Der (Haus-) Arzt zwischen Wissenschaft, EbM, Rückenmark und Bauchgefühl. Thomas Kühlein Ärztekongress Arosa, April 2016

Transkript

1 Der (Haus-) Arzt zwischen Wissenschaft, EbM, Rückenmark und Bauchgefühl Thomas Kühlein Ärztekongress Arosa, April 2016

2 Phronesis Fähigkeit zu angemessenem Handeln im konkreten Einzelfall unter Berücksichtigung aller für die Situation relevanten Faktoren, Handlungsziele und Einsichten, die der Handelnde kennen kann

3 Klara B, 81 Jahre alt, DD: Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, M: Ramipril/Hct 5/12,5mg 1-0-0, Metformin 8 verschiedene Medikamente A: Zuhause gestolpert und gestürzt, SHF li; TEP li Hüfte In Reha-Klinik DXA Messung T-Score -2,8 Medikation neu: Alendronat, Ca/Vit D

4 Wissenschaftsbasierte Medizin:

5 Unser Wissen ist Theorie

6 Unser Wissen greift oft zu kurz:

7 Evidenzbasierte Medizin oder die Frage nach dem was rauskommt

8 Evidenz ist nicht wissenschaftlich, sondern empirisch

9 Evidenz sagt uns nicht was wir tun sollen

10 Die Einschätzung von Relevanz erfordert die Kenntnis der Effektstärke Wells GA, Cranney A, Peterson J, Boucher M, Shea B, Welch V, Coyle D, Tugwell P. Alendronate for the primary and secondary prevention of osteoporotic fractures in postmenopausal women (Review). Cochrane Database of Systematic Reviews 2008, Issue 1. Art. No.: CD

11 Woher kommen plötzlich diese die Leitlinien? Helfen sie uns?

12 Was ist die Aufgabe einer Profession?

13 Zehn Jahre Qualitätsmanagement: Wahrnehmung und Stellenwert aus Sicht von Hausärzten in einem Ärztenetz Das Empfinden war, etwas übergestülpt zu bekommen: Zwangseingriff von außen [...] vom Gesetzgeber eingegriffen in meine Berufsausübung (HA5)

14 Individuelle Ärzte oder individuelle Patienten? Wenn richtig angewendet, verspricht sie die Medizin zugänglicher, kosteneffizienter und demokratischer zu machen. Falsch angewendet, könnte sie jedoch Kreativität behindern und die Gesundheitsversorgung in eine bürokratische Zwangsjacke stecken

15 Algorithmen statt ärztliche Entscheidungen? Leitlinien helfen, sind aber nicht EbM

16 Entscheiden wir durch Anpassung des Standards Wursteln als Kunstform transcript Verlag Bielefeld 2010

17 Ist uns die rationale Welt zu kalt geworden?

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19 Was ist hier los?

20 Zu viele Bauchgefühle?? Erlanger Nachrichten,

21 Was fehlt ist der richtige Bezugspunkt

22 Denken und Handeln wir (haus)-ärztlich Die International Classification of Functioning ICF

23 (Wie) entscheiden Ärzte wirklich?

24 Jedenfalls nicht anders als die Anderen

25 und meistens nicht bewusst. Zitiert nach Siebolds M. Arbeitsmaterialien EbM Kurs Diabetologen RVS

26 Entscheiden wir mit dem Rückenmark? Zitate aus Code-Familie innere Leitlinie - Bei uns in der Praxis ist es üblich, Co-Trimoxazol zu verschreiben und das ist eigentlich der ausschlaggebende Punkt weshalb ich das auch mache. Also ich folge im Grunde genommen ((lachend)) der allgemeinen Handlungsweise /ja/. - Also wirklich ganz banal. Ich habe das weitergeführt was man mir mal beigebracht hat. So wurde das im Krankenhaus gemacht - dass man gerade als Hausarzt /ehm/ auch ein bisschen seiner Intuition folgt. Ich denke /ehm/ dass man auch seine persönliche Erfahrung macht und /ehm/ dass man sie auch annehmen darf. Also ich denke grade also wirklich als Hausarzt muss man da auch polypragmatisch sein und /eh/ Aspekte die man nicht direkt rational so benennen kann aber das man die irgendwie so ganz schnell irgendwie erfasst und dann seine Entscheidung trifft

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28 Viel Forschung und Theorie, aber

29 Ist das wirklich alles?

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34 Überschätzen Sie nicht Ihre Bäuche

35 Die Situation des Hausarztes Die Situation des Patienten des Hausarztes Reflexe statt Reflexion?

36 Ein Lösungsvorschlag zur Diskussion

37 Stellen wir selbst eine Frage:

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40 - Für uns Ärzte sind Evidenz und Narrativ wichtiger als die Wissenschaft - Organisieren wir uns besser - Hören wir auf den Bauch - Aber entscheiden wir bewusst - Gemeinsam mit unseren Patienten - Werden wir professionell

41 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit Erlangen, Oktober 2014