5 Syntaktische Relationen: Dependenz
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1 Übersicht 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.1 Dependenzstruktur Eigenschaften der Dependenzstruktur Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Typen von Dependenzrelationen Methoden zur Komplement/Adjunkt-Unterscheidung 5.2 Syntaktische Funktionen Grammatische Relationen Grammatische Relationen im UD-Annotationschema Attributfunktion 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik 5.4 Zusammenfassung
2 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 2
3 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.1 Dependenzstruktur 5.1 Dependenzstruktur 3
4 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur Eigenschaften der Dependenzstruktur Ergebnis Konstituentenanalyse (Eliminierungstest): bestimmte Wörter nur mit anderen eliminierbar: unilaterale Abhängigkeit: eine sehr schwierige Aufgabe *eine sehr schwierige Aufgabe (* = ungrammatisch) eine sehr schwierige Aufgabe 4
5 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur bilaterale Abhängigkeit: Beantworte den Brief *Beantworte den Brief *Beantworte den Brief 5
6 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur Dependenzrelation < Y, X > = binäre (zweistellige) Relation zwischen zwei Wörtern X und Y, wobei (das Vorkommen oder die Form von) Y von (dem Vorkommen oder der Form von) X abhängt asymetrische Beziehung: wenn Y abhängig von X ist, dann ist X nicht abhängig von Y kontrolliert X Y abhängig von 6
7 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur Kontrolle als umgekehrte Dependenzrelation < X, Y >: X regiert Y (X ist Regens) Darstellung Kontrollrelation mit Pfeilen (gerichteter Graph) oder implizit durch vertikale Anordnung X X Y Z Y Z 7
8 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur Relation der unmittelbaren und der mittelbaren Abhängigkeit: X Y Z unmittelbar abh. mittelbar abh. zum Vergleich: XP Kopf Kopf Dependens Dependens Dependens Dependens Abbildung 1: Konstituenten- und Dependenzstrukturschema 8
9 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur Dependenzstruktur Dependenzstruktur: Menge der durch die Relation der Dependenz/Kontrolle verbundenen lexikalischen Einheiten (Wörter; ggf. auch Stämme und Affixe) direkte Untersuchung der hierarchischen Beziehungen der Einheiten im Satz (wie ihr Vorkommen und ihre Form voneinander abhängen) Verb als Wurzelknoten des Satzes, von dem alle anderen Knoten unmittelbar oder mittelbar abhängen 9
10 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur in einer Phrase: Kopf kontrolliert Dependenten; Dependenten hängen von Kopf ab ein Wort kann nur von einem anderen Wort abhängen: nur 1 Kopf pro Dependent! (aber mehrere Dependenten pro Kopf) jagt Hund Katze in der kleine die Park dem Abbildung 2: Einfacher Dependenzbaum (auch: Stemma) 10
11 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur jagt Hund Katze in der klein die Park dem der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 3: Dependenzbaum mit Berücksichtigung der linearen Ordnung: Linksversetzung markiert Vorgänger-Relation; gestrichelt = Projektionslinien, von 2-dim Depstr auf 1-dim Wortfolge 11
12 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur V N N P DET ADJ DET N DET der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 4: Dependenzbaum mit Wortartenangaben 12
13 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Eigenschaften der Dependenzstruktur S NP VP DET ADJ N V NP PP DET N P NP DET N Der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 5: zum Vergleich: Konstituentenstruktur 13
14 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur XP X X Y Z Y Z Abbildung 6: Konstituenten- und Dependenzstrukturschema 14
15 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Übersicht Dependenzstruktur: Elemente der Struktur (Knoten) Wörter Relationen der Struktur (Kanten) Dependenzrelationen (z. B. Subjekt, Objekt) syntaktische Kategorien gerichtete Kanten = Dependenzrelationen Kategorientyp funktional / relational Strukturinformationen in Kanten des Syntaxbaums (funktionale Kategorien) 15
16 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Konstituentenstruktur = Phrasenstrukturgrammatik Analyse des Aufbaus der Satzstruktur durch Zergliederung in Konstituenten Zusammensetzung von Wörtern zu syntaktischen Einheiten Subjekt-Prädikat-Grundstruktur Strukturinformation in Knoten (Kategorien des strukturellen Aufbaus) phrasale Knoten 16
17 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Dependenzstruktur = relationale Wortgrammatik Analyse Satzstruktur 'von innen heraus' (vom Verb ausgehend) Beziehung zwischen Wörtern Subjekt und Objekt gleichrangige Argumente des Verbs (beide valenzgefordert) Strukturinformation in Kanten (relationale Kategorien) keine phrasalen Knoten, flachere Struktur als PSG 17
18 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Abbildung 7: Geordneter Dependenzbaum - Konstituentenbaum (von Tjo3ya - eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, 18
19 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Dependenz in Konstituentenstruktur implizite Dependenzanalyse in Phrasenkategorien durch Kopf-Prinzip (X-Phrase) Phrasenkopf ist Regens aller anderen Schwesterknoten in X-Bar-Theorie: Ergänzung und Angabe als Komplement und Adjunkt über Strukturposition definiert Konstituenten in Dependenzstruktur implizite Konstituentenanalyse: Teilbäume als Konstituenten (aber nicht alle Konstituenten repräsentiert: VP) 19
20 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur Transformation Konstituenten- in Dependenzstruktur S (jagt) NP (Hund) VP (jagt) DET (der) ADJ (kleine) N (Hund) V (jagt) NP (Katze) PP (auf) DET (eine) ADJ (große) N (Katze) P (auf) NP (Straße) DET (der) N (Straße) der kleine Hund jagt eine große Katze auf der Straße Abbildung 8: Phrasenstruktur mit Kopfannotation 20
21 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Vergleich Konstituenten- und Dependenzstruktur DET ADJ N N P DET ADJ N DET Der kleine Hund jagt eine große Katze auf der Straße Abbildung 9: aus Phrasenstruktur mit Kopfannotation abgeleitete Dependenzstruktur alle Ko-Konstituenten des Phrasenkopfes sind seine Dependenten Label der Dependenzrelation: Wortart des Nicht-Kopfes 21
22 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Typen von Dependenzrelationen Typen von Dependenzrelationen Typ 1: Rektion Dependent ist Komplement bilaterale Dependenz: Kopf kann nicht ohne Dependent auftreten Typ 2: Modifikation Dependent ist Adjunkt oder Attribut unilaterale Dependenz: Kopf kann ohne Dependent auftreten regiert X (Kopf) modifiziert Y (Komplement) Z (Modifikator) 22
23 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Typen von Dependenzrelationen Komplement (auch: Ergänzung / Aktant) Vorkommen und Form des Dependents vom Kopf gefordert valenzgebundener Dependent (obligatorisch) Leerstelle (Bühler) beim Kopf (insbes. beim Verb), die mit bestimmter Konstituente in bestimmter Form zu füllen ist Anzahl der Leerstellen = Valenz, Subkategorisierungsrahmen, Argumentstruktur weiter Komplementbegriff: enthält auch Subjekt 23
24 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Typen von Dependenzrelationen Modifikator Vorkommen und Form des Dependents NICHT vom Kopf gefordert nicht-valenzgebundener Dependent (optional) Leerstellen beim Dependent, mit der er sich an einen Kopf bestimmten Typs andocken kann (Ergebnis ist ein Syntagma gleichen Typs wie der Kopf) Adjunkt als verbaler Modifikator(auch: Angabe/ Zirkumstant) Attribut als nominaler Modifikator eingeschränkter Adjunkt-Begriff gegenüber X-Bar-Theorie! 24
25 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Typen von Dependenzrelationen V comp comp adjunct N N P mod mod mod comp DET ADJ DET N mod DET der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 10: Dependenzbaum mit Differenzierung von Komplementen, Adjunkten und nominalen Modifikatoren 25
26 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Typen von Dependenzrelationen mod mod comp ROOT adjunct comp mod comp mod Der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 11: Alternative Darstellung ('Dependenz-Blume') KOMPLEMENT 1 ADJUNKT KOMPLEMENT 2 Der kleine Hund jagt die Katze in dem Park ATTRIBUT Abbildung 12: Analyse von grundlegenden Dependenzfunktionen 26
27 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Methoden zur Komplement/Adjunkt-Unterscheidung Methoden zur Komplement/Adjunkt- Unterscheidung 27
28 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Methoden zur Komplement/Adjunkt-Unterscheidung Eliminierungstest Eliminierung der Konstituente (Feststellung ihrer Notwendigkeit). Wenn Grammatikalität erhalten: Angabe/Adjunkt, sonst: Ergänzung/Komplement Er beantwortete einen Brief im Arbeitszimmer. Er beantwortete einen Brief im Arbeitszimmer. (Adjunkt) *Er beantwortete einen Brief im Arbeitszimmer. (Komplement) 28
29 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Methoden zur Komplement/Adjunkt-Unterscheidung Adverbialsatz-Test Auslagerung der Konstituente in einen Adverbialsatz (funktioniert nicht bei Zeitangaben). Wenn Grammatikalität erhalten: Angabe/Adjunkt, sonst: Ergänzung/Komplement Er wartete im Park auf die Katze. Er wartete auf die Katze, als er im Park war. (Adjunkt) *Er wartete im Park, als er auf die Katze war. (Komplement) 29
30 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Methoden zur Komplement/Adjunkt-Unterscheidung geschehen-test Auslagerung der Konstituente in einen Satz mit dem Verb geschehen. Wenn Grammatikalität erhalten: Angabe/Adjunkt, sonst: Ergänzung/Komplement Er wartete im Park auf die Katze. Er wartete auf die Katze, und das geschah im Park. (Adjunkt) *Er wartete im Park, und das geschah auf die Katze. (Komplement) 30
31 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Methoden zur Komplement/Adjunkt-Unterscheidung Obligatorische, fakultative und optionale Dependenten Obligatorischer Dependent = Komplement (valenzgefordert): *Er beantwortet einen Brief Fakultativer Dependent = Komplement, aber kontextabhängig eliminierbar: Er schreibt einen Brief Ellipse eines an sich obligatorischen Dependenten oder Annahme von zwei Valenzrahmen 31
32 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Methoden zur Komplement/Adjunkt-Unterscheidung Optionaler Dependent = Adjunkt (immer eliminierbar): Er schreibt den ganzen Tag Differenzierung fakultativer von optionalen Dependenten: beide: eliminierbar Differenzierung über geschehen-test: *Er schreibt, und es geschieht einen Brief (fakultativ) Er schreibt, und es geschieht den ganzen Tag (optional) 32
33 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.2 Syntaktische Funktionen 5.2 Syntaktische Funktionen Dependenzrelationen zwischen Wörtern können zu Klassen von Relationen zwischen lexikalischen und syntaktischen Klassen/Kategorien zusammengefasst werden (Relationale Kategorien) Differenzierung der Relationen zwischen abhängigen Elementen nach syntaktischem Verhalten im Satz (Syntaktische Funktion) 33
34 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Grammatische Relationen Relationen zwischen Prädikat und seinen Dependenten (Komplemente + Adjunkte) Kategorisierung dieser Relationen über morphosyntaktische Kriterien, z. B. über Passivierbarkeit, Relativierbarkeit, Agreement Feststellung von Klassen sich morphosyntaktisch in Relation zum Verb gleich verhaltender Argumente (in gleicher syntaktischer Funktion) 34
35 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen z. B.: in Subjektfunktion zum Verb stehen Argumente, die mit dem Verb kongruieren, sowie prototypisch unmarkiert sind, in Akkusativsprachen: Nominativ Element x erfüllt Funktion als Subjekt des Verbes y: subj(x,y) Hierarchie dieser syntaktischen Funktionsklassen: wenn eine Funktion an einer syntakt. Konstruktion (z. B. Relativierbarkeit) teilnimmt, dann auch alle höheren(sprachspezifisch!) Subjekt > Direktes Objekt > Indir. Objekt > Adverbiale Feststellung von Kern- und peripheren Argumenten (Core/- Oblique-Unterscheidung) 35
36 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Komplement-Adjunkt-Unterscheidung verläuft quer zu dieser Kategorisierung der syntaktischen Funktionen: Kernargumente sind i. A. Verbkomplemente (valenzgefordert), periphere Argumente Adjunkte aber auch periphere Argumente (Adverbiale) können valenzgefordert sein: die Blumen ins Wasser stellen; nach Hause fahren und es gibt auch Kernargumente, die keine Komplemente sind z.b. Expletiv-Konstruktion'es regnet': valenzsemantisch 0-wertig, aber: syntaktisch hat es die Funktion eines Subjekts 36
37 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Prädikat Kopf des Satzes (Wurzelknoten) semantisch: auf Subjekt bezogener Zustand, Vorgang, Tätigkeit, Handlung formale Realisierung: Verb oder Verbkomplex (Aux + V; Cop + Prädikativ=Nomen oder Adjektiv) enger Prädikatbegriff im Gegensatz zum weiten Prädikatbegriff der Generativen Grammatik (Prädikat als Satzaussage über Subjekt, also Verb + Komplemente) Kongruenz mit Subjekt (in Akkusativsprachen) 37
38 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Verben haben unterschiedliche Anzahl an Kernargumenten: intransitive Verben: haben 1 Kernargument transitive Verben: haben 2 Kernargumente ditransitive Verben: haben 3 Kernargumente 38
39 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Subjekt (nsubj / csubj) Funktion als das Kernargument eines intransitiven Verbs Funktion als Agens-Kernargument eines transitiven Verbs topologisches Kriterium: typische Wortstellung im Deutschen: Subjekt im Mittelfeld vor dem Objekt Kongruenz mit Verb (in Akkusativsprachen) 39
40 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen kann in bestimmten Konstruktionen optional gelöscht werden (z. B. Koordination: ich kam, sah und siegte; *ich sah ihn, ich besiegte ihn) vgl. Pro-Drop-Sprachen, z. B. ital. piove 'es regnet'; Kodierung Subjekt über Agreement reicht aus dagegen im Deutschen: Subjektposition muss besetzt sein: Expletiv als semantisch leeres (nicht-referentielles) Element: es regnet 40
41 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen morphologisch (in Akkusativsprachen) prototypisch kodiert mit Nominativkasus unmarkierter Kasus, nominale 'Grundform', auch in freier Verwendung als Zitierform/Anrede prototypische semantische Rolle (im transitiven Satz): Agens (Ausgangspunkt des Geschehens) prototypische pragmatische Rolle: Topic (Satzgegenstand) (worüber der Satz etwas aussagt) 41
42 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen (Direktes) Objekt (obj / ccomp) Funktion als Patiens-Kernargument eines transitiven Verbs Passivierbarkeit (wird zum Subjekt-Argument des Passivsatzes), Relativierbarkeit (Dt.) syntaktisch: steht in Verbnähe morphologisch (in Akkusativsprachen) prototypisch kodiert durch Akkusativ (Objektkasus), im Deutschen bei einigen Verben auch Genitiv/Dativ oder präpositional (Präpositionalobjekt) prototypische semantische Rolle: Patiens / Theme (vom Geschehen betroffene Entität) 42
43 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Indirektes Objekt (iobj) Funktion als Recipient-Argument eines ditransitiven Verbs Relativierbarkeit (Dt.), keine Passivierbarkeit syntaktisch: verbferner als direktes Objekt Test über Topikalisierung Konstituente mit Verb:*seinem Freund gegeben hat er ein Buch morphologisch kodiert durch Dativ oder verwandten Kasus oder präpositional: ich bringe es zu dir 43
44 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen prototypische semantische Rolle: Recipient / Goal (worauf das Geschehen mittelbar gerichtet ist) 44
45 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Adverbial (obl / advmod / advcl) Funktion als lokale/zeitliche/kausale/modale Bestimmung zum Verb keine Passivierbarkeit, keine Verbkongruenz 45
46 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen morphologische Kodierung: präpositional (präpositionales Adverbial) durch obliquen Kasus (Kasusadverbial) im Dt. Akkusativ und Genitiv als obliquer Kasus: Dieser Tage kommt er; Er ging den ganzen Tag in anderen Sprachen (z. B. finno-ugrischer Sprachfamilie): Vielzahl an Lokalkasus (Lokativ, Adessiv, Translativ, Ablativ) prototypische semantische Rolle: Location, Direction, Source, Time, Instrument, Manner, Purpose, Cause (Bestimmungen der Umstände des Geschehens) 46
47 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Komplement vs. Adjunkt beim Adverbial (obl) alle optionalen verbalen Angaben = Adjunkte: haben adverbiale Funktion Element in adverbialer Funktion kann aber auch vom Verb gefordert sein (adverbiales Komplement/Ergänzung) Satz wird ungrammatisch beim Weglassen: *Er stellt die Blumen ins Wasser bei fakultativen adverbialen Ergänzungen: Geschehenstest: *Er fährt nach München, und es geschieht nach München. 47
48 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen aber: Valenz schwierig zu operationalisieren: (*?) Ich habe das Brot mit dem Messer geschnitten (Instrument Teil des Valenzrahmens?) in Analyse syntaktischer Funktion: Unterscheidung von obligatorischem und optionalem Adverbial nicht notwendig, vgl. Universal Dependencies: overview/syntax.html#avoiding-an-argumentadjunct-distinction 48
49 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Differenzierung Präpositionalobjekt (obj+case) - Adverbial (obl+case): aber: Abgrenzung zwischen Präpositionalobjekt und präpositionalem Adverbial Präpositionalobjekt: gebildet mit semantisch leerer Präpos. valenzgefordert: *er glaubt nur an sich verhält sich syntaktisch ähnlich wie Objekte (Präposition als Kasusmarker) Präpositionalobjekt ersetzbar durch Pronominaladverb mit Nebensatz (Komplementsatz): er glaubt daran, dass...; er wartet darauf, dass... Inhalt erfragbar mit Objektpronomen: worauf wartete er? 49
50 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Differenzierung Kasusobjekt (obj) - Kasusadverbial (obl): beim Kasusobjekt wird (im Gegensatz zum Kasusadverbial) der Kasus vom Verb regiert: er gedachte der schönen Tage vs. Er lief den ganzen Tag Kasusobjekt erfragbar mit Objektpronomen: wessen gedachte er?; *wen lief er? Kasusobjekt nicht erweiterbar mit Objekt in gleichem Kasus: *Er gedachte der schönen Tage der dunklen Nächte Kasusadverbial nicht passivierbar(promotion zum Subjekt):*Der ganze Tag wird gelaufen. 50
51 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Realisierung von Grammatischen Relationen Subjekt: NP (nsubj), Expletiv (expl), Komplementsatz (csubj) direktes Objekt: NP (obj), Komplementsatz (ccomp) indirektes Objekt: NP (iobj) Adverbial: NP (obl), PP (obl+case), ADVP (advmod), Adverbialsatz (advcl) 51
52 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Morphologische Kodierung von Grammatischen Relationen Agreement: Markierung der syntaktischen Funktion eines oder mehrerer Kernargumente (mono-/double-agreement usw., entsprechend der GR-Hierarchie: Subjekt, Objekt, usw.) durch Spiegelung von grammatischen Merkmalen des Dependents am Kopf (head-marking) Kasus: Markierung der syntaktischen Funktion durch grammatische Marker am Dependent (dependent-marking) entweder: von Verbvalenz geforderter Kasus bei Komplement oder: je nach Semantik des adverbialen Adjunkts 52
53 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Präposition: ähnlich wie Kasus: Element zur Markierung syntaktischer Funktion Zwei Analysekonventionen für Präposition (bilaterale Dependenz!): 1. Präposition als Kopf (der Kasus des Nomens regiert), Nomen als Dependent (pobj) 2. Nomen(Inhaltswort) als Kopf, Präposition als Kasus-Marker (Funktionswort, das Kopf modifiziert, so dass es anschlussfähig wird) hier: 2. Variante (vgl. UD: 'primacy of content words'), Präposition als obliquer Kasusmarker (case) 53
54 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen V nsubj obj obl N N N mod mod mod case mod DET ADJ DET P DET der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 13: Dependenzbaum mit Grammatischen Relationen 54
55 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen V nsubj obj prep N N P mod mod mod pobj DET ADJ DET N mod DET der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 14: Dependenzbaum mit Grammatischen Relationen mit alternativer PP-Analyse (Stanford Dependencieshttps://nlp.stanford.edu/software/ dependencies_manual.pdf (prep = prepositional modifier) 55
56 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen obl mod mod nsubj ROOT obj mod case mod Der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 15: Präposition als Kasusmarker mod mod nsubj ROOT prep obj mod pobj mod Der kleine Hund jagt die Katze in dem Park Abbildung 16: Präposition als direkter Dependent zum Verb 56
57 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen Syntaktische Funktionen von Präpositionalphrasen verbales Adjunkt = obliques Objekt (obl) verbales Komplement = (Präpositional-)Objekt (obj) nominales Attribut = Präpositionalattribut (nmod, s. u. ) Frage PP-Attachment-Ambiguität: ist PP Attribut (nominaler Dependent) oder Adjunkt (verbaler Dependent)? 57
58 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Grammatische Relationen obl nsubj root obj case nmod case case Der Hund wartet auf die Katze im Fenster auf der Straße Komplement Attribut Adjunkt Abbildung 17: Dependenzbaum mit PP-Attribut, -Komplement und -Adjunkt 58
59 5 Syntaktische Relationen: Dependenz5.2.2 Grammatische Relationen im UD-Annotationschema Grammatische Relationen im UD-Annotationschema verschiedene lexikalische und syntaktische Einheiten realisieren gleiche Funktion in UD-Labels: aufgenommen, durch welche Formklasse die Funktion realisiert wird Kombination aus Wortart und Funktionslabel ('mixed-functional-structural') 59
60 5 Syntaktische Relationen: Dependenz5.2.2 Grammatische Relationen im UD-Annotationschema nominal subject (nsubj): dep/nsubj.html nsubj nsubj Ich AGENS laufe Das Eis schmilzt PATIENS expletive (expl): html expl es regnet semantisch leer 60
61 5 Syntaktische Relationen: Dependenz5.2.2 Grammatische Relationen im UD-Annotationschema object (obj): obj nsubj Die Sonne erwärmt den See AGENS PATIENS obj nsubj Der schönen Tage erinnert er sich gerne obj THEME EXPERIENCER nsubj case Er denkt nur an sich (Präpositionalobjekt) 61
62 5 Syntaktische Relationen: Dependenz5.2.2 Grammatische Relationen im UD-Annotationschema indirect object (iobj): iobj.html obj nsubj iobj Er gibt seinem Freund das Buch AGENS RECIPIENT PATIENS 62
63 5 Syntaktische Relationen: Dependenz5.2.2 Grammatische Relationen im UD-Annotationschema oblique nominal (obl): obl.html obl obl nsubj case Er läuft im Park obj nsubj case Er stellt die Blumen ins Wasser LOCATIVE (adverbiales Komplement) obl obl nsubj Eines Tages kam er TEMP (Kasusadverbial) nsubj Er schreibt den ganzen Tag TEMP (Kasusadverbial) 63
64 5 Syntaktische Relationen: Dependenz5.2.2 Grammatische Relationen im UD-Annotationschema case marking (case): case.html case im Sommer adverbial modifier (advmod): u/dep/advmod.html advmod Er erinnert sich gerne MODAL 64
65 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Attributfunktion Attributfunktion 65
66 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Attributfunktion Attribut = nominaler Dependent semantisch: prädikative Näherbestimmung (Modifikation) vs. nicht-prädikative Relation (Genitiv-Komplement, analog zu Verb: Das Bellen des Hundes) aber: nominale Dependenten sind nie obligatorisch (vom Nomen zwingend gefordert, in Valenz angelegt) 66
67 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Attributfunktion weiter Attributbegriff: umfasst auch nominale Komplimente syntaktischer Modifikationsbegriff (s. o.) keine Komplement-Adjunkt-Differenzierung wie in X-Bar analog zu Adverbialen oben: keine Differenzierung zwischen valenzgebundenen und nicht-valenzgebundenen Attributen ein attributives Element bildet mit Nomen/NP endozentrisch eine erweiterte NP syntaktische Kategorie des Syntagmas bleibt bestehen(nomen bleibt Kopf) rekursiv wiederholbar (wie mit Adjunkten beim Verb) 67
68 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Attributfunktion realisiert als Adjektiv-/Partizipial-Attribut (amod), Präpositional- /Genitiv-Attribut (nmod), Apposition (appos), Determinativ (det) oder Attributsatz (acl) im Folgenden: Typen von Attributen aus UD Tagset (Universal Dependencies, v2) determiner (det): html det der Hund 68
69 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Attributfunktion adjectival modifier (amod): u/dep/amod.html amod rotes Auto 69
70 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Attributfunktion nominal modifier (nmod): dep/nmod.html nmod:poss case nmod case Hund des Lehrers Hund vom Lehrer nmod case Hund im Park 70
71 5 Syntaktische Relationen: Dependenz Attributfunktion appositional modifier (appos): u/dep/appos.html appos Brutus, mein Hund 71
72 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik 72
73 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik formale Eigenschaften der Dependenzstruktur gerichteter Graph als Repräsentationsformalismus: G =< M, R > M: Elementmenge = Knoten (hier: Wörter) R: Relation zwischen Elementen von M = Menge geordneter Paare = gerichtete Kanten (directed edges /arcs) (hier: Abhängigkeitsrelation) Dependenzstruktur hat genau einen Wurzelknoten (ROOT; hängt von nichts ab) ein Wort kann mehrere Dependenten haben 73
74 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik ein Wort kann nur von von einem Wort abhängen (und nicht von sich selbst) Kanten können markiert (gelabelt) oder unmarkiert sein Begriffe: Mutterknoten (X von Y, Z), Tochterknoten (Y, Z von X), Schwesterknoten (Y von Z und umgekehrt) X Y Z 74
75 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik 2 (jagt) nsubj dobj 1 (Hund) 3 (Katze) Abbildung 18: Gerichteter Graph mit gelabelten Kanten 75
76 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik Modellierung Dependenzstruktur mit formaler Grammatik Wortgrammatik Transformation Konstituenten- in Dependenzstrukturen möglich über head-finding-rules und Regeln für das Labeln der Relationen 76
77 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik Auflistung 1: NLTK: Dependenzgrammatik 1 import nltk 2 3 grammar = nltk. DependencyGrammar. fromstring(""" 4 'gibt' 'Mann' 'Frau' 'Buch' 5 ' schenkt ' 'Mann ' 'Frau' 'Buch' 6 'Mann' 'der' 7 'Frau' 'der' 'die' 8 'Buch' 'das' 9 """) sent = 'der Mann schenkt der Frau das Buch'.split () parser = nltk. ProjectiveDependencyParser ( grammar) 77
78 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.3 Formale Repräsentation - Dependenzgrammatik for parse in parser. parse( sent): 16 tree = parse print(tree) 19 #( schenkt (Mann der) (Frau der) (Buch das)) 20 # Format: Tree - Objekt (nicht: depency graph..) tree. pretty_print () 23 schenkt Mann Frau Buch der der das 78
79 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.4 Zusammenfassung 5.4 Zusammenfassung Dependenzstruktur Untersuchung von Abhängigkeiten im Satz(zwischen dem Vorkommen und der Form von Wörtern) Dependenzrelation: binäre asymetrische Relation zwischen Wörtern (Kopf und Dependent) 2 Typen von Abhängigkeiten: Rektion (bilaterale Abhängigkeit): Komplemente Modifikation (unilaterale Abhängigkeit): Modifikatoren Valenzgrammatik: Untersuchung ausgehend vom Verb 79
80 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.4 Zusammenfassung Komplement (valenzgrammatisch: Ergänzung / Aktant) obligatorischer Dependent (gefordert vom Kopf) aber: kann fakultativ sein Modifikator optionaler Dependent hängt ab von Kopf, aber wird nicht vom Kopf gefordert verbal: Adjunkt (valenzgrammatisch: Angabe / Zirkumstant) nominal: Attribut 80
81 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.4 Zusammenfassung Dependenzrelationen als syntaktische Funktionen Kategorisierung der Dependenzrelationen nach syntaktischem Verhalten der Dependenten Feststellung der syntaktischen Funktion einer Einheit, die sie in Bezug auf ihren Kopf einnimmt Grammatische Relationen syntaktische Funktion verbaler Dependenten Subjekt: Kernargument intransitiver Satz, Kongruenz mit Verb Objekt: passivierbares Patiens-Argument transitiver Satz indirektes Objekt: Recipient-Argument ditransitiver Satz Adverbial: nicht-zentrales, peripheres Argument 81
82 5 Syntaktische Relationen: Dependenz 5.4 Zusammenfassung Attributfunktionen Syntaktische Funktion nominaler Modifikatoren Adjektiv-/Partizipial-Atribut, Präpositional-/Genitiv-Attribut, Apposition, Determinativ, Attributsatz Dependenzgrammatik formale Repräsentation als gerichteter Graph Wortgrammatik Strukturinformation in den Kanten (Relationen) Transformation Konstituenten- in Dependenzstruktur möglich Hauptvorteil gegenüber PSGs: Grammatische Funktionen direkt kodiert 82
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