Psychosen / Schizophrenien
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1 Psychosen / Schizophrenien Jürgen Seifert Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Universitätsklinikum Würzburg 1 Einleitung Schizophrenie = komplexe Störung des Selbst- und Weltbezugs Begriff vom Schweizer Psychiater Eugen Bleuler (1908) early onset Schizophrenie: unter 18 Jahren very early onset : unter 13 Jahren 2 1
2 Symptome der Schizophrenie Störung von Wahrnehmung Denken Affekt Psychomotorik 3 Halluzinationen Akustische Halluzinationen 4 2
3 Halluzinationen Akustische Halluzinationen Optische Halluzinationen 5 Halluzinationen Akustische Halluzinationen Optische Halluzinationen Gustatorische Halluzination Auf einmal hatte ich einen richtig fauligen Geschmack im Mund 6 3
4 Halluzinationen Akustische Halluzinationen Optische Halluzinationen Gustatorische Halluzination Auf einmal hatte ich einen richtig fauligen Geschmack im Mund Olfaktorische Halluzination Plötzlich hat es nach Gas gerochen, es war ganz merkwürdig, weil es sonst keiner außer mir gemerkt hat. 7 Halluzinationen Akustische Halluzinationen Optische Halluzinationen Gustatorische Halluzination Auf einmal hatte ich einen richtig fauligen Geschmack im Mund Olfaktorische Halluzination Plötzlich hat es nach Gas gerochen, es war ganz merkwürdig, weil es sonst keiner außer mir gemerkt hat. Taktile Halluzination Da habe ich mit einmal auf meinem Arm eine kalte behaarte Hand gespürt. Es war auch eine ganz raue Hand. 8 4
5 Wahn Wahneinfall Gestern ist mir aufgegangen, dass ich die Supermächte telepathisch ausgesöhnt habe. Wahn Wahneinfall Gestern ist mir aufgegangen, dass ich die Supermächte telepathisch ausgesöhnt habe. Systematisierter Wahn 10 5
6 Wahn Wahneinfall Gestern ist mir aufgegangen, dass ich die Supermächte telepathisch ausgesöhnt habe. Systematisierter Wahn Wahnwahrnehmung Dass sie beim Abschied mit dem Kopf genickt haben bedeutet, dass ich magische Kräfte besitze. Wahn Wahneinfall Gestern ist mir aufgegangen, dass ich die Supermächte telepathisch ausgesöhnt habe. Systematisierter Wahn Wahnwahrnehmung Dass sie beim Abschied mit dem Kopf genickt haben bedeutet, dass ich magische Kräfte besitze. Wahnstimmung Es liegt etwas in der Luft, alles um mich herum ist merkwürdig verändert, alles ist so seltsam, die Leute machen so ein böses Gesicht, da muss was passiert sein 6
7 Wahn Wahneinfall Gestern ist mir aufgegangen, dass ich die Supermächte telepathisch ausgesöhnt habe. Systematisierter Wahn Wahnwahrnehmung Dass sie beim Abschied mit dem Kopf genickt haben bedeutet, dass ich magische Kräfte besitze. Wahnstimmung Es liegt etwas in der Luft, alles um mich herum ist merkwürdig verändert, alles ist so seltsam, die Leute machen so ein böses Gesicht, da muss was passiert sein Illusionäre Verkennung Salvador Dali 13 Störung des Ich-Erlebens Depersonalisation: Mein Körper fühlt sich an als gehöre er nicht mehr zu mir. Salvador Dali Derealisation: In unserem Haus waren plötzlich alle Wände schräg geneigt. 14 7
8 Inhaltliche Denkstörungen Wahn Beeinflussungsideen, Gefühl des Gemachten Verfolgungswahn Störung des Selbstgefühls (Depersonalisation, Derealisation, Gedankeneingebung, -entzug) Beziehungsideen Salvador Dali 15 Formale Denkstörungen Verlangsamung, Blockade Gedankenabreißen Ideenflucht Inkohärenz/ Zerfahrenheit Perseveration Neologismen 16 8
9 Positiv-/Plussymptome Halluzinationen Formale und inhaltliche Denkstörungen Affektschwankungen Agitation, Unruhe, psychomotorische Hemmung
10 Negativ- / Minussymptome Antriebslosigkeit Interessenverlust Sozialer Rückzug Leistungsknick Hypomimie Verflachter Affekt Sprachverarmung 19 Formen der Schizophrenie nach ICD-10 Paranoid-halluzinatorische Schizophrenie (F20.0) Hebephrene Schizophrenie (F20.1) Katatone Schizophrenie (F20.2) Schizophrenes Residuum (F20.5) Schizophrenia simplex (F20.6) 20 10
11 Kindliche Schizophrenie Epidemiologie Inzidenz fünfzig mal geringer als bei Erwachsenen Beginn vor 10. Lj.: 0,1-1 % Beginn vor 15. Lj.: 4 % Beginn vor 14. Lj.: m > w 21 Altersverteilung der Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter in 3 Stichproben (aus Remschmidt et al.; Schizophrenia Bulletin, Vol 20, No.4,1994) N MR Epidem. Studie, N=98 Wü. Klinik Studie, N=121 MR.Prospe. Studie, N=61 Alter 22 11
12 % 30 Beginn der schizophrenen Erkrankung: Beziehung zu Alter und Geschlecht Männer * p< * Frauen Alter 23 aus:h. Häfner ( 2000 ) Frühverlauf 24 12
13 Ätiologie der Schizophrenie Multifaktorielle Genese: Genetische Disposition Biochemische Hirnfunktionsstörung Psychosoziale Faktoren 25 Vulnerabilitäts-Stress-Modell Pränatale Faktoren: genetische Faktoren, intrauterine Schädigung Biologisches Risiko: peri-/postnatale Schädigung, Hirn-Entzündungen etc. Stressoren/ Lebensschicksale Vulnerabilität Psychose Psychosoziales Risiko: Kommunikationsmuster, Störungen der Selbst- Entwicklung 26 13
14 Alle diese monozygoten Vierlinge entwickelten Symptome der Schizophrenie im Alter von 22 bis 24 Jahren
15 Konkordanz bei Zwillingen; mit Schizophrenie (DSM III / DSM IIIR) (nach Scourfield and McGuffin, S.126: In: H. Remschmidt (Ed.) Schizophrenia in children and adolescents by Cambridge Univ.Press 2001) In % Farmer et al.; 1987 Onstad et al.; Monozygoten Dizygoten 29 Dopaminhypothese der Schizophrenie Hyperdopaminerge Synapse Normal Positivsymptome 30 15
16 Dopaminhypothese der Schizophrenie Mesokortikale Bahn Negativsymptome Nigrostriatales System (motorische Symptome) Mesolimbische Bahn Positivsymptome 31 Diagnostik Anamnese Körperlich-neurologische Untersuchung Blutbild, Leber- und Nierenwerte, Schilddrüsenwerte, Elektrolyte, Drogenscreening EEG, EKG bei Indikation/Verdacht Kernspin (MRT) und Lumbalpunktion (Ausschluss organische Erkrankung) testpsychologische Untersuchung der kognitiven Entwicklung 32 16
17 Differenzialdiagnosen Manische Störungen Affektive Störungen mit psychotischen Merkmalen Organische Psychosen Dissoziative Störungen Zwangsstörungen Autismus Typ Asperger Persönlichkeitsstörungen Sprachentwicklungsstörungen 33 Schizophrenie-ähnliche Symptome können auftreten bei: Delir Substanzinduzierten psychotischen Störungen Intoxikationen (z.b. mit Amphetaminen, Kokain, etc.) Endokrinopathien: z.b. Schilddrüsenfunktionsstörungen Intrazerebralen Raumforderungen Degenerativen Erkrankungen (z.b. Chorea Huntington) Infektionen wie Enzephalitis und Meningitis Anderen neurologischen Störungen: epileptische Psychosen 34 17
18 Therapie mit Neuroleptika Wirkweise: Dopaminrezeptor- Antagonismus Hyperdopaminerge Synapse Positivsymptom DR-Antagonismus 35 Einteilung der Neuroleptika (1) Hochpotent Selektive Dopaminrezeptor-Blockade Hohe antipsychotische Potenz Geringeres Risiko vegetativer Nebenwirkungen Niedrig potent Blockade verschiedener Rezeptoren (breites Rezeptorprofil) Kaum antipsychotische Wirksamkeit sedierend Höheres Risiko vegetativer Nebenwirkungen 36 18
19 Einteilung der hochpotenten Neuroleptika (2) Typische, klassische Hohe Blockade von Dopamin-D2-Rezeptoren Wirkung v.a. auf Positivsymptome Hohes Risiko für motorische Nebenwirkungen (sog. EPS, extrapyramidale Symptome) Z. B. Haloperidol 37 EPS Extrapyamidale Symptome 38 19
20 Dystonien 39 Akathisie 40 20
21 Parkinsonoid 41 Einteilung der hochpotenten Neuroleptika (2) Typische, klassische -Hohe Blockade von Dopamin-D2-Rezeptoren -Wirkung v.a. auf Positivsymptome -Hohes Risiko für motorische Nebenwirkungen (sog. EPS, extrapyramidale Symptome) - Z. B. Haloperidol Atypische, moderne Blockade von D2- und Serotonin-5-HT2-Rezeptoren Wirkung auf Positiv- und Negativsymptome Kaum Risiko für EPS 42 21
22 Wichtigste Nebenwirkungen der atypischen Neuroleptika Prolactinspiegelerhöhungen Kardiale Nebenwirkungen z. T. EEG- und Blutbild-Veränderungen Gewichtszunahme 43 Behandlung der Schizophrenie I 1. Phase: Antipsychotische medikamentöse Therapie Reizbeschränkung/Abschirmung Fürsorgliche Betreuung in der Kleingruppe Stressreduktion -> bis zur Normalisierung der Wahrnehmung und Denkleistung 44 22
23 Behandlung der Schizophrenie 2. Phase: Stützende, ressourcenorientierte Psychotherapie Psychoedukation der Familie Evtl. Gruppentherapie Evtl. Familientherapie (bei dysfunktionalen Kommunikationsmustern) 45 Behandlung der Schizophrenie 3. Phase: Belastungssteigerung: Schule etc. Training sozialer Kompetenzen, Problemlösestrategien Strategien zur Krankheitsbewältigung und Stressreduktion Anpassen des Lebensstils (Vulnerabilität!) Auseinandersetzung mit 1. Krankheitszeichen evtl. spezifische Rehabilitationsmaßnahmen psychopharmakologische Rezidiv-Prophylaxe 46 23
24 Very early onset Schizophrenie Anpassung im Erwachsenenalter (Trott et al. 1999; Remschmidt et al. 2003) 82 % ohne Schulabschluß 63 % hospitalisiert 94 % ohne Beruf 73 % unverheiratet 47 Rehabilitation
25 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 49 25
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