KostO 154, 155; EuGVO; EuZVO Luxemburg/England/Spanien: Zustellung einer vollstreckbaren Kostenrechnung des Notars. I. Sachverhalt. II.
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1 DNotI Deutsches Notarinstitut GUTACHTEN Dokumentnummer: letzte Aktualisierung: KostO 154, 155; EuGVO; EuZVO Luxemburg/England/Spanien: Zustellung einer vollstreckbaren Kostenrechnung des Notars I. Sachverhalt Es sollen notarielle Urkunden (Kostennoten) in Luxemburg, England und in Spanien (Gran Canaria) zum Zwecke der Zwangsvollstreckung zugestellt werden. II. Frage Wie stellt man notarielle Urkunden im europäischen Ausland zum Zwecke der Zwangsvollstreckung zu? III. Zur Rechtslage In Deutschland gelten Kostenberechnungen des Notars gemäß 154 KostO, versehen mit der Vollstreckungsklausel im Sinne des 155 KostO, als Vollstreckungstitel im Sinne des 724 ZPO. Vor Beginn der Zwangsvollstreckung müssen Kostenberechnung und Vollstreckungsklausel zugestellt werden nach 166 ZPO. Gefolgert wird dies aus 157 Abs. 1 S. 2 KostO (vgl. hierzu Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, Kommentar zur Kostenordnung, 15. Aufl., München 2002, 155 Rn. 7). Die Zustellung erfolgt dabei im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher. Probleme ergeben sich hinsichtlich einer Zustellung im Ausland, welche durch das internationale Zustellungsrecht geregelt wird. 1. Zustellung nach der EuZVO Deutsches Notarinstitut Gerberstraße Würzburg Telefon 09 31/ Telefax 09 31/ dnoti@dnoti.de Internet: user/mr/pool/14212.doc
2 Seite 2 Die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke erfolgt soweit es sich um eine Zivil- oder Handels sache handelt nach den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedsstaaten mit Ausnahme Dänemarks, EuZVO (ABl. Nr. L 160/37, vom 30. Juni 2000). Das Abkommen hat gem. Erwägungsgrund 12 Vorrang vor dem Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom (Haager Zustellungsübereinkommen, HZÜ, BGBl II, S. 1453; Text abgedr. b. Jayme/Hausmann, Internationales Privat- und Verfahrensrecht, 12. Aufl. 2004, Nr. 211). Dieses nachrangige Abkommen ist für die Bundesrepublik am u. a. im Verhältnis zu Luxemburg und dem Vereinigten Königreich in Kraft getreten, im Verhältnis zu Spanien am Die EuZVO ermöglicht gemäß Artikel 4 Abs. 2 eine Übermittlung gerichtlicher Schriftstücke zwischen den Übermittlungs- und Empfangsstellen auf jedem geeigneten Übermittlungsweg. Gemäß Art. 4 Abs. 3 EuZVO ist dem zu übermittelnden Schriftstück der nach dem Formblatt im Anhang der VO erstellte Antrag beizufügen. Übermittlungs- und Empfangsstellen werden vom jeweiligen Mitgliedsstatt gemäß Art. 2 Abs. 1 und 2 EuZVO bestimmt. Für Deutschland finden sich die entsprechenden Regelungen in 4 des EG-Zustellungsdurchführungsgesetzes, ZustDG, vom 9. Juli 2001, BGBl. 2001, I, Gemäß 4 Abs. 1 Nr. 1 ZustDG ist als deutsche Übermittlungsstelle für gerichtliche Schriftstücke das die Zustellung betreibende Gericht selbst zuständig (vgl. die Kurzkommentierungen aus Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2003). 2. Vorliegen einer Zivil- und Handelssache Problematisch ist freilich im vorliegenden Fall die Frage, ob hier überhaupt ein Schriftstück i. S. d. Verordnung vorliegt, also in einer Zivil- und Handelssache. Wie der Begriff der Zivil- und Handelssache auszulegen ist, insbesondere, ob auch die Kostenansprüche eines freiberuflichen deutschen Notars noch unter den Begriff einer Zivilsache in diesem Sinne fallen, ist noch nicht abschließend geklärt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kostenanspruch in einigen Ländern, wie z. B. Großbritannien und den Niederlanden, zivilrechtlicher Natur ist. Nach deutschem Recht, welches hier den Anspruch begründet, ist der Kostenanspruch öffentlich-rechtlicher Natur (Korinthenberg/Lappe/Bengel/Reimann, Kommentar zur KostO, 15. Aufl., 1 Rn. 10). Es stellt sich damit die Frage, wie die EuGVO in dieser Frage auszulegen ist.
3 Seite 3 Insbesondere von der Literatur wurde bereits zum der Verordnung vorausgehenden EuGVÜ die (vertrags-)autonome Auslegung favorisiert, die nicht auf eine bestimmte Rechtsordnung abstellt, sondern die Qualifikation allein aufgrund der übrigen Bestimmungen des Übereinkommens und seiner Intention vornimmt. Dies vermeidet insbesondere widersprechende Ergebnisse, wenn je nach Gerichtsstaat bzw. Herkunft unterschiedliche Rechtsordnungen über die Auslegung entscheiden. Eine derartige autonome Auslegung hat den Vorteil, dass das Übereinkommen im Idealfall von sämtlichen Vertragsstaaten einheitlich ausgelegt wird (so z. B. Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl. 1997, 7 Rn. 54). Bezüglich der EuGVO ist mit dem EuGH aber eine supranationale Auslegungsinstanz gegeben, die im Wege des Vorlageverfahrens eine einheitliche Auslegung der Verordnung realisieren und gewährleisten kann (Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, Rn. 2441). Dabei hat der EuGH in einer Entscheidung zu Art. 1 Abs. 1 GVÜ (EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489 Euro-Control ; ebenso EuGH NJW 1992, 2091) bereits Ansätze für eine entsprechende einheitliche Auslegung geschaffen: Zwar können bestimmte Entscheidungen, die in Verfahren ergehen, in denen sich eine Behörde und eine Privatperson gegenüberstehen, unter das Übereinkommen fallen, doch verhält es sich anders, wenn die Behörde einen Rechts - streit im Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse führt. Dies ist der Fall, wenn ein Rechtsstreit... die Beitreibung von Gebühren betrifft, die eine Privatperson einer öffentlichen - staatlichen oder internationalen - Stelle für die Inanspruchnahme von Diensten und Einrichtungen schuldet, insbesondere wenn diese Inanspruchnahme zwingend und ausschließlich ist. Dies gilt um so mehr, wenn die Gebührensätze, die Art ihrer Berechnung und das Erhebungsverfahren einseitig gegenüber den Nutzern festgesetzt werden.... Kropholler (Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 1 EuGVÜ Rn. 7, Art. 50 Rn. 1) geht davon aus, dass der Anspruch eines deutschen Notars auf Kostenerstattung auf der Basis dieser Definition als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren sei, da der deutsche Notar mit Hoheitsgewalt versehen ist und seine Kostenberechnung selbst mit einer Vollstrekkungsklausel versehen kann (zust. Geimer, DNotZ 1975, S 461, 478; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 3 Rn. 13). Zwar erwähnt Art. 4 ausschließlich die Übermittlung gerichtlicher Schriftstücke. Ein derartiges Schriftstück liegt im vorliegenden Fall schon deswegen nicht vor, weil der Notar keine gerichtliche Stelle i. S. d. Verordnung ist. Gem. Art. 16 EuZVO können auf dem dort angegebenen Wege aber auch außergerichtliche Schriftstücke übersandt werden. Dementsprechend ist es u. E. fraglich, ob die Zustellung auf dem genannten Wege durch Verordnung erfolgen muss, insbesondere ob die englischen bzw. luxemburgischen oder spanischen Behörden verpflichtet sind, die Zustellung vorzunehmen. Sollte jedoch die Zustellung vorgenommen worden sein, dürfte auch ohne dass es im Weiteren darauf ankäme, ob
4 Seite 4 die jeweiligen ausländischen Behörden zur Durchführung der Zustellung tatsächlich verpflichtet gewesen waren oder nicht wegen der Wirksamkeit der Zustellung die weitere Zwangsvollstreckung möglich sein. Gemäß 183 Abs. 3 ZPO, Art. 14, Art. 16 ZustVO kann jedoch die Zustellung auch durch die Post erfolgen, soweit nicht das Vereinigte Königreich, oder Luxemburg bzw. Spanien einen Vorbehalt hiergegen erklärt hätten. Nach unserer Kenntnis ist das Vereinigte Königreich in diesem Bereich relativ großzügig und verlangt für die Zustellung durch die Post lediglich die Zusendung als First Class Mail bzw. als Luftpost. Eine Übersetzung des Schriftstücks in die englische Sprache wird i. d. R. nicht verlangt. Insoweit dürfte daher eine entsprechende Zustellung auf dem Postwege möglich sein. Zu berücksichtigen ist allein, dass gem. 183 Abs. 2 ZPO zum Nachweis der Zustellung diese mit Rückschein erfolgen muss. Auch soll das Empfangsbekenntnis bei Zustellung in England die Unterschrift des Entgegennehmenden tragen (s. Geimer/Geimer, Internationale Zustellungen im Rahmen notarieller Vermittlungsverfahren, FS Geimer 2002, S. 207). Allein ist zu berücksichtigen, dass in Deutschland wohl noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Zustellung per Post gegenüber der Zustellung im ministerialen Verkehr subsidiär ist (im Sinne der Subsidiarität Hess, Die Zustellung von Schriftstücken im europäischen Justizraum, NJW 2001, 15, 20; gegen die Subsidiarität dagegen Stadler, Neues europäisches Zustellungsrecht, IPRax 2001, 514, 516; Geimer/Geimer, a. a. O., S. 206 Fn. 51). Anhaltspunkte dafür, dass die Zustellung per Post, gerade weil sie der einfachere Weg ist, regelmäßig ausgeschlossen sein soll, können wir dem Abkommen allerdings nicht entnehmen. 3. Alternativen Sollte ein Zustellungsversuch nach diesen Maßnahmen erfolglos sein, käme primär gem. 183 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO i. V. m. Art. 12 ZustVO auch die Übermittlung durch die direkte konsularische Zustellung in Betracht, die durch Art. 12 ZustVO auch weiterhin gestattet ist. In diesem Fall nehmen die deutschen Auslandsvertretungen Zustellungen in eigener Zuständigkeit vor, soweit der Adressat deutscher Staatsangehöriger ist und zur Entgegennahme der Zustellung bereit ist. Für die Ausführung der Zustellung durch Konsularbeamte gelten nicht die 167 ff. ZPO. Es genügt deren Zeugnis, 183 Abs. 2 S. 2 ZPO, 20 ZRHO. Dieses darf sich nicht auf die Feststellung der erfolgten Zustellung beschränken; es muss vielmehr Auskunft geben, wann, an wen und in welcher Form das zuzustellende Schriftstück übergeben worden ist. Beschei-
5 Seite 5 nigt der deutsche Konsularbeamte, dass ein Schriftstück zu einem bestimmten Zeitpunkt zugestellt worden ist, so wird damit konkludent bezeugt, dass dieses Schriftstück zu dem genannten Zeitpunkt dem Empfänger persönliche ausgehändigt worden ist, weil Konsularbeamte ohnehin keine Zwangszustellungen an Ersatzpersonen vornehmen dürfen (Geimer, a. a. O., Rn. 2138). Eine öffentliche Zustellung setzt gem. 185 Ziff. 2 ZPO voraus, dass die Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht. Damit wäre im vorliegenden Fall eine Zustellung auf dem Weg über das Zustellungsübereinkommen oder auf konsularischem Weg zunächst wohl jedenfalls zu versuchen. 4. Europäischer Vollstreckungstitel Am ist die Verordnung (EG-Nr. 805/2004) des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen in Kraft getreten. Danach wird eine Entscheidung, die in einem Mitgliedsstaat als europäischer Vollstreckungstitel vollstreckt worden ist, in den anderen Mitgliedsstaaten ohne Weiteres anerkannt und vollstreckt. Die Verordnung erstreckt sich gem. Art. 25 auch auf öffentliche Urkunden. Dies sind insbesondere notarielle Urkunden (vgl. das Formblatt Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel öffentliche Urkunde, MittBayNot 2004, S. 477; Hinweis DNotI-Report 2005, 150; sowie den Beitrag von Franzmann, in: MittBayNot 2004, S. 404). Aufgrund der Verordnung kann sich der Gläubiger in dem Staat, in dem vollstreckt werden soll, direkt an das zuständige Vollstreckungsorgan wenden. Die Verordnung ist in Deutschland und in den übrigen Mitgliedsstaaten der europäischen Union mit Ausnahme Dänemarks unmittelbar anwendbar. Mit Wirkung zum sind diesbezüglich auch Gesetzesänderungen in Kraft getreten (BGBl. 2005, I, 2477). Gemäß 1079 ZPO (neu) sind die Notare, denen die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels obliegt, für die Ausstellung der Bestätigung zuständig. Nach 1080 Abs. 1 ZPO (neu) kann die Bestätigung ohne Anhörung des Schuldners ausgestellt werden. Eine Ausfertigung der Bestätigung ist dem Schuldner von Amts wegen zuzustellen. Über die Zustellung selber enthält die Verordnung keine Regelungen. Allerdings gilt auch diese Verordnung wohl nicht für notarielle Kostenforderungen, da diese wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters wiederum nicht vom Anwendungsbereich umfasst sind und wohl auch nicht als notarielle Urkunde in diesem Sinne gelten.
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