Einführung in die Kern- und Teilchenphysik I Vorlesung Kernfusion: Energieerzeugung Funktionsweise von Fusionsreaktoren
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- Werner Morgenstern
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1 Einführung in die Kern- und Teilchenphysik I Vorlesung Kernfusion: Energieerzeugung Funktionsweise von Fusionsreaktoren
2 Kernfusion: Grundlagen Vorteile der Kernfusion Praktisch unbegrenzte Energievorräte (Deuterium aus Meerwasser gewinnen) Wenig Radioaktivität im Betrieb Wenig radioaktiver Abfall Kein/Geringes Sicherheitsrisiko (hohe Temperaturen aber sehr geringe Teilchenanzahl im Reaktor) Probleme Technische Umsetzung? Energieüberschuß? Wirtschaftlicher Betrieb?
3 Energieewinnung Kernfusion: Grundlagen D + D 3He + n + 3,3 MeV D + D T + p + 4,0 MeV D + 3He 4He + p + 18,3 MeV D + T 4He + n + 17,6 MeV Fusionskraftwerk 24 Größenordnungen größter Wirkungsquerschnitt Reaktor: höhere Temperaturen erreichbar als in der Sonne H + H D + e+ + ν + 0,4 MeV usw... Q gesamt +26 MeV K bar Sonne 1 kev 107 K
4 Kernfusion: Grundlagen Das Produkt aus der Ionendichte, der Energieeinschlusszeit und der Ionentemperatur 12 kbt2 n t E T > <σv>ε kb Boltzmann-Konstante σ Reaktionswirkungsquerschnitt v Teilchengeschwindigkeit ε Energie pro Fusion muss einen Wert > 1021 kevs/m3 erreichen (Lawson-Kriterium: selbsttragende Kernfusion: brennt ohne Energiezufuhr weiter + erzeugt Energie) Das bedeutet für die individuellen Werte: Dichte: m 3 Einschlusszeit: 1-2 s Temperatur: 15 kev ( K) Im Labor: Lawson-Kriterium bislang nicht erreicht Fusion via Magneteinschluss Lawson-Kriterium muss nicht vollständig erfüllt sein Fremdheizung
5 Funktionsprinzip eines Fusionskraftwerks Tritium wird im Brutblanket erbrütet Endprodukte Neutronen Brenn-/Brutstoffe Fusionsplasma im Magnetfeld eingeschlossen Kühlkreislauf H + 3H 4He + 1n 2 Dampfmaschine Stromerzeugung Q = 17,60 MeV
6 Tritium-Produktion Brutblanket zur Tritiumproduktion 6 3 Li + 01n 24He + 13H Q = 4,79 MeV 7 3 Li + 01n 24He + 13H + 01n Q = MeV (endothermisch, hochenergetische Neutronen notwendig) Neutronenvermehrung: n + 9Be 2 4He + 2n - 1,6 MeV n + Pb X + 2n
7 Aufheizen des Brennmaterials Coulombabstossung zwischen den positiven Kernen überwinden Mehrere Heizmethoden: elektromagnetische Wellen einkoppeln (Wechselfelder) Plasmateilchen in Resonanz mit Welle Beschleunigung Aufheizung Sonne Magnetfelder erzeugen elektrische Felder Beschleunigen Plasmateilchen Kollisionen Widerstand Aufheizung Widerstand des Plasmas nimmt mit Erde: Van-Allan-Gürtel steigender Temperatur ab, Heizen nur bis 107 K möglich. Ionenquelle + Beschleuniger geladenes Deuterium entferne Ladung neutrales hochenergetisches Deuterium ins Plasma Kollisionen Aufheizung Fusionsreaktor: Betrieb bei 200 Millionen K alle Atome ionisiert Plasma (Mischung aus positiven Ionen und Elektronen)
8 Einschluss des Fusionsplasmas Sonne Polarlicht Quelle: Wikipedia TRACE/NASA Plasma: es herrschen die langerde: Van-Allan-Gürtel reichweitigen Coulombkräfte vor Problem: Teilchen dicht zusammenbringen? Kontakt mit Reaktorwand vermeiden? Magnetfelder schließen heisses Plasma ein magnetische Flasche
9 Quelle: Wikipedia Einschluss des Fusionsplasmas Magnetische Flasche: zwei magnetische Spiegel Reflexion möglich Einschluss geladener Teilchen (Plasma) Drift- und Kreisbewegung: Geladene Teilchen bewegen sich auf Spiralen um Magnetfeldlinien.
10 Einschluss des Fusionsplasmas Die Magnetfeldlinien müssen jetzt zu einem Ring geschlossen werden. Eine optimale Dichte erhält man in einem Toroiden mit einem poloiden Feld, welches zu einer Verdrillung der Feldlinien führt. Die Überlagerung der beiden Felder erzeugt eine magnetische Oberfläche, die die geladenen Teilchen zusammenhält.
11 Einschluss des Fusionsplasmas Zwei Konzepte: Tokamak und Stellarator Tokamak = Toroidale Kammer in Magnetspulen Teilchen auf Torusoberflächen separiert Problem: Turbulenzen Stellarator: Dauerstrichbetrieb möglich Teilchenbahnen im Stellarator
12 Einschluss des Fusionsplasmas ASDEX-Tokamak (Garching) Quelle: Günther Hasinger IPP
13 Einschluss des Fusionsplasmas Wendelstein 7-X Stellarator (Greifswald) blau: Magnetspulen gelb: angestrebte Form des Plasmas grün: Beispiel einer Feldlinie auf Plasmaoberfläche Vorteile: Kein toroidaler Strom im Plasma geeignet für Dauerstrichbetrieb Vermeidung von Instabilitäten im Plasma
14 Einschluss des Fusionsplasmas Wendelstein 7-X Stellarator (Greifswald) Feldstärke: 3 T Temperatur: bis 130 Millionen K Einschluss: 0,5 h Plasma-Masse: bis 30 mg (1020 Teilchen) Plasmavolumen: 30 m3
15 Fusionskraftwerk: Abfallprodukte
16 Stromerzeugung mittels Kernfusion? /DEMO 1016 kevsm-3 = Lawson-Kriterium ntet > 1021 kevsm-3
17 Stromerzeugung mittels Kernfusion?
18 Tokamak Fusionsreaktor ITER International Thermonuclear Experimental Reactor Internationales Forschungprojekt Betrieb ~ 20 Jahre, D-T Fusion (externe Tritiumzufuhr Brutblanket optional) erstmals Fusionsplasma für langen Zeitraum erzeugen Tokamak: kein Dauerstrichbetrieb Lawson-Kriterium nicht erfüllt >50% der Weltbevölkerung >80% des GDP Aufteilung der Kosten Folgeprojekt: Stromproduktion mit DEMO (nach 2030) Deutliche Kostensteigerung seit Heutige Kosten: ~7 Mrd. EU: 45%
19 Tokamak Fusionsreaktor ITER Technische Daten Fusionsleistung 500 MW Fusionsleistung / Heizleistung (ohne alpha-heizung) Q 10 Quelle: 0,57 MW/m2 Mittlere Neutronenbelastung der Wände Brenndauer des Plasmas 300 Sekunden Plasmastrom (durch Transformator induziert) 15 MA Plasmavolumen 837 m Installierte externe Heizung 73 MW Toroidales Magnetfeld 5,3 T 3 Aktueller Zeitplan 2006 Projektbeschluss Bauplatz Vorbereitung 2010 Ausschactung Reaktorkomplex 2013 Baubeginn Reaktorkomplex Aufbau Tokamak 2020 erstmals Betrieb mit Plasma 2027 Start D-T Fusion
20 Bildquellen: Süddeutsche Zeitung ITER Aufbau Cadarache, Frankreich
21 Quelle: ITER Aufbau
22 ITER Aufbau Bildquelle: Wikipedia ITER Kryostat ~30 m Höhe x 24 m Durchmesser Jefferson Memorial (Washington DC) ~29 m Höhe Abraj Al-Bait Towers, Mekka 600 m Höhe
23 ITER Systeme
24 ITER Tokamak 24 m Blanket Quelle: Magnetsystem Vacuum Vessel (Plasmakammer) Shield (Blanket Hülle) 30 m Divertor Mensch
25 ITER Magnetsystem Poloidale NbTi Feldspulen (PF) formen und positionieren Plasma Supraleitende Nb3Sn Feldspulen (TF) erzeugen einschließendes und stabilisierendes toroidales Magnetfeld Nb3Sn Zentraler Nb3Sn Solenoid Feldspulen (CS) erzeugen Strom im Plasma TF TF TF Weitere Spulen optimieren Magnetfeld und stabilisieren Plasma Gesamtgewicht Magnetsystem ~ 8700 t Quelle: CS
26 ITER Blanket Blanket Vacuum Vessel Divertor
27 ITER Blanket 440 Blanket Module - Be-Beschichtung auf wassergekühltem Kupfersubstrat - Kühlmittelkanäle Zunächst nur als Neutronenschild - Tritium-Brüten via einfügbare Testmodule Quelle: Stabilität gegen elektromagnetische Kräfte
28 Quelle: ITER Brennstoffversorgung
29 Alternativen zur magnetischen Fusion Lawson-Kriterium erfüllen durch Trägheitsfusion, z.b. ausgelöst durch Laserbeschuss Laser Laser- oder Röntgenstrahlung heizt Oberfläche des Fusionstargets auf Entstehung Plasmaatmosphäre Laserpuls fortgesetzt Brennstoff erreicht Dichte und Temperatur für Fusion - 20fache Dichte von Blei - Temperatur 108 K nach innen gerichteter Implosionsdruck des Oberflächenmaterials Fusionsbrennstoff komprimiert Fusionsreaktion im Brennstoff freigesetzte Energie: Vielfaches der Laserenergie
30 Trägheitsfusion National Ignition Facility (NIF) am Lawrence Livermore National Laboratorium 192 Laser 423 TW Spitzenleistung NOVA, LLNL Target chamber Verwendung: Ersatz für Kernwaffentests Finanzierung durch Militär
31 Trägheitsfusion Laser heizt Hohlraum, dieser emittiert Röntgenstrahlung Röntgenstrahlen komprimieren D-T Brennstoffkapsel gleichmäßiger als der originale Laserstrahl. Hohlraum D-T Kapsel (2mm)
32 Trägheitsfusion Freigesetzte Energie entspricht ungefähr einer Handgranate. Targetbereich Targetbereich nach dem Laserbeschuß
33 Energieerzeugung mit Antimateriekernen? Materie-Antimaterie-Vernichtung, z.b. D D Materie vollständig in Energie umwandeln pp γγ E=2mpc2 = J = 1876 MeV 1g E= J = MeV 21 kt TNT Probleme: - Herstellung von Antiteilchen Batterie(!)-betriebener Antimateriespeicher + + e aus β Zerfall Anzahl gering Bild: aus Film Angels and Demons + p, e aus Teilchenkollision Energiebilanz Teilchen-Antiteilchen paarweise erzeugen - Wirkungsquerschnitt XX γγ - Lagerung Magnetfelder: Teilchen können entweichen
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