Umbau des Krankenversicherungssystems: Wofür haben wir künftig noch Geld?
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- Elmar Voss
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1 Prof. Dr. Volker Ulrich Universität Bayreuth Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre III, insb. Finanzwissenschaft Umbau des Krankenversicherungssystems: Wofür haben wir künftig noch Geld? 16. Speyerer Gesundheitstage 3. und 4. April 2014, Speyer
2 Umbau des Krankenversicherungssystems: Wofür haben wir künftig noch Geld? 1 Einleitung 2 Finanzierungsaspekte 3 Leistungsseite: Value For Money 4 Chance der Gesundheitspolitik: Koordinierte Versorgung 5 Ausblick 2
3 1. Einleitung GKV 2014 Einnahmeschwäche, Ausgabendynamik und Koordinationsmängel Einnahmeseitige Probleme: Lohnzentrierung, Lohnnebenkosten, keine nachhaltige Finanzierung der GKV. Ausgabeseitige Probleme: demographischer Wandel, Auswirkungen des medizinisch-technischen Fortschritts, Umfang und Fortschreibung des Leistungskatalogs. Koordinierungsprobleme: Schnittstellenprobleme an den Grenzen der Sektoren (IV, ASV) Vergütung der Leistungserbringer (inkl. Bereinigung) Informationsasymmetrien zwischen Arzt, Patient und Krankenversicherung. 3
4 1. Einleitung Finanzierungsschwäche der GKV in Deutschland Quelle: 4
5 1. Einleitung Versteilerung der Ausgabenprofile Quelle: Niehaus 2006, S.66 und 67. 5
6 1. Einleitung Schnittstellenprobleme Quelle: Eigene Darstellung. 6
7 2. Finanzierungsaspekte Wer frägt die Leistungen nach? sinnhaft deshalb: 20% Menschen 80% Leistungen 75-80% aller Leistungen ca. 3-5 Jahre vor dem Tod Mittel- bis langfristige Orientierung der Versorgung (Prävention, Therapie, Reha, IV) Qualitätsund Versorgungs- Optimierung 7
8 2. Finanzierungsaspekte Gesundheitsquoten im internationalen Vergleich Quelle: OECD Health Data
9 2. Finanzierungsaspekte Gesundheitsausgaben pro Kopf (altersstrukturbereinigt) Quelle: WIP
10 2. Finanzierungsaspekte Gesundheitssysteme in der Krise: Finanzierung Finanzierungsfrage: Bismarck versus Beveridge 100% Finanzierung Gesundheitswesen 90% 80% 70% 60% 50% 40% Rest Privat finanziert Private Vers. Soziale Vers. Staat 30% 20% 10% 0% GBR AUS CAN DNK SWE AUT BEL DEU FRA NLD CHE Quelle: OECD
11 2. Finanzierungsaspekte Quelle: Consumer Health Powerhouse
12 2. Finanzierungsaspekte Pflichtversicherte Bemessungsgrundlage Pauschale Beiträge Arbeitnehmer Gesundheitsprämie (CDU) Alle Bürger Bürgerversicherung Bürgerpauschale SVR Gesucht: Nachhaltige Finanzierung des Gesundheitswesens Einkommensabhängige Beiträge Einkommensabhängige Arbeitnehmerversicherung Bürgerversicherung (SPD) Lohnabhängige Beiträge Status quo - Risikoorientierte Prämien - Bürgerprivatversicherung Quelle: Eigene Darstellung
13 2. Finanzierungsaspekte Der einkommensabhängige Zusatzbeitrag ab 2015 Zum Januar 2015 soll der heute gültige bundesweit einheitliche Beitragssatz zerlegt und partiell in die Beitragsautonomie der Krankenkassen überführt werden. Im Detail ist geplant, dass von den heute 15,5 %-Punkten genau 0,9 %-Punkte abgetrennt werden. Der verbleibende bundesweit einheitliche Beitragssatz von 14,6 % soll dann paritätisch mit je 7,3 % von Arbeitgebern sowie Arbeitnehmern finanziert werden. Der Rest von 0,9 %-Punkten soll von der Krankenkasse autonom über ihre Mitglieder finanziert werden. Für 2015 ist dann zu erwarten, dass die kassenindividuellen Zusatzbeiträge mindestens im Intervall von 0,4 % bis 1,4 % schwanken (IfMDA 2014). o Grund: die Morbi-RSA Zuweisungen des BVA statten die Krankenkassen unterschiedlich stark mit Finanzmitteln aus. 13
14 2. Finanzierungsaspekte Finanzielle Auswirkungen des prozentualen Zusatzbeitrags Quelle: IfMDA
15 3. Leistungsseite: Value For Money Rahmenbedingungen Gesundheitsversorgung Erhebliche Disparitäten in der Dichte der Gesundheitsversorgung o kein spezielles Problem der medizinischen Versorgung (ähnlich Bildungs-, Kultureinrichtungen, Verkehrswege, öffentliche Sicherheit etc.) Bedarf an speziellen Versorgungsstrukturen in einer alternden Gesellschaft: o Altenquotient 65+ wird sich in den nächsten 4 Jahrzehnten verdoppeln (von 33,7 auf 70,9) o bei den über 85jährigen verfünffacht sich der Wert (von 4 auf 20) o jeder vierte über 70-Jährige leidet an fünf gleichzeitig behandelten Erkrankungen o ca. die Hälfte der über 65-Jährigen weisen drei oder mehr relevante chronische Erkrankungen auf. 15
16 3. Leistungsseite: Value For Money Rahmenbedingungen Gesundheitsversorgung Gleichzeitig findet bereits heute eine hohe Inanspruchnahme des Systems statt: o 92,6% der Bevölkerung innerhalb eines Jahres bei ambulant tätigem Arzt o Ø 17,9 Arztkontakte/Jahr/Einwohner o davon 7,1 Kontakte mit Allgemeinärzten o Beliebiger Montag: fast 8%, an Spitzentagen (z.b ) 11,75% der deutschen Bevölkerung (= 9,7 Mill. Personen) Zwischenfazit: o Versorgung erscheint fragmentiert o zahlreiche Studien mit Hinweisen auf mangelnde Kooperation und fehlende Prioritätensetzung o Problem falscher (Vergütungs)Anreize. 16
17 3. Leistungsseite: Value For Money Kommerzialisierung und Versorgungsfragen I Geburtsgewicht Neugeborener 17
18 2. Ökonomisierung des Gesundheitswesens Verteilung der Geburtsgewichte vor und nach DRG-Einführung Quelle: Jürges und Köberlein
19 3. Leistungsseite: Value For Money Kommerzialisierung und Versorgungsfragen II Mengenausweitung Jahr für Jahr steigen die Zahlen für Operationen im Krankenhaus: Insb. Implantation beziehungsweise der Wechsel eines Herz-Defibrillators Wirbelsäulen-Operationen, Hüft- und Knie-Prothesen sowie gynäkologische Eingriffe Zahl der Krankenhausfälle von 2005 bis 2011 ist um 11,8 % gestiegen. Deutliche Unterschiede im europäischen Vergleich: Deutschland jährlich Hüftprothesen (doppelt so viele wie im europäischen Durchschnitt Knieprothesen (doppelt so viele wie in Frankreich und Schweden) Gravierende Unterschiede bei den Bandscheiben-Operationen Eingriffe: fünffache Menge dessen dar, was in Frankreich an Operationen vorgenommen wird Insgesamt ist Deutschland weltweit führend bei den Hüft- und Knie-Prothesen. Gründe: Aktuellen Vergütungssysteme (u.a. DRG-System) Begünstigt Mengenentwicklungen vor allem bei den Fällen, die wirtschaftlichen Gewinn versprechen. 19
20 3. Leistungsseite: Value For Money Was treibt die Gesundheitsausgaben? Steckt das Gesundheitswesen in einer Fortschrittsfalle? Paradoxon der modernen Medizin (Walter Krämer) Wie kann eine umfassende medizinische Versorgung für die gesamte, älter werdende Gesellschaft gesichert werden? Welche Bedeutung besitzen einzelne Einflussfaktoren? o Einkommen o Technischer Fortschritt o Demographie o angebots- und nachfrageseitige Effekte (Arztdichte, Spitaldichte, soziodemographische Merkmale etc.). 20
21 3. Leistungsseite: Value For Money Nähe zum Tod als Treiber: Sterbekosten 21
22 3. Leistungsseite: Value For Money Neue Orientierung: Value For Money ICER Quelle: Eigene Darstellung. 22
23 4. Chancen der Gesundheitspolitik: Koordinierte Versorgung Zur Entwicklung der besonderen Versorgungsformen Quelle: Gersch et al
24 4. Chancen der Gesundheitspolitik: Koordinierte Versorgung P4P-Modell Quelle: Veit et al
25 5. Ausblick Wofür haben wir noch Geld? o Menschen, die gesund altern, sollen ausreichend Vorsorgeangebote erhalten o Menschen, die chronisch krank und multimorbide sind benötigen eine Basisversorgung, die sie gegen zentrale chronischen Krankheiten bedarfsorientiert und günstig versorgt o Spitzenmedizin für schwerwiegende Erkrankungen bzw. Verläufe o Schlagworte: individualisiert, vernetzt, sektorübergreifend Welche Rolle dürfen bzw. sollen Kosten-Nutzen-Aspekte spielen? Baustelle Finanzierung: Fehlende Nachhaltigkeit Herausforderungen für die Versorgung: Patientenorientierung Organisation der Versorgung in der Fläche Fachkräftemangel (auch im Pflegebereich) Delegation, Substitution Qualitätsorientierung (Messung?) 25
26 4. Ausblick Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: 26
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