Vertiefungsübung zur VL II: Kosten
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- Paula Busch
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1 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien Vertiefungsübung zur VL II: Kosten Miriam Blümel FG Management im Gesundheitswesen, Technische Universität Berlin (WHO Collaborating Centre for Health Systems Research and Management) & European Observatory on Health Systems and Policies 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 1
2 Datum Inhalt der Lehrveranstaltung Dozent/in VL I: Einführung in die gesundheitsökonomische Evaluation Busse Vertiefungsübung zu VL I Blümel VL II: Kosten Busse Vertiefungsübung zu VL II Blümel VL III: Effekte Busse Vertiefungsübung zu VL III Quentin VL IV: Modellierung und Umgang mit Unsicherheiten Busse Vertiefungsübung zu VL IV / Vorstellung Aufgabe Seminararbeit Blümel 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 2
3 VL V: Entscheidungsfindung Quentin Vertiefungsübung zu VL V Quentin/Blümel VL VI: Klausurvorbereitung Busse Vertiefungsübung zu VL VI Blümel Klausur Quentin/Blümel Praxisübung I: Ideen Seminararbeiten Quentin/Blümel Praxisübung II: Zwischenstand Seminararbeiten Quentin/Blümel Praxisübung III: Zwischenstand Seminararbeiten Quentin/Blümel Praxisübung IV: Zwischenstand Seminararbeiten Quentin/Blümel Präsentation der Seminararbeiten Busse/Quentin/ Blümel 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 3
4 Aufgabe 2.1. Kostenarten Welche Kostenarten lassen sich im Rahmen einer ökonomischen Evaluation unterscheiden? Nennen Sie Beispiele für die einzelnen Kostenarten. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 4
5 Kostenarten Gesamtkosten Erfass- und bewertbare Kosten Intangible Kosten Direkte Kosten Indirekte Kosten Medizinisch Nicht-Medizinisch 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 5
6 Intangible Kosten Kostenarten und Beispiele Kosten, die nicht bewertet werden können obwohl Abbildung wünschenswert wäre Teilweise können Sie durch Outcome-Maße (Lebensqualitätsmessung) abgebildet werden Beispiele: Leid der Angehörigen Psychischer Stress der Behandelnden Direkte Kosten Kosten, die direkt im Zusammenhang mit der Maßnahme entstehen Können sowohl medizinisch als auch nicht-medizinisch sein Beispiele für Direkt-medizinische Kosten Kosten für Medikamente Kosten für Operation Kosten für Diagnostik 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 6
7 Kostenarten und Beispiele Beispiele für Direkt-nicht-medizinische Kosten Fahrtkosten zur Behandlung Haushaltshilfe bei Bettlägerigkeit Besuch von speziellen Kursen Umbau von Wohnungen Indirekte Kosten Kosten, die als Folge einer Intervention entstehen Arbeitsausfall durch Krankschreibung Produktivitätsausfall durch Tod Verrentungen, langfristige Berufsunfähigkeit 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 7
8 Aufgabe 2.2. Wahl der Perspektive Welche Perspektiven kann eine ökonomische Evaluation einnehmen? Stellen Sie die Perspektiven bitte kurz dar, für welche Interessensgruppen machen sie Sinn? Welche Kosten sind jeweils zu berücksichtigen? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 8
9 Wichtigste Perspektiven Zahler Gesellschaft Patient Leistungserbringer Auch andere Perspektiven sind denkbar, z.b. Angehörigenperspektive 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 9
10 Kosten Zu berücksichtigende Kosten Gesellschaftliche Perspektive: Der in Geldeinheiten bewertete Ressourcenverbrauch einer Intervention = gesellschaftliche Kosten Umfassendes Bild Zahlerperspektive (Krankenkassen) = Ausgaben bzw. Leistungsausgaben Nur Aussagen für Krankenkassen ableitbar Sicht eines Leistungserbringers: Ressourcenverbrauch in einem konkreten Betrieb = Betriebskosten Nur für Betriebsinterne Zwecke sinnvoll Patientensicht: Der in Geldeinheiten bewertete Aufwand des Patienten = individuelle Kosten (Zuzahlungen/Arbeitsausfall) Meist nur geringer Teil der Kosten, der hier abgebildet wird 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 10
11 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 11
12 Aufgabe 2.3. Modellierung direkt-medizinischer Kosten Berechnen Sie den Preis einer Minute einer Pflegekraft in einem Krankenhaus. Auf Grund beschränkter Ressourcen ist eine Befragung nicht möglich. Beschreiben Sie detailliert Ihr Vorgehen. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 12
13 Modellierung direkter medizinischer Kosten Erster Schritt: Herleitung jährliche Arbeitszeit: ausgehend von den Wochenstunden Verteilung auf Stunden/Minuten je Jahr/Monat Berücksichtigung Samstage und Sonntage Berücksichtigung Urlaub Berücksichtigung Feiertage Berücksichtigung Weiterbildung Berücksichtigung Fehlzeiten 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 13
14 Modellierung direkter medizinischer Kosten Zweiter Schritt: Herleitung Jahresverdienst aus Tarifvertrag o.ä. ausgehend vom monatlichen Bruttogehalt Berechnung je Jahr/Monat ohne Nacht-Feiertags und sonstige Zuschläge Berücksichtigung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung Berücksichtigung Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld sofern existent Staffelung nach Alter o.ä. sollte dann für einen Durchschnittswert berechnet werden Runterrechnen der Ergebnisse auf Einheit Kosten pro Minute 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 14
15 Aufgabe 2.4. Vorbereiten einer Kostenanalyse Als Mitarbeiter in einem Pharmaunternehmen werden Sie beauftragt, die gesellschaftlichen Kosten von Demenzerkrankungen abzuschätzen. Wie würden Sie vorgehen? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 15
16 Planung einer Kostenanalyse Formulierung der Problemstellung: z.b. Messung der Kosten, die durch Demenzerkrankungen entstehen Studiendesign / Methodik: Krankheitskostenanalyse, zwei Arten cost of care oder cost-of-illness-study Bottom-up-Ansatz: geht von den Patienten aus und ermittelt die Normalkosten (durchschnittlichen Istkosten über mehrere Perioden) je Patient Top-down-Ansatz: hochaggregierte volkswirtschaftliche Daten werden aufgeschlüsselt 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 16
17 Planung einer Kostenanalyse Prävalenzansatz: fixierter Betrachtungszeitraum, zeigt Kosten der Krankheit innerhalb einer Periode auf (i. d. R. 1 Jahr) Inzidenzansatz: alle Kosten vom Zeitpunkt der Diagnose bis zum Lebensende (bzw. Krankheitsende) von (innerhalb einer Periode) neu aufgetretenen Fällen Schätzung der Gesamtkosten (alle Kosten der Demenzkranken) vs. Netto-Kosten (Kosten der Demenzkranken, die auf die Demenz zurück zu führen sind) Festlegung des Studienzeitraums Umfang, Identifikation der Teilnehmer, Kooperation mit Praxispartner 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 17
18 Planung einer Kostenanalyse Bewertung und Erfassung der Kosten (direkte bzw. indirekte und ggf. intangible Kosten) Administrative Preise als Kosten: EBM oder DRGs bei Perspektive des Ausgabenträgers Tatsächliche Kosten d.h. Selbstkosten einzelner Leistungserbringer Pauschale Verfahren: Ermittlung von Durchschnittswerten aus aggregierten Daten Bewertung informeller Pflegeleistungen: Opportunitätskosten vs. Ersetzungskosten Humankapital-, Friktionskostenansatz, Zahlungsbereitschaft 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 18
19 Analyse und Bericht Planung einer Kostenanalyse Identifikation und Quantifizierung von Unsicherheiten Auswahl der berücksichtigten Kosten, Daten, Messung und Bewertung des Ressourcenverbrauchs, Annahmen Berechnung und Präsentation von Konfidenzintervallen oder verschiedenen Szenarien Identifikation von Kostentreibern 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 19
20 Planung einer Kostenanalyse Bedeutung für das Pharma-Unternehmen Gesamtwirtschaftliche Bedeutung dieser Krankheit ggf. mit Entwicklungspfad im Sinne von Prävalenz Möglichkeit durch bessere Medikation die volkswirtschaftlichen Kosten (z.b. Arbeitsausfall) zu verringern Argumentationsgrundlage für die Förderung von Forschung und Entwicklung 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 20
21 Aufgabe 2.5. Direkt-medizinische Kosten Durch die Einführung von Fallpauschalen (DRGs) zur Erfassung und Vergütung von stationären Leistungen sind Krankenhäuser immer mehr dazu gezwungen moderne Kosten- und Leistungsrechnungssysteme als Steuerungsinstrumente einzusetzen. Dabei sollen möglichst alle Kosten verursachungsgerecht, d.h. auf Patientenebene verrechnet werden. Ein fiktives Krankenhaus verfügt über zwei Hauptabteilungen: Chirurgie und Geburtshilfe sowie über zwei Nebenabteilungen: Radiologie und Labor. Die hier erbrachten Leistungen (Geburten und Einsatz von Totalendoprothesen der Hüfte) können einem Patienten direkt zugeordnet werden. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 21
22 Kosten [ ] Fälle [Anzahl] Fläche [m 2 ] Durchschnittliche Verweildauer [Tage] Vollzeitäquivalente [Personen] Gemeinkosten Technik Reinigung Küche Verwaltung Teilsumme Personalkosten Med. Personal Pflegepersonal Teilsumme Abteilungen Hüftzentrum ,2 - Geburtshilfe ,3 - Radiologie Labor Teilsumme Summe November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 22
23 Aufgabe 2.5. Direkt-medizinische Kosten a) Wie hoch sind die durchschnittlichen Behandlungskosten eines Patienten in diesem Krankenhaus und wie hoch sind die durchschnittlichen Behandlungskosten in dem Hüftzentrum bzw. der Geburtshilfe, wenn 65% des Personals für die Geburtshilfe eingesetzt wird und die Radiologie- und Laborkosten pro Patient gleich sind? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 23
24 a) Durchschnittliche Behandlungskosten Gesamt: Gesamtkosten / Gesamtfallzahl /1360 = 4452,94 Hüfte: ( /1360) [Allgemeinkosten] +(( *0,35)/544) [Personalkosten anteilsmäßig] +( /544) [Kosten Abteilung] +(( )/1360) [Radiologie+Labor] =1044, , ,85+511,76=4742,92 pro Patient Geburt: ( /1360) [Allgemeinkosten] +(( *0,65)/816) [Personalkosten anteilsmäßig] +( /816) [Kosten Abteilung] +(( )/1360) [Radiologie+Labor] =1044, , ,01+511,76=4259, November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 24
25 Aufgabe 2.5. Direkt-medizinische Kosten a) Wie hoch sind die durchschnittlichen Behandlungskosten eines Patienten in diesem Krankenhaus und wie hoch sind die durchschnittlichen Behandlungskosten in dem Hüftzentrum bzw. der Geburtshilfe, wenn 65% des Personals für die Geburtshilfe eingesetzt wird und die Radiologie- und Laborkosten den Patientengruppen zugeordnet werden? b) Die durchschnittlichen Kosten sind jedoch für die Kalkulation von patientenbezogenen Kosten unzureichend und nicht verursachungsgerecht: Hier fehlt noch die genauere Aufteilung der Gemeinkosten und der Labor/Radiologiekosten. Dabei stellt sich stets die Frage nach der Bezugsgröße. i) Wie sähen die Fallkosten unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Verweildauer aus und ist eine Verrechnung über diese Größe zielführend? ii) Welche anderen Größen würden sich anbieten und welche Informationen wären idealerweise dafür notwendig? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 25
26 b) (i) Verweildauer Vorarbeit: [Fälle mal Tage] Hüfte: 544*8,2=4460,8 (70,4 %), und Geburt: 816*2,3=1876,8 (29,6 %) Patiententage p. A. Hüfte: [(Gemein*Anteiltage)/patient] + [(Personal*Anteil)/pat]+[Abt.Kosten]+[((Rad+Lab)*Anteiltage)/pat] (( *0,704)/544)+(( *0,35)/544)+(990000/544)+((( )* 0,704)/544))=1837, , ,85+900,71=5925,40 Geburt: [(Gemein*Anteiltage)/patient] + [(Personal*Anteil)/pat]+[Abt.Kosten]+[((Rad+Lab)*Anteiltage)/pat] (( *0,296)/816)+(( *0,65)/816)+(825000/816)+((( )* 0,296)/816))=515, , ,01+252,47=3471,20 Die durchschnittlichen Fallkosten gehen je nach Patientengruppe weiter auseinander. Fraglich ist jedoch ob der Aufwand in der Verwaltung (größter Posten der Gemeinkosten) mit jedem weiteren Belegungstag tatsächlich zunimmt. Es könnte sein, dass die Kosten der Verwaltung eher durch die Anzahl der Patienten als durch die Anzahl der Tage bestimmt wird (Abrechnung 1x pro Patient), oder durch die Anzahl des eingesetzten Personals pro Abteilung (z.b. Personalverwaltung). Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass pro Tag gleich hohe Labor/Radiologie-Kosten für Hüftfälle anfallen wie für Geburten. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 26
27 b) (ii) Andere Größen Idealerweise wird der Personalaufwand einer Prozedur/Diagnose direkt zugeordnet (Schnitt-Naht-Zeit) und entsprechend verteilt. Idealerweise lassen sich auch die Untersuchungen (Radiologie, Labor) direkt einzelnen Abteilungen oder Patienten zuordnen. Der Aufwand für Reinigung kann gut über die in Anspruch genommene Fläche verrechnet werden. Für die Küche bietet sich eher die Anzahl der Tage an. Kosten der Personalabteilung können auf das Personal umgelegt werden. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 27
28 Aufgabe 2.6. Indirekte Kosten und Diskontierung a) Welche Ansätze zur Bewertung indirekter Kosten kennen Sie? Was sind die impliziten Annahmen dieser Ansätze? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 28
29 a) Ansätze Humankapitalansatz Ermittelt den Verlust an Produktionspotential infolge einer Krankheit Annahme: Einkommen einer Person entspricht dem Gegenwert seiner Arbeitsleistung Indikator: Indirekte Kosten sind in der Regel das durch Krankheit entgangene Arbeitseinkommen Bei Erwerbsunfähigkeit und Tod wird das gesamte zukünftige Arbeitseinkommen bis zum durchschnittlichen Renteneintrittsalter berücksichtigt Theoretisch sind dies die wirklich individuellen Löhne und Gehälter. Da dies sehr großen Aufwand mit sich bringt, wird dies meist genähert (z.b. Alters- und Geschlechtsstandardisiert, etc.) Implizite Annahme bei Kalkulation mit Hilfe dieses Ansatzes: Vollbeschäftigung, wenn eine Person ausfällt kann die Leistung nicht durch jemand anderen kompensiert werden 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 29
30 a) Ansätze Friktionskostenansatz: Ermittelt den tatsächlichen Ausfall der Produktion / der HK-Ansatz arbeitet mit dem potenziellen Arbeitsausfall (dies impliziert Vollbeschäftigung) Friktionsperiode: Zeitspanne bis ein Unternehmen in Folge des krankheitsbedingten Arbeitsausfalls das ursprüngliche Produktionslevel wieder erreicht Kurzfristig ist also der Aufwand zu bewerten, wenn Arbeitsausfall von Kollegen kompensiert wird. Der Verlust wäre dann die Arbeit, die liegen bleibt Langfristig müssen die Suchkosten für einen Ersatz-Mitarbeiter sowie die Zeit bis zur Einarbeitung des neuen Mitarbeiters miteinbezogen werden Auch möglich: Verwendung von Zahlungsbereitschaft (dies wird in späterer Vorlesung erläutert). 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 30
31 Aufgabe 2.6. Indirekte Kosten und Diskontierung b) Warum ist bei einer ökonomischen Evaluation mit längerem Zeitraum eine Diskontierung von Kosten und Effekten notwendig? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 31
32 b) Diskontierung Nutzen/Wert von Geld aber auch die Wirksamkeit einer medizinischen Maßnahme hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt und für wie lange man darüber verfügt Da Aufwand und Nutzen, die zu verschiedenen Zeitpunkten anfallen, einen unterschiedlichen Wert haben, kann man sie nicht einfach addieren. Man muss sie zunächst um ihren Zeitwert adjustieren. Beispiel: Prävention gegen Herz-Kreislauf-Erkrankung Aufwand fällt sofort an (z.b. Umstellung auf spezielle Ernährung) Nutzen erst in ferner Zukunft Nutzen muss diskontiert werden Kein Konsens über die Höhe des zu wählenden Zinssatzes 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 32
33 b) Diskontierung Theorie: Zinssatz sollte die sozialen Opportunitätskosten ausdrücken In einem gut funktionierenden Kapitalmarkt = Zinssatz für Geldanlagen mit niedrigem Risiko, d.h. 3-5% in vielen Ländern (Weltbank hat oft höhere Zinssätze veranschlagt) Je höher der Zinssatz, desto niedriger ist der Wert von Nutzen der erst in der ferneren Zukunft akkumuliert, d.h. Entscheidungen über Ressourcenverteilung können empfindlich von der gewählten Abzinsung abhängen Gebiet mit vielen Diskussionen, insbesondere besteht keine Einigkeit über zeitinkonsistente Präferenzen. I.d.R. wird Zinssatz von 0-5% verwendet 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 33
34 Aufgabe 2.7. Bildung des Mengengerüsts und Preisbewertung a) Alte Klausuraufgabe In der Vorlesung haben Sie mehrere Methoden/Datenquellen zur Erfassung von direkten medizinischen Kosten kennen gelernt. Nennen und erklären Sie X dieser Methoden/Datenquellen! Diskutieren Sie für jedes der Instrumente separat die Vor- und Nachteile! 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 34
35 a) alte Klausuraufgabe tatsächliche Zeit- und Ressourcenmessung/Erfassung der Personalzeiten mit Stoppuhr Vorteil: Genauigkeit Nachteile: Ressourcenintensivität, dadurch evtl. nur begrenzt repräsentativ, Zugang zum Leistungserbringer (Datenschutz) tatsächliche Zeit- und Ressourcenmessung/Kostenwochenbücher Vorteil: zeitnahe Erfassung Nachteil: Ungenauigkeit, Unvollständigkeit, Zugang zum Leistungserbringer (Datenschutz), Non-Response-Problematik 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 35
36 a) alte Klausuraufgabe Befragung des ärztlichen Personals Vorteil: Aufwand Vertretbar, da Befragung über Fragebogen möglich Nachteil: Ungenauigkeit, Vollständigkeit/Priorisierung durch den Arzt, evtl. Schilderung eines leitliniengerechten Pfades anstelle des tatsächlichen, Zugang zum Leistungserbringer/Non-Response- Problematik Abrechnung der Leistungserbringer Vorteil: sehr kostengünstig, da bereits erhoben bzw. leicht zu erheben Nachteil: sehr ungenau/leistungskomplexe verhindern zunehmend detaillierte Erfassung, evtl. Diskrepanz zwischen Leistungsbeschreibung und tatsächlich erbrachter Leistung, vom Patienten selbst bezahlte Leistungsbestandteile werden nicht erfasst 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 36
37 a) alte Klausuraufgabe Erfassungsinstrumente der Leistungserbringer Vorteil: Aufwand gering, da bereits zu anderen Zwecken erhoben Nachteil: Zugang zum Leistungserbringer (Datenschutz), Rückgriff auf Definitionen des Leistungserbringers, Verfügbarkeit, Standardisierbarkeit von Daten Befragung der Patienten Vorteil: Aufwand vertretbar, da Befragung über Fragebogen möglich Nachteil: Ungenauigkeit, Unvollständig, Zugang zum Patienten (Datenschutz), Non-Response-Problematik Verwendung von Daten aus anderen Studien Vorteil: geringster Aufwand, da bereits erhoben Nachteil: Forschungszweck/Fallspektrum stimmt meist nicht überein, Interpolationen notwendig (Ungenauigkeit) 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 37
38 Aufgabe 2.7. Bildung des Mengengerüsts und Preisbewertung b) Für Hüftimplantationen bei Patienten im Alter zwischen 50 und 80 Jahren wurde ein neues Implantat eingeführt. Dieses ist im Preis höher, erste Studien deuten allerdings auf eine Verkürzung der Liegezeit und gleichzeitig eine Verlängerung der Rehaphase hin. Die Patienten klagen seltener über Schmerzen und müssen seltener physiotherapeutische Behandlungen in Anspruch nehmen. Welches Studiendesign würden Sie wählen? Fassen Sie sämtliche entstehende Kosten aus vier üblichen Perspektiven zusammen. Welche unterschiedlichen Möglichkeiten gibt es (je nach Perspektive), die Kosten monetär zu bewerten? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 38
39 Studiendesign b) Fallbeispiel Kosten-Minimierung: Nur wenn Outcomes identisch sind, dies ist nicht gegeben lauf Text (unterschiedliche Schmerzen) Kosten-Effektivitäts-Analyse: Outcome-Parameter muss identisch sein. Hier unterschiedliche Auswirkungen auf Lebensqualität möglich, deshalb vermutlich nicht ausreichend Kosten-Nutzwert-Analyse: Kann Unterschiede in Schmerzen abbilden, trotz höheren Aufwands vermutlich besser geeignet Kosten-Nutzen-Analyse: Prinzipiell geeignet, aber noch aufwändiger/methodisch problematisch als Kosten-Nutzwert- Analyse 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 39
40 b) Fallbeispiel Weg des Patienten in diesem Beispiel 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 40
41 Direkt medizinische Kosten b) Fallbeispiel Operation, Medikamente, Pflegestunden, OP Vorbereitung Arztkontakte, Pflegezeit, Sachkosten sowie anteilig Gemeinkosten Rehaaufenthalt analog Krankenhausaufenthalt Nachbehandlung: Ambulante Arztbesuche, Physiotherapie, Medikation, Hilfsmittel 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 41
42 b) Fallbeispiel Direkte nicht-medizinische Kosten Fahrtkosten: Zum Krankenhaus, zum Rehaaufenthalt, zur Arztpraxis, zur Physiotherapie, zur Apotheke, zum Sanitätshaus Pflegekräfte, Haushaltshilfen: Wenn Patient nicht in der Lage ist, alles selbst zu bewerkstelligen. Darunter fallen auch Hilfe von Familienangehörigen, Freunden, etc. Umbauten von Wohnungen (z.b. Treppenlift), Kauf spezieller Möbel Besuch von Schulungen, Kursen, etc. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 42
43 Indirekte Kosten b) Fallbeispiel Arbeitsausfall während Operation, Stationärem Aufenthalt und Reha-Aufenthalt Arbeitszeitausfall durch Arztbesuche, Physiotherapie etc. Arbeitsunfähigkeitstage nach Operationen Ggf. Berufsunfähigkeit 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 43
44 b) Fallbeispiel Relevanz der einzelnen Posten und Bewertung Gesellschaftsperspektive DMK: Sämtlicher Ressourcenverbrauch in allen Behandlungsstadien, bei Gemeinkosten anteilige Bewertung für Patienten Ideal: Marktpreise, vermutlich muss aber durch administrative Preise genähert werden Operation, Stationärer Aufenthalt Näherung durch DRGs Durchschnittliche Tageskosten nach Fachgebiet Reha Durchschnittliche Kosten, wenn nicht explizit angegeben Ambulante Arztkontakte: Wert je nach Facharzt Medikation: Preis/Festbetrag abzüglich GKV-Rabatt 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 44
45 b) Fallbeispiel DNMK: Der gesamte anfallende Aufwand Tatsächlich angefallener Aufwand zu Marktpreisen Fahrtkosten: 0,30 /km Haushaltshilfe: Opportunitätskosten basierend auf Durchschnittslohn Indirekte Kosten: HK vs. FK-Ansatz Aus individuellen Angaben lassen sich Löhne berechnen Ggf. Näherung basierend auf Patienten-Charakteristika (Alter, Ausbildung, Geschlecht) Klassisch: Humankapitalansatz, Sensitivitätsanalyse mit FK 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 45
46 Zahlerperspektive b) Fallbeispiel DMK: Tatsächliche Zahlungen, basierend auf DRG-Daten für OP und stationären Aufenthalt Abrechnungsdaten für Reha-Aufenthalt Medikation und Hilfsmittel nach Abrechnung der Krankenkasse Ambulante Arztbesuche nach ambulanten Abrechnungsdaten (EBM) 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 46
47 b) Fallbeispiel DNMK: Fahrtkosten wie von der Krankenkasse tatsächlich bezahlt Haushaltshilfe wie tatsächlich bezahlt Zuschüsse für Kurse, Umbau o.ä. Wenn keine Individualdaten vorhanden sind, Verwenden von administrativen Daten Indirekte Kosten Nur Leistungen, die direkt von der Krankenkasse erbracht worden sind Krankengeld, i.d.r. ab dem 43. AU Tag (je nach Tarifvertrag) Ggf. Folgekosten durch Komplikationen etc. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 47
48 b) Fallbeispiel Leistungserbringerperspektive (Krankenhaus) Direkt-medizinische Kosten Kosten für Arzt-, Pflege- und sonstiges medizinisches Personal Ausgaben für OP-Material Ausgaben für Medikamente, Wundversorgungsmaterial, etc. Tatsächliche Kosten, die anteilsmäßig auf Patient entfallen (Aufgabe 2.5.) Direkte Kosten Hotelkosten, Reinigungspersonal, Energiekosten Verwaltungskosten Tatsächliche Kosten, die anteilsmäßig auf Patient entfallen Indirekte Kosten Opportunitätskosten für belegtes Bett In dieser Zeit kann ein Bett nicht an lukrativeren Patienten vergeben werden Fragwürdige Kategorie, primär ethisch-moralisch aber auch in Bezug auf Versorgungsauftrag der Krankenhäuser 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 48
49 b) Fallbeispiel Patientenperspektive Direkt-medizinische Kosten: Zuzahlungen während des Krankenhausaufenthaltes Zuzahlungen während des Rehaaufenthaltes Zuzahlungen zu Arztbesuchen, Medikamenten, Heil- und Hilfsmitteln Tatsächlich bezahlte Beträge, ggf. berechnen an Hand der Medikamentendaten Direkte Kosten: Fahrtkosten zu Behandlungen Wenn durch KK übernommen, dann Zuzahlungen Privat zu bezahlende Haushaltshilfe/Hilfskräfte o.ä. Tatsächlich bezahlte Beträge Indirekte Kosten: Ggf. Differenz normaler Lohn/Gehalt und Krankengeld bzw. Renten Tatsächliche Beträge 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 49
50 Aufgabe 2.7. Bildung des Mengengerüsts und Preisbewertung c) Sie arbeiten in einem Unternehmen, das Medizinprodukte herstellt. Nachdem sich die Ausfallzeiten der Angestellten auf Grund von Rückenproblemen häufen, kommt von Seiten der Geschäftsleitung die Idee auf, eine medizinische Rückenschulungsmaßnahme durchzuführen. Sie wurden damit beauftragt, aus Unternehmensperspektive alle relevanten Kosten zu erfassen. Wie sollten die Kosten monetär bewertet werden? Welches Design würden Sie wählen? 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 50
51 c) Rückenschulmaßnahme Unternehmensperspektive Direkte medizinische Kosten: Kursgebühren, Honorar für Dozenten etc. Material, das für den Kurs nötig ist, bspw. Gummiseile, Lehrbücher, etc. Bewertung mit tatsächlich entstehenden Preisen Direkte Kosten: Fahrtkosten, wenn Kurs an anderem Ort stattfindet Miete und Nebenkosten für Räumlichkeiten, in denen der Kurs stattfindet, ggf. Opportunitätskosten wenn eigene Räume benutzt werden Bewertung mit tatsächlich gezahlten Preisen 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 51
52 c) Rückenschulmaßnahme Indirekte Kosten: Ausfall an Arbeitszeit, 2 Arten dies zu ermitteln Humankapitalansatz: Was kostet eine Stunde Arbeit eines bestimmten Mitarbeiters? (nicht der Verdienst, die Kosten!), Multiplikation des Zeitaufwands mit diesem Satz Friktionskostenansatz: Wie viel Arbeit bleibt während des Kurses tatsächlich liegen? : Ermittlung des tatsächlichen Aufwands, der nicht durch andere Mitarbeiter kompensiert werden kann. Wenn andere Mitarbeiter eigene Arbeit liegen lassen, um dies zu kompensieren, ist diese Arbeit heranzuziehen: Indirekte Kosten entsprechen diesem Aufwand 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 52
53 Studiendesign c) Rückenschulmaßnahme Kosten-Minimierung: Gegenüberstellung der Kosten der Maßnahme für das Unternehmen und den Einsparungen, die durch weniger Fehltage entstehen Kosten-Effektivität: Kosten: In Verbindung mit der Maßnahme stehende Aufwendungen durch das Unternehmen. Effekte: Fehltage wegen Rückenschmerzen/Produktivität o.ä. 03. November 2015 Ökonomische Evaluation von Gesundheitstechnologien 53
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