Der Sportverein als Institution der Zivilgesellschaft - Eine empirische Studie zur Funktionen eines Großsportvereins im Ballungsraum
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- Claudia Berger
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1 Der Sportverein als Institution der Zivilgesellschaft - Eine empirische Studie zur Funktionen eines Großsportvereins im Ballungsraum 1. Erkenntnisinteresse und Fragestellung Die zentrale Fragestellung der angestrebten Dissertation liegt darin, die strukturellen Elemente eines Großsportvereins als Institution der Zivilgesellschaft anhand der vorliegenden Fachliteratur herauszuarbeiten und deren gesellschaftliche Wirkungen anhand einer Einzelfallanalyse empirisch zu prüfen. Der Sportverein als Institution in der Zivilgesellschaft wurde als Thema gewählt, da nach meiner Auffassung Leistung und Funktion der Sportvereine, insbesondere eines Großsportvereins, in Relation zur öffentlichen Anerkennung in der Zivilgesellschaft in einem deutlichen Missverhältnis stehen. Diesen Sachverhalt beschreiben Baur/Braun u.a. indem sie in einem Beitrag zur Aktualität der Vereinsforschung bilanzieren, daß das öffentliche Interesse an den integrativen Leistungen der Sportvereine einerseits und die weitverzweigte Sozialwissenschaftliche Forschung andererseits zwar in Schwung gekommen sind, jedoch die Kommunikation zwischen Wissenschaft, Sportpolitik und Vereinspraxis nicht gerade einfach gestaltet ist (vgl. Baur/Braun 2003, S.30). Ihre Schlußfolgerung lautet entsprechend, daß es Aufgabe der Sportsoziologie sein sollte, das Sportvereins- und Verbandswesen detailliert zu untersuchen. Dies sollte geschehen um konträre Zielperspektiven und Anforderungen an die Sportorganisationen systematisch aufzuzeigen (Baur/Braun 2003, S.31). Aufgrund meiner persönlichen, beruflichen Tätigkeit als hauptamtlicher Geschäftsführer eines Großsportvereins und der ehrenamtlichen Tätigkeit auf nationaler Ebene, im Deutschen Turner-Bund, in den Bereichen Sport- und Angebotsentwicklung, ist das benannte Thema mit den entsprechenden Untersuchungen nicht nur wissenschaftlich interessant, sondern auch von täglicher Bedeutung. Ziel der Arbeit soll sein, die Funktionen eines Großsportvereins nicht nur auf individueller, sondern auch auf kommunaler Ebene zu analysieren. In diesem Zusammenhang wird versucht, eigene Beobachtungen und Erfahrungen aus der Vereinsarbeit anhand von empirischen Untersuchungen zur Bedeutung eines Sportvereins auf ihre Gültigkeit hin zu überprüfen.
2 Stand der Forschung und Forschungsdefizite Die Tatsache, dass Sportvereine eine in der Gesellschaft wichtige soziale Funktion innehaben, ist in der Literatur Allgemeingut (vgl. u.a. Rittner und Breuer in Baur/Braun, 2003, S.13). Beispielhaft für viele: Die enorme Bedeutung der sozialen Integration im Hinblick auf die soziale, psychische und gesundheitliche Entwicklung der Jugendlichen gilt als weithin anerkannt und empirisch abgesichert (vgl. u.a. Dreher &Dreher, 1985; Nestmann & Hurrelmann, 1994, Zinnecker, 2000) in Nobis & Baur, 2007,S.94). Neuerdings mit Blick auf Kinder und Jugendliche bestätigend Schmidt (2008). Die zentrale Bedeutung der Sportvereine als Teilelemente der Zivilgesellschaft ist auch in der politischen Praxis weitgehend unumstritten, so z.b. Wopp, von sportpolitischer Seite wird der Sport als bedeutsamer Integrationsfaktor gesehen (Wopp, 2006, S.257), denn im Sport werden grundlegende Werte des gesellschaftlichen Miteinanders und Zusammenlebens vermittelt, Toleranz und Respekt gegenüber anderen, Kameradschaft, Fairness, Hilfsbereitschaft und das Ausloten eigener Grenzen (Bundeskanzlerin Merkel 2007). Dennoch besteht mit Blick auf die politische Umsetzung gleichgültig auf welcher Ebene erheblicher Nachholbedarf, wenn wir Vereinswirklichkeit zugrunde legen. Die soziale Bedeutung der Sportvereine gilt sowohl in historischer Hinsicht als auch mit Blick auf die Entwicklung des Sportsystems im 20. Jahrhundert. Diese allgemeine soziale Funktion ist allerdings nur relativ schwach mit konkreter wissenschaftlicher Substanz belegt. Mit dadurch bedingt bestehen auch unterschiedliche Versuche, Sportvereine theoretisch einzuordnen. Die vorliegende Arbeit will daher auch differierende theoretische Ansätze auf ihre Tauglichkeit prüfen. In der Literatur werden Funktion und Bedeutung der Sportvereine aus verschiedenen Perspektiven dargestellt. Einen Versuch beschreibt in diesem Zusammenhang der akteurstheoretische Ansatz. Die Grundlage dieses Ansatzes ist die Annahme, daß soziales Handeln und soziale Strukturen in einem fortlaufenden wechselseitigen Zusammenhang stehen (vgl. Schimank 2000 in Nagel, 2006, S.78). Dies bedeutet, daß Sportvereine entstehen, bestehen und sich verändern durch fortlaufende wechselseitige Konstitution von sozialem Handeln der Mitglieder auf der Folie von Vereinsstrukturen (Nagel, 2006, S.79). Im Unterschied dazu steht der Ansatz den Sportverein auf Grundlage der Systemtheorie zu erklären: Die Systemtheorie wird dabei von einer funktionalen Betrachtungsweise dominiert, die für soziale Systeme (wie z.b. das Sportsystem) von der Frage ausgeht: Welche Grundprobleme haben soziale Systeme und mit welchen Mechanismen
3 - 3 - werden sie gelöst (Röthig/Prohl 2003, S.575)? Während systemtheoretische Perspektiven auf gesellschaftliche Differenzierung die individuellen Akteure ausblenden, sind diese in akteurstheoretischer Sichtweise Ausgangspunkt für die Erklärung von Differenzierungsvorgängen (vgl. Winkler/Weis 1995, 68). Diese verschiedenen Ansätze auf ihre Tauglichkeit hin zu prüfen und den Verein analytisch in den größeren Zusammenhang der Zivilgesellschaft zu stellen, wird eine der Aufgaben der Arbeit sein, um die zivilgesellschaftliche Funktion des Großsportvereins zu analysieren. Einzelfallanalysen zur sozialen Funktion von Sportvereinen liegen nur sehr begrenzt vor. Auch Baur/Braun folgern aus diesem Mangel die Aufgabe für die Sportvereinsforschung, daß künftig die Analysen von unterschiedlichen Sportvereinstypen an Bedeutung zunehmen werden. Sie vermuten darüber hinaus in diesem Zusammenhang, dass vermutlich auch Fallanalysen über einzelne Sportvereine an Interesse gewinnen werden (vgl Baur/Braun 2003, S.656). 3. Untersuchungsansatz Die Arbeit beruht wesentlich auf der Durchführung einer Einzelfallanalyse, die in den Zusammenhang von Theorie und Praxis der Vereinsentwicklung gestellt ist. Nach der Auseinandersetzung mit der Literatur zu den Themen der aktuellen Sport- und Vereinsentwicklung (vgl. u.a. Breuer 2007, Nagel 2006 S. 15ff., Emrich/Pitsch 2001), scheint eine Einzelfallanalyse in diesem Zusammenhang zielführend zu sein, da durch eine solche Form der Analyse vorhandene Erkenntnisdefizite konkret abgebaut werden können. Die empirische Untersuchung bezieht sich u.a. auf: - Die Motivationslage des Einzelnen für ein aktives Engagement in einem Verein - Bindung und Fluktuation der Vereinsmitglieder - soziale Wirkung der Vereinsarbeit, der Verein als Institution in der kommunalen Entwicklung - Herausforderungen moderner Vereinsarbeit, wie z.b. Zielgruppenorientierung, - Integration von Migranten im Verein (bisher keine wissenschaftlichen Erkenntnisse nach Baur 2007 und Nobis/Baur 2007, S.265). Des weiteren ist es jedoch schwer vorherzusagen, ob sich Menschen mit Migrationshintergrund und deren Sportgewohnheiten an die zur Zeit in Deutschland üblichen Sportgewohnheiten anpassen werden (vgl. Wopp 2006, S.257). - Rolle der Familien im Sportverein und die
4 Ressourcensituation und Kapazitäten eines Sportvereins 4. Untersuchungsgegenstand und Materialbasis Wie bereits angesprochen, sollen die empirischen Untersuchungen anhand eines Großsportvereins in einem städtischen Ballungsraum stattfinden. Der Verein ist die TG Bornheim in Frankfurt, mit einer Mitgliederzahl von aktuell Mitgliedern und damit Hessens größter Sportverein. Die Basis eines Großsportvereins bietet gute Voraussetzungen für die verschiedenen geplanten Untersuchungen. Dabei wird das System Sportverein als Teilelement der gesellschaftlichen Entwicklung verstanden, insofern werden in diesem Zusammenhang Kontextbedingungen des gesellschaftlichen Wandels mit untersucht. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Analyse des sogenannten Sozialkapitals. Der Begriff wurde im Wesentlichen geprägt durch den US-amerikanischen Politologen Putnam und den französischen Soziologen Bourdieu und beschreibt solidargemeinschaftliche Bindungen, die auf Aktionen zwischen Mitgliedern beruhen und sich im Gegensatz zu Sachkapital durch regelmäßige Anwendung erhöhen und nicht verbrauchen (vgl. Braun 2002, B29-30). Dieses Sozialkapital eines Großsportvereins wird zunächst im Zusammenhang mit der allgemeinen Sportentwicklung reflektiert und anschließend als Bestandteil von Nonprofit- Organisationen analysiert. Zentraler Unterschied von Non Profit Organisationen gegenüber anderen sozialen Systemen ist die formale Regelung der Mitgliedschaft. Non Profit-Organisationen dürfen keine Gewinne oder Überschüsse an Eigentümer oder Mitglieder ausschütten, es ist ihnen aber nicht verwehrt Gewinne zu erwirtschaften (vgl. Badelt 1997, 7ff zit. in Buber/Meyer 1997, 19). Als Materialbasis werden die vorhandene Literatur, das Archiv des zu untersuchenden Vereins, das Archiv des Landessportbundes Hessen, des deutschen Olympischen Sportbundes und die Ergebnisse eigener Befragungen und Erst-Untersuchungen zugrunde gelegt. 6. Literatur Baur, Jürgen und Braun, Sebastian (Hrsg.) (2003). Integrationsleistungen von Sportvereinen als Freiwilligenorganisationen. Aachen: Meyer & Meyer. Braun, Sebastian (2002). Soziales Kapital. Sozialer Zusammenhalt und soziale Ungleichheit. Integrationsdiskurse zwischen Hyperindividualismus und der Abdankung
5 - 5 - des Staates. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B (Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament ) Breuer, Christoph (2007/2008). Sportentwicklungsbericht, Analyse zur Situation der Sport- Vereine in Deutschland. Köln. Buber, Renate / Meyer, Michael (Hrsg.)(1997). Fallstudien zum Non Profit Management. Stuttgart: Schäfer-Poeschel. Deutsche Shell (Hrsg.) (2000) Jugend Shell Jugendstudie. Band 1 und 2. Opladen: Leske + Budrich. Deutscher Olympischer Sportbund (Hrsg.). Denkschrift zur Gründung des Deutschen Olympischen Sportbundes Köln. Emrich, Eike/ Pitsch, Werner/ Papathanassiou Vassilios (2001). Die Sportvereine. Ein Versuch auf empirischer Grundlage. Schorndorf: Hofmann Heinemann, Klaus/Schubert, Manfred (1994). Der Sportverein. Schorndorf: Hofmann. Nobis, Tina/Baur, Jürgen (2007). Soziale Integration vereinsorganisierter Jugendlicher. Bonn: Strauß. Nagel, Siegfried (2006) Sportvereine im Wandel. Schorndorf: Hofmann. Röthig, Peter/Prohl, Robert u.a. (Hrsg.) (2003). Sportwissenschaftliches Lexikon 7. Auflage. Schorndorf: Hofmann. Winkler, Joachim / Weis, Kurt (Hrsg.) (1995). Soziologie des Sports. Opladen: Westdeutscher Verlag. Wopp, Christian (2006). Handbuch zur Trendforschung im Sport. Aachen. Meyer & Meyer. Zimmer, Anette (2007). Vereine Zivilgesellschaft konkret. Wiesbaden. VS-Verlag für Sozialwissenschaften. Projektlaufzeit: Projektauftraggeber: Arbeitsgruppe: Turngemeinde Bornheim Prof. Dr. Robert Prohl, Boris Zielinski; Christoph Walther
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