Unterrichtseinheit 54

Transkript

1 Unterrichtseinheit 54!! 1

2 INHALTSVERZEICHNIS 9.5 Mine zu entschärfen: Die Angst vor Stürzen hat ihren Sinn S Mine zu entschärfen: Das Gehen ist keine Aktivität "nach oben" S Mine zu entschärfen: Wenn das Knie sich nicht streckt, ist das keine Frage der Kraft S. 5!! 2

3 9.5 MINE ZU ENTSCHÄRFEN Die Angst vor Stürzen hat ihren Sinn Das Video ansehen Diese "Mine" muss man unbedingt entschärfen, weil dieses Thema zu Konflikten in der Familie führt. Es kommt schon oft vor, dass der Patient nach dem Schlaganfall Angst vor dem Gehen bekommt: Er sucht immer wieder einen Angehörigen, die Wand oder einen Stock, um sich zu stützen, weil er Angst vor Stürzen hat. Die Angehörigen betrachten dieses Bedürfnis nach einer Stütze aber oft als ein Zeichen von Behinderung und fehlender Eigenständigkeit. So fordern sie, in gutem Glauben handelnd, den Patienten dazu auf, keine Angst zu haben und "einfach" weiterzugehen, ohne sich zu stützen. Sie müssen aber einsehen, dass dessen Angst kein Zeichen von Schwäche ist, sondern eine ganz natürliche Emotion, die durchaus begründet ist. Wann haben wir eigentlich Angst? - Gerade dann, wenn wir die Konsequenzen einer bestimmten Aktion nicht überblicken können: Es ist das Unerwartete, das uns in einen Angstzustand versetzt. Wenn ich nicht genau wahrnehmen könnte, wie sich mein Körpergewicht unter meinen Fußsohlen verlagert, welche Position meine Beine in einem bestimmten Moment einnehmen, oder wie ich das Gewicht einer Hälfte meines Körpers einschätzen soll und daher eine Art Sog spüren würde, der mich schier nach unten "zöge", dann könnte ich auch nicht voraussehen, was mich nach dem nächsten Schritt erwartet: Ich würde ANGST davor bekommen zu gehen. Also würde auch ich jede mögliche Stütze suchen, um mich sicherer zu fühlen. Es gibt keine andere Möglichkeit, diese Angst vor dem Gehen zu überwinden: Man muss die Fähigkeit verbessern, seinen Körper während des Vorgangs zu gehen ganz bewusst wahrzunehmen - das kann man durch die Übungen erreichen, die ich Ihnen vorgestellt habe.!! 3

4 9.6 MINE ZU ENTSCHÄRFEN Das Gehen ist keine Aktivität "nach oben" Das Video ansehen Hierbei geht es um eine praktische Angelegenheit, und zwar um die Beseitigung eines allgemeinen (Irr-)Glaubens, dem wir alle hinsichtlich des Gehens anhängen und den Professor Perfetti als ein falsches Bewusstsein bezeichnet. Oft habe ich nicht nur Angehörige, sondern auch Therapeuten dem Patienten sagen hören, dass er die Beine beim Gehen heben sollte und immer höher. Diese Tendenz habe ich auch bei den Patienten bemerkt, die mir oft sagen, dass sie das Bein beim Gehen gerne hochheben möchten. Aber machen Sie sich doch bitte einmal bewusst: Wenn wir gehen, wird keines unserer Körperteile, nicht einmal die Beine, nach oben gezogen. Häufig denken wir, dass sich unsere Zehenspitzen beim Gehen heben müssten: Das stimmt aber nicht. Wenn Sie es bewusst beobachten, werden Sie feststellen, dass es nicht die Zehen sind, die nach oben gehen, sondern vielmehr geht die Ferse nach unten. Etwas Ähnliches geschieht mit dem Knie: Es muss keinesfalls nach oben gezogen werden. Beobachten Sie bitte jemanden, der läuft: Sie werden feststellen, dass das Knie nie nach oben geht. Dasselbe gilt auch für die Hüfte und das Becken. Die Natur hat es so gewollt, dass alle unsere Aktivitäten den Gesetzen der Wirtschaftlichkeit folgen, also der Effizienz. Ein Gehen "nach oben" ist unwirtschaftlich, das Gehen geht also immer nach vorne und "nach unten". Ich möchte diese "Mine" entschärfen, weil es kontraproduktiv ist zu denken, dass das Gehen eine Aktivität "nach oben" ist. Es kann bei den Patienten zu Kompensationen führen, die dann schwierig zu korrigieren sind - wie zum Beispiel die Tendenz, die Hüfte beim Schritt anzuheben, die zur sogenannten mähenden Gangart führt.!! 4

5 9.7 MINE ZU ENTSCHÄRFEN Wenn das Knie sich beim Gehen nicht streckt, ist das keine Frage der Kraft Das Video ansehen Dieser Aspekt des Gehens ist oft eine "Mine" für den Patienten, und sie muss entschärft werden. Es handelt sich um den Moment, wo der Patient beim Gehen sein Körpergewicht auf das rechte Bein verlagern muss, also die Phase der Belastung. Es passiert oft, dass das Knie in diesem Moment seltsam reagiert: Es kann zu wenig gebeugt oder zu weit gestreckt sein. Der Patient sagt dann, dass er sich unsicher fühle und denke, dass das Problem ein Mangel an Kraft in der Beinmuskulatur sei. Dieses Phänomen, das während des Gehens auftritt, hat aber nichts mit der Kraft der Beinmuskulatur zu tun, sondern mit der Schwierigkeit, die der Patient hat, die Bewegungen der verschiedenen Beinpartien so aufeinander abzustimmen, dass letztere die Belastung auf wirtschaftliche und angemessene Weise auffangen können - wie es die Natur eben haben möchte. Um dieses Problem zu überwinden, wird es also nicht nötig sein, die Beinmuskulatur zu stärken, wie man spontan annehmen könnte. Es wird vielmehr nötig sein, die Fähigkeit des Patienten zu verbessern, sein Bein räumlich wahrzunehmen. Nur so können wir darauf hoffen, dass das Knie dann, in der Phase der Belastung, die richtige Position einnimmt und so das Körpergewicht auf effiziente und angemessene Weise aufgefangen werden kann.!! 5

6 Nächste Unterrichtseinheit 9.8 Mine zu entschärfen: Ergebnisse mit Höhen und Tiefen 9.9 Mine zu entschärfen: Der Gehstock ist kein Symbol für Behinderung, das um jeden Preis beseitigt werden muss Nachwort Bibliographie!! 6