Kreishandwerkerschaft Füssen-Marktoberdorf. Erben und Vererben. Die Erbfolge nach Gesetz oder die Alternative: Testament
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- Guido Schmitt
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1 Kreishandwerkerschaft Füssen-Marktoberdorf Erben und Vererben Die Erbfolge nach Gesetz oder die Alternative: Testament Vortrag am Marktoberdorf, Modeon
2 Seite 2 Beispielsfall : Unternehmerin U ist von X geschieden und hat eine Tochter aus dieser Ehe. Sie hat an V den vollen Zugewinn und laufend Unterhalt bezahlt. U geht davon aus, dass ihre T das Unternehmen fortführen wird, wenn sie sich zur Ruhe setzt oder sie versterben sollte. Bei einem Verkehrsunfall stirbt U am Unfallort, T kurze Zeit später im Krankenhaus. T hat keine Großeltern, ist kinderlos und nicht verheiratet. Sie hat kein Testament errichtet. Folge?
3 Seite 3 A. Nachfolge von Todes wegen Gesetzliche Erbfolge: Verwandtenerbrecht Ehegattenerbrecht Gewillkürte Erbfolge: durch Testament oder Erbvertrag
4 Bestellung des GF Verwandtenerbrecht Seite 4 Das Erbrecht der Verwandten ist abhängig von der Ordnung, in der die Verwandten zum Erblasser stehen: Erben der 1. Ordnung Erben der 2. Ordnung Erben der 3. Ordnung Erben der 4. Ordnung Erben der ferneren Ordnungen
5 Seite 5 Erben der 1. Ordnung: Die Abkömmlinge Erblasser Ehepartner ist vorverstorben Kind 1 Zu 1/3 Kind 2 zu 1/3 Kind 3 - ist bereits vorverstorben Enkel 1 zu 1/6 Enkel 2 zu 1/6
6 Seite 6 Erben der 2. Ordnung: Die Eltern und deren Abkömmling Vater ist bereits vorverstorben Mutter zu 1/2 Bruder zu 1/4 Schwester zu 1/4 Erblasser ist unverheiratet und hat keine Kinder
7 Erben der 3. Ordnung: Großeltern und deren Abkömmlinge Seite 7 Großvater bereits vorverstorben Großmutter bereits vorverstorben Großvater zu 1/4 Großmutter bereits vorverstorben Bruder V zu 1/2 Vater bereits vorverstorben Mutter bereits vorverstorben Schwester M zu 1/4 Erblasser ist unverheiratet und hat keine Kinder
8 Ehegattenerbrecht Seite 8 Der Ehegatte erbt neben den Verwandten. Sein Erbrecht ist abhängig vom Ehegüterstand. Zugewinngemeinschaft Gütertrennung Gütergemeinschaft
9 Seite 9 Ehegattenerbrecht bei Zugewinngemeinschaft Erblasser Ehefrau Erbin zu ¼ + ¼ = 1/2 Tochter Erbin zu 1/4 Sohn Erbe zu 1/4 Anmerkung: Ehegattenerbteil zu ¼ zzgl. Erhöhung um pauschalierten Zugewinnausgleich zu ¼ Zugewinngemeinschaft eröffnet Gestaltungsspielräume Erbschaftsteuerliche Vorteile
10 Ehegattenerbrecht bei Gütertrennung Seite 10 Erblasser Ehefrau Erbin zu 1/3 Tochter Erbin zu 1/3 Sohn Erbe zu 1/3
11 Seite 11 B. Gewillkürte Erbfolge Wer kann ein Testament machen? jeder, der das 16. Lebensjahr vollendet hat grundsätzlich auch nach und bei angeordneter Betreuung Einschränkung der Testierfähigkeit: - krankhafter Störung der Geistestätigkeit - Geistesschwäche - Bewusstseinsstörung Wichtig: Von Testierfähigkeit ist stets solange auszugehen, bis kein konkreter Anhaltspunkt für eine etwaig fehlende Testierfähigkeit vorliegt. Nicht die Testierfähigkeit muss in einem Streitfall bewiesen werden, sondern das Vorliegen von Einschränkungen.
12 Inhalt der letztwilligen Verfügungen ist Seite 12 abhängig von den individuellen Vermögensverhältnissen Immobilien, Mobilien (insb. Bankvermögen), Unternehmervermögen, Privatvermögen, Auslandsvermögen etc. abgängig von den individuellen familiären Verhältnissen Güterstand und Ehevertrag, Patchworkfamilien, Minderjährige, erwachsene Kinder, Problemkinder, kinderlose Beziehungen, Scheidung, eingetragene Lebenspartnerschaft etc. abgängig von individuellen Interessen, Wünschen und Absichten Absicherung des Ehepartners oder Lebenspartners, Familienbindung des Vermögens, Optimierung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer und Ertragsteuerbelastung, Vermögensschutz vor Zugriffen von Gläubigern, Gemeinnütziges Engagement etc.
13 Seite 13 Formen letztwilliger Verfügungen Das Gesetz lässt 4 Formen zu: Privatschriftliche Testament Notarieller Erbvertrag Notarielle Testament Gemeinschaftliche Testament (auch Ehegattentestament genannt)
14 Seite 14 Das privatschriftliche Testament Voraussetzungen für die Wirksamkeit: Wird das Testament nicht notariell errichtet, so muss es zwingend vom Testator handschriftlich erstellt und unterschrieben werden. (Unterschrift muss sich unter dem Testament befinden, d.h. angefügte Verfügungen müssen erneut unterzeichnet werden.) Ehegatten und eingetragene Lebenspartner können ein gemeinschaftliches, privatschriftliches Testament errichten. Dieses muss von dem einen Ehegatten bzw. Lebenspartner handschriftlich verfasst und von beiden unterzeichnet werden.
15 Seite 15 notarielles Testament/Erbvertrag Vorteile: korrekte juristische Formulierung Prüfung Testierfähigkeit Beschleunigte Nachlassabwicklung Sicherung vor Verlust der letztwilligen Verfügung Kosten (i.d.r. Vermeidung eines Erbscheinsverfahrens) Sonderfall Erbvertrag: Bindung an die im Vertrag getroffenen Verfügungen (diese können nur ganz ausnahmsweise wieder gelöst werden)
16 Änderung eines Testaments Seite 16 Jedes Testament kann vom Testator jederzeit geändert oder aufgehoben werden durch Neue Verfügung von Todes wegen, in der das frühere Testament ausdrücklich aufgehoben wird Neue Verfügung von Todes wegen, die in einem inhaltlichen Widerspruch zum früheren Testament steht Rücknahme eines vor einem Notar errichteten Testaments aus der amtlichen Verwahrung Vernichtung des Testaments
17 Änderungsbeschränkungen Seite 17 Bestimmte Verfügungen von Todes wegen können nicht einseitig aufgehoben werden Dies ist der Fall bei wechselseitigen Verfügungen in gemeinschaftlich errichteten Testamenten Änderungen nur: gemeinsam, oder Zustellung einer entsprechenden notariell beurkundeten Erklärung an den anderen Ehegatten, oder bei Ausschlagung der Zuwendung durch den anderen Ehegatten nach dessen Ableben hier wird unbedingt die Einholung juristischen Rats empfohlen!
18 Berliner Testament Seite 18 = besonderer Fall des Ehegattentestaments Wesentlicher Inhalt: Für den 1. Erbfall: Eheleute setzen sich wechselseitig zu ihren Alleinerben ein. Für den 2. Erbfall: Kinder sind Schlusserben Vorteile: - Vermeidung einer Erbengemeinschaft im 1. Erbfall - Versorgung des überlebenden Ehegatten Fazit: meist nicht zu empfehlen! Nachteile: - Enterbung der Kinder im 1. Erbfall und damit u. U. hohe Pflichtteilsansprüche der Kinder (i.h.v. ¼ des NL-Werts bei ges. Güterstand) - Keine Nutzung der Erbschaftsteuerfreibeträge der Kinder im 1. Erbfall - Vermögensballung beim überlebenden Ehegatten und damit hohe Erbschaftsteuer für die Kinder im 2. Erbfall - Oft unklar, ob Voll- und Schlusserbfolge oder Voru. Nacherbfolge gemeint ist
19 Seite 19 Besonderheit bei kinderlosen Paaren Kinderlose Paare werden in aller Regel eine testamentarische Verfügung so gestalten, dass das Paar sich gegenseitig als Erben einsetzt. Bedacht werden muss hier, dass nach dem Tod des Letztversterbenden nur dessen Verwandten erben und nicht auch die Angehörigen des Vorverstorbenen. Partner Nr. 1 Partner Nr. 2 erbt Partner Nr. 2 Verwandten von Partner Nr. 2 erben Soll dies verhindert werden, muss in dem gemeinsamen Testament geregelt werden, wer nach dem Tod des Letztversterbenden das Erbe antreten soll
20 Mögliche Inhalte testamentarischer Verfügungen im Überblick Seite Erbeneinsetzung / Enterbung 2. Vermächtnisanordnung 3. Auflagenanordnung 4. Ersatzerbschaft 5. Vor- und Nacherbschaft, Voll- und Schlusserbschaft 6. Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis 7. Anordnung einer Testamentsvollstreckung 8. Pflichtteilsentziehung 9. Familienrechtliche Anordnungen Wegen der unterschiedlichen Begrifflichkeiten wird unbedingt die Einholung juristischen Rats empfohlen!
21 Testamentsvollstreckung Seite 21 Der Testator kann in dem Testament einen Testamentsvollstrecker ernennen. Wird eine Testamentsvollstreckung angeordnet, wird der Nachlass für die Erben verwaltet, die Auseinandersetzung unter mehreren Erben vorbereitet und vollzogen sowie die Erbschaftsteuererklärung vorbereitet. Die Testamentsvollstreckung dient somit der Streitvermeidung. Sie wehrt auch Zugriffe von Gläubigern des Erben ab. Der Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers sowie die Vergütungsfrage muss im Testament klar geregelt sein.
22 Bestattungsverfügung Seite 22 Anordnungen über die Art und den Ort der Bestattung sollten im Testament nicht niedergelegt sein, da die Bestattung bis zur Testamentseröffnung in der Regel schon erfolgt sein wird. Es empfiehlt sich also dies auf eine andere Weise zu regeln.
23 Der Pflichtteil Seite 23 Grundsätzlich kann der Testator frei über sein Vermögen verfügen. Das Gesetz regelt jedoch, dass nahe Angehörige Anspruch auf den sog. Pflichtteil haben, wenn sie im Testament übergangen wurden Kreis der Pflichtteilsberechtigten: Eltern Erblasser Ehegatte / eingetragener Lebenspartner Abkömmling
24 Seite 24 Höhe des Pflichtteilsanspruchs Die Berechtigten erhalten einen Anspruch in Geld in Höhe des Wertes des halben gesetzlichen Erbteils Beispiel: Erblasser Kind Nr. 2 macht gesetzlicher Erbteil Pflichtteil: (verwitwet, 2 Kinder) PT geltend des Kindes: 50% 25% Netto-Nachlasswert: Anspruch auf:
25 Modifikation des Pflichtteils Seite 25 unter gewissen Voraussetzungen kann es zu einem Abzug vom Pflichtteil oder auch zu einer Erhöhung des Anspruchs kommen Zuwendungen zu Lebzeiten: Pflichtteilsergänzungsanspruch: der Wert der Zuwendungen ist vom Anspruch abzuziehen, wenn diese mit der Bestimmung erfolgt sind, dass sie auf den Pflichtteil anzurechnen sind. Hat der Erblasser zu Lebzeiten Schenkungen vollzogen, die den Wert des Nachlasses schmälern, so hat der Pflichtteilsberechtigte Anspruch auf eine Pflichtteilsergänzung Pflichtteilsentziehung Um einen etwaigen Pflichtteil möglichst gering zu halten wird die Einholung juristischen Rats empfohlen
26 Familienrechtliche Anordnungen Seite 26 Es kann u.u. notwendig sein in einem Testament familienrechtliche Anordnungen zu treffen Dies sind insbesondere der Entzug des Verwaltungsrechts über das Kindsvermögen nach Scheidung der Eltern oder die Benennung eines Betreuers Erblasser Ehefrau (Erbin) Vermögensverwaltung erfolgt durch Dritten (z.b. Bruder der Ehefrau der auch im Betrieb des Erblassers tätig ist)
27 Seite 27 Sonderfälle Betriebliche Nachfolgeplanung Mehrstaatenangehörigkeit Wegzug aus Europa Vermögen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums Nachlass am Nachlass
28 Seite 28 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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