Angelo Pichierri Die Hanse - Staat der Sttidte

Transkript

1 Angelo Pichierri Die Hanse - Staat der Sttidte

2 Stadt, Raum und Gesellschaft Herausgegeben von Hartmut Haufiermann Detlev Ipsen Thomas Kramer-Badoni Dieter Lapple Marianne Rodenstein Walter Siebel Band 10

3 Angelo Pichierri Die Hanse - Staat der Sttidte Ein okonomisches und politisches Modell der SHidtevernetzung Leske + Budrich, Opladen 2000

4 Aus dem Italienischen iibersetzt von Margaretha Brei!. Die Originalausgabe erschien 1997 bei Marsilio Editori S.P.A., Venezia unter dem Titel "Citta stato. Economia e politica del modello anseatico". Gedruckt auf saurefreiem und alterungsbestandigem Papier. Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz flir diese Publikation ist bei der Deutschen Bibliothek erhaltlich. ISBN ISBN (ebook) DOI / Leske + Budrich, Opladen Das Werk einschlieblich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auberhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Veri ages unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere flir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

5 Inhalt Vorwort... 7 Danksagung... 9 Die Hanse: ein Organisationsmodell fur Europa? Raum, Zeit, Akteure und Ereignisse Tabellarische Chronologie der hanseatischen Geschichte Kollektive Identitat Vielfaltige Zugehi::irigkeiten Aufstieg und Innovation Faktoren des Niedergangs Schlussfolgerungen aus dem hanseatischen Modell Verwendete Literatur

6 Vorwort In Angelo Pichierris Untersuchung der Hanse verbinden sich verschiedene Disziplinen und Diskussionsstdinge zu einer neuen Einheit. Sie ist ebenso ein Knoten in einem diskursiven Netz, wie die Stadte der Hanse Knotenpunkte in einem sozio-okonomischen und politischen Netzwerk waren. Pichierri arbeitet mit dem publizierten Quellen der Historiker, mit ihren Interpretationen, aber er nimmt eine soziologische Perspektive ein, die nach den Bedingungen des Funktionierens der Hanse fragt. Er analysiert die okonomischen und politischen Voraussetzungen des Aufstiegs und des Niedergangs der Hanse ganz umfassend, aber ganz nebenbei unterzieht er auch das marxistische Theorem der Uberlegenheit produktiven Kapitals gegeniiber dem Handelskapital einer kritischen Wiirdigung. Das spannendste an Pichierris Buch ist fiir mich der Versuch, aus der historischen, aber soziologisch gerichteten Rekonstruktion der Funktionsweise der Hanse Lehren fiir die Funktionsvoraussetzungen iibernationaler Stadteund Regionsvernetzungen zu ziehen. Er tut dies in einer Situation, die in Europa einerseits von einer zunehmend gewichtiger werdenden politischen Zentrale und andererseits von immer noch politisch machtigen, aber ihre Macht zunehmend auf die Zentrale verlagernden Nationalstaaten gepragt ist. Und in einer Situation, in der die Okonomie langst jeden nationalen Rahmen verlassen hat und nur noch in einem globalen Kontext agiert - und nur in dies em verstanden werden kann. Diese Situation ahnelt in Manchem den politischen und okonomischen Kontexten, in deren Rahmen die Hanse entstehen, sich entfalten und iiber einen langen Zeitraum am Leben erhalten konnteo Politisch begiinstigen der Spannungsbogen zwischen der iibernationalen Zentrale und den Nationalstaaten, die noch unausgegorene Machtsruktur der Europaischen Union das Entstehen neuer Akteure eben so wie die ungreifbaren Strukturen einer globalisierten Okonomie. Die sich iibernational vernetzenden Stadte und Regionen fiillen dieses Machtvakuum aus, nicht durch Machtzuweisung seitens der Nationalstaaten, sondern aus Konkurrenz- und Kooperationsnotwendigkeiten heraus, die in einer flu ide gewordenen Oko- 7

7 nomie nicht mehr durch nationalstaatliche Konkurrenz und Kooperation zufriedenstellend erfiillt werden konnen. Das Thema der vernetzten Strukturen und der neuen Akteure in diesen Netzen zieht sich durch die ganze Untersuchung, zunachst an der Hanse als Modell herausgearbeitet, dann vorsichtig auf die Stadte- und Regionsvernetzungen im heutigen Europa ubertragen. Ein innovativer Zugang, der die Strukturen des sich vereinigenden Europa in einem neuen Licht erscheinen labt. Bei dem Versuch der Ubertragung der Ergebnisse seiner modellhaften Rekonstruktion der Hanse kommen Pichierri seine empirischen Untersuchungen der ubernationalen Regionsvernetzungen, wie er sie z.b. an der italienisch-franzosischen Region Rhone-Alpes durchgefiihrt hat, ebenso zugute wie seine feste Verankerung in den neoregionalistischen Diskussionskontexten. Vor allem aber wirken sich die Rekonstruktion der Hanse und das hierfiir von Pichierri entwickelte Instrumentarium auch in umgekehrter Richtung auf die Konstruktion der Vernetzung aus: Die Aktualisierung des Konzeptes einer kollektiven Identitat, die Pichierri vornimmt, holt einen Begriff aus der Versenkung, der angesichts des Globalisierungsprozesses keine Bedeutung mehr zu haben schien. Aber gerade unter den Voraussetzungen der Globalisierung und des europaischen Zusammenschlusses konnten lokale soziokulturelle Bedingungen sowie das sich in einer kollektiven Identitat ausdrukkende BewuBtsein dieser Situation erheblich an Gewicht gewinnen. Jedenfalls lassen sich die Akteure in den vernetzten Strukturen nicht ohne eine kollektive Identitat denken. So1chermaBen gestiirkten Akteuren konnte dann die Aufgabe zufallen, die globalisierten okonomischen Prozesse an die vernetzten lokal-regionalen Strukturen zuruck zu binden. Thomas Kriimer-Badoni Bremen, im Dezember