Erbrecht- gesetzliche Ausgestaltung und individuelle Gestaltungsmöglichkeiten. Vortrag zum Unternehmergespräch von Dr. Ulrich Dieckert am
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- Lisa Linden
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1 Erbrecht- gesetzliche Ausgestaltung und individuelle Gestaltungsmöglichkeiten Vortrag zum Unternehmergespräch von Dr. Ulrich Dieckert am
2 Grundlagen I Mit dem Tod einer natürlichen Person tritt der Erbfall ein. Den Verstorbenen bezeichnet man als Erblasser. Mit dem Tode geht das Vermögen (Erbschaft) des Erblassers als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über. Das nennt man Gesamtrechtsnachfolge oder Universalsukzession. Erbe kann jede natürliche oder juristische Person sein. Erben kann nur, wer zur Zeit des Erbfalls lebt. Wer noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbfall geboren. Die Erbschaft geht von Rechts wegen auf die Erben über, es braucht also keine Annahmeerklärung (sog. Vonselbsterwerb). Allerdings hat der Erbe das Recht, die Erbschaft auszuschlagen.
3 Grundlagen II Der Erblasser hat Testierfreiheit, er kann also frei entscheiden, an welche Personen er sein Vermögen vererben möchte. Sie ist Ausdruck der Privatautonomie. Die Testierfreiheit kann nicht durch ein Rechtsgeschäft beschränkt werden, entsprechende Verträge sind nichtig. Eingeschränkt wird die Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht. Es wird zwischen gesetzlicher und gewillkürter Erbfolge unterschieden. Die gesetzliche Erbfolge ist nach dem Grundsatz der Familienerbfolge ausgestaltet, das Vermögen geht auf die nächsten Verwandten und den Ehegatten über.
4 Gesetzliche Erbfolge I Die gesetzliche Erbfolge ist gegenüber der gewillkürten subsidiär. Sie tritt daher nur dann ein, wenn der Erblasser keine Verfügung von Todes wegen hinterlassen hat, diese unwirksam ist oder nicht ausgeführt werden kann. Es gibt drei Arten von gesetzlichen Erben: die Verwandten, den Ehegatten/ eingetragenen Lebenspartner und den Staat. Der Staat (das Bundesland, in dem der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte), erbt nur dann, wenn zur Zeit des Erbfalls kein Verwandter, Ehegatte oder Lebenspartner vorhanden ist.
5 Gesetzliche Erbfolge II Verwandtschaft Verwandt ist, wer voneinander (Verwandtschaft in gerader Linie) oder von einer gemeinsamen dritten Person (Verwandtschaft in der Seitenlinie) abstammt. Die Verwandten werden vom BGB in verschiedene Ordnungen eingeteilt. Man spricht von der Erbfolge nach Ordnungen (Parentelsystem). Wenn ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist, ist derjenige der nachfolgenden Ordnung von der Erbfolge ausgeschlossen.
6 Gesetzliche Erbfolge III Verwandtschaft 1) Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers (Kinder, Enkel, Urenkel). 2) Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister, Halbgeschwister, Nichten, Neffen). 3) Erben der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Tanten, Onkel, Cousinen, Cousins). 4) Erben vierter Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge. Innerhalb des Parentelsystems wird die Erbfolge anhand des Stammes- und des Liniensystems ermittelt.
7 Gesetzliche Erbfolge V Ehegattenerbrecht Besondere Bedeutung in der Praxis hat das Ehegattenerbrecht. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Eheleute Kinder aus vorangegangenen Verbindungen haben. Voraussetzungen des Ehegattenerbrechts: 1. Bestehen der Ehe zum Zeitpunkt der Ehe (Getrenntleben ist nicht hinderlich) 2. Erbfähigkeit des Ehegatten 3. Kein Ausschluss (so bei rechtshängigem Scheidungs- oder Eheaufhebungsverfahren, wenn die materiellen Voraussetzungen vorlagen und ein entsprechender Antrag gestellt oder diesem zugestimmt wurde) Der Umfang des gesetzlichen Ehegattenerbrechts bestimmt sich 1. danach, neben Verwandten welcher Ordnung er erbt und 2. nach dem Güterstand. Der gleichgeschlechtliche Lebenspartner ist erbrechtlich wie ein Ehegatte gestellt.
8 Gesetzliche Erbfolge VI Ehegattenerbrecht Wenn weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden sind, ist der Ehegatte gesetzlicher Alleinerbe. Neben Verwandten der ersten Ordnung erhält der Ehegatte ¼, neben Verwandten der zweiten Ordnung und Großeltern ½ der Erbschaft. Wenn Großeltern als auch Abkömmlinge von Großeltern vorhanden sind, erhält der Ehegatte auch den Anteil, den diese Abkömmlinge (als Erben der dritten Ordnung) erben würden. Diese Quoten können sich gegebenenfalls aufgrund des ehelichen Güterrechts verändern.
9 Gesetzliche Erbfolge VII Ehegattenerbrecht Korrektur nach ehelichem Güterrecht: G 1. Zugewinngemeinschaft (gesetzlicher Güterstand) G Pauschaler Zugewinnausgleich: Der Erbteil wird unabhängig davon, ob die Ehegatten einen Zugewinn erzielt haben oder nicht - um ¼ erhöht. Dann erhält der Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung, z.b. Kindern, ½ Anteil. Hier besteht in der Praxis häufig Korrekturbedarf durch Testament. Hinweis: besteht der Nachlass hauptsächlich aus ausgleichspflichtigem Zugewinn, kann es ratsam sein, die Erbschaft auszuschlagen. Dann erhält der Ehegatte den den nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil berechneten Pflichtteil sowie den konkret berechneten Zugewinnausgleich. 2. Gütertrennung Grundsätzlich bleibt es bei einem Ehegattenerbrecht von ¼. Sind neben dem Ehegatten ein oder zwei Kinder vorhanden, erbt der Ehegatte mit diesen zu gleichen Teilen (er erhält also 1/2 bzw. 1/3 des Nachlasses). 3. Gütergemeinschaft Der Güterstand der Gütergemeinschaft hat keinen gesonderten Einfluss.
10 Gewillkürte Erbfolge I Verfügungen von Todes wegen nennt man alle rechtsgeschäftlichen Anordnungen des Erblassers, die nach seinem Tode eingreifen sollen. Man unterscheidet zwischen einseitigen (Testament) und zweiseitigen (Erbvertrag) Verfügungen von Todes wegen. Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Bindungswirkung. Ein gemeinsames Testament z.b. ist widerruflich; ein Erbvertrag in der Regel nicht. Die Testierfreiheit ist die Grundlage der gewillkürten Erbfolge. Der Erblasser kann also nach seinen Vorstellungen von der gesetzlichen Erbfolge abweichen. Eingeschränkt wird die Testierfreiheit durch das Pflichtteilsrecht, gesetzliche Verbote und die guten Sitten.
11 Gewillkürte Erbfolge II Testament Wirksamkeitsvoraussetzungen: 1. Testierwille Die Erklärung des Erblassers muss auf den Willen schließen lassen, dass er rechtsverbindliche Regelungen für die Zeit nach seinem Tod treffen will. 2. Testierfähigkeit Der Testierende muss eine Vorstellung davon haben, dass er ein Testament errichtet und dessen Inhalt erfassen. Testierfähig sind in der Regel Volljährige und Minderjährige mit Vollendung des 16. Lebensjahres (dann nur notarielles Testament). Eine eventuelle Testierunfähigkeit ist von demjenigen zu beweisen, der sich darauf beruft.
12 Gewillkürte Erbfolge III Testament 3. Höchstpersönlichkeit Formelle HöchstpersH chstpersönlichkeit: Der Testierende muss das Testament selbst errichten, eine Stellvertretung ist nicht möglich. Materielle HöchstpersH chstpersönlichkeit: Der Testierende darf weder die Geltung des Testaments, noch die Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, von einem Dritten entscheiden lassen. Unzulässig sind alle Verfügungen, die einem Dritten freies Ermessen einräumen. Dagegen ist es zulässig, objektive Kriterien aufzustellen, anhand derer ein Erbe individuell ermittelt werden kann. Der Erblasser darf die Zuwendung nicht von der Zustimmung einer anderen Person abhängig machen oder dieser ein Widerrufsrecht einräumen. Auch die Bestimmung von Zuwendungsgegenständen muss der Testierende selbst bestimmen.
13 Gewillkürte Erbfolge IV Testament 4. Unwirksamkeitsgründe Testamente dürfen weder sittenwidrig sein, noch gegen gesetzliche Verbote verstoßen. Trägern und Mitarbeitern von Alten- und Pflegeheimen ist es etwa verboten, sich von den Bewohnern über das Entgelt hinaus Gelder oder geldwerte Leistungen versprechen zu lassen. Als Verstoße gegen die guten Sitten wird das sogenannte Geliebtentestament jedenfalls dann angesehen, wenn die Hergabe für die Hingabe erfolgt. Wird bei dem sogenannten Behindertentestament die Verfügung so gestaltet, dass ein pflegebedürftiger Behinderter zwar erbt, der Sozialhilfeträger aber nicht auf diese Zuwendungen zugreifen kann, so wird dies nicht als sittenwidrig angesehen.
14 5. Testamentsformen Gewillkürte Erbfolge V Testament Man unterscheidet zwischen ordentlichen und außerordentlichen Testamenten (Nottestamenten). Auf letztere soll hier nicht eingegangen werden. Die ordentlichen Testamente unterteilen sich in das eigenhändige und das öffentliche Testament. eigenhändiges ndiges Testament - kann von jedermann ohne fremde Hilfe errichtet werden - muss zwingend eigenhändig, handschriftlich und unterschrieben angefertigt werden - soll Datums- und Ortsangabe enthalten - soll mit vollem Namen unter der letzten Textzeile unterschrieben werden - Nachträge benötigen grundsätzlich eine gesonderte Unterschrift Risiko: Fälschung, Unterdrückung, Unauffindbarkeit Hinweis: Ein eigenhändiges Testament kann in amtliche Verwahrung gegeben werden.
15 Gewillkürte Erbfolge VI Testament öffentliches Testament - schließt Verfälschung, Unterdrückung und Unauffindbarkeit aus - wenn der Notar berät, sind Gültigkeit und Eindeutigkeit gewährleistet - kostenpflichtig - kann den Erbschein ersetzen Sofern einzelne Verfügungen des Testierenden unwirksam sind, hat dies im Zweifel nur die Teilnichtigkeit zur Folge, nicht die Gesamtnichtigkeit. Der Testierende kann seine Verfügungen widerrufen durch: - ein Widerrufstestament - ein späteres widersprechendes Testament - Vernichtung oder Veränderung - Rücknahme aus der öffentlichen Verwahrung
16 Gestaltungsmöglichkeiten glichkeiten: Gewillkürte Erbfolge VII Testament Bestimmung der Erben - eine Person als Alleinerben oder mehrere Personen als Miterben - Ersatzerben - Vor- und Nacherben - Bedingungen Vermächtnis Zuwendungen ohne Erbeinsetzung Auflagen Verpflichtung des Erben oder Vermächtnisnehmers zu einer Leistung, ohne einem anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden. Testamentsvollstreckung Teilungsanordnung
17 Gewillkürte Erbfolge VIII GemeinschaftlichesTestament Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches Testament errichten. Dieses wird bei Scheidung oder Eheaufhebung im Zweifel unwirksam. Es reicht, wenn ein Ehegatte das Testament errichtet und der andere (auch nachträglich) unterschreibt. Bindungswirkung tritt nur bei wechselbezüglichen Verfügungen (Erbeinsetzung, Vermächtnis, Auflagen) ein. Diese können nur durch notariell beurkundete Erklärung gegenüber dem anderen Teil bis zu dessen Tode widerrufen werden. Berliner Testament: Überlebender Ehegatte wird Vollerbe des Erstversterbenden. Die Kinder erben erst nach dem Tod des Zweitversterbenden, hinsichtlich des ersten Erbfalls sind sie enterbt.
18 Gewillkürte Erbfolge VIII Erbvertrag Anders als das Testament ist der Erblasser an die Verfügung gebunden. Er kann sich von dieser Bindungswirkung nur durch einverständliche Aufhebung, notariell beurkundeten Rücktritt oder Anfechtung lösen. Der Erblasser muss den Erbvertrag persönlich schließen, der Vertragspartner kann sich vertreten lassen. Unbeschränkte Geschäftsfähigkeit ist erforderlich. Der Vertrag muss zur Niederschrift eines Notars bei gleichzeitiger Anwesenheit geschlossen werden. Der Erbvertrag ist ein Vertrag sui generis, also weder schuld- noch sachenrechtlicher Natur. Abhängig davon, ob nur ein oder beide Vertragspartner eine Verfügung von Todes wegen trifft, unterscheidet man ein- und zweiseitige Erbverträge.
19 Pflichtteilsrecht Abkömmlinge, Eltern und Lebenspartner/ Ehegatten sind pflichtteilsberechtigt Pflichtteilsberechtigung nur bei Enterbung, nicht bei Ausschlagung, Erbunwürdigkeit oder Erbverzicht Pflichtteil = ½ des gesetzlichen Erbteils Der Anspruch richtet sich gegen den/ die Erben Pflichtteilsrestanspruch: Sofern einem Pflichtteilsberechtigten ein Erbteil hinterlassen wurde, der geringer als die Hälfte des gesetzlichen Erbteils ist, so kann er Ausgleich dieser Differenz verlangen. Pflichtteilergänzungsanspruch: Wenn der Erblasser sein Vermögen durch eine Schenkung an Dritte mindert (ausgenommen Pflichtund Anstandschenkungen), kann der Berechtigte vom Erben/ vom Beschenkten Ergänzung verlangen.
20 Vorerbschaft / Nacherbschaft Alleinerbschaft / Schlusserbschaft Vor- und Nacherbschaft wird meist gewählt, um das Vermögen, insbesondere Immobilien in der Hand der Familie zu halten. Dabei wird z.b. der Ehegatte als Vorerbe eingesetzt, die Kinder als Nacherben. Ist der Ehegatte nicht befreiter Vorerbe, darf er über den Nachlass nicht verfügen! Die Anordnung und Formulierung der Vor- und Nacherbschaft sollte genau geprüft werden, da hier zahlreiche Fehler unterlaufen können. Bei der Allein- und Schlusserbschaft bekommt der Schlusserben hingegen nur was übrig bleibt.
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