Zukunft der Milchwirtschaft in Deutschland
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- Busso Schmitt
- vor 7 Jahren
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1 Zukunft der Milchwirtschaft in Deutschland Beschluss des Deutschlandrates der Jungen Union am 25./26. Juni 2016 in Deggendorf Vorbemerkung Die Junge Union ist die politische Jugendorganisation in Deutschland, die sich für die Landwirtschaft und insbesondere für die Interessen der Junglandwirte stark macht. Mit ihren Mitgliedern, die zu einem erheblichen Teil aus den ländlichen Regionen Deutschlands stammen, ist ihr die nach wie vor hohe Bedeutung der Landwirtschaft als wirtschaftliches Rückgrat der ländlichen Räume und Schlüsselbranche des 21. Jahrhunderts bewusst. Zuletzt legte sie auf dem JU Deutschlandtag 2014 in Inzell mit ihrem Beschluss Politik für eine nachhaltige und leistungsfähige Landwirtschaft ein deutliches Bekenntnis zur Zukunft der Agrarbranche in Deutschland ab. Die aktuelle Situation der Milchbauern in Deutschland Die Milchviehhaltung prägt das Gesicht vieler Regionen. Bereits seit den 50er Jahren macht die Branche einen erheblichen Strukturwandel durch, der sich auch in den letzten Jahren ungebremst fortsetzte. Aktuell gibt es in Deutschland milchviehhaltende Betriebe, die rund 32,6 Mio. Tonnen Rohmilch erzeugen und an ca. 150 Molkereien abliefern. Demgegenüber gab es im Jahr 2000 noch Milchviehbetriebe, die zwar knapp Milchkühe mehr hielten, jedoch rd. 5 Mio. Tonnen Rohmilch weniger erzeugten. Es vollzog sich also ein immenser Strukturwandel, der mit erheblichen Konzentrations- und Effizienzsteigerungsprozessen einherging. Um diesen Wandel zu bewältigten investierten viele Bauernfamilien immense Beträge in ihre Höfe, um mit besseren Haltungsbedingungen höhere Leistungen zu erzielen und durch Größenwachstum Skaleneffekte zu realisieren. Dieser Strukturwandel wurde sowohl durch wirtschaftliche als auch politische Rahmenbedingungen getrieben. Die erzielten Preise für Rohmilch liegen schwankungsbereinigt seit Jahrzehnten auf einem ähnlichen Niveau, sind inflationsbereinigt also kontinuierlich gesunken. Derweil änderte sich auch die EU
2 Agrarpolitik gravierend. Während früher ein wirksamer Außenschutz verbunden mit einem System von Interventionsaufkäufen, Exportsubventionen und produktionsgekoppelten Prämien für einen De-Facto politisch gesteuerten Mindestpreis sorgten, wurden die Kosten für dieses System dadurch begrenzt, dass ein mengenregulierendes Quotensystem seit 1984 die Milchproduktion und damit die Kosten begrenzte. Mit der Umstellung der Agrarfo rderung auf entkoppelte Direktzahlungen im Jahr 2003 zog sich die EU aus der marktverzerrenden Produktionssteuerung weitgehend zurück und ermöglichte eine weitere Liberalisierung der Agrarmärkte. Der Außenschutz wurde schrittweise genau so wie die Exportsubventionen nahezu komplett abgebaut. Folglich wurde die Milchquote nach einigen Erhöhungen 2015 komplett abgeschafft, da es keine produktionsgekoppelten Kosten mehr zu begrenzen gab und aufgrund fehlenden Außenschutzes durch sie auch keine Preisstützung im Falle von Nachfrageeinbrüchen mehr erreicht werden konnte. Vielmehr verhinderte sie, dass die europäische Milchwirtschaft Exportchancen aufgrund der grundsätzlich weltweit steigenden Nachfrage wahrnehmen konnte. Mit zunehmender Marktorientierung und dem Wegfall stabilisierender politischer Steuerungsinstrumente wurde der Milchmarkt zunehmend volatiler. Während in Zeiten guter Nachfrage der Milchpreis auf über 40ct/l kletterte konnte auch die damals noch existierende Michquote nicht verhindern, dass 2009 der Preis auf teilweise unter 25ct/l einbrach. Nach einer zwischenzeitlichen Hochpreisphase sind aktuell die Milchpreise wieder auf diesem Niveau, regional sogar auf unter 20ct/l eingebrochen. Dabei sind die Betriebsmittelpreise auf einem deutlich höheren Niveau als noch 2009, was die heutige Situation für die Betriebe noch dramatischer als die damalige macht. Ursächlich für die gesunkenen Preisen ist neben einer Angebotsausweitung vor allem die verhaltene Nachfrage auf dem Weltmarkt. Hinzu kommen politisch induzierte Marktverschiebungen wie beispielsweise das russische Importverbot für europäische Lebensmittel. Alleine auf diesem Markt wurden in der Vergangenheit Milchprodukte abgesetzt, die umgerechnet der Milchproduktion Hessens und Thüringens entsprachen.
3 Derartig niedrige Preise sind für keinen Betrieb kostendeckend und für viele akut existenzbedrohend. Darüber hinaus ist der vor- und nachgelagerte Bereich mitbetroffen, auch dort befinden sich viele mittelständische Betriebe durch Zahlungsausfälle und Nachfrageeinbruch in Notlagen. Neben Milchviehtrieben, bei denen das Auslaufen der Milchproduktion ohnehin absehbar war und nun vorgezogen wird, kommen dabei vor allem auch diejenigen Betriebe in Bedrängnis, die in den vergangenen Jahren investiert haben und nun die entsprechenden Kapitaldienste aufzubringen haben. Gerade diese Betriebe, oft geführt von Junglandwirten, will die Junge Union nicht im Stich lassen. Wir glauben an die Zukunft der Branche in Deutschland und wollen im Folgenden Perspektiven aufzeigen, die über die aktuelle Preiskrise hinausgehen. Kurzfristige Hilfen Um Betrieben kurzfristig in der aktuellen Lage zu helfen hat die Politik bereits eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. Im September 2015 verständigte sich die EU Kommission auf ein 500 Mio. umfassendes Maßnahmenpaket, das Maßnahmen zur Verbesserung der Liquidität, der Marktstabilisierung und Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Wertschöpfungskette enthielt. Der größte Posten waren dabei die Maßnahmen zur Liquiditätsverbesserung von tierhaltenden Betrieben, welche 420 Mio. umfassten, wovon 69,2 Mio. auf Deutschland entfielen. Über ein zweites Programm zur Liquiditätssicherung wird zurzeit auf europäischer Ebene verhandelt. Darüber hinaus erhöhte der Bund den Zuschuss zu landwirtschaftlichen Unfallversicherung um 78 Mio., was zu einer spürbaren Beitragsentlastung von durchschnittlich rund 36% unmittelbar den Betrieben zugutekam. Die Junge Union unterstützt die Bundesregierung dabei, auf diese Weise das Überleben langfristig rentabler Betriebe in dieser Krise zu ermöglichen. Gleichwohl gilt es, die Krise dafür zu nutzen, die Branche strukturell so aufzustellen, dass künftige Marktschwankungen aus eigener Kraft abgefedert werden können. Ausdrücklich begrüßt wird als erster Schritt die angekündigte Verlängerung des steuerlichen Gewinnermittlungszeitraums auf drei Jahre, um auf diese Weise eine Gewinnglättung in volatilen Märkten zu ermöglichen und so ein innerbetriebliches Risikomanagement zu erleichtern. Die Junge Union setzt sich zudem dafür ein, dass die Altersversorgung gerade der Landwirte, di in der Krise ihre Existenz verlieren, langfristig gesichert wird.
4 Die Zukunft liegt im Markt! Keine staatliche Mengenregulierung! Eine klare Absage erteilt die Junge Union Forderungen nach einem Wiedereinstieg in eine staatliche Mengenregulierung. In Zeiten offener globaler Märkte wäre dieses Instrument ein Griff in die Mottenkiste, das nicht nur die gewünschte Wirkung verfehlen würde, sondern auch den Druck auf die Marktbeteiligten hinsichtlich notwendiger Markstrukturanpassungen mindern würde. Da allen Beteiligten klar ist, dass eine nationale Mengenregulierung wirkungslos wäre und auf europäischer Ebene dafür keine Mehrheit besteht, betrachten wir es darüber hinaus als unseriös, den notleidenden Bauernfamilien diese vermeintlich einfache Lösung überhaupt in Aussicht zu stellen. Aus der Krise lernen! Nachdem die Branche über 30 Jahre einer staatlichen Mengensteuerung unterlag sind nun strukturelle Anpassungen erforderlich, die dafür sorgen, dass Marktsignale auch in Produktionsanpassungen umgesetzt werden und den Landwirten den Umgang mit volatilen Marktbedingungen ermöglicht. In erster Linie sind dafür die Marktpartner selbst in der Verantwortung, der Staat kann allenfalls durch die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens unterstützen. Reformbedarf sieht die Junge Union vor allem in folgenden Bereichen: Position der Landwirte in der Lieferkette stärken! Das jüngst beschlossene Agrarmarktstrukturgesetz ermöglicht der Branche weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten. So sind, zunächst befristet bis zum 12. Oktober 2016, auf freiwilliger Basis Absprachen bspw. zur Marktstruktur oder Absatzförderung möglich. Wenn es der Branche gelingt, einen repräsentativen Branchenverband zu gründen, können dessen Beschlüsse auch für Nichtmitglieder allgemeinverbindlich erklärt werden. Über diesen Branchenverband könnten darüber hinaus bisher ungenutzte EU-Mittel zur Innovations- und Absatzförderung abgerufen werden. Es würde auf unser
5 großes Unverständnis treffen, wenn die Branche diese Möglichkeit ungenutzt ließe. Keine weitere Konzentration auf Seiten des Handels! Dass aktuell Milch in vielen Supermärkten günstiger als Mineralwasser angeboten wird, zeigt eindrücklich, dass Strukturen zu hinterfragen sind. Die Molkereien sind offensichtlich nicht in der Lage, gegenüber dem Einzelhandel Preise durchzusetzen, die für die Landwirte kostendeckend sind. Aktuell stehen in Deutschland die Milchviehbetriebe und die 150 Molkereien vier marktbeherrschenden Handelsgruppen gegenüber. Dieses Marktmachtungleichgewicht darf sich auf keinen Fall weiter verstärken. Vor diesem Hintergrund verurteilt die Junge Union nochmals deutlich die Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel, die Übernahme von Kaiser s Tengelmann durch die Edeka-Gruppe entgegen des Votums von Kartellamt und Monopolkommission zu ermöglichen. Vielmehr gilt es, im Rahmen der kartellrechtlichen Möglichkeiten, einer weiteren Konzentration entgegen zu wirken und die Einkaufspraktiken laufend zu überprüfen. Dies liegt nicht nur im Interesse der Landwirtschaft, sondern auch des Verbrauchers. Zudem sollten gesetzliche Regelungen geprüft werden, die sicherstellen, dass das bestehende Verbot des Verkaufs von Lebensmitteln unter dem Einstandspreis, konsequent zur Anwendung gebracht wird. Die Branche sollte den Vorschlag aufgreifen, über Verkaufskontore Menge zu bündeln um der Marktmacht des Handels etwas entgegen zu setzen. Jedoch gilt es auch festzuhalten, dass nur rd. ein Drittel der in Deutschland erzeugten Milch direkt über den LEH vermarktet wird, während die weiteren zwei Drittel an Großabnehmer und im Export abgesetzt werden. Deshalb ist die Ursache für ruinöse Milchpreise nicht nur im Einzelhandel zu suchen, sondern es sind weitere Maßnahmen notwendig, die im Folgenden dargestellt werden. Lieferbeziehungen anpassen!
6 Der Molkereisektor in Deutschland ist überwiegend genossenschaftlich organisiert. Dadurch haben die Landwirte die Möglichkeit, unmittelbaren Einfluss auf die Vermarktung ihrer Produkte zu nehmen. Die gängige Lieferbeziehung der Landwirte mit den Molkereien ist dadurch gekennzeichnet, dass auf der einen Seite eine unbegrenzte Abnahmeverpflichtung der Molkerei besteht und auf Seiten des Landwirtes oder der Erzeugerorganisation eine Andienungspflicht. Die Vergütung der gelieferten Milch erfolgt im Nachhinein anhand der Verwertung der insgesamt angelieferten Milch. In Zeiten des regulierten Marktes machte diese Struktur durchaus Sinn. Der Landwirt konnte als Genossenschaftsmitglied darauf vertrauen, dass die Molkerei sich um eine bestmögliche Verwertung der angelieferten Milch bemühen wird, und die Molkerei hatte im quotierten Milchmarkt eine verlässliche Basis für ihre Mengenplanung. Im nun unquotierten, freien Markt stößt dieses System allerdings an seine Grenzen. In einem freien Markt ist es der Preis, der Nachfrage und Angebot ins Verhältnis bringt. Jedoch bringt oben skizzierte Systematik es mit sich, dass das Preissignal des Marktes beim Produzenten nur gedämpft ankommt, da die Landwirte auf ihre angelieferte Milch den Durchschnittspreis für die gesamte von der Molkerei im Abrechnungszeitraum verwertete Milch erhalten. Da im Rahmen vorhandener Kapazitäten der kurzfristige Grenzpreis der Milcherzeugung sehr gering ist werden so Fehlanreize gesetzt, Einnahmeausfälle aufgrund sinkender Preise durch Produktionssteigerung auszugleichen. Die Molkereien sind daher dringend aufgefordert, ihr Vergütungssystem derart umzugestalten, dass überschüssige Milch, die auf dem sog. Spot-Markt abgesetzt wird, dem Erzeuger auch nur mit einem entsprechenden Preis vergütet wird. Ein solches Vergütungssystem hätte in den letzten Monaten die Produktionsausweitung deutlich gebremst. Dabei ist unserer Einschätzung nach nicht die aktuell stark diskutierte Andienungsbzw. Abnahmepflicht der zentrale Punkt, sondern vielmehr, dass durch das
7 Vergütungssystem ein marktwirtschaftlicher zeitnaher Steuerungseffekt auf die Produktion wirken muss. Sollte es den Gremien der Molkereien in einer angemessenen Zeit nicht gelingen, sich auf eine entsprechende Umgestaltung ihrer Vergütungssysteme zu verständigen, ist zu befürchten, dass auch im nächsten Preistief wieder Fehlanreize zur Produktionsausweitung bestehen. Dadurch wäre die Politik zum Eingriff in die Lieferbeziehungen genötigt, welchen wir im Grundsatz ablehnen, aber als letzte Option auch nicht kategorisch ausschließen. Es ist daher im Interesse aller Beteiligten, dass die Branche sich bei diesem Thema bewegt. Risikomanagement stärken! Aufgrund der jahrzehntelangen staatlichen Regulierung des Milchmarktes sind Systeme zur Preisabsicherung und Risikominimierung schwach ausgeprägt. Insbesondere werden die Möglichkeiten von Warenterminbörsen zur Preisabsicherung im Milchsektor, im Vergleich zu anderen landwirtschaftlichen Produktgruppen, bisher kaum genutzt. Der Molkereisektor und die Erzeugerorganisationen sind aufgefordert, sich dieses Themas weitaus stärker als bisher anzunehmen. Dies würde auch den genossenschaftlichen Molkereien die Möglichkeit eröffnen, im Rahmen der Neugestaltung der Lieferbeziehungen ihren Mitgliedern eine Vorab- Absicherung ihres Milchpreises anzubieten. Für die Politik gilt es, auf europäischer Ebene ein System zu etablieren, das die nötigen Daten zur Indizesbildung in nötigem Umfang und aktuell zur Verfügung zu stellt. Außerdem sind Anreize für die notwendige Ausbildung der Marktteilnehmer zu setzen. Das in den USA bereits 2015 eingeführte Dairy Margin Protection Program stellt eine freiwillige staatlich organisierte Margenversicherung dar, die grundsätzlich eine interessante Möglichkeit für die Risikoabsicherung auf
8 Erzeugerebene darzustellen scheint. Die Erfahrungen in den USA mit diesem System sollten beobachtet werden und gegebenenfalls eine europäische oder nationale Umsetzung eines vergleichbaren Systems geprüft werden. Gleichzeitig sollten Gespräche mit der Versicherungswirtschaft geführt werden, um auszuloten, ob das Angebot einer entsprechenden Versicherung auch privatwirtschaftlich darstellbar wäre. Die angekündigte Gewinnglättung durch die Ausdehnung des steuerlichen Gewinnermittlungszeitraums auf drei Jahre berücksichtigt die besondere Stellung der Landwirte als Preisnehmer auf volatilen Agrarmärkten. Um das innerbetriebliche Risikomanagement weiter zur stärken befürworten wir auch weiterhin die ergänzende Einführung einer steuerlichen Risikoausgleichsrücklage. Alternativ wäre ein fünfjähriger Gewinnermittlungszeitraum denkbar. Innovation fördern, Forschung stärken, Wertschöpfung erhöhen! Auf Erzeugerebene hat die deutsche Milchwirtschaft, wie eingangs dargestellt, bereits erhebliche Effizienzsteigerungen erzielt. In keinem anderen Sektor der Tierhaltung ging die Weiterentwicklung mit einer derart deutlichen Steigerung des Tierwohls einher. Moderne Laufställe sind gegenüber alten Anbindeställen ein Quantensprung hinsichtlich der Haltungsbedingungen. Gleichwohl steigen die gesellschaftlichen Erwartungen an die Landwirtschaft und damit auch an die Milchproduktion weiter. Wie gerade die aktuelle Situation sehr deutlich zeigt stehen die deutschen Milchviehhalter im weltweiten Wettbewerb. Die Verknüpfung von wirtschaftlicher Tragfähigkeit und gesellschaftlicher Akzeptanz wird daher eine der Schlüsselherausforderungen sein. Um diese Herausforderung zu meistern bedarf es gezielter Weiterentwicklung der Haltungssysteme und entsprechender Grundlagenforschung. Wir treten daher entschieden für eine deutliche Stärkung des Agrarforschungsstandortes Deutschland ein. Die ganzjährige Anbindehaltung sehen wir unter Tierwohlgesichtspunkten als zukünftig nicht mehr tragfähige Haltungsform an, die auch der Gesellschaft
9 auf Dauer nicht mehr zu vermitteln sein wird. Wir setzen uns daher für ihr Auslaufen nach angemessenen Übergangsfristen ein, was mit der Förderung der Umstellung auf zeitgemäße Haltungsverfahren verbunden werden kann. Über die ohnehin sehr hohen europäischen Standards hinausgehende Formen der Tierhaltung müssen am Markt vergütet werden. Um dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, sich bewusst für Produkte zu entscheiden, die aus besonders tiergerechten Haltungsverfahren stammen, befürworten wir die Schaffung eines staatlichen Tierwohllabels. Deutliches Steigerungspotenzial für die deutsche Milchwirtschaft sehen wir im Bereich der Diversifikation und der Wertschöpfung. Deutsche Milchprodukte haben hinsichtlich ihrer Lebensmittelsicherheit auf den Weltmärkten einen hervorragenden Ruf. Jedoch zeigt sich, dass wir oftmals günstige Standardprodukte exportieren, während wir werthaltige Spezialitäten importieren. Hier gilt es sowohl für den Binnenmarkt als auch für den Export Produktinnovationen zu fördern, die die Wertschöpfung nachhaltig erhöhen und deutsche Molkereiprodukte weniger austauschbar machen. Durch die vorwiegend genossenschaftliche Molkereistruktur käme diese erhöhte Wertschöpfung auch unmittelbar den Erzeugern zu Gute. Einen kritischer werdenden Verbraucher sehen wir dabei nicht als Gefahr, sondern als Chance für die heimische Landwirtschaft. Die Menschen interessieren sich zunehmend stärker dafür, wo und wie ihre Lebensmittel produziert werden. Dort, wo dies auch mit einer entsprechenden Zahlungsbereitschaft einhergeht, kann diese Entwicklung Chancen für neue, innovative Vermarktungskonzepte, wie zum Beispiel Direktverkauf und Regionalmarketing bieten. Die Entwicklung solcher Konzepte sollte von politischer Seite zielgerichtet unterstützt werden. Agrarförderung gezielt weiterentwickeln!
10 Die Direktzahlungen aus der 1. Säule der GAP waren für viele Betriebe gerade in der Krise ein Stabilitätsanker. Dabei wird seit 2015 die 2013 beschlossene Reform angewendet, mit der die Direktzahlungen noch stärker als bisher mit gesellschaftlichen Leistungen verknüpft wurden. Darüber hinaus wurden durch eine Umlageprämie kleine und mittlere Betriebe gestärkt und eine Junglandwirteförderung integriert. Im Rahmen der Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens setzen wir uns in der aktuellen Situation für Stabilität und Planungssicherheit ein. Eine Ausweitung der verpflichtenden ökologischen Vorrangflächen halten wir aus agrarökologischer Sicht nicht für notwendig und lehnen sie daher ab. Wir setzen uns jedoch eine deutliche Vereinfachung und den Abbau bürokratischer Hemmnisse ein. Für die Zeit nach 2020 sehen wir weiterhin den Bedarf für eine starke 1. Säule, bei deren Ausgestaltung die Marktausrichtung beibehalten werden sollte. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur Einkommenssicherung und Risikoabsicherung sowie einen Ausgleich für die hohen Tier-, Umwelt-und Verbraucherschutzstandards der EU, die die Produktionskosten der Landwirtschaft erhöhen. Es gilt jedoch ergebnisoffen zu untersuchen, in wie weit es auf dem Pachtmarkt zu einem Umwälzungseffekt auf die Landeigentümer gekommen ist und ob es eine produktionsneutrale Alternative zur reinen Flächenbindung gibt. Eine gezielte Förderung von Junglandwirten sollte dabei erhalten bleiben. Ein Zurück zu den Zeiten der Preisstützung und der Mengensteuerung darf es jedenfalls nicht geben. In jüngster Vergangenheit haben einige Mitgliedsstaaten bestehende Spielräume ausgenutzt, um wieder verstärkt produktionsgekoppelte Förderungen einzuführen. Im Sinne des Wettbewerbs und der Chancengleichheit sollten europaweit die gekoppelten Zahlungen zurückgefahren werden mit dem Ziel, sie schrittweise ganz auslaufen zu lassen. Die Maßnahmen der ländlichen Entwicklung in der 2. Säule sollten stärker auf Beschäftigung, Innovation sowie eine tier- und umweltgerechte Erzeugung ausgerichtet werden. Des Weiteren sollten im Rahmen der GAP die Landwirte
11 stärker als bisher bei der betriebsindividuellen Risikoabsicherung, der betriebswirtschaftlichen Beratung und der veterinärmedizinischen Bestandsbetreuung unterstützt werden können. Durch die Stabilisierung der Einkommen, die stärkere Orientierung an gesellschaftlichen Erwartungen und den Ausgleich höherer Standards muss die GAP auch zukünftig dazu beitragen, agrarstrukturelle Brüche zu vermeiden und eine wettbewerbsfähige bäuerlich-unternehmerische Landwirtschaft zu erhalten, die sowohl qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel erzeugt, die Kulturlandschaft erhält und weitere von der Gesellschaft erwünschte Leistungen erbringt. Fazit Wir sehen die Bedeutung der deutschen Milchwirtschaft für vitale ländliche Räume, gepflegte Kulturlandschaften, eine gesicherte Selbstversorgungsbasis und glauben an ihre Zukunft. Dabei wird sich der Strukturwandel der letzten Jahrzehnte fortsetzen, jedoch setzen wir uns dafür ein, dass aus dem Wandel kein Bruch wird und innovative, zukunftsgerichtete Betriebe eine Perspektive über die aktuelle Krise hinaus behalten. Denn die langfristigen Aussichten sind durchaus positiv, der weltweite Bedarf an Milchprodukten wächst, Deutschland ist eine klimatische Gunstregion und verfügt über hervorragend ausgebildete Landwirte und Landwirtinnen. Die Chancen, die die Marktausrichtung bietet, bringen sogleich Herausforderungen mit sich. Die Marktstrukturanpassungen, die notwendig sind um den Weg vom regulierten auf den freien Markt erfolgreich zu bewältigen, muss die Branche in erster Linie selbst leisten. Wir unterstützen die Bundesregierung bei dem Ziel, die dafür notwenigen Rahmenbedingungen zu schaffen und an der Marktausrichtung festzuhalten. Denn ein Zurück zur staatlichen Marktsteuerung ginge durch den Verlust der Wettbewerbsfähigkeit einher mit einer zementierten Abhängigkeit unserer bäuerlichen Familienbetriebe von politischen Entscheidungen. Wir sind der festen Überzeugung, dass gerade die Junglandwirte und Junglandwirtinnen dies nicht wollen, sondern die Chancen, die einerseits der Weltmarkt und andererseits eine immer stärker diversifizierte einheimische Nachfrage bieten, nutzen können und werden. Dabei wird die Junge Union sie unterstützen!
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