Inklusion Modewort, Sparprogramm oder sinnvolle kommunale Praxis?
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- Maya Hildegard Wolf
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1 Armut und Gesundheit 2016; Session 78: Inklusion und Gesundheitsförderung im kommunalen Bereich Inklusion Modewort, Sparprogramm oder sinnvolle kommunale Praxis? Birgit Behrisch (Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft) & Uwe H. Bittlingmayer (Pädagogische Hochschule Freiburg)
2 1. Normative und gerechtigkeitstheoretische Rahmungen und Widersprüche des Inklusionskonzepts 2. Der Sprung in die (sinnvolle) kommunale Praxis: Inklusion als soziale Transformation
3 1. Normative und gerechtigkeitstheoretische Rahmungen und Widersprüche des Inklusionskonzepts
4 Zum Inklusionsbegriff: unterschiedliche Bezugstheorien und Bezugsdisziplinen: - soziologisch; Niklas Luhmann als Inklusion von Personen in gesellschaftliche Subsysteme - erziehungswissenschaftlich; Hans Wocken oder Georg Feuser als Abschaffung des segregierten Förderschulsystems in Deutschland - sozialpädagogisch/soziale Arbeit; Zoë Clark als menschenrechtliche Grundlegung individueller Ansprüche auf die Verwirklichung von Realfreiheiten - im (gesundheits-)politischen Feld; UN Inklusion als gesamtgesellschaftliche politische Agenda zur Kombination von Entwicklung und Menschenrechten; WHO politische Agenda zur Stärkung von Menschen mit chronischen Erkrankungen
5 Was ist neu am Inklusionsbegriff? - Inhaltlich nichts, was nicht in der kritischen Behindertenpädagogik eines Georg Feuser bereits benannt wurde; - durch Abgrenzung vom Integrationsbegriff, der als getarnter Assimilationsbegriff verwendet wird, wurde diskursiv Neues erzeugt - neu ist aber die völkerrechtliche Verankerung von Menschen mit Beeinträchtigungen zur Ermöglichung des vollen Umfangs ihrer Menschenrechte (als Zielperspektive) => UN-BRK
6 Die normative und gerechtigkeitstheoretische Rahmung von Inklusion zielt also auf die Durchsetzung umfassenderer Gleichheit (im Sinne des Capabilities-Ansatzes) für Menschen ab insofern wird die UN-BRK als Erweiterung der menschenrechtlichen Ansprüche gegenüber staatlichen Strukturen verstanden. Staaten sind im Gegenzug dazu angehalten, ihre Versorgungsstrukturen und wohlfahrtsstaatlichen Regulierungen so zu gestalten, dass sie im weiten Sinn barrierefrei sind. Das hat massive Konsequenzen für die kommunale Ebene, die diese völkerrechtlichen Versprechungen umsetzen müssen.
7 Widersprüche im (deutschen) Inklusionsdiskurs: 1. Der Zielperspektive einer inklusiven Bildung für alle als Umsetzung der UN-BRK korrespondiert der weitgehende Konsens einer 80/90%- 20/10%-Regel
8 Widersprüche im (deutschen) Inklusionsdiskurs: 2. Der Zielperspektive einer breiteren Akzeptanz für Menschen mit Beeinträchtigungen als Teil des menschlichen Heterogenitätsspektrums korrespondiert eine Fokussierung auf die (erstaunlichen) Leistungen beeinträchtigten Personen, die bislang noch nicht genügend gewürdigt wurden sowie ein aus Gründen falsch verstandener political correctness ein durchgezogener Radikalkonstruktivismus, der die leibliche Dimension von Beeinträchtigungen ebenfalls als Diskursprodukt verhandelt.
9 Widersprüche im (deutschen) Inklusionsdiskurs: 3. Der Zielperspektive umfassenderer Gleichheit korrespondiert
10 Entwicklung der Einkommen aufgeteilt nach Einkommensstärke Zit. nach BMAS 2013: 335
11 OECD 2011
12 2. Der Sprung in die (sinnvolle) kommunale Praxis: Inklusion als soziale Transformation
13 Beispiele inklusiver Praxis (Projektebene) Inklusive Volkshochschule - ERW-IN (Berliner Aktionsbündnis Erwachsenenbildung Inklusiv), Kurse für Menschen mit geistiger Behinderung und für Menschen mit Lernschwierigkeiten Lernwerkstatt Familienküche -Projekt MENSCH MACH MIT!, Täks e.v. Berlin, Inklusion heißt alle Menschen willkommen! Inklusive Sportevents USC München Rollstuhlsport e.v., Und Rollstuhlbasketball eignet sich dafür besonders gut denn bei uns spielten Menschen ohne Behinderung bereits in Meisterschaften und Wettbewerben, noch bevor es das Wort Inklusion gab.
14 Die Umsetzung der UN-BRK und von Inklusionskonzepten in Kommunen Aktionspläne als menschenrechtliches Instrument mit enger Rückbindung an die UN-BRK Inklusive Gemeinwesen Planung und Gestaltung eines inklusiven Gemeinwesens, NRW, Zentrum für Planung und Evaluation sozialer Dienste (ZPE) der Universität Siegen Inklusion vor Ort der Kommunale Index für Inklusion
15 Inklusion als inklusive Praxis Adjektiv inklusiv längst unhinterfragt in den aktiven Wortschatz der Praxis aufgenommen und als Label durchaus verbreitet Zusammenhang auch zu Sprachpolitiken von Förderlinien in den verschiedenen Praxisbereichen (Bildung, Sport etc.) zirkulieren je einzelne Projekte Verbreitung durch Nachahmung
16 Inklusion als inklusive Praxis - Anfragen Was hat sich geändert zur vorherigen Praxis? - Die Idee der Inklusion wird ohne zu zögern in das bestehende Aussonderungssystem integriert. (Sierck 2013) Welchen Spielraum hat Praxis im Hinblick auf die Debatte um Inklusion überhaupt? - Wenn also Inklusion, wie sie allgemein verstanden wird, perspektivisch ein Hardware bekommen soll, eine sozial, zivilgesellschaftlich, wirtschaftlich, sozialräumlich und sozialrechtlich unterlegte Realität der politischen Verhältnisse werden soll, sind strukturelle, gesetzliche und finanzielle Fakten zu schaffen. (Becker 2015)
17 Inklusion als Transformation Dann wäre Inklusion nicht jenes fehl verstandene Projekt, bei dem Menschen mit Behinderung von der Gesellschaft in die Gesellschaft eingebunden werden, sondern es vollzöge sich etwas mit der Gesellschaft, weil Inklusion etwas ist, was Menschen mit Behinderung an der Gesellschaft praktizieren. (Becker 2015) Die Ausgeschlossenen sollten nicht einfach in das alte System eingeschlossen werden (was bedeuten würde, den Anderen in das Selbe einzufügen). Vielmehr sollten sie als Gleiche in einem neuen institutionellen Ansatz (der neuen politischen Ordnung) partizipieren. Dies ist nicht ein Kampf um Inklusion, sondern um Transformation. (Dussel 2013)
18 Inklusion als Soziale Innovation Herausforderungen einer inklusiven Gesellschaft - Transformation der vorhandenen Infrastruktur im Bereich der Behindertenhilfe (Nock/Krlev/Mildenberger 2013) Umbau stationärer zu ambulanter Versorgung Behinderten- / Altenhilfe Öffnung zum Gemeinwesen Sozialrechtliche Versäulung
19 Transformation, Soziale Innovation und Praxis Inklusion als unmöglicher Begriff - Zugleich liefert der Inklusionsbegriff * + eben doch eine Reihe neuer fachlicher Impulse und beleuchtet eher dunkle Seiten von vermeintlichen Normalitäten, sodass er dann doch nicht so gänzlich vermeidbar ist. (Lüders 2014) Verstärkte Debatten um Teilhabe, Partizipation, Sozialraumorientierung / Vernetzung, mit der Frage nach Wirkungsbezogenheit beginnende Debatten um Nachhaltigkeit und Strukturelle Verankerung Chance - Inklusion in der Praxis weniger als etwas Zusätzliches, als etwas Transformatives zu denken
20 Literatur: Becker, U. (2015). Die Inklusionslüge. Behinderung im flexiblen Kapitalismus.Bielefeld: transcript. BMAS [Bundesministerium für Arbeit und Soziales] (2013). Lebenslagen in Deutschland. 4. Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Berlin. Dussel, E. (2013). 20 Thesen zur Politik. Münster: Lit. Lüders, C. (2014). Irgendeinen Begriff braucht es ja. Das Ringen um Inklusion in der Kinder-und Jugendhilfe. Soziale Passagen, 6 (1), Nock, L. / Krlev, G. / Mildenberger, G. (2013). Soziale Innovationen in den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege Strukturen, Prozesse und Zukunftsperspektiven. Berlin. OECD [Orgsanization of Economies Countries Developed] (2011). Tackling Inequality - Growing Income Inequality in OECD Countries: What Drives it and How Can Policy Tackle it? Forum Paris, , Paris. Sierck, U. (2013). Budenzauber Inklusion. Neu-Ulm: AG SPAK Bücher.
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