(Um)Verteilung durch das Steuerund Abgabensystem - Empirie, Politik -
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- Julia Scholz
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1 (Um)Verteilung durch das Steuerund Abgabensystem - Empirie, Politik - WSI-Sommerschule 2009 in Berlin-Pichelsee
2 Ungleiche Abgabenverteilung beim privat verfügbarem Volkseinkommen in % Nettolohnquote Nettogewinnquote Hj Nettogewinnquote 29,8 31,2 30,9 32,1 31,8 31,2 30,8 31,0 30,4 31,0 31,2 32,6 33,7 34,0 35,8 Nettolohnquote 48,1 44,5 43,4 42,0 42,3 42,6 43,1 42,9 42,7 41,7 42,0 41,2 40,6 41,2 39,3 Quelle: Statistisches Bundesamt/Claus Schäfer. 2
3 Abgabenbelastung von Arbeits- und Kapitaleinkommen der privaten Haushalte - Deutschland Jahr Lohnsteuerbelastung der Bruttolöhne und - gehälter 1) Beitragsbelastung der Bruttolöhne und -gehälte r2) Belastung durch Sozialbeiträge auf Gewinn- und Vermögenseinkommen 4) Belastung durch direkte Steuern auf Gewinn- und Vermögenseinkommen 3) % % % % - alte Bundesländer ,3 9,4 20,0 3, ,8 10,7 16,1 2, ,8 12,8 15,3 3, ,2 14,2 9,8 3,0 - alte und neue Bundesländer ,3 14,3 8,1 3, ,7 15,6 4,9 3, ,4 16,1 7,7 3, ,6 16,0 7,7 3, ,7 16,1 6,7 3, ,7 16,4 5,6 3, ,5 16,4 5,3 3, ,2 16,7 5,9 2, ,5 17,2 7,1 2, ,9 17,1 8,3 2, ,6 17,5 9,0 2,4 Quelle: Statistisches Bundesamt; Berechnungen des WSI. 3
4 Die gesamte Steuerlastverteilung in Deutschland - in % Anteil der "Massensteuern" am gesamten Steueraufkommen Lohnsteuer 1)2) 11,8 22,8 30, ,1 Umsatz- und Verbrauchssteuern 3) 21,7 17,4 25,6 36,2 35,9 35,9 Mineralöl- bzw. Energiesteue 4) 3,0 7,5 5,8 8,9 7,2 7,2 Zusammen 37,5 47, ,1 69,1 70,2 Anteil der Gewinnsteuern am gesamten Steueraufkommen Veranlagte Einkommensteuer1) 5) 31,1 10,4 10,1 2,4 4,9 5,7 Nicht veranlagte Steuer v. Ertrag 1) 1,2 1,3 1,2 2,3 2,7 2,8 Körperschaftsteuer 1) 9,5 5,7 5,8 3,8 5,0 3,6 Gewerbesteuern 10,5 7,9 7,8 7,1 7,5 6,2 Zinsabschlag 1) ,6 2,2 2,4 Zusammen 34,7 25,5 24,9 17,2 22,3 20,7 Anteil der sonstigen Steuern am gesamten Steueraufkommen Zusammen 27,8 27,1 13,1 9,7 8,6 9,1 1) Einschließlich Solidaritätszuschlag. 2) Nach Abzug des seit 1996 aus dem Lohnsteueraufkommen gezahlten Kindergeldes (2006: 34,9 Mrd. ) und der Altervorsorgezulage für die Riesterrente (2006: 0,5 Mrd. ). 3) Ausgewählte Verbrauchsteuern: Strom-, Tabak-, Branntwein-, Kaffeesteuer. 4) 2006 Bemessungsgrundlage erweitert (mit geringfügigen Auswirkungen auf das Steueraufkommen) und umbenannt in Energiesteuer. 5) Nach Abzug der aus dem Aufkommen der veranlagten Einkommensteuer gezahlten Investitionszulagen, Eigenheimzulagen und Erstattungen an Arbeitnehmer (2006 zusammen 25,7 Mrd. ). Quelle: Bundesministerium der Finanzen/Arbeitskreis Steuerschätzung - Berechnungen des WSI -. 4
5 5 Vizeweltmeister im Steuersenken Internationale Steuerpolitik ,4 0,5 0,9 1,1 1,3 1,4 1,8 2, , , ,4-2,3-2,2-1,9 2,6 3,0 3,7 Irland Deutschland USA Japan Dänemark Niederlande Großbritannien Finnland Griechenland Schwerden Italien Belgien Portugal Österreich Spanien Frankreich Norwegen Anmerkung: Veränderung der Steuerquote in Prozentpunkten. Quelle: OECD Revenue Statistics, 1996 bis 2005, Paris 2005.
6 6 Implizite Steuersätze auf Kapital 2000 und ,8 50,5 36,0 44,9 44,7 42,7 29,7 42,4 38,1 40,7 29,6 36,2 43,4 35,9 32,7 34,0 29,3 31,1 27,3 29,8 25,5 28,7 36,0 26,7 27,3 26,1 20,9 25,6 28,9 24,4 15,7 23,1 17,5 22,9 16,4 20,8 11,2 14,6 7,2 6,0 12,1 10,3 Estland Litauan Lettland Niederlande in % Zypern Dänemark Großbritannien Spanien Frankreich Italien Schweden Portugal Belgien EZ16* EU27* Finnland Österreich Tschechien Deutschland Slowenien Slowakei *gewichtetes Mittel Quelle: Eurostat.
7 5,3 3,7 3,0 2,5 3,6 2,2 2,5 1,4 7 Prozentualer Anteil der Vermögens- und Unternehmensteuer an allen Steuern in OECD-Staaten 2,7 29,4 9,1 21,6 13,2 14,2 9,1 16,8 9,3 13,9 12,4 10,8 11,1 11,8 10,1 11,1 9,1 11,9 5,2 15,8 9,0 11,5 8,0 10,1 5,7 10,9 8,0 6,8 1,2 13,0 5,1 8,3 4,7 8,7 5,1 8,1 4,4 8,6 3,8 8,8 3,1 8,4 1,5 9,7 7,2 5,8 5,3 6,2 5,9 7,5 7,8 6,1 Finnland Türkei Ungarn Deutschland Österreich Polen Schweden Unternehmenssteuer Vermögenssteuer Norwegen Australien Südkorea Japan Luxemburg Großbritannien USA Kanada Irland Niederlande Spanien Schweiz OECD Frankreich Tschechien Belgien Niederlande Italien Griechenland Dänemark Portugal Slowakei Island *Vermögenssteuer i.w.s. (beinhaltet Vermögensteuer i.e.s. sowie Erbschafts-, Schenkungs- und Grundsteuer. Quelle: OECD, eigene Berechnungen.
8 Steuern auf Vermögen* als Anteil am gesamten Steuer- und Sozialbeitragsaufkommen (2006) (ausgewählte Länder) Südkorea Großbritannien 12,4 in % 13,2 USA 11,1 Japan 9,1 Schweiz Frankreich 8,0 8,0 OECD-Durchschnitt 5,7 Italien Niederlande 4,7 5,1 Schweden Deutschland 2,5 3,0 Österreich Tschechien 1,4 1,2 *(Vermögen-, Erb-, Grundsteuer u. ä.) Quelle: OECD. 8
9 Erbschaftsteuer Deutschland schont reiche Erben 9
10 Steuern und Sozialabgaben in der EU Anteile an der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt) ,1 14,3 44,3 16,3 Steuern 41,9 41,0 14,4 12,6 Sozialbeiträge 38,5 37,2 7,0 16,4 34,7 13,9 29,4 26, ,8 28,0 27,5 28,4 22,1 30,2 20,8 11,0 6,6 18,4 20,2 0 Schweden Frankreich Österreich Italien Tschechien Großbritannien Deutschland Slowakei Die Abgabenlast liegt in Deutschland weit unter dem europäischen Durchschnitt. Quelle: Eurostat. USA 10
11 Sozialquote in Deutschland und ihre Finanzierung Unternehmer wurden entlastet 30,3 31,2 31,3 29,0 Sozialquote 33,1 35,7 38,3 37,9 Finanzanteil Staat 26,8 26,0 26,4 26,9 Finanzanteil Versicherte 37,7 36,1 33,6 33,3 Finanzanteil Arbeitgeber Sonstige Die Sozialleistungen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung lagen 2008 auf dem niedrigsten Stand seit Die Arbeitgeber wurden immer mehr entlastet. Quelle: Sozialbericht
12 Trotzdem Belastung: Entlastung: weiter Umverteilung von unten nach oben durch die Große Koalition! von unteren Einkommen (Arbeitnehmer, Rentner, Arbeitslose u. a.) durch Mehrwertsteuererhöhung, weitere Maßnahmen von oberen Einkommen (aus Arbeit, Unternehmenstätigkeit, Vermögen) durch Unternehmensteuerreform 2008 Abgeltungssteuer für Zinseinkommen 2009 Erbschaftsteuerreform
13 Steuerentlastungen vergrößern das Defizit an sozialer Gerechtigkeit (Vermögensbildung für Reiche durch Steuerpolitik) Verteilungswirkungen der Rot-Grünen Einkommensteuer-Reformen ) Zu versteuerndes Einkommen Netto-Einkommen nach Steuern Entlastungwirkung/ Einkommenserhöhung Durschnittl. Steuersatz in % Netto-Einkommen Durchschn. Steuersatz in % Netto-Einkommen nominal 2) in % nominal 2) in Euro , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ) Tarifeffekte einschließlich der 3. Reformstufe. 2) Erhöhung des Netto-Einkommens 2004 in Prozent des Netto-Einkommens von 1998, die auf die reformbedingte Senkung des Steuersatzes im Zeitpunktvergleich zurückgeht. Ohne Berücksichtigung von Preissteigerungen. Quelle: Prof. G. Corneo / FU Berlin 13
14 Steuerentlastungen vergrößern das Defizit der öffentlichen Hand Mindereinnahmen infolge von Steuersenkungen trugen so zum Haushaltsdefizit bei (in Prozent des BIP) ,1% -0,1% -1,5% -1,2%* -1,1% -1,2% -1,1% -1,7% -2,0% -3% Maastricht-Schuldengrenze -2,8% -3,7% -4,0% *ohne Erlöse aus der Versteigerung von UMTS-Lizenzen Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen Truger/IMK ,8% -3,3% 14
15 Fazit I: Korrekturnotwendigkeiten der Abgabenpolitik Stabilisierung und Verbesserung der sozial/staatlichen Einnahmen- (und Ausgaben-)Basis - und der Binnennachfrage (Wieder-)Herstellung sozialer und demokratischer Lastenverteilung Tendenzielle Steuer(ähnliche)Finanzierung der Sozialversicherung (und ihr Umbau zu einer Bürgerversicherung mit breitestmöglicher Bemessungs- und Erfassungsgrundlage) Steuern durch (Umwelt- oder Nachhaltigkeits-)Steuern (z. B. Streichung der Steuerfreiheit für Flugbenzin) Zusammengefasst: Primat der Politik über steuerscheue, aber infrastruktur- und sicherheitshungrige Bürger/Unternehmen. (Oder auch: Die Priorität gesellschaftlicher Daseinsvorsorge - und die dienende Finanzierungsfunktion von Staatseinnahmen.) 15
16 Fazit II: Besondere Probleme der Abgagabenpolitik - Ansätze für Alternativen Die Sozialabgabenlast bei unteren und oberen Einkommen. Der Mittelstandsbauch bei der Steuerlast (u. a. zu schnelle Progression). Die Schonung von hohen Einkommen bei Steuern und Abgaben (geringer Spitzensteuersatz, Beitragsbemessungsgrenze, keine Vermögensteuer, geringe Erbsteuer). Die Steuerflucht ins Ausland. Die Steuerflucht im Inland: mangelhafter Vollzug des bestehenden Steuerrechts durch unterbesetzte Finanzämter (v. a. Betriebsprüfer), aber auch zu wenig Quellensteuer statt z. B. der Abgeltungssteuer; unbeachtete Mahnungen der Rechnungshöfe, Steuerwettbewerb zwischen den Bundesländern/fehlende Bundes-Steuerverwaltung. 16
17 Fazit III: Einzelmaßnahmen zur Einnahmeverbesserung Automatische Mehreinnahmen durch Ersatz des Exportüberschusses durch Binnennachfrage (ca. 30 Mrd./J. auf Basis 2007/08) Abbau von Subventionen bei prekären Beschäftigungsverhältnissen (Abschaffung von 1- -Jobs, Equal pay bei Leiharbeitnehmern) Einführung eines einheitlichen gesetzlichen Mindestlohnes (bei 7,50 /Std. ca. 4 Mrd.) Diskretionäre Mehreinnahmen durch (kurzfristige) Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze in der SV Wiederbelebung der Vermögensteuer (ca. 20 Mrd./J.) Re-Reform der Erb- und Schenkungsteuer (ca. 5 Mrd.) Abschaffung der Abgeltungssteuer (Wiederherstellung der synthetischen Besteuerung aller Einkunftsarten) Wiedererhöhung des Spitzensteuersatzes (bei Glättung des Mittelstandsbauchs in der Progressionszone) Tobinsteuer bzw. Börsenumsatzsteuer u. ä. 17
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