Juristische Aspekte bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen
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- Hans Bäcker
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1 Bezirksärztekammer Südwürttemberg Juristische Aspekte bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen Kurzvortrag anlässlich der FoBi-Veranstaltungen zur Medizinischen Versorgung von Flüchtlingen am / / Dr. iur. Regine Kiesecker Geschäftsführerin
2 Rechtliche Grundlagen Asylrecht Art. 16 a Abs. 1 GG: Politisch Verfolgte genießen Asylrecht Schranken des Rechts auf Asyl (Art. 16 a Abs. 2-4 GG): Kein Recht auf Asyl bei Einreise aus EU oder sicherem Drittstaat; Vermutung: Politische Verfolgung (-) in sicherem Herkunftsstaat Einschränkungen im Rechtsschutz Einschränkungen durch europäische Zuständigkeitsregelungen Dublin-Verfahren: Zuständigkeitsverfahren, das vor der eigentlichen Prüfung des Asylantrags stattfindet. Asylantrag wird inhaltlich nur durch einen Mitgliedstaat der EU, Norwegen, Island, Schweiz, Liechtenstein geprüft. Ggf. Überstellung Ggf. gesonderte Rechtsstellung von Flüchtlingen Dr. iur. R. Kiesecker 2
3 Asylverfahren / Asylantrag 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG), Aufenthaltsgesetz (AufenthG) als bundesrechtliche Regelungen Regeln Anerkennungsverfahren für Asylsuchende/Flüchtlinge Asylverfahren wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durchgeführt Einreisende Asylsuchende werden in nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung des jeweiligen B-Landes weitergeleitet Verteilungssystem im AsylVfG legt Zuordnung Asylsuchender auf einzelne Bundesländer anhand Verteilungsschlüssel fest u. ermittelt die für Unterbringung zuständ. Aufnahmeeinrichtung Asylantrag muss bei Außenstelle des BAMF gestellt werden; zuständig in BW Regierungspräsidien Dr. iur. R. Kiesecker 3
4 Asylverfahren / Asylantrag 2 Nach Verteilung werden Unterlagen der zuständigen Außenstelle des BAMF zur Bearbeitung des Asylantrags zugeleitet Aufenthaltsgestattung mit vorläufigem Bleiberecht; räumliche Beschränkung (dreimonatige Residenzpflicht, 56 ff AsylVfG), danach Bewegungsfreiheit im Bundesgebiet Aber: Wohnsitzauflage/Wohnsitzbeschränkung ( 60 AsylVfG) Anhörung Asylsuchender zum Reiseweg und zu Verfolgungsgründen unter Hinzuziehung von Dolmetschern Entscheidung über Asylantrag in schriftlicher Form mit Rechtsbehelfsbelehrung (Klageweg zu Verwaltungsgerichten eröffnet) Dr. iur. R. Kiesecker 4
5 Asylverfahren / Asylantrag 3 Bei Ablehnung: Freiwillige Ausreise oder Abschiebung; Aber: Ggf. Subsidiärer Schutz, Abschiebungsverbot oder vorübergehende Aussetzung der Abschiebung bei Abschiebungshindernissen (Duldung) Bei Anerkennung als Asylberechtigter oder Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (befristete) Aufenthaltserlaubnis für Asylberechtigte/Flüchtlinge mit Arbeitserlaubnis Arbeitserlaubnis: Dreimonatiges Arbeitsverbot! Danach Erwerbstätigkeit zulässig, ggf. mit Vorrangprüfung bevorrechtigter Arbeitssuchender; Gleichstellung mit sonstigen Arbeitssuchenden nach 15 Monaten Dr. iur. R. Kiesecker 5
6 Unterbringung/Aufenthalt Zuständigkeit der Länder, 44 ff AsylVfG nur Grundsatzregeln In BW: Flüchtlingsaufnahmegesetz FlüAG v und Durchführungsverordnung Integrationsministerium (DVO FlüAG) Regeln Zuteilung, Aufnahme, Unterbringung, Betreuung von Asylsuchenden und Ausführung AsylbewerberleistG (AsylbLG) Zuständigkeit der Aufnahmebehörden Integrationsministerium ist oberste Aufnahmebehörde Regierungspräsidien sind höhere Aufnahmebehörden Untere Verwaltungsbehörden (Stadt- und Landkreise) sind untere Aufnahmebehörden Dr. iur. R. Kiesecker 6
7 Aufnahme und Unterbringung 1 Erstaufnahme in Landeserstaufnahmeeinrichtung, 6 FlüAG Zentrale Zuständigkeit RP Karlsruhe für Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) Registrierung und erkennungsdienstliche Behandlung der Asylbewerber; Aufnahmeuntersuchung nach 62 AsylVfG Asylantrag (LEA unterhält Außenstelle BAMF) RP Karlsruhe gewährt Leistungen nach AsylbLG Dauer bis zu 6 Wochen, längstens 3 Monate ( 47 AsylVfG) Zuteilung der Asylbewerber/Flüchtlinge an die Stadt- und Landkreise nach Zuteilungsschlüssel und Weiterleitung ( 6 Abs. 4 FlüAG ivm DVO FlüAG) Dr. iur. R. Kiesecker 7
8 Aufnahme und Unterbringung 2 Vorläufige Unterbringung nach Erstaufnahme, 7, 8 FlüAG in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungen Zuständigkeit untere Aufnahmebehörden Leistungsgewährung nach Vorschriften des Bundes, 11 FlüAG Ausgabenträgerschaft beim Stadt- und Landkreis/Erstattung durch Land (Pauschalen), 14, 15 FlüAG Dauer höchstens bis zu 24 Monate, 9 FlüAG FlüAG/DVO regeln Mindeststandards zur Unterbringung /Teilnahme am gesellschaftl. Leben (u.a. Ortsanbindung, sanitäre Einrichtungen, Spielzimmer, Freizeit, Sozialarbeit) Anschlussunterbringung in kreisangehörigen Gemeinden Dr. iur. R. Kiesecker 8
9 Aufnahme-/Eingangsuntersuchung AsylVfG: (1) Ausländer, die in einer Aufnahmeeinrichtung oder Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen haben, sind verpflichtet, eine ärztliche Untersuchung auf übertragbare Krankheiten einschließlich einer Röntgenaufnahme der Atmungsorgane zu dulden. Die oberste Landesgesundheitsbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle bestimmt den Umfang der Untersuchung und den Arzt, der die Untersuchung durchführt. (2) Das Ergebnis der Untersuchung ist der für die Unterbringung zuständigen Behörde mitzuteilen 36 Abs. 4 IfSG: Sicherstellung der Untersuchung auf Tuberkulose Dr. iur. R. Kiesecker 9
10 Aufnahme-/Eingangsuntersuchung - 2 Zuständigkeit: Gesundheitsämter Unterstützung durch andere Ärzte möglich Inhalt: Allgemeine ärztliche Untersuchung zum Nachweis oder Ausschluss des Vorliegens von übertragbaren Krankheiten sowie von Ausscheidertum. Röntgenuntersuchung der Lunge ab 16.L-jahr, Tuberkulintest bei Kindern und Schwangeren, serologische Untersuchungen ab 14. L-jahr auf Impfschutz, bei Kindern ggf. aus Kapillarblut. Bei entsprechender Anamnese oder Symptomatik sowie epidemiologischen Anhaltspunkten Stuhluntersuchungen, weitere serologische Untersuchungen (s. Sächs. LÄK) Staatshaftung! Dr. iur. R. Kiesecker 10
11 Leistungsansprüche von Asylbewerbern 3 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG): Grundleistungen für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, Gebrauchs- und Verbrauchsgüter (Sachleistungsgrundsatz) sowie Geldbetrag (Bargeldbedarf) 3 Abs. 2 AsylbLG i.v.m 11 FlüAG: Geldleistungen statt Sachleistung bei vorläufiger Unterbringung (zumindest bei Unterbringung außerhalb Gemeinschaftsunterkunft) Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft, Geburt ( 4,6 AsylbLG) Bei Aufenthaltserlaubnis: Sozialhilfe, Kindergeld, Erziehungsgeld, Eingliederungshilfe, Sprachförderung, Integrationshilfen Dr. iur. R. Kiesecker 11
12 Medizinische Versorgung 1 4 AsylbLG: (1) Zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sind die erforderliche ärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen zu gewähren Versorgung mit Zahnersatz, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist. (2) Werdenden Müttern/Wöchnerinnen sind ärztliche Hilfe und Betreuung, Arznei-, Verband- und Heilmittel zu gewähren. (3) Die zuständige Behörde stellt die ärztliche Versorgung einschließlich der amtlich empfohlenen Schutzimpfungen und medizinisch gebotene Vorsorgeuntersuchungen sicher. Soweit Leistungen durch niedergelassene Ärzte erfolgen, richtet sich die Vergütung nach den am Ort der Niederlassung des Arztes geltenden Verträgen nach 72 Abs. 2 SGB V. Dr. iur. R. Kiesecker 12
13 Medizinische Versorgung 2 6 AsylbLG: (1) Sonstige Leistungen können insbesondere gewährt werden, wenn sie im Einzelfall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich, zur Deckung besonderer Bedürfnisse von Kindern erforderlich sind. Die Leistungen sind als Sachleistungen zu gewähren. (2) Personen, die eine Aufenthaltserlaubnis gemäß 24 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes besitzen und die besondere Bedürfnisse haben, wie beispielsweise unbegleitete Minderjährige oder Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, wird die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe gewährt. Dr. iur. R. Kiesecker 13
14 Medizinische Versorgung Notfallbehandlungen 6 a AsylbLG: (1) Hat jemand in einem Einzelfall einem anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Leistungen nach den 3, 4 und 6 nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger des Asylbewerberleistungsgesetzes beantragt wird. Dr. iur. R. Kiesecker 14
15 Medizinische Erstversorgung - Flüchtlingsärzte 90 AsylG - E: Befristete Ermächtigung für Asylbewerber, die über eine abgeschlossene Ausbildung als Arzt verfügen oder dies zumindest glaubhaft machen können, zur Ausübung Heilkunde in Aufnahmeeinrichtungen unter Verantwortung eines Arztes Voraussetzung: Erteilung Approbation oder Berufserlaubnis nach 10 BÄO wegen fehlender Unterlagen nicht möglich Keine Befugnis zum Führen der Berufsbezeichnung Arzt! Pb: Eigenständige Tätigkeit, Arzt jedoch als verantwortlicher Ansprechpartner (besser: Einsatz als Arzthelfer ) Einwände BuÄK: 1. Haftungsrisiko des verantwortlichen Arztes, 2. Versicherung des Betreffenden an Eides Statt reicht aus Dr. iur. R. Kiesecker 15
16 Offene (Rechts-)Fragen Medizinische Versorgung und Abrechnung von Leistungen bei nicht registrierten und notfallmäßig in Erstunterkünften untergebrachten Asylbewerbern/Flüchtlingen Vergütungs- und Statusfragen der sonstigen Ärzte, die in LEA/BEA und sonstigen Aufnahmeeinrichtungen tätig werden Verordnungen der sonstigen Ärzte Haftungsrechtliche Situation der sonstigen Ärzte bei Leistungen nach AsylbLG Staatshaftung? Unfallversicherungsschutz des sonstigen Arztes : Gesetzliche Unfallversicherung? Dokumentationserfordernis: Gesundheitsamt? Dolmetschereinsatz: Wer bestellt, wer bezahlt? Dr. iur. R. Kiesecker 16
17 Danke für Ihre Aufmerksamkeit! Dr. iur. R. Kiesecker 17
18 Haldenhaustraße Reutlingen Telefon: / / Telefax: / zentrale@baek-sw.de 18
19 Bezirksärztekammer Südwürttemberg Juristische Aspekte bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen Kurzvortrag anlässlich der FoBi-Veranstaltungen zur Medizinischen Versorgung von Flüchtlingen am / / Dr. iur. Regine Kiesecker Geschäftsführerin
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