Wege aus dem Trauma: Perspektiven für geflüchtete Kinder und Jugendliche

Transkript

1 Nationale Fachtagung vom 7. Dezember 2017 Wege aus dem Trauma: Perspektiven für geflüchtete Kinder und Jugendliche Workshop 1: Zukunftsperspektiven geflüchteter Kinder und Jugendlicher: Suche nach einer dauerhaften Lösung Patricia Koch und Christoph Braunschweig

2 Der Internationale Sozialdienst (SSI) Auftrag: Grenzüberschreitende Soziale Arbeit im Interesse von Kindern und Familien Ethischer und rechtlicher Rahmen: UN-Kinderrechtskonvention, UN-Normen, Haager Übereinkommen Methodik: Arbeitet pluri-disziplinär (Soziale Arbeit, Recht, Mediation) Organisation: seit 1924, weltumspannendes Netzwerk von nationalen Partnerorganisationen

3 Dauerhafte Lösung Oberstes Ziel aller Erwägungen in Bezug auf das Schicksal eines unbegleiteten oder von seinen Eltern/Sorgeberechtigten getrennten Kindes ist es, eine dauerhafte Lösung herbeizuführen, die seinen Schutzbedürfnissen in jeder Hinsicht gerecht wird, die Meinung des Kindes berücksichtigt, und, wo immer es möglich ist, den Umstand, dass es unbegleitet und von den Eltern getrennt ist, zu beheben sucht. (AUSSCHUSS FÜR DIE RECHTE DES KINDES, Allgemeine Bemerkung Nr. 6 (2005)) Eine dauerhafte Lösung bedeutet im Kontext unbegleiteter Kinder, dass das Kind in einer Umgebung heranwachsen kann, die seinen Bedürfnissen und seinen Rechten gemäß der UN-Kinderrechtskonvention entspricht und in der es keiner Verfolgungsgefahr und keinem Risiko ernsthaften Schadens ausgesetzt ist. (UNHCR/UNICEF (2014): SAFE & SOUND: Welche Massnahmen Staaten ergreifen können, um das Kindeswohl von unbegleiteten Kindern in Europa zu gewährleisten) Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes an die Schweiz vom Februar 2015: 69. (a) Im Asylverfahren soll den spezifischen Bedürfnissen und Anforderungen von Kindern vollständig Rechnung getragen und im Verfahren soll «the best interest» des Kindes stets vorrangig beachtet werden.

4 Suche nach einer dauerhaften Lösung unter Berücksichtigung des übergeordneten Interesses des geflüchteten Kindes oder Jugendlichen Best Interest Determination «BID»- Process (Feststellung des übergeordneten Kindesinteresses): Zugang zu einem Verfahren, um den Schutzbedarf und die Herbeiführung einer dauerhaften Lösung bestimmen zu können, wobei das übergeordnete Kindesinteresse vorrangig Berücksichtigung findet. (UNHCR/UNICEF (2014): SAFE & SOUND: Welche Massnahmen Staaten ergreifen können, um das Kindeswohl von unbegleiteten Kindern in Europa zu gewährleisten)

5 BID-Verfahren: Instrument zur Lösung des Interessenkonfliktes zwischen Aufnahmestaat und Kind Kinderrechte Asyl- und Migrationspolitik

6 Pfeiler bei der Suche nach einer dauerhaften Lösung

7 Entwicklung von Perspektiven Ein ganzheitlicher Ansatz trägt zur Entwicklung von Persönlichkeit und Perspektiven bei. Kinder und Jugendliche benötigen einen Rahmen, der ihnen ermöglicht, Perspektiven für ihre persönliche und berufliche Zukunft zu entwickeln.

8 Bestimmung einer dauerhaften Lösung Ziel: Festlegung einer konkreten, an die persönliche Situation des Jugendlichen angepassten Lösung, die ihm oder ihr Zukunftsperspektiven in seinem oder ihrem Herkunftsland, in der Schweiz oder in einem Drittland bietet.

9 9 Betreuungsetappen im Sinne einer Interventionskette DIE ETAPPEN DER BETREUUNG Das Anhören der Minderjährigen und ihre Beteiligung sind zwei überaus wichtige Aspekte bei der Suche nach einer dauerhaften Lösung, die allen Etappen gemein sind. Die 9 Etappen bilden eine Interventionskette, die von der Identifizierung der Jugendlichen bis zu der Nachbetreuung bei ihrer Integration, Reintegration oder Umsiedlung in einen Drittstaat reicht. 1. Ankunft und Identifizierung 2. Abklärung der persönlichen Situation 3. Aufbau eines Betreuungsnetzes 4. Integrationsförderung 5. Individuelle Abklärung im Herkunftsland 6. Individuelle Abklärung im Gastland 7. Festlegung einer dauerhaften Lösung 8. Umsetzung und Begleitung der dauerhaften Lösung 9. Unterstützung junger Erwachsener

10 Unverzichtbar: Kooperation aller AkteurInnen

11 Ausblick Die Neustrukturierung des Asylbereichs ab 2019 bietet die Gelegenheit: Eine kindszentrierte Betreuung (zukunftsorientiert und auf lange Sicht ausgelegt) unter der Verantwortung des Bundes festzulegen, die nahtlos an die Kantone übertragen werden kann. Die Empfehlungen des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes bezüglich Flüchtlingskinder umzusetzen. Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden im Rahmen des Kindesschutzes zu fördern.

12 Fragen und Diskussion

13 Diskussion Suche nach einer dauerhaften Lösung in Zusammenarbeit mit dem Kind oder Jugendlichen, bspw.: - Wie partizipiert der oder die betroffene Jugendliche im Rahmen dieses Prozesses, dieser Suche nach einer dauerhaften Lösung? Welches ist seine Rolle? Welche Herausforderungen stellen sich dabei? - Wie können Beziehungen/Kontakte des betroffenen Kindes oder Jugendlichen zu nahestehenden Personen im Herkunftsland oder einem Drittland die Betroffenen auf ihrem Weg unterstützen? - Kann die Zusammenarbeit mit dem Jugendlichen im Rahmen dieses Suchprozesses nach einer dauerhaften Lösung eine positive Wirkung auf die Betroffene oder auf den Betroffenen erzielen?

14 Diskussion Rolle der involvierten Fachpersonen in der Suche nach einer dauerhaften Lösung, bspw.: - Welche Rollen haben die Professionellen und Bezugspersonen im Rahmen der Suche nach einer dauerhaften Lösung? Welche Handlungsspielräume können sie hierfür nutzen? - Welche Aufgaben haben sie bezüglich eines laufenden Asylverfahrens oder eines prekären Aufenthaltsstatus?

15 Zusammenfassend: Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit belastender Vergangenheit Lösungsorientiert: Ihre eigenen Fähigkeiten entdecken und darauf aufbauen Beziehungsorientiert: Menschliches Erleben und Lernen braucht persönliche Beziehungen Erfahrungsorientiert: Einbezug der Erfahrungen der MNA als zentrales Element von Lehr/Lern-und Integrationsprozessen Resilienz: Wie kann man mit einer belastenden Vergangenheit eine positive Zukunft gestalten? MNA befähigen, sich in ihrer privaten und gesellschaftlichen Umwelt zu behaupten und durchzusetzen.wie kann man mit einer belastenden Vergangenheit eine positive Zukunft gestalten?

16 Vielen Dank für Ihr Engagement!