GASTRONOMIEREPORT 2015 DER DGB-JUGEND BERLIN-BRANDENBURG

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Kora Schulze
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1 GASTRONOMIEREPORT 2015 DER DGB-JUGEND BERLIN-BRANDENBURG

2 Vorwort Ca Jugendliche in Berlin und Brandenburg absolvieren ge - rade ihre Berufsausbildung in der Hotel- und Gaststättenbranche. Die Branche ist in beiden Bundesländern ein zentraler Wirtschaftszweig. Dennoch ist die Situation in der Branche paradox. Einerseits wird über einen drohenden akuten Fachkräftemangel geklagt, andererseits bleiben gerade in der Branche oft Ausbildungsplätze unbesetzt und die Abbruchquoten sind hoch. Von Arbeitgeberseite wird dieser Umstand gern mit einer mangelnden Ausbildungsreife sowie geringer Motivation und Begeisterung der Jugendlichen für die Ausbildung begründet. Diese Pauschalvorwürfe lenken aber davon ab, dass die Probleme ganz woanders liegen. Es ist kein Zufall, dass sich unter den Jahr für Jahr unbesetzt bleibenden Berufsausbildungsstellen jene Berufe am häufigsten finden, die im Ranking des Ausbildungsreports seit 2005 regelmäßig am schlechtesten abschneiden: Die Hotel- und Gaststättenberufe. Die seit Jahren miserablen Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen in dieser Branche haben sich auch unter den Ausbildungssuchenden herumgesprochen. Diesen Befund wollten wir nun näher untersuchen. Darum haben wir zusätzlich zu den Befragungen im Rahmen der gemeinsamen Berufsschultour von DGB-Jugend und jungengg unseren Fragebogen am OSZ Gastgewerbe in Berlin ausgeteilt, um eine verlässliche Stichprobe zu erhalten. Diese Stichprobe haben wir mit den Ergebnissen des Ausbildungsreportes verglichen, um herauszufinden, ob sich unser Befund untermauern lässt. Allgemeine Bewertung Die allgemeine Zufriedenheit ist bei Auszubildenden in der geringer und die fachliche Qualität im Betrieb wird insgesamt schlechter beurteilt als in anderen Berufen Die fachliche Qualität im Betrieb beurteile ich... 34,2 22,9 43,7 37,4 sehr gut gut befriedigend ausreichend mangelhaft ,5 4,3 2 Mit meiner Ausbildung bin ich insgesamt... 28,1 16,5 50,3 39,5 32,3 16,1 sehr zufrieden zufrieden teilweise zufrieden 9,2 2,8 6,8 4,6 4,9 0,9 eher sehr unzufrieden unzufrieden 1 2

3 Arbeitszeiten, Überstunden Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit beträgt 43,5 Stunden und damit vier Stunden mehr als in anderen Berufen. Wochenend- und Feiertagsarbeit kommt sehr viel häufiger vor. Es werden auch doppelt so viele Überstunden im Durchschnitt abgeleistet. 5 Anzahl der Überstunden (Mittelwert) 3 Wochenarbeitszeit in Stunden (Mittelwert) 7,4 3,7 43, , Äußerst bedenklich finden wir die Tatsache, dass im Hotel- und Gaststättengewerbe mehr als viermal so viele Azubis 10 oder mehr Überstunden pro Woche ableisten müssen als in anderen Berufen. 6 Durchschnittliche Überstunden pro Woche (gruppiert) ,5 42, ,4 21,7 27 7,3 5,8 unter 2 Std. 2 bis unter 5 Std. 5 bis unter 10 Std. 10 und mehr Std. Jede_r zweite Auszubildende in der branche leistet regelmäßig Überstunden. Dieser Wert ist im Vergleich zu anderen Berufen doppelt so hoch! Dementsprechend haben Azubis in der branche häufiger Probleme, sich nach der Ausbildung in der Freizeit zu erholen. 4 Ich mache regelmäßig Überstunden ,5 6 54,8 45, ,5 Ja Nein 3 4

4 Ausbildungsvergütung Die Ausbildungsvergütungen der von uns Befragten sind insgesamt niedriger als im Durchschnitt des Ausbildungsreportes. Zum Vergleich: Die durchschnittliche tarifliche Ausbildungsvergütung bezogen auf alle Branchen beträgt 717 Euro brutto im Monat (eigene Berechnungen auf Basis des Tarifregisters Berlin-Brandenburg). 7 Durchschnittliche Ausbildungsvergütungen im Vergleich durchschnittliche tarifliche Ausbildungsvergütung Das Vorhandensein sowie die Kenntnis eines betrieblichen Ausbildungsplanes sind ähnlich hoch wie bei anderen Berufen. Allerdings werden in der die Vereinbarungen aus dem Ausbildungsplan deutlich seltener eingehalten als im allgemeinen Durchschnitt Die Vereinbarungen aus dem Ausbildungsplan werden eingehalten 14,2 44,6 40, , ,1 3,1 6,8 1,9 Anleitung und Ausbildungsinhalte Ausbilder_innen stehen den Azubis in der branche weniger als Ansprechpartner_innen zur Verfügung als im allgemeinen Durchschnitt Ausbilder_in steht am Ausbildungsplatz zur Verfügung 31,1 48,1 30,3 31,9 18,9 11,5 14,2 6 5,5 2,4 Die Anleitung sowie die Behandlung durch die Ausbilder_innen werden im bereich kritischer bewertet im Vergleich zum Ausbildungsreport (vgl. Abb. 10 und 11) Meine Ausbilder_in erklärt mir Arbeitsvorgänge zu meiner vollsten Zufriedenheit 38,8 35,7 36,2 22,9 19,7 13,7 13,3 7,8 8,4 3,5 5 6

5 Ich werde von meinen Ausbilder_innen, meiner Meinung nach, korrekt behandelt 27,1 46,8 36,8 35,3 18,2 11,1 13,8 4,8 4 1,9 Auch das Berichtsheft kann deutlich seltener während der Arbeitszeit geführt werden, obwohl dies in den Ausbildungsordnungen eindeutig so festgelegt ist Das Berichtsheft führe ich während der Arbeitszeit 28,6 42,6 14,3 10,5 6 11,5 13,9 7, ,9 Dementsprechend verwundert es auch nicht, dass im bereich häufiger ausbildungsfremde Tätigkeiten ausgeführt werden müssen. 12 Ich muss Tätigkeiten verrichten, die eindeutig nicht zu meiner Ausbildung gehören ,8 27,8 immer / häufig / manchmal 63,2 selten / nie 72,2 Perspektiven nach der Ausbildung Die beruflichen Perspektiven unterscheiden sich deutlich von den anderen Berufen. Nur 29 % der Azubis in berufen möchten in ihren Ausbildungsbetrieb bleiben (andere Berufe 53 %), fast jede_r Dritte (31 %) möchte in einem anderen Betrieb arbeiten und fast jede_r Vierte (23 %) möchte nicht weiter im Beruf arbeiten. 7 8

6 Fazit Im Ergebnis zeigt sich, dass die Auszubildenden im Hotel- und Gaststättengewerbe ihre Ausbildungsbedingungen deutlich kritischer bewerten als Azubis in anderen Berufen. Arbeitszeiten, Überstunden, Arbeitsbelastung, ausbildungsfremde Tätigkeiten und Anleitung durch Ausbilder_innen es gibt keinen Bereich, in dem das Hotelund Gaststättengewerbe nicht schlechter abschneidet. Dies bemängelt die zuständige Fachgewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten bereits seit Längerem und bringt dies gegenüber dem DEHOGA, den Berufsbildungsausschüssen der Kammern und der Politik auch immer wieder zur Sprache. Unbesetzte Ausbildungsplätze, hohe Abbruchquoten und ein drohender Fachkräftemangel lassen sich nicht allein durch unreife bzw. unmotivierte Jugendliche erklären. Vielmehr wird deutlich, dass hohe Ausbildungsqualität und gute Rahmenbedingungen zentral für die Attraktivität von Ausbildungsberufen, ja sogar einer ganzen Branche sind. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass erste Bemühungen des DEHOGA und einzelner Betriebe zur Verbesserung der Ausbildungsqualität erkennbar sind. Dies ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, erfordert jedoch weitaus mehr an Verbindlichkeiten, um die Ausbildungsqualität in der gesamten Branche nachhaltig zu verbessern. Im Rahmen der Berufsschultour informiert die NGG als Fachgewerkschaft am Infostand und in unterrichtsbegleitenden Informationsveranstaltungen über Aufgaben sowie Funktion von Gewerkschaften in Deutschland und bietet für Klassen eine offene Fragerunde an, um den Azubis den Raum zur Klärung von Problemen in der Ausbildung zu geben. Impressum V.i.S.d.P. Christin Richter DGB-Jugend Berlin-Brandenburg Keithstraße 1/ Berlin Gestaltung ideenmanufaktur Druck Laser-Line, Berlin Kontakt: Manuela Libbe, Landesjugendsekretärin NGG Ost Fotos Titel: vgajic / istockphoto.com Seite 2: mediaphotos / istockphoto.com Seite 3: Anna Bryukhanova / istockphoto.com Seite 4: Pamela Moore / istockphoto.com Seite 4: Necip Yanmaz / istockphoto.com Seite 6: webphotographeer / istockphoto.com Seite 7: Susan Chiang / istockphoto.com Seite 8: andresr / istockphoto.com Seite 8: monkeybusinessimages / istockphoto.com Seite 10: trepavica / photocase.de 9 10

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