Entwicklung und Beurteilung von qualifizierten
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- Margarete Richter
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1 1 Entwicklung und Beurteilung von qualifizierten Mietspiegeln Was man dabei von Statistik wissen muss von Prof. Dr. Peter von der Lippe Universität Duisburg-Essen Wirtschaftswissenschaften Lehrstuhl Statistik Campus Essen 2006 Als e-book verfügbar im Rahmen des Haufe Immobilienoffice vom Verlag R. Haufe, Freiburg i. Br. Freiburg 2006
2 Inhaltsverzeichnis 1. Vorbilder, Einheitlichkeit, Vergleichbarkeit Repräsentativität, Auswahlverfahren, Nichtbeantwortung Auswahl relevanter Merkmale, wichtige und überflüssige Fragen im Fragebogen a) Gesetzlich vorgeschriebene wohnwertbestimmende Merkmale b) Beschaffenheit, Alter und Modernisierung c) Lieber zu viele Merkmale als zu wenige? Ausstattungsmerkmale Tabellen und Regressionsmietspiegel Spezifikation des Regressionsmodells: Linearität, Interaktion, Fehlspezifikation (zu wenig und zu viel Regressoren) a) Nichtlinearität b) Interaktionen c) Fehlspezifikation d) Weitere Bemerkungen zur Spezifikation Kollinearität, Güte der Modellanpassung und allgemeine Gütekriterien für MS a) Kollinearität b) Bestimmtheitsmaß R 2, Stichprobenumfang und weitere statistische Kriterien c) Nichtstatistische Kriterien Plausibilität der Regressionskoeffizienten und der Ergebnisse, Verwendung synthetischer Merkmale a) Plausibilität der Ergebnisse b) Plausibilität der Regressionskoeffizienten c) Vergleiche der Mieten bei ausgewählten Wohnungen.. 49 c) Synthetische (konstruierte) Merkmale, Faktoren- und Diskriminanzanalyse Berechnung der Durchschnittsmiete und der Mietspannen a) Art des Mittelwerts b) Angabe von Spannen, Extremwertbereinigung Benutzerfreundlichkeit des Mietspiegels, Zu- und Abschläge Fortschreibung und Dokumentation, absehbare Konflikte und Probleme der Weiterentwicklung von Mietspiegeln
3 Vorwort Diese Arbeit verdient ihre Entstehung einer praktischen Erfahrung mit der Erstellung eines Mietspiegels für die Stadt Ratingen im Ruhrgebiet. Ich habe damals aus nächster Nähe erlebt, wie lang es dauert, bis ein qualifizierter Mietspiegel entsteht, wie vieler Diskussionen, die nicht selten auch temperamentvoll waren, es bedarf bis die x-te Version endlich für alle Seiten akzeptabel ist und beschlossen werden kann und wie schwierig es für Nichtstatistiker ist, sich in die komplizierte Materie einzuarbeiten. Meist gibt es im Arbeitskreis einen Fachmann in diesen Dingen, der auch die statistische Auswertung der Datenerhebung vornimmt und der meist von einer Interessengruppe (z.b. dem Mieterverein) vorgeschlagen wird und in den Arbeitskreis aufgenommen wird. Es ist dann natürlich verständlich, dass sich auch die andere Seite (also z.b. die Vermieter oder die Kommune) statistischen Rat holt. Hinzu kommt, dass sich die üblichen Lehrbücher der Statistik nicht eignen, um sich als statistischer Laie selbst, also autodidaktisch genügend fit zu machen, um mitreden zu können, wenn die Diskussion über methodische Dinge kontrovers wird. Das ist genau der Punkt, an dem dieser Text ansetzt. Er versucht gezielt und möglichst verständlich alles das zu erklären, was man wissen muss, um bei der Erarbeitung eines Mietspiegels oder bei der Beurteilung eines bestehenden Mietspiegels mitwirken zu können und auch seine Interessen wirkungsvoll vertreten zu können. Bei der Entstehung des Manuskripts habe ich von einigen Damen und Herren wertvolle Anregungen erhalten und viel Unterstützung erfahren. Danken möchte ich dabei Herrn Rechtsanwalt Dr. E. Klein von Haus und Grund Ratingen und in ganz besonderem Maße Herrn Regierungsbaudirektor i. R. Herrn U. Born, der sich sehr eingehend mit dem ganzen Text beschäftigt hat und viele Verbesserungen vorgeschlagen hat. Als Architekt und früherer Leiter des Dezernats Bau- und Liegenschaftsverwaltung der Universität Essen hat er mir auch viel zur Bautechnik erklärt, was man neben der Statistik auch wissen sollte, um Mietspiegel beurteilen zu können. Viel gelernt habe ich auch von Herrn A. Hoffmann vom Mieterverein und von Herrn Dr. R. Künzel, Ruhr Universität Bochum, der die Berechnungen beim Ratinger Mietspiegel durchgeführt hat. Besonders danken möchte ich auch zwei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen am Lehrstuhl Statistik, Frau Dipl. Ökonom N. van de Locht (Duisburg) und Frau Dipl. Kauffrau J. Küter (Essen), die sich beide mit viel statistisch-ökonometrischem Sachverstand sehr intensiv mit dem Manuskript beschäftigt haben und kritische Stellen mit mir durchgesprochen haben. Sehr zu Dank verpflichtet bin ich auch Herrn M. Schneckenberger vom Haufe Verlag, der den Text, der praktisch ein kleines Buch ist, in das Haufe-Immobilienoffice aufgenommen hat. Mich freut das deshalb ganz besonders, weil es damit vermutlich am besten direkt zu den potenziellen Lesern kommt, die auch mit der Materie beruflich zu tun haben. Für Anregungen von Lesern bin ich jederzeit sehr dankbar. Essen, Mai 2006 Prof. Dr. Peter von der Lippe 3
4 64 Zusammenfassung und Check-Liste (Seiten 64 bis 70) Abschließend sollen noch einmal die wichtigsten Ergebnisse und hier vertretenen Standpunkte zu umstrittenen Fragen zusammengefasst werden. Die Aussagen sollen numeriert werden und einige Punkte können nach Art einer Check-Liste gelesen werden, die man bei Planung und Durchführung einer Erhebung und Auswertung einer MS-Befragung durchgehen kann. Das mag helfen, keine wichtigen Aspekte zu vergessen und bei allen methodischen Fragen zu wissen, welche Optionen man hat und was für und gegen die Wahl einer Option spricht. 1. Ein qualifizierter Mietspiegel (MS) sollte von einer Arbeitsgruppe erstellt werden, bei der nicht nur die Kommune, sondern auch die (beiden) Interessengruppen (Mieter und Vermieter) ausreichend repräsentiert sind und bei der auch alle Parteien möglichst über Erfahrungen und statistischen Sachverstand verfügen. 2. Es ist ratsam, sich mit den Methoden vertraut zu machen, die bei anderen MS angewendet worden sind. Leider wird bei jedem MS immer wieder begonnen, die Methode neu zu konzipieren. Mehr Einheitlichkeit und eine Verständigung über nachzuahmende Vorbilder (quasi ein Muster-MS) dürften erstrebenswert sein im Interesse der Effizienzsteigerung. 3. Methodischer Purismus kann nicht alleiniges Ziel sein. Man muss einen MS mit vertretbarem Aufwand erstellen und sollte die Alternativen nicht aus den Augen verlieren, die den Gütekriterien bezüglich Wissenschaftlichkeit der Methode und Repräsentativität meist noch viel weniger genügen als ein qualifizierter MS. 4. Wenn Datensammlungen und Verwaltungsunterlagen existieren, die aktuell sind, und denen die Höhe der Quadratmetermiete in Abhängigkeit möglichst vieler mietrelevanter Merkmale zu entnehmen ist, so ist eine Auswertung solcher Daten einer gesonderten Erhebung vorzuziehen. Solche Dateien, die geeignet wären, eine Erhebung zu ersetzen, werden jedoch in den seltensten Fällen existieren. Man kann i.d.r. schon froh sein, wenn Dateien existieren, die genutzt werden können um eine repräsentative Stichprobe zu ziehen. Man kann insbesondere froh sein, wenn es Verzeichnisse MS-relevanter Wohnungen gibt, die eine Stichprobenziehung erleichtern. Solche Verzeichnisse enthalten aber meist keine aktuellen Angaben über die Miete und über die Qualität der Wohnungen. Sie können deshalb i.d.r. nicht eine Befragung ersetzen, sondern bestenfalls die Auswahl der Befragten erleichtern (in dem sie einen "Auswahlrahmen" bieten). 5. Eine "echte" Stichprobe ist stets mit einer Zufallsauswahl verbunden, ohne die die Methoden der Statistik, die auf der Wahrscheinlichkeitsrechnung beruhen streng genommen nicht anwendbar sind. Nur bei einer echten Stichprobe sind diese Methoden anwendbar, die es erlauben den Fehler, der damit entsteht, dass nur eine Auswahl befragt wird, zu quantifizieren. Eine Zufallsauswahl ist daher, wenn irgend möglich stets anderen Auswahlverfahren vorzuziehen. Der Mangel an Zufälligkeit 1 ist nicht nachträglich durch die Auswertung zu heilen. Es gibt jedoch auch zahlreiche Umstände, die einer fachgerechten Zufallsauswahl und damit Anwendung der Wahrscheinlichkeitsrechnung in der Praxis entgegenstehen. Eine Zufallsauswahl durchzuführen dürfte i.d.r. auch erheblich schwieriger und teuerer sein, als die Anwendung anderer Verfahren der Teilerhebung. Der wichtigste "Schönheitsfehler" in der Praxis ist wohl die mitunter nicht unerhebliche Nichtbeantwortungs-Quote. In allen Fällen, in denen die Teilnahme an einer Befragung freiwillig ist und für die Befragten mit 1 Nicht notwendig aber ein Mangel an "Repräsentativität" (vgl. Nr. 6).
5 nicht unerheblich viel Mühe verbunden ist, kann mit viel Nichtbeantwortung gerechnet werden, die zudem dazu führen kann, dass die Struktur der Rückläufe und verwertbaren Fragebögen von der Struktur der Grundgesamtheit signifikant abweicht. 6. "Repräsentativität" wird meist in der Weise verstanden, dass die Struktur der Stichprobe und die der "Grundgesamtheit" ähnlich sind. Man kann dieses nicht unumstrittene Kriterium auch bei einer nicht-zufälligen Auswahl anwenden (und im Nachhinein prüfen, ob nicht bestimmte Wohnungstypen stark über- oder unterrepräsentiert sind). Umgekehrt kann Nichterreichbarkeit, Nichtbeantwortung oder Fehlerhaftigkeit der Antworten auch bei einer echten Zufallsauswahl wie unter 5 dargestellt die Struktur der Stichprobe verzerren. 7. Der Stichprobenumfang n (bzw. der Umfang n bei einer nicht-zufälligen Teilerhebung) ist neben der "Repräsentativität" ein wichtiges Gütekriterium. Wie groß n sein sollte hängt ab von der gewünschten Genauigkeit der Angaben im MS (etwa ± 10 Cent oder ± 5 Cent), von der Differenzierung nach Wohnwert-Merkmalen (die Anzahl der zu differenzierenden Tabellenfelder) und vor allem von der Homogenität der Grundgesamtheit. Bei einem homogenen Markt (wenig Wohnungstypen mit nicht sehr unterschiedlicher Miethöhe) sind weniger Mietverhältnisse zu erfassen, während n entsprechend größer sein muss, wenn der Mietwohnungsmarkt heterogen ist, d.h. in viele Teilmärkte zerfällt. 8. Bei der Planung einer Befragung tritt oft das Problem auf, ob nicht die Frage nach einem Merkmal bzw. die Detailliertheit der Unterscheidung bei einem Merkmal überflüssig sei und ob es deshalb nicht besser sei, auf eine entsprechende Frage zu verzichten, um die Befragten zu entlasten und den Aufwand der Befragten so zu reduzieren. Es mag grundsätzlich problematisch sein, a priori (vor der Befragung) etwas als "überflüssig" zu erklären und es ist daher auch grundsätzlich ratsam eher zu viel als zu wenig zu fragen. Merkmale und Differenzierungen nach denen nicht gefragt wurde, stehen in der Auswertung nicht zur Verfügung. Umgekehrt kann im Zuge der Auswertung etwas entfallen, was sich als "überflüssig" erwiesen hatte, was meist aus einem oder mehreren der folgenden Gründe der Fall sein dürfte. das, wonach gefragt wurde trifft entweder nur sehr selten oder aber praktisch in jedem Fall zu, d.h. es ist nicht geeignet eine Unterschiedlichkeit der befragten Einheiten (Mietverhältnisse) zu definieren (Aspekte, hinsichtlich derer praktisch alle gleich sind, besitzen keinen Erklärungswert), es ist stark mit anderen in der Erhebung ebenfalls erfassten Merkmalen korreliert, oder es tritt zwar weder kaum, noch fast immer auf, aber es begründet für sich genommen oder zusammen mit anderen Merkmalen kaum Unterschiede hinsichtlich des Untersuchungsmerkmals (d.h. die Quadratmetermiete unterscheidet sich kaum bei Wohnungen wo x zutrifft, im Vergleich zu solchen, bei denen x nicht zutrifft). 9. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass die folgenden Merkmale bei einem MS zu berücksichtigen sind: Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung. Die Abgrenzung der Merkmale ist nicht eindeutig. So kann z.b. das Baualter als Indikator für die Beschaffenheit (Standard der Bauausführung) oder aber auch für die "Art" (Altbau/Neubau) dienen. Die genannten Merkmale sind ihrerseits wieder durch meist mehrere Merkmale zu konkretisieren (z.b. im Falle der "Ausstattung" wäre zu denken an die Art der Fußböden, Heizung, Beschaffenheit des Bades und der sanitären Anlagen usw.) um die Ausstattung sachgerecht zu erheben, ist also die "Mehrdimensionalität" dieses Merkmals in der Erhebung zu berücksichtigen. Um die Auswertung plausibel und übersichtlich zu halten wird es dann aber meist erforderlich sein, aus den erfragten Daten eine zusammenfassende Typologie zu entwickeln (die vielen Dimensionen wieder auf eine zu redu- 65
6 66 zieren): man wird dann meist nach einer "einfache", "mittlere" und "gehobene" Ausstattung differenzieren, wobei diese Abstufungen mit den erfragten Ausstattungsmerkmalen definiert sind. Die Merkmale können auch schwer zu operationalisieren (konkretisieren) sein, wie das z.b. bei der "Lage" der Fall sein dürfte, bei denen Typisierung auch subjektive Kriterien eine Rolle spielen dürften. Schließlich werden die genannten Merkmale (vgl. Tab. 1) auch miteinander korreliert sein. Man wird z.b. selten eine luxuriöse "Ausstattung" in einer Wohnung finden, deren "Beschaffenheit" eher weit unterdurchschnittlich ist. Dass die Merkmale nicht unabhängig sind, wird auch im Falle der Regressionsmethode der MS-Erstellung unter dem Stichwort "Kollinearität" behandelt (vgl. Ziff. 13). 10. Die Behandlung der "Modernisierung" (meist auch graduell differenziert nach Kategorien wie "Voll-" und "Teilmodernisierung") ist traditionell stark umstritten zwischen Interessenvertretern der Mieter und Vermieter. Umstritten ist die exakte und unmissverständliche Definition dieser Kategorien der Modernisierung ob sie (die Modernisierung) in Verbindung mit dem wirtschaftlichen Baualter gebracht werden sollte, in dem Sinne, dass nicht mehr das Jahr der Fertigstellung, sondern das Jahr der Modernisierung "zählen" soll, oder ob sie in die Nähe des Merkmals "Ausstattung" zu bringen ist, wenn hier nicht sogar Doppelzählungen vorliegen, weil die Modernisierung ja oft gerade in der Verbesserung der Ausstattung besteht (bei diesem Standpunkt wird bei einer gleich guten Ausstattung nicht danach differenziert, ob sie die Erstausstattung eines Neubaus ist oder nachträglich in einen Altbau eingebracht worden ist), und schließlich welche vorteil- oder unvorteilhafte Signale für Mieter und Vermieter gesetzt werden, wenn die Modernisierung als eigenständiges Merkmal im MS berücksichtigt wird und damit meist mietpreiserhöhend wirkt, oder wenn dieses nicht geschieht. 11. Wie bei allen Merkmalen, so kann auch bei der Modernisierung eine "Berücksichtigung" im MS in der Weise erfolgen dass eine Wohnung bei Modernisierung in einem anderen Tabellenfeld erscheint als eine nicht modernisierte Wohnung (das Merkmal also zur Gliederung des MS herangezogen wird), oder indem Modernisierung einen "Zuschlag" erlaubt, oder aber als Grund anerkannt wird, die obere Grenze einer Spanne zu benutzen. Ein Merkmal kann also typisierend, zu- oder abschlagwürdig oder für die Lage innerhalb einer Spanne bestimmend sein. Es gibt auch Merkmale von denen bekannt ist, dass sie im Einzelfall zweifellos mietpreisbestimmend sind, die aber gleichwohl im MS nicht berücksichtigt werden dürfen, und zwar in keiner der drei genannten Arten. Das gilt z.b. für subjektive Merkmale in dem Sinne, dass sie in der Person des Mieters begründet sind, wie z.b. Dauer des Mietverhältnisses oder Beruf des Mieters. Ein MS ist also kein ökonometrisches Modell der Mietpreisbildung. Gegenstand des MS ist die "ortsübliche Vergleichsmiete" nicht die modellmäßig erfasste "Wohnwert-Miete". 12. Es gibt prinzipiell zwei Methoden der Erstellung eines MS, die gleichermaßen als "wissenschaftlich anerkannt" gelten, so wie dies bei einem "qualifizierten" (im Unterschied zu einem "einfachen") MS verlangt wird, nämlich die Tabellenmethode (T) und die
7 Regressionsmethode (R). Beide Verfahren haben ihre jeweiligen Vor- und Nachteile über die in der Literatur ausführlich berichtet wird. Nach anfänglichen Vorbehalten, auch gerade von Statistikern, hat sich inzwischen die Überzeugung durchgesetzt, dass die Methode R zu bevorzugen ist, weil sie die in den erhobenen Daten enthaltene Information besser ausnutzt. Sie kommt damit i.d.r. mit einem kleineren Stichprobenumfang aus. Das ist deshalb möglich, weil R darauf beruht, für die Daten ein "Modell" des Zusammenhangs zwischen den Variablen p (Miete) und den Regressoren (Wohnwertmerkmalen) x 1, x 2,... anzunehmen, dessen Koeffizienten b 1, b 2,... geschätzt werden und letztlich bestimmend dafür sind, welche Miethöhe im MS bei bestimmten Merkmalskombinationen ausgewiesen wird. Ein Problem ist, dass bei der Konstruktion des Modells in Gestalt einer Regressionsfunktion wiederum Modellannahmen gemacht werden müssen, die im konkreten Fall auch nicht zutreffend sein können. Es ist allerdings zu bedenken, dass auch der Methode T ein Modell zugrunde liegt (man kann T auch als Spezialfall von R auffassen) und dass die Gültigkeit der bei R zu machenden Annahmen auch überprüft werden kann und sollte. Es ist nicht vertretbar aufgrund einer denkbaren Verletzung der genannten Annahmen die Methode R in Bausch und Boden zu verwerfen. 13. Speziell im Falle von R sind einige statistische Aspekte besonders zu berücksichtigen, die evtl. Probleme bereiten können, nämlich Nichtlineare Zusammenhänge zwischen den Variablen. "Interaktion", ein Umstand, der es ebenfalls unmöglich macht, jeder Einflussgröße einen klar abgegrenzten und konstanten Erklärungsbeitrag beizumessen (Interaktion zwischen x 1 und x 2 bedeutet, dass die Größe 2 und evtl. auch das Vorzeichen des Einflusses von x 1 auf den mit der Regressionsfunktion zu bestimmenden Preis p unterschiedlich ist, je nach dem, ob der Wert den x 2 annimmt groß oder klein ist). Die zur "Erklärung" (in Gestalt einer Regressionsfunktion) herangezogenen Mietwertvariablen x 1, x 2,..., x K werden i.d.r. untereinander korreliert sein (Problem der "Kollinearität" oder "Multikollinearität") Wohnungen, die hochwertig sind, sind dies i.d.r. auch hinsichtlich mehrerer Kriterien. Umgekehrt wird sich in einer Wohnung in einer schlechten Lage und einem wenig gefragten Hochhaus älterer Bauart kaum eine luxuriöse Ausstattung finden. Diese Kollinearität ist u.a. auch mitverantwortlich für unplausibel erscheinende Regressionskoeffizienten b 1, b 2,..., b K und auch für Schwierigkeiten, eine korrekte Spezifizierung eines Modells durch Verfahren der stufenweisen Regression zu finden. Kollinearität bewirkt, dass zwar die Koeffizienten erwartungstreu (unverzerrt) geschätzt werden, aber der Schätzfehler größer ist als ohne Kollinearität. Man erhält also im Mittel den richtigen Wert, aber die Streuung um diesen Wert ist groß, d.h. die Schätzung kann zufallsbedingt (welche konkrete Stichprobe man erhält, ist ja vom Zufall bestimmt) erheblich unter oder über den wahren Wert liegen. Die Regressionskoeffizienten können nicht als korrekte Maße des isolierten Einflusses eines Regressors interpretiert werden. Deshalb ist es auch schwierig im Falle der praktisch immer mehr oder weniger gegebenen Situation der Kollinearität Zu- und Abschläge für einzelne Merkmale im MS auf der Basis dieser Regressionskoeffizienten zu bemessen. Eine wichtige Frage ist, ob das Modell nicht zu viele, und damit auch irrelevante Regressoren enthält oder umgekehrt wichtige Einflussfaktoren nicht enthält (Problem der Fehlspezifikation). Das Problem tritt auch in der Tabellenmethode auf, weil es dort das Ziel ist, Tabellenfelder aufgrund der wirklich relevanten Merkmale zu differenzieren. 2 der Betrag von b 1. 67
8 68 Nur dann ist auch anzunehmen, dass der für ein Feld ausgewiesene Mittelwert der Mieten repräsentativ ist für eine homogene Gesamtheit von Mietverhältnissen. Die konkrete Spezifikation wird in der Praxis meist stufenweise (stepwise regression) gefunden. Das Verfahren bei dem man mit einem Modell beginnt, das sehr viele Regressoren enthält und das in mehreren Schritten reduziert wird (top down, abbauend, Steinmetz) ist weniger angreifbar als das umgekehrt vorgehende aufbauende Verfahren (bottom up, Maurer). In jedem Fall spielt ein Maß für die Güte der Anpassung des Modells an die Daten eine wichtige Rolle. 14. Ein sehr beliebtes und auch intuitiv verständliches Maß für eben diese Güte der Anpassung (goodness of fit) ist das "Bestimmtheitsmaß" (coefficient of determination) R 2. Es ist definiert als ein Verhältnis von Varianzen (Streuungen) und liegt deshalb zwischen 0 und 1 (0 und 100 %). Mit R 2 wird gemessen, ob sich die Beobachtungen wenig unterscheiden (dann ist R 2 groß) von dem was aufgrund der geschätzten Regressionsfunktion zu erwarten ist oder ob sie aufgrund anderer, im Modell (noch) nicht berücksichtigter Faktoren hiervon stark abweichen (dann ist R 2 klein). Da R 2 auch von der Anzahl K der Regressoren abhängt ist das "korrigierte" (adjusted) R 2 zu bevorzugen. Es kann nicht das Ziel sein, diese Größe um jeden Preis möglichst nahe an 100 % heranzurücken (in der Praxis dürften % "gut" bis "sehr gut" sein), denn wenn dies versucht wird, ist es gut möglich, dass das Ergebnis wegen vieler Regressoren unhandlich wird und auch unplausible (z.b. negative) Regressionskoeffizienten entstehen. Die zuletzt genannten Mängel eines "überladenen" Modells machen auch Methoden erforderlich, die unter Nr.19 besprochen werden. 15. Zur Beurteilung der Güte des MS und der "Relevanz" einzelner Wohnwertmerkmale stehen im Fall des Regressions-MS eine Reihe von beschreibenden Kennzahlen (wie etwa R 2 ) und statistische Tests zur Verfügung. In den meisten Maßen geht auch der Stichprobenumfang n in irgendeiner Form mit ein. Das ist anders bei der Beurteilung der Güte eines Tabellen-MS durch geeignete Maße, die vor allem durch die Streuung der Werte innerhalb eines Tabellenfachs des MS bestimmt werden. Solchen Aspekten der (trotz Berücksichtigung vieler Mietwertmerkmale) noch verbliebenen Ungenauigkeit und Inhomogenität kann durch Angabe von Spannen bzw. im Falle der Regressionsmethode von Konfidenzintervallen Rechnung getragen werden. 16. Ein MS sollte neben der Anpassungsgüte auch anderen statistischen Gütekriterien genügen, wie etwa Repräsentativität, Abdeckung möglichst vieler Teilmärkte des Mietwohnungsmarkts, gleichmäßige Exaktheit (für alle Teilmärkte), Differenziertheit oder Wirtschaftlichkeit im Sinne von möglichst wenig zu schätzenden Parametern (Koeffizienten) bei gleicher Güte in sonstiger Hinsicht. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedeutung nichtstatistischer Kriterien. Hierzu gehört neben der Wirtschaftlichkeit im Sinne der Verhältnismäßigkeit des Aufwands vor allem die "Akzeptanz" durch die Interessengruppen. Für dieses im Falle des qualifizierten MS ausdrücklich als entscheidend anerkannte Kriterium dürften Vorstellungen über Gerechtigkeit, Plausibilität und gewünschte politische, soziale und ökologische Signale, die vom MS ausgehen könnten, bestimmend sein. Die "Güte" eines MS ist nicht nur eine Frage der korrekt angewandten statistischen Methode. Ein MS muss auch "akzeptiert" werden, sonst kann er seine Funktion als Instrument des Interessenausgleichs nicht erfüllen. 17. Akzeptanz ist maßgeblich bestimmt durch Auffassungen über die Plausibilität der Ergebnisse. Anders als bei einem "verhandelten" MS können sie bei einem statistisch erhobenen MS kein dominierendes Kriterium sein. Die meisten in der Literatur angegebenen Vergleiche zur Überprüfung der Plausibilität (z.b. die Quadratmetermiete einer größeren
9 Wohnung ist meist kleiner als die einer kleineren Wohnung) sind bei genauerem Hinsehen nicht haltbar. Viele unplausibel erscheinenden Ergebnisse lassen sich durch "Feldwechsel" (eine Wohnung ist inzwischen in ein anderes Tabellenfeld als früher einzuordnen) oder andere Veränderungen der Struktur des Wohnungsbestands zu erklären. Auch die beliebten Vergleichsrechnungen der Mieten einer vergleichbaren Wohnung nach altem und neuem MS sind mit Vorsicht zu interpretieren. Es ist naheliegend, dass Mieter- und Vermieter entsprechend Vergleiche mit anderen jeweils von ihnen ausgewählten Wohnungen durchführen. Es stellt sich dann die Frage der Repräsentativität und ob es sich wirklich um gleiche Wohnungen handelt bei denen man die Miete nach altem und neuem MS vergleicht. Hinzukommt, dass ein MS eine Aussage über einen Durchschnitt ist, der über alle Wohnungen gebildeten wird. Dem steht nicht entgegen, dass einige Fälle über, andere aber unter dem Durchschnitt liegen. 18. Bei der Prüfung der Plausibilität von Regressionskoeffizienten ist es nicht leicht zu akzeptieren, dass sich bei Hinzukommen von weiteren Regressoren das Vorzeichen ändern kann. Während z.b. das Vorhandensein eines Balkons für sich genommen mieterhöhend wirkt, kann der Koeffizient dieses Merkmals negativ werden wenn ein weiteres Merkmal (z.b. die Qualität der Badezimmerausstattung) hinzugenommen wird. Die Begründung hierfür und auch eine kausale Interpretation dieses Sachverhalts wird in Abschn. 7b angeboten. Auch hier, bei dem unplausibel erscheinenden Vorzeichenwechsel eines Regressionskoeffizienten ist der "Übeltäter" wieder die Kollinearität. 19. Komplexe Merkmale wie z.b. die "Ausstattung" lassen sich meist nur durch zahlreiche Indikatoren in Form der erhobenen Ausstattungsmerkmale (Art der Heizung, der Fußböden, sanitären Anlagen, Küche, Badezimmer etc.) beschreiben. Es ist dann nötig, die Indikatoren zusammenzufassen, eine Typologie bzw. Qualitätsstufen auf der Basis dieser Indikatoren zu entwickeln und hinsichtlich ihrer Aussagefähigkeit zu überprüfen. In Abschn. 7d werden kurze Hinweise auf statistische Methoden gegeben, die es erlauben von einer mehrdimensionalen manifesten (beobachtbaren) Ebene zahlreicher Indikatoren auf eine "dahinterstehende", komplexe, oder "latente" Dimension (wie z.b. das synthetische Merkmal "Ausstattung") zu schließen. In der Praxis wird es darauf hinauslaufen, für die Indikatoren "Punkte" zu geben und ggfls. Gewichte zu definieren, so dass eine gewogene Punktsumme entscheidet in welche Qualitätsstufe eine Wohnung eingeordnet wird. Die Gewichte und Punkte sollten nicht willkürlich sein, sondern durch ein statistisches Verfahren unter Verwendung der erhobenen Daten begründet sein. Einzelheiten finden sich in Abschn. 7 d. 20. Vereinzelt wird die Mittelwertbildung hinterfragt, d.h. es wird diskutiert, welche Art von Mittelwert bei der Bestimmung der mittleren Quadratmetermiete berechnet werden soll (ungewogenes oder gewogenes Mittel, Median statt arithmetisches Mittel usw.) Problematisiert wird auch die Berechnung des symmetrischen 2/3 Intervalls um den Mittelwert nach Eliminierung von Ausreißern. Die Breite der Spanne wird nicht nur mit statistischen Erwägungen gerechtfertigt. Es ist auch zu berücksichtigen, dass eine zu breite Spanne bei den Interessenvertretern nicht gewünscht wird, weil dies Streitigkeiten bei einer vom Mittelwert stark abweichenden Miete provozieren könnte. Bei der Konstruktion eines MS können auch empirisch begründete Argumente erarbeitet werden, die die Wahl eines oberen oder unteren Werts innerhalb der Spanne rechtfertigen können, d.h. man gibt Merkmale an, die nicht Zu- oder Abschläge einer bestimmten Höhe erlauben sollen, sondern die eine Abweichung vom Mittelwert nach unten oder oben innerhalb der Spanne in einem bestimmten Ausmaß empfehlen. Hinzuweisen ist schließlich auch noch auf einige (nur kurz) in den letzten Abschnitten (Nr. 9 und 10) diskutierte Probleme, die hier nicht resümiert werden sollen, wie z.b. die benutzer- 69
10 freundliche Gestaltung des MS, die Anforderungen an eine Fortschreibung des MS sowie schließlich einige anhaltende oder zu erwartende Kontroversen über die rechtliche und praktische Weiterentwicklung des MS-Instruments. Abkürzungen i. d. R. = in der Regel MHG = Gesetz zur Regelung der Miethöhe (Miethöhegesetz) jetzt eingeflossen in das BGB MS = Mietspiegel R = Regressionsmethode der Erstellung eines MS T = Tabellenmethode der Erstellung eines MS WM = Wohnungswirtschaft und Mietrecht (eine wiss. Zeitschrift) 70
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