Qualität, Struktur, Prozess: Anforderungen an das Zweitmeinungsverfahren Ein Beispiel der IKK Südwest
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- Bernhard Brinkerhoff
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1 Qualität, Struktur, Prozess: Anforderungen an das Zweitmeinungsverfahren Ein Beispiel der IKK Südwest
2 Die IKK Südwest Insgesamt über Versicherte im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Hessen Bundesweit unter den Top 25 und zweitgrößte Krankenkasse im Saarland, in Rheinland-Pfalz unter den Top 5 Einzige Krankenkasse mit Sitz im Saarland 1,5 Mrd. Euro Leistungsausgaben und mehr als Mitarbeiter Durchschnittliches Alter der Versicherten 36,6 Jahre ggü. GKV-Schnitt von 44,7 und Anteil Rentner von 10,7% ggü. 31,2% Markus Lelle 2
3 Agenda 1. Ausgangssituation und Bedarf 2. Lösungsansatz strukturiertes Zweitmeinungsverfahren 3. Gesetzliches Zweitmeinungsverfahren im GKV-VSG 4. Fazit und Diskussion Markus Lelle 3
4 1. Ausgangssituation: Beträchtliche regionale Unterschiede Hier: Kniegelenkersatz-Operationen Mecklenburg-Vorpommern Abb.1: Altersstandardisierte Raten von erstmaligen Kniegelenkersatz- Operationen pro Einwohner nach Bundesland, Jahre Deutschland Thüringen Schleswig-Holstein Sachsen-Anhalt Sachsen Saarland Rheinland-Pfalz Nordrhein-Westfalen Niedersachsen Hessen Hamburg Bremen Brandenburg Berlin Bayern Baden-Würtemberg 1,90% 3,50% 9,80% 11,70% 10,90% 12,50% 12% 13,30% 13,70% 15,10% 15,60% 15,30% 16,90% 19,10% 23% 21,50% 28% 0,00% 5,00% 10,00% 15,00% 20,00% 25,00% 30,00% Steigerung in Prozent Markus Lelle 4
5 Bedarf für eine strukturierte Zweitmeinung Patientensicht: Wunsch nach mehr Beteiligung und bestmöglicher Behandlung Medizinische Sicht: Abgesicherte Therapieentscheidung unter Abwägung der Alternativen strukturierte Zweitmeinung Krankenkassensicht: Erhöhung Versichertenzufriedenheit Ausgabenvermeidung Volkswirtschaftliche Sicht: Abbau von Fehlallokationen Erhöhung Patientensicherheit Markus Lelle 5
6 2. Lösungsansatz strukturiertes Zweitmeinungsverfahren Was soll erreicht werden? Gesteigerter Therapieerfolg durch Einbeziehung des Patienten in die Therapieentscheidung Reduktion der Informationsasymmetrie Ausschluss wirtschaftlicher Interessen und interdisziplinärer Konflikte Transparente Prozessabläufe Erfolgsfaktoren: Hohe Qualitätsanforderungen im Hinblick auf den Umfang und Inhalt der Untersuchungen Interdisziplinäres Gutachterteam Auswahl qualifizierter Gutachter Klar strukturierter Aufbau und Koordination der Prozesse Markus Lelle 6
7 Erfolgsmerkmal: Qualitätskriterien zum Umfang und Inhalt der Untersuchungen Ausgangslage: Bisherige Möglichkeiten zur Einholung einer orthopädischen Zweitmeinung sind entweder unstrukturiert (Aufsuchen weiterer Ärzte auf gut Glück ) oder eine reine Beurteilung nach Aktenlage und lassen zumeist psychosomatische Faktoren außen vor Ansatz IKK Südwest: Überprüfung der Erstanamnese umfassende Präsenzuntersuchung (Dauer 1-2 Stunden) interdisziplinäre Beurteilung schriftliche Therapieempfehlung Markus Lelle 7
8 Erfolgsmerkmal: Interdisziplinäres Gutachterteam Begutachtung in jedem Fall durch Je nach Bedarf Hinzuziehen von Facharzt Psychotherapeut Physiotherapeut Schmerztherapeut Ernährungsberater Markus Lelle 8
9 Erfolgsmerkmal: Auswahl und Qualifikation der Gutachter Ausschluss wirtschaftlicher Interessen Auswahl von Einrichtungen, die selbst keine operativen Eingriffe vornehmen Interdisziplinäres Team unter einem Dach bei Vermeidung langer Anfahrtswege Begutachtung von Patienten außerhalb des Einzugsbereichs ihres Behandlers Vermeidung interdisziplinärer Konflikte Vermeidung von Gefälligkeitsgutachten Auswahl von fünf geeigneten Rehakliniken in Rheinland-Pfalz und im Saarland Markus Lelle 9
10 Erfolgsmerkmal: Aufbau und Koordination der Prozesse Klar strukturierter Ablauf des Verfahrens Zentrale Hotline Einfache und zeitnahe Terminierung mit Gutachterteam durch IKK Südwest Festgelegte Unterlagen, die zum Gutachtertermin mitgebracht werden sollen Schriftliche Therapieempfehlung Abschlussgespräch durch IKK-Casemanagement auf Wunsch des Versicherten Diskussion der Therapieempfehlung Beratung über weitergehende Behandlungsmöglichkeiten im Falle einer konservativen Behandlung Markus Lelle 10
11 Erste Erkenntnisse zur strukturierten orthopädischen Zweitmeinung Patientenbefragung mit den ersten 35 Teilnehmern zur Gewinnung eines unmittelbaren Feedbacks: Hohe Zufriedenheit von Versicherten und Vertragspartnern mit dem Angebot Hauptmotivation der Patienten ist die Vermeidung einer empfohlenen Operation Die Einbindung des behandelnden Arztes ist seitens der Patienten häufig nicht gewünscht Markus Lelle 11
12 Ergebnisse der initialen Teilnehmerbefragung Teilnehmerbefragung: "Haben Sie Ihren behandelnden Arzt über die Zweitmeinung informiert?" 3% Teilnehmerbefragung: Wie haben sich die Teilnahme am Zweitmeinungsverfahren und die alternative Therapieempfehlung auf Ihre Behandlung ausgewirkt 5% 2% 2% 20% 43% 54% 71% Ja Nein keine Angabe Ursprungsbehandlung umgesetzt Alternativempfehlung umgesetzt keine Angabe weder/noch unentschieden Markus Lelle 12
13 Zwischenfazit zur strukturierten orthopädischen Zweitmeinung Kurzfristige Erfolge Optimierte Therapieentscheidung im Sinne des Patienten Vermeidung von Operationen und der damit verbundenen Kosten Steigerung der Patientenzufriedenheit Fragen zur mittelfristigen Bewertung In welchem Umfang wird die strukturierte Zweitmeinung in Anspruch genommen? Werden Operationen nicht nur kurz- sondern auch mittel- und langfristig vermieden? Wie kann der behandelnde Arzt eingebunden werden? Markus Lelle 13
14 3. Gesetzliches Zweitmeinungsverfahren im GKV-VSG Mit dem GKV VSG wurde durch den 27 b SGB V ein Anspruch auf ein Zweitmeinungsverfahren bei mengenanfällig planbaren Eingriffen eingeführt Konkretisierung in geplanten Richtlinien nach 92 SGB V (Fristsetzung für eine Richtlinie des G-BA ) Weitere Kernpunkte der Gesetzesvorgaben Wahlrecht des Versicherten betreffend Zweitmeinungsgeber Unabhängigkeit der Zweitmeinung Berechtigung zur Erbringung einer Zweitmeinung Mitteilung geeigneter und verfügbarer Zweitmeinungsgeber durch Kassenärztliche Vereinigungen und Landeskrankenhausgesellschaften Aufklärung der Versicherten über Rechtsanspruch auf Zweitmeinung und Rechtsanspruch auf erforderliche Befundkopien nach 630g Abs. 2 BGB Satzungsleistungen: Zweitmeinungsangebote von Krankenkassen als Satzungsleistungen müssen für spezifische Eingriffe die etwaigen spezifischen Anforderungen des G-BA erfüllen Markus Lelle 14
15 Unterschiede im Überblick IKK Südwest Gesetzliche Zweitmeinung Unabhängigkeit der Zweitmeinung ja Nicht spezifiziert Gutachterqualifikation ja Nicht spezifiziert Eingriff planbar ja Nicht spezifiziert Eingriff mengenmäßig auffällig ja ja Inanspruchnahme patienteninitiiert ja ja interdisziplinäre Beratung ja nein obligate körperliche Untersuchung ja Nicht spezifiziert Mindestgesprächsdauer (Stärkung der Patientenpartizipation) ja Nicht spezifiziert Zusatzdiagnostik durch Zweitmeinungsgutachter sofern nötig ja nein Fachkolloquium zur Indikationsrückversicherung ja Nicht spezifiziert positive Nutzenbewertung ja Nicht spezifiziert Markus Lelle 15
16 4. Fazit und Diskussion Zukünftig Standard im Behandlungsprozess? Die aktuelle politische Entwicklung bestätigt die Notwendigkeit eines Zweitmeinungsverfahren für kostenintensive und mengenmäßige Eingriffe Zweitmeinungsverfahren werden sich als fester Bestandteil bei planbaren Operationen etablieren Strukturierte und qualitätsgesicherte Abläufe bringen zusätzlichen Nutzen für die Patienten und erhöhen die Akzeptanz Ausblick: das strukturierten Zweitmeinungsverfahren als unmittelbarer integrierter Bestandteil der Therapieentscheidung? Markus Lelle 16
17 Vielen Dank!
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