phonetik über Merkmalsbündel, die wir für die Beispiele (1) und(2) wie folgt in Objekt-Attribut-Wert-Tripel übersetzen können: Objekt Attribut Wert Luftstromquelle pulmonisch Luftstromrichtung egressiv b oro-nasaler Prozess oral Phonation stimmhaft Artikulationsort bilabial Artikulationsart plosiv Lippenstellung gespreizt i Zungenabschnitt vorderer Zungenrücken Zungenöffnungsgrad geschlossen Abbildung 3: Konsonanten- und Vokalbeschreibungen Hier sehen Sie erneut, was eingangs mit das Dritte des Vergleichs gemeint war: wir beschreiben die Konsonanten durchgängig über die Attribute Luftstromprozess, oro-nasaler Prozess usw.; die Vokale über Lippen bzw. Zungenabschnitt und -höhe. Das bedeutet, dass die Attribute in der o.a. Tabelle für alle Konsonanten bzw. Vokale gelten und den Status des Tertium Comparationis haben. S. HACKMACK 2 UNI BREMEN

3 Allerdings werden Merkmalsbündel in der Linguistik nicht in Tabellen erfasst, sondern wie folgt in einer eckigen Klammer zur Rechten des fraglichen Objekts notiert: b oro-nasaler Prozess: oral Phonation: stimmhaft Artikulationsort: bilabial Artikulationsart: plosiv Lippenstellung: i Zungenabschnitt: Zungenhöhe: Abbildung 4: Merkmalsbündel als Klammerausdruck gespreizt vorderer Zungenrücken geschlossen Diese beiden Merkmalsbündel sind sehr gut geeignet, an dieser Stelle mal eben kurz komplexe oder verschachtelte Merkmalstrukturen einzuführen. Wie Sie sehen, beziehen sich beim b die beiden ersten und die beiden letzten Merkmale auf unterschiedliche Aspekte des (a) Luftstromes und (b) der Artikulation, beim i die beiden letzten Merkmale auf die Zungenstellung. Hier können wir ein Merkmalsbündel verwenden, das einem Attribut anstelle eines atomaren Wertes selber wieder ein Merkmalsbündel zuweist: Quelle: pulmonisch Luftstrom: Richtung: egressiv b oro-nasaler Prozess: oral Phonation: stimmhaft Artikulation: Ort: bilabial Art: plosiv Abbildung 5: Komplexe Merkmalsstrukturen Lippenstellung: gespreizt i Abschnitt: vorne Zungenstellung: Höhe: geschlossen Wir werden in diesem Text nicht mit verschachtelten Merkmalsstrukturen arbeiten, aber es ist wichtig, dass Sie solche Ausdrücke interpretieren können, da sie häufig als Notation für diverse linguistische Information genutzt werden und in Teilen sehr komplex, d.h. mit zahlreichen Verschachtelungen ausgestaltet sein können. Damit zurück zu Merkmalen und Klassenbildung. Wenn wir die Laute p, b, k und ɡ miteinander vergleichen, können wir sie unter Bezug auf die Merkmale Luftstrom, oro-nasaler Prozess, und Artikulationsort in einer Klasse gruppieren, da sie alle bei den gleichen Attributen die gleichen Merkmale aufweisen: : p, b, k, ɡ oro-nasaler Prozess: oral Artikulationsart: plosiv Abbildung 6: Merkmale der Klasse {p, b, k, ɡ} Kommt das Merkmal für Phonation hinzu, können wir diese Klasse wie folgt in zwei Unterklassen teilen: oro-nasaler Prozess: oral : b, ɡ oro-nasaler Prozess: oral : p, k Phonation: stimmhaft Phonation: stimmlos Artikulationsart: plosiv Artikulationsart: plosiv Abbildung 7: Merkmale der Klassen {b, g} und {p, k} Nehmen wir Phonation wieder heraus und stattdessen den Artikulationsort hinzu, so erhalten wir: stattdessen: oro-nasaler Prozess: oral : p, b oro-nasaler Prozess: oral : k, ɡ Artikulationsart: plosiv Artikulationsart: plosiv Artikulationsort: bilabial Artikulationsort: velar Abbildung 8: Merkmale der Klassen {p, b} und {k, ɡ} Mit Phonation und Artikulationsort schließlich bekommen wir die nachstehende eindeutige Abgrenzung der Laute voneinander: S. HACKMACK 3 UNI BREMEN

4 b oro-nasaler Prozess: oral p oro-nasaler Prozess: oral Phonation: stimmhaft Phonation: stimmlos Artikulationsort: bilabial Artikulationsort: bilabial Artikulationsart: plosiv Artikulationsart: plosiv ɡ oro-nasaler Prozess: oral k oro-nasaler Prozess: oral Phonation: stimmhaft Phonation: stimmlos Artikulationsort: velar Artikulationsort: velar Artikulationsart: plosiv Artikulationsart: plosiv Abbildung 9: Merkmale der Laute b, p, ɡ und k An dieser Darstellung wird sehr deutlich, dass ein Sprachlaut in der Phonetik bzw. Phonologie nicht als eine monolithische, d.h. nicht weiter analysierbare Einheit angesehen wird, sondern als ein Komplex verschiedener Komponenten. Wenn Sie also so etwas lesen wie»der Laut ɡ «können Sie das ɡ als eine Art Abkürzung für ein entsprechendes Merkmalsbündel verstehen. In dem Maße, in dem ein Merkmal dazu dient, Laute voneinander zu unterscheiden, wird es auch als»distinktives Merkmal«bezeichnet. Wie weiter oben gesagt wurde, entfällt in vielen Fällen die Benennung des Attributes. Verbreiteter als die bis jetzt verwendeten Darstellungen sind also die folgenden Merkmalszuweisungen, illustriert an ʃ und f: pulmonisch egressiv pulmonisch egressiv ʃ oral f oral stimmlos stimmlos postalveolar labiodental frikativ frikativ Abbildung 10: Merkmale der Laute ʃ und f Es ist aber wichtig, immer zu sehen, dass auch hier die Werte spezifischer Attribute wiedergegeben werden. Wichtig deshalb, weil uns diese Einsicht einen federnden Übergang liefert zum nächsten Punkt: Binäre Merkmale Ein binäres Merkmal (von lat. bini 'doppelt, je zwei, zweifach') ist ein Merkmal, dessen Wertebereich nur zwei Elemente umfasst, bei denen das fragliche Attribut also nur zwei Ausprägungen hat. Tatsächlich kennen Sie bereits binäre Merkmale, denn auf die Wertebereiche der Attribute»oro-nasaler Prozess«und»Phonation«trifft genau dieses zu 4 : Laute sind entweder nasal oder oral, sind entweder stimmhaft oder stimmlos. Das können wir wie folgt erfassen: Attribut Wertebereich Phonation {stimmhaft, stimmlos} oro-nasaler Prozess {nasal, oral} Abbildung 11:Zweistellige Wertebereiche In solchen Fällen ist es üblich, einen der beiden Werte herauszunehmen und diesen dann, durch ein Plusoder Minuszeichen, als positiv oder negativ zu spezifizieren: [Phonation: stimmhaft] entspricht [+stimmhaft] [Phonation: stimmlos] entspricht [ stimmhaft] oro-nasaler Prozess: nasal entspricht [+nasal] oro-nasaler Prozess: oral entspricht [ nasal] Abbildung 12: Notation binärer Merkmale Man sieht hier deutlich, was passiert: durch die Merkmale werden die Laute eindeutig jeweils einer von zwei möglichen Klassen oder Kategorien zugeteilt. 4 Übrigens auch auf das Attribut»Luftstromrichtung«(egressiv oder ingressiv) und»luftstromlage«, das wir nicht detailliert besprochen haben: Laute sind diesbezüglich entweder zentral oder lateral. S. HACKMACK 4 UNI BREMEN

5 Binäre Merkmale können dazu dienen, einen Gegenstandsbereich sauber einzuteilen. Wir benutzen sie (nicht nur in der Phonologie) dazu, klar voneinander abgegrenzte Dichotomien (von gr. dichótomos 'in zwei Teile geteilt') zu bilden. Aus diesem Grund sind sie in der Linguistik sehr beliebt: Präzision und Eindeutigkeit der Beschreibung ist eine Kernvorgabe aller Wissenschaft. 5 Aus diesen Gründen wäre es also wünschenswert, für einen Gegenstandsbereich ein Merkmalssystem zu haben, das ausschließlich mit binären Merkmalen operiert. Ein solches System kann dann auch als Grundlage dienen dafür, diesen Bereich in einer Taxonomie, d.h. einer hierarchisch organisierten Struktur zu erfassen. Dieses wurde ansatzweise u.a. in der Semantik eingeführt, das Standardbeispiel besteht in der Darstellung der Konzepte Mann, Frau, Junge und Mädchen, die über die drei binären Merkmale [± MENSCHLICH], [± MÄNNLICH] 6 und [± ERWACHSEN] wie folgt in einer einheitlichen Struktur organisiert werden können: [+ MENSCHLICH] [+ MÄNNLICH] [ MÄNNLICH] [+ ERWACHSEN] [ ERWACHSEN] [+ ERWACHSEN] [ ERWACHSEN] MANN JUNGE FRAU MÄDCHEN Abbildung 13: Binäre Merkmale und Taxonomie in der Semantik: Baumgraph Eine weitere Möglichkeit, binäre Merkmalsstrukturen darzustellen, besteht in einer Merkmalsmatrix. Dabei werden die Objekte, um die es geht, in der ersten Zeile aufgeführt; die Attribute in linken Spalte. Für die Objekte wird dann einfach zeilenweise angegeben, welchen Wert das Attribut aufweist: Mann Junge Frau Mädchen MENSCHLICH MÄNNLICH + + ERWACHSEN + + Abbildung 14: Binäre Merkmale in einer Merkmalsmatrix Was unsere Lautbeschreibungen angeht, haben wir hier allerdings ein Problem. Warum? Weil die Wertebereiche der verwendeten Attribute eben nicht, wie bei Phonation und oro-nasalem Prozess, durchgehend nur zwei Werte umfassen, sondern deutlich umfangreicher sein können: Attribut Luftstromquelle Artikulationsort Artikulationsart Wertebereich {pulmonisch, glottal, velar} {bilabial, labiodental, alveolar, postalveolar usw.} {plosiv, frikativ, affrikativ, lateral-approximant usw.} Abbildung 15: Mehrstellige Wertebereiche Das, was beispielsweise beim Attribut Phonation geht, geht hier nicht: wir können zwar sagen, dass ein Laut, wenn er nicht stimmhaft ist, notwendigerweise stimmlos ist. Wir können aber nicht sagen, dass ein Laut, wenn er nicht bilabial ist, notwendigerweise labiodental ist: er könnte ja genauso gut auch alveolar, palatal, velar usw. sein. Kommentar: Pseudo-binäre Merkmale Sie werden allerdings durchaus Lautbeschreibungen wie die folgende in der Literatur 7 vorfinden: 5 Allerdings stellt sich schnell die Frage, ob diese Grenzziehung wirklich in allen Bereichen so einfach oder überhaupt möglich ist: gibt es bei linguistischen Objekten wirklich so klare Klassen bzw. Kategorien? Diese Annahme ist in der Entwicklung der Sprachwissenschaft zunehmend in Frage gestellt worden, was sich u.a. an der Entwicklung von Konzepten wie»squishy categories«oder»fuzzy categories«oder in der Entwicklung der Prototypensemantik zeigt. Mit dieser Problematik werden Sie wahrscheinlich in den Seminaren zur Morphologie, Syntax und Semantik wieder zu tun haben, wir werden ihr in diesem Text nicht weiter nachgehen. 6 In diesem Fall hätten wir problemlos auch [± WEIBLICH] nehmen können. In der Phonologie ist das etwas anders, d.h. es ist nicht willkürlich, dass das Merkmal z.b. [± STIMMHAFT] und nicht [± STIMMLOS] genannt wurde. Dazu später im Seminar noch mehr. 7 z.b. in Burton Strang et. al.: Linguistics for Dummies, Ontario: John Wiley & Sons, 2012 S. HACKMACK 5 UNI BREMEN

6 +bilabial nasal p stimmhaft +plosiv Abbildung 16: Merkmalsstruktur mit pseudo-binären Merkmalen An [ NASAL] und [ STIMMHAFT] gibt es nichts auszusetzen. Bei [+BILABIAL] und [+PLOSIV] allerdings ist die Frage erlaubt, ob es denn auch die negativen Gegenstücke [ BILABIAL] und [ PLOSIV] gibt und wenn ja, wofür das Minuszeichen dann überhaupt stehen soll, was es also genau aussagt. Letztlich würden in die Klasse [ BILABIAL] nämlich alle Laute fallen, die nicht bilabial sind, d.h. wir hätten eine Klasse bestehend aus {+LABIODENTAL, +ALVEOLAR, +POSTALVEOLAR, +PALATAL, +VELAR, +UVULAR}. Das ist nicht sonderlich überzeugend denn wie wir später im Seminar sehen werden ist dieses keine natürliche Lautklasse: weder entspricht sie der formalen Definition einer natürlichen Klasse (kommt noch), noch gibt es phonologische Prozesse, die sich auf diese Klasse von Lauten beziehen (kommt auch noch). Darüber hinaus setzt sich das das Problem fort, sollten wir, wie es hier ja zwingenderweise angelegt ist, auch noch Merkmale wie [±LABIODENTAL], [±ALVEOLAR], [±POSTALVEOLAR] usw. einführen: in allen Fällen gilt, dass die durch das negativ spezifizierte Merkmal gebildete Klasse keinen Sinn ergibt. Genau diese Überlegungen haben dazu geführt, dass bestimmte Merkmale als sog.»unäre«merkmale eingeführt werden, so übrigens detailliert beschrieben in Kapitel 4 unseres Lehrbuchs:»unär«bedeutet, dass das Merkmal einem Laut zugewiesen ist ohne damit eine Aussage zu verbinden darüber, welche anderen Klassen das möglicherweise impliziert oder ausschließt. Auf diesen Punkt werden wir in diesem Text aber nicht näher eingehen. Vorerst sollten Sie nur im Hinterkopf behalten, dass bei echten binären Merkmalen eine tatsächliche binäre Opposition zwischen zwei Klassen vorliegt, bei»pseudo-«binären Merkmalen nicht: hier wird durch Verwendung des Pluszeichens nur eine Binarität suggeriert, die bei genauerer Betrachtung nicht auf derselben Ebene liegt, wie bei den tatsächlich binären Merkmalen. Merkmale und Klassen in der Phonologie II: modernere Ansätze Wie Ihnen der Kommentar verdeutlicht, kann man mit dem Komplex»Merkmale«und»binäre Merkmale«durchaus tiefergehende Fragen verbinden. Immer im Hinterkopf sollten Sie dabei behalten, dass alle Konzepte, mit denen wir arbeiten, eben nicht gottgegeben vom Himmel fallen sondern das Resultat sind menschlicher und wissenschaftlicher Überlegung und Reflexion. 8 Also ist klar, dass eine primäre linguistische Tätigkeit nicht nur darin besteht, Sprachdaten aus allen möglichen Sprachen zu sammeln und auf Basis eines etablierten Beschreibungsapparates zu analysieren, sondern sich auch den Beschreibungsapparat selber vorzunehmen und zu schauen, ob dieser Revision und Verbesserung bedarf. Mit Bezug auf die phonetische Beschreibung von Sprachlauten war genau dieses ein Ziel, das die beiden USamerikanischen Linguisten Noam Chomsky und Morris Halle 9 in ihrer Monographie The Sound Pattern of English (kurz SPE) von 1968 erreichen wollten. In dieser Arbeit wurde der Versuch unternommen, das phonologische System des Englischen im Rahmen eines wissenschaftlich präzisen und klar gegliederten Beschreibungsmodells zu erfassen. Die Grundelemente oder das Alphabet dieses Modells besteht aus einer Menge universaler phonetischer Merkmale, die sich im Unterschied zu den traditionellen Merkmalen dadurch auszeichnen, dass sie ausschließlich binär sind und auf möglichst ökonomische Art gebildet werden und die Trennung der Beschreibung von Konsonanten und Vokalen überwinden, also gleichermaßen für beide Lautgruppen angewendet werden können. 8 Daran sollten Sie sich insbesondere dann erinnern, wenn Sie es in späteren Semestern mit Konzepten wie z.b. Nomen und Verb oder Subjekt und Objekt zu tun bekommen: diese Begriffe kennen Sie alle aus der Schule, was den Eindruck verstärkt, es handele sich dabei um feste, eindeutige Größen, die es schon immer gab und die es immer geben wird und die vor allem nicht hinterfragt werden können. Dem ist aber nicht so. 9 Halle und Chomsky zählen zu den absoluten Top-Größen der modernen Sprachwissenschaft, insb. Chomsky kann vom Rang her je nach Blickwinkel und persönlicher Präferenz entweder mit dem Darth Vader oder mit Yoda verglichen werden. Der Platz reicht hier nicht, diese beiden so zu würdigen, wie es angemessen wäre. S. HACKMACK 6 UNI BREMEN

7 Diese Ziele konnten nur verwirklicht werden, indem das traditionelle Merkmalsystem massiv erweitert bzw. modifiziert wurde. Die nachstehenden Abschnitte dienen dazu, solche distinktiven Merkmale einzuführen. Dabei wird versucht, die Aussagen so verträglich mit Kapitel 4 aus dem Lehrbuch zu machen, wie es geht, in Teilen weichen wir aber bei den Merkmalen und ihren Beschreibungen sowohl von SPE als auch von Hall ab. Zweck unserer Veranstaltung ist es nicht, dass Sie dieses System vollkommen durchdringen und im Schlaf beherrschen: einerseits können wir das Gros der noch kommenden Lehrinhalte auch ohne das vollständige SPE-System abhandeln, andererseits ist es in den Jahren nach seiner Veröffentlichung zu sehr modifiziert worden. Chomsky und Halle selber bezeichnen ihre Arbeit als einen interim report on work in progress rather than an attempt to present a definitive and exhaustive study of phonological processes in English. (Chomsky & Halle 1968: vii). Eine Grundvorstellung darüber, wie ein solches Merkmalssystem aussehen und vor allem wozu es dienen kann, sollten Sie allerdings schon bekommen. Chomsky und Halle beschreiben die grundlegende Form der von ihnen verwendeten Merkmale wie folgt: Each feature is a physical scale defined by two points, which are designated by antonymous adjectives: high-nonhigh, voiced-nonvoiced (voiceless), tensed-nontense (lax). (Chomsky & Halle 1968: 299). Übersetzt bedeutet dass, das jedes Merkmal implizit eine physische Skala umschreibt, deren Endpunkte jeweils Antonyme voneinander sind, also eine Art von Gegensatzpaar darstellen und auf diese Weise die Laute, die beschrieben werden, in Oppositionsklassen einteilen. Hier haben wir es also mit»echten«binären Merkmalen zu tun. Ein wesentlicher Aspekt des Systems in seiner Urform bestand also darin, dass tatsächlich ausschließlich artikulatorische Faktoren für die Beschreibung der Merkmale eingesetzt wurden. Im Laufe der weiteren Bearbeitung, auch durch andere Autoren, setzte sich allerdings die Erkenntnis durch, dass auch akustische und/oder perzeptive und/oder strukturelle Eigenschaften (also solche, die sich erst ergeben, wenn ein Laut im Kontext anderer Laute untersucht wird) sinnvoll eingesetzt werden können. Das klingt jetzt sehr abstrakt, wird aber gleich klarer. Bei den artikulatorischen Merkmalen ist entscheidend, dass diese immer Bezug nehmen auf eine neutrale Stellung des Vokaltraktes, nämlich diejenige Stellung, die die Artikulationsorgane unmittelbar vor der Lautproduktion einnehmen. Dazu Chomsky und Halle (1968: 300): In most X-ray motion pictures of speech, it can readily be observed that just prior to speaking the subject positions his vocal tract in a certain characteristic manner. We shall call this configuration the "neutral position" [ ] Diese Neutralstellung ist anschließend wie folgt beschrieben: Während beim normalen Atmen das Velum leicht gesenkt ist, so dass die Luft auch durch die Nase entweichen kann, liegt bei der neutralen Stellung ein velischer Verschluss vor. Der Zungenrücken, der beim ruhigen Atmen in entspanntem Zustand flach im Mund liegt, ist in der neutralen Stellung bis etwa zur Höhe des englischen Vokals /e/ in /bed/ angehoben, während das Zungenblatt etwa in der Ruheposition verbleibt. Da Sprache gewöhnlich nur beim Ausatmen hervorgebracht wird, ist der Luftdruck in den Lungen unmittelbar vor dem Sprechen höher als der atmosphärische Druck. Vor dem Beginn des Sprechens wird die Glottis soweit verengt, dass ein normaler ungehinderter Luftstrom zur Schwingung der Stimmfalten führt. Nachstehend sehen Sie die Darstellung eines an SPE orientierten Merkmalsystems. Dieses gliedert sich in vier große Bereiche, deren Interaktion letztlich zu der Beschreibung aller individuellen Laute führt und es dabei ermöglicht, natürliche Klassen von Lauten zu bilden. S. HACKMACK 7 UNI BREMEN

8 Oberklassenmerkmale Auf einer obersten Ebene liegen die folgenden Merkmale, die große Hauptklassen von Lauten beschreiben: Merkmal [±sonorant] [±konsonantisch] [±silbisch] Beschreibung Sonorität ist im Original-SPE artikulatorisch definiert darüber, dass die Restriktion im Vokaltrakt so geartet ist, dass spontane Stimmhaftigkeit ermöglicht ist.»spontan«bedeutet, dass von Beginn der Lautproduktion an die Stimmlippen in Stimmstellung stehen (also wie in der Neutralstellung). 10 Das akustische Korrelat wäre hier dann die in der Sitzung vom diskutierte Schallfülle der fraglichen Laute. [±sonorant] ist damit ein Beispiel für ein Merkmal, das sowohl artikulatorisch wie auch akustisch/perzeptiv definiert werden kann. [+sonorant] sind Vokale, Nasale, Gleitlaute und Liquide; [ sonorant] Plosive, Frikative und Affrikate, also die Obstruenten. Segmente mit dem Merkmal [+konsonantisch] werden mit einer Obstruktion im Oraltrakt gebildet, die entweder einen totalen Verschluss darstellt oder so eng ist, dass die Luft bei der Lautproduktion in Turbulenz gerät. Dieses trifft zu auf alle Plosive, Frikative, Affrikate, Nasale und Liquide, nicht aber auf die Vokale und Gleitlaute. Dieses Merkmal kann nur ermittelt werden, wenn die zu beschreibenden Laute im Kontext anderer Laute, also nicht isoliert betrachtet werden, denn es unterscheidet Laute, die einen Silbenkern oder -gipfel bilden können von solchen, bei denen das nicht der Fall ist. [+silbisch] sind die Vokale und einige Konsonanten (denken Sie an lesen: leːzn, lieben: liːbn, großem: ɡroːsm ). [ silbisch] sind die meisten Konsonanten und die Gleitlaute w und j. In Form einer Merkmalsmatrix notiert, liefern uns die Oberklassenmerkmale die nachstehenden Beschreibungen großer Lautklassen (das ± Zeichen drückt aus, dass der fragliche Laut bzgl. des Attributes unterspezifiziert ist, d.h. jeden der beiden Werte annehmen kann): Plosive, Frikative, Affrikate Nasale und Liquide Gleitlaute Vokale sonorant konsonantisch + + silbisch ± + Abbildung 17: Merkmalsmatrix für Lautklassen der Oberklassenmerkmale Hier kann man im Ansatz erahnen, was über ein solches System möglich ist. Vokale und Konsonanten werden über dieselben Attribute beschrieben und durch entsprechend unterschiedliche Werte voneinander unterschieden. Wir können jetzt eine Klasse bilden aus Plosiven, Frikativen, Affrikaten, Nasalen und Liquiden: alle tragen das Merkmal [+konsonantisch], während Gleitlaute und Vokale in der Oppositionsklasse [ konsonantisch] vertreten sind. Nasale, Gleitlaute und Vokale können in einer Klasse [+sonorant] gruppiert werden, Plosive, Frikative und Affrikate der Oppositionsklasse [ sonorant angehören]. Gleitlaute und Vokale bilden eine Klasse, da beide für die Merkmale [+sonorant] und [ konsonantisch] ausgewiesen sind. Deutlich wird aber auch, dass wir noch weitere Merkmale brauchen, um diese Klassen aufzubrechen derart, dass am Ende eine Beschreibung jedes individuellen Lautes resultiert. Laryngale Merkmale Diese Merkmale haben, wie der Name schon sagt, mit Kehlkopfaktivität und Stellung der Stimmbänder zu tun. Hier übernehmen wir die Merkmale und Beschreibungen aus Hall (2011: 107): Merkmal [±stimmhaft] [±aspiriert] [±glottalisiert] Beschreibung Dieses Merkmal dürfte mittlerweile klar sein. Die Stimmbänder sind bei [+aspiriert] Lauten weit gespreizt. Bei [ aspiriert] Lauten werden die Stimmbänder entweder leicht oder überhaupt nicht gespreizt. Hier werden die Stimmbänder so angenähert, dass sie entweder einen Verschluss bilden (wie z.b. bei Ɂ oder bei einem Ejektiv wie t') oder fast ganz verschlossen sind, wie z.b. bei ɗ. 10 Bei Hall (2011: 105) findet sich folgende Beschreibung: [Spontan stimmhaft ] bedeutet, daß die ganze Konfiguration des Kehlkopfes und des Ansatzrohres automatisch dazu führt, daß die Stimmbänder vibrieren. Bei [+son] Lauten ist also keine zusätzliche Aktivität der Kehlkopfmuskulatur notwendig, um die Stimmbänder in Schwingung zu versetzen. S. HACKMACK 8 UNI BREMEN

9 Ortsmerkmale Bei den Ortsmerkmalen tritt, wie wir weiter oben gesehen haben, das Problem der nicht-binären Merkmale auf. Die Frage ist, wie die traditionellen Merkmale überführt werden können in solche, die (a) binär sind und (b) für Vokale und Konsonanten gleichermaßen Geltung haben. Chomsky und Halle erzielten beides durch die Verwendung von Merkmalen, die sowohl die Artikulationsorte der Konsonanten als auch die Zungenstellungen der Vokale einbeziehen. Die Ortsmerkmale enthalten damit sowohl Information über wesentliche Bereiche der Artikulation am Munddach, also passive Artikulatoren, wie auch über die beteiligten Bereiche der Zunge und deren Stellung als aktivem Artikulator. Merkmal Beschreibung [±koronal] Laute, die dieses Merkmal tragen, werden mit Zungenspitze oder -blatt gebildet. Der Bereich [+anterior] bezieht sich auf das Munddach und bezeichnet das Gebiet, das vor dem postalveorlaren Bereich liegt, umfasst also Lippen, Zähne und Zahndamm. Laute, die mit einer [±anterior] Restriktion in diesem Bereich gebildet werden, sind Bilabiale, Labiodentale und Alveolare. Alle anderen Laute tragen das Merkmal [ anterior] Das Merkmal [+hoch] trifft auf alle Laute zu, bei denen der Zungenrücken höher angehoben [±hoch] wird als in der Normalstellung. Neben den geschlossenen Vokalen zählen dazu beispielsweise auch Konsonanten wie c, k oder x. Das Merkmal [+niedrig] umfasst diejenigen Laute, bei denen der Zungenrücken im Vergleich zur Normalstellung abgesenkt ist. Dazu zählen natürlich die offenen Vokale, und vielleicht fragen Sie sich, wofür wir dieses Merkmal brauchen reicht [±hoch] nicht aus? Die Antwort lautet»nein«, denn wir haben ja zwischen den offenen und den geschlossenen Vokalen auch noch [±niedrig] Laute wie e oder o, die durch unser Raster fielen, wenn wir nur [±hoch] hätten: damit könnten wir nur i und u ([+hoch]) und a und ɒ ([ hoch]) erfassen. e und o zeichnen sich aber genau dadurch aus, dass sie dazwischen liegen und werden entsprechend durch die Kombination der Merkmale [ hoch] und [ niedrig] beschrieben. Das Merkmal [+hinten] beschreibt Laute, bei denen das hintere Dorsum als aktiver Artikulator zurückgezogen ist. Das ist bei Zentral- und Hinterzungenvokalen der Fall, aber eben auch bei [±hinten] velaren und uvularen Konsonanten, also z.b. bei den Laute k, ɡ oder ʁ. Dieses ergibt durchaus Sinn, was Sie im Falle der drei Beispiellaute auch taktil nachempfinden können, wenn Sie diese Laute sprechen. [±rund] Laute mit dem Merkmal [+rund] werden mit gerundeten Lippen produziert. Auch dieses Merkmal ist bekannt, und auch dieses Merkmal findet sowohl bei Vokalen wie bei [±lang] Konsonanten Anwendung, nämlich bei den sog. Geminaten (siehe Hall 2011: 18). Die Unterscheidung der Vokale i, e, a, o und u kann über dieses System wie folgt in einer Merkmalsmatrix erfasst werden: i e a o u hoch + + niedrig + hinten + + Abbildung 18: Merkmalsmatrix für i, e, a, o und u Die Unterscheidung der der Frikative ç, x und χ über die Merkmale [±hinten] und [±hoch] sieht so aus (vgl. Hall 2011: 114): ç x χ hoch + + hinten + + Abbildung 19: Merkmalsmatrix für ç, x und χ Hier sehen Sie sehr deutlich die Anwendung des gleichen Sets von Merkmalen auf Vokale und Konsonanten. S. HACKMACK 9 UNI BREMEN

10 Merkmale der Artikulationsart Diese Merkmale erfassen, wie der Name schon sagt, ob und wie der Luftstrom»gehemmt«oder moduliert wird. Auch hier muss ein System gefunden werden, das im Unterschied zu den traditionellen Merkmalen (a) binäre Oppositionsklassen bildet und (b) Vokale und Konsonanten einheitlich beschreibt. Merkmal [±nasal] [±kontinuierlich] 11 [±lateral] [±affrikativ] [±gespannt] [±sibilantisch] Beschreibung Dieses Merkmal dürfte ebenfalls klar sein. Laute, die das Merkmal [ kontinuierlich] aufweisen, zeichnen sich durch einen völligen Verschluss im Oraltrakt aus. Zu diesen Lauten zählen neben den Plosiven und den Affrikaten also auch nasale Konsonanten (wie m oder ŋ). Dieses Merkmal ist einzig für koronale Konsonanten relevant und bezeichnet ein ein- oder beidseitiges Absenken der Zunge, so dass der Luftstrom an deren Seite vorbeifließen kann. Bei Chomsky und Halle hieß dieses Merkmal [±delayed release] (ungefähr 'verzögerte Verschlusslösung') und bezieht sich auf die Laute, bei denen ein oraler Verschluss nicht abrupt, sondern eben verzögert gelöst wird, sprich auf Affrikaten wie pf, ts, tʃ, dʒ usw. Da (a) der Originalname umständlich ist und (b) das Merkmal nur für die Unterscheidung von Plosiven und Affrikaten relevant ist, benennen wir es hier einfach um. Bei Lauten mit dem Merkmal [+gespannt] ist die Zungenposition bei der Lautproduktion weiter entfernt vom Zentrum des Vokalraumes als bei Lauten mit dem Merkmal [ gespannt]. Dieses Merkmal kann dazu dienen, Laute wie i, e, o und u ([+gespannt]) zu unterscheiden von ɪ, ɛ, ɔ und ʊ ([ gespannt]). Dieses Merkmal ist ein im Kern akustisches Merkmal und bezieht sich auf Laute, die lt. Hall (2011:110) durch einen intensiven hochfrequenten Geräuschanteil gekennzeichnet sind. Dazu zählen u.a. die Frikative s, z, ʃ, ʒ usw. sowie die Affrikaten ts, tʃ, dʒ. Damit haben wir ein erstes Grundsystem von binären Merkmalen zusammen. Dieses unterscheidet sich, wie bereits gesagt, sowohl vom SPE System als auch von Hall. Letzteres deshalb, weil die bei Hall vorgestellten Merkmale entweder zu viel an Erklärung und Hintergrund erfordern, oder weil einzelne Definitionen nicht wirklich intuitiv einleuchten (z.b. die Definition von [±kontinuierlich], die zwar das Merkmal [±lateral] überflüssig macht, aber diesen Gewinn an Ökonomie durch einen Verlust an Nachvollziehbarkeit erkauft). Illustrierende Beispiele Sehen wir uns abschließend eine Reihe von Beispielen an, die dieses Grundsystem in der Anwendung zeigen. Wir beginnen damit, einige der uns bekannten Klassen von Lauten auf Merkmalsbündel abzubilden, die die jeweilige Klasse definieren: sonorant sonorant Plosive kontinuierlich Affrikaten kontinuierlich affrikativ +affrikativ Frikative sonorant +kontinuierlich +sonorant Nasale +konsonantisch +sonorant Gleitlaute konsonantisch +sonorant Vokale konsonantisch +nasal silbisch +silbisch Abbildung 20: Traditionelle Klassen über binäre Merkmale definiert Wenn Sie sich die Merkmale für die Gleitlaute und die Vokale ansehen, stellen sie fest, dass diese sich nur in einem Punkt unterscheiden. Das gibt sehr gut wieder, dass der Unterschied zwischen beispielsweise u und w oder i und j kein primär artikulatorischer ist: tatsächlich stimmen diese Laute in allen relevanten Merkmalen überein 12 und unterscheiden sich nur durch das strukturelle Merkmal [±silbisch]: 11 Der Name dieses Merkmals ist unglücklich gewählt, da er sich eben nicht auf so etwas wie»kontinuierliches Andauern des Schallereignisses«oder»Dauerlaut«bezieht wenn es danach ginge, wären ja auch die Nasalkonsonanten kontinuierlich. Das ist aber nicht der Fall, denn das Merkmal bezieht sich auf den völligen Verschluss des Oraltraktes, den eben auch diese Laute aufweisen. 12 Das ist so nicht ganz hasenrein. Während Vokale mit einer einigermaßen stabilen und potentiell andauernden Stellung der Artikulationsorgane gebildet werden, stellen Gleitlaute eher einen Übergang zwischen Sprachlauten dar (deshalb auch der Name). Das hat u.a. zur Konsequenz, dass Gleitlaute kürzer sind als Vokale. Darauf gehen wir nicht ein. S. HACKMACK 10 UNI BREMEN

11 i j u w hoch niedrig hinten + + rund + + lang silbisch + + Abbildung 21: Vokale vs. Gleitlaute In der nachstehenden Matrix sind (einigermaßen willkürlich) ein paar Laute durch eine Auswahl der vorgestellten Merkmale beschrieben. Eine freie Zelle drückt aus, dass das Merkmal für den fraglichen Laut nicht relevant ist. So sind z.b. für die Laute mit dem Merkmal [+koronal], also solche, die mit Zungenspitze und -blatt gebildet werden, die Werte für die Merkmale [±hoch], [±tief] und [ hinten] nicht relevant, da sich diese auf das Dorsum beziehen. p m t tʃ z ɹ l l ç ɡ ʁ i ɔ ɛ sonorant konsonantisch silbisch stimmhaft koronal anterior hoch niedrig hinten nasal + + kontinuierlich lateral + + affrikativ + sibilantisch + + Abbildung 22: Lautbeschreibungen mit binären Merkmalen S. HACKMACK 11 UNI BREMEN

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