Hobbywinzer - Handwerker und Künstler

Transkript

1 Rebwanderung durch das Rontal und Habsburgeramt Hobbywinzer - Handwerker und Künstler von Walter Wettach, Luzern Bevor für den Rebbau die technischen Hilfsmittel erfunden waren, galt dieser als harte und mühsame Arbeit. Davon weiss auch der ehemalige Hobby-Winzer Ernst Wietlisbach aus Ebikon zu berichten, den ich in seinem idyllischen Heim am Mühlebachweg in Ebikon aufsuchte. Leider musste der heute 87-jährige, pensionierte Chemikers altershalber seine geliebte Freizeitbeschäftigung aufgeben. Noch zieren zwar ein paar wenige Rebstöcke die Umgebung seines Einfamilienhauses, wo er über 40 Jahre lang etwa 50 Weinreben liebevoll pflegte. So gesehen könnte man Ernst Wietlisbach als einer der Rebbaupioniere im Rontal bezeichnen. Beim gemütlichen Gespräch mit Ernst Wietlisbach ist spürbar, dass er seinen Rebgarten mit Leidenschaft und Freude umsorgt hat. «Es war die Liebe zur Natur», meint Wietlisbach, «welche mich damals auf die Idee brachte, Reben anzupflanzen.» Seine Hinneigung galt deshalb nicht nur dem Rebbau, sondern auch dem Züchten von Bienen. Zudem war Wietlisbach ein leidenschaftlicher Fischer und heute noch ein grosser Orchideenliebhaber. «Anfänglich kelterte ich den Wein selber», schmunzelt Ernst Wietlisbach, «doch ich spürte sehr bald, dass es nicht der Wein war, den ich wollte.» Deshalb übergab er Simi Brahm, Partnerin von Roli Mumenthaler, beim Pflegen der Jungreben in der Ebikoner Reblage «Büel». später das Keltern seines Traubengutes dem anerkannten Erwerbswinzer Toni Ottiger in Kastanienbaum. Rund 100 unverkäufliche Flaschen «Riesling x Sylvaner» sorgten jährlich für unerwartete Gaumenfreuden. Ein paar wenige Flaschen des «Ebiker Mühlehof» lagern heute noch für frohe Stunden in seinem Keller. Nebst Ernst Wietlisbach galt in Ebikon auch der verstorbene Ernst Weber als Hobbywinzer der ersten Stunden. Der ehemalige Ingenieur der Firma Schindler hatte sich ebenfalls über vierzig Jahre der interessanten und faszinierenden Feierabendbetätigung hingegeben. Mit berechtigtem Stolz anerbot er den Besuchern stets seinen an der Stadtgrenze gedeihenden «Ober-Schächler», ein Weisswein aus der Sorte «Riesling x Sylvaner». Dieser kleine Rebgarten von ungefähr 120 Stöcken wird heute von Armin Troxler, einem Goldschmied, gepflegt, der das Haus von Ernst Weber übernommen hat. Wie viele andere Hobbywinzer, so hat sich auch Armin Troxler an einem Rebbaukurs ein Wissen angeeignet, das ihm erlaubt seine im Oberschachen wachsenden Trauben zu einem guten Weissen keltern zu können. Auch für einen Hobbywinzer gilt es viele wichtige Details zu kennen, um letztlich gesunde, reife und aromatische Trauben ernten zu können. 89

2 Josef Kunz (links) begutachtet mit seinen Kollegen das Traubengut Auf der Fahrt Richtung Adligenswil erblickt man im «Bühl» die «jüngste» Reblage in der Gegend des Rontals, nämlich diejenige von Roli Mumentaler und seiner Partnerin Simi Brahm. Noch sind die im Jahre 2008 gepflanzten 300 Schösslinge der blauen Sorte «Muscat bleu» und «Johanniter» von bescheidener Grösse und bedürfen deshalb noch einige Zeit der Pflege. Die beiden Arten entstanden durch Kreuzung zweier Rebsorten und gelten als pilzwiderstandsfähig. In absehbarer Zeit kann Roli Mumentaler mit dem Gesamtvolumen seines Weines aufwarten und seine Freunde mit dem eigenen Tropfen überraschen. Als Informatiker weiss Roli gut genug, dass er nichts dem Zufall überlassen darf. Wissen ist im Beruf und auch im Rebbau das eine, Können das andere. Blick gegen den Pilatus von der Reblage «Neubühl». zer um die Früchte ihrer Arbeit gebracht. So wurden die Reben über Jahre älter, der Winzer aber an Erfahrung reicher. Ein Rebbauer pflegt oft zu sagen «Lieber nur eine gute Flasche Wein, als drei mittelmässige.» Dieses Sprichwort besagt, dass die Weine vom «Neubühl» nie und nimmer mit Massenweinen vergleichbar sind. Die vom Rebbau «infizierten» Gebrüder Kunz wissen, dass sie ihre aus der weissen Sorte «Kalina» und der roten Sorte «Regent» gekeltertem Weine bedenkenlos anbieten dürfen. Den roten «Aebiker Regent» und den weissen «Aebiker Kalina» gibt es seit dem Jahr Noch etwas weiter in Richtung Adligenswil bewirtschaftet Pius Kunz mit seinem Bruder Josef an einem sonnigen Hang bei der Liegenschaft «Neubühl» eine von der Sonne verwöhnte Reblage. Dieses schöne Stück Natur bedeutet für die beiden sozusagen eine zweite «Heimat», was auch bei dem zu einer lauschigen Rebhütte umgebauten Bienenhaus zum Ausdruck kommt. Der ortsansässige Pius Kunz gehört im Rontal bereits zu den «älteren Füchsen» in Sachen Rebbau. Ihm ist schon längst bewusst, dass der Rebgarten nicht immer eine «heile Welt widerspiegelt. Wie oft musste er doch schon «Lehrgeld» bezahlen. Frost, Hagel oder Rebkrankheiten haben die beiden Hobbywin Keiner zu klein, Helfer zu sein Weinetikettten vom «Neubüel». Auch wenn man in Adligenswil den Weg nach der Siedlung «Buggenacher» entdeckt, so findet man nur schwerlich den schönen Rebgarten von Leo Imhof. Selbst dann, wenn man vor seinem schmucken Haus angelangt ist, sind noch keine Reben ausfindig zu machen, denn diese 90

3 Reblage «Buggenacher» in Adligenswil gedeihen abseits der Strasse am kleinen Sonnenhang auf der Südseite des Gebäudes. Seit vielen Jahren sind 120 Stöcke der bei uns bedeutenden weissen Sorte «Riesling x Sylvaner» der Stolz des pensionierten Posthalters. Vor kurzer Zeit hat sich Leo Imhof aber entschlossen, der Umwelt und den Nachbarn zu liebe einen Teil davon durch eine pilzwiderstandsfähige, pflegeleichte Sorte zu ersetzen. Die aufwendigen Spritzarbeiten werden dadurch auf ein Minimum reduziert. Wie viele andere Rebsorten aus der Rebschule des bekannten Rebenzüchters Valentin Blattner, der in Soyhières im Kanton Jura wohnt, so sind auch die neu angepflanzten Reben «namenlos» und nur durch eine Kenn-Nummer benennt. Das hat mit der Vielfalt der Neuzüchtungen zu tun. Auf die gute Qualität des künftigen Weins vom «Buggenacher» wird dies aber nicht den geringsten Einfluss haben. Leo Imhof kann auf diese Weise zur Freude seiner Familie und seiner Gäste mit einem Wein aus umweltfreundlich gewachsenen Reben aufwarten. Der rüstige Rentner darf auch weiterhin Stolz auf sein schönes und interessantes Hobby sein, bei dem er die eigenen Trauben mit den eigenen Händen zum eigenen Wein veredeln kann. Wenn auch Hans Rigert von seinem Beruf voll in Anspruch genommen wird, so arbeitet er leidenschaftlich gerne in seinem kleinen Weinberg in der «Haasenmatte» in Udligenswil. Man kann den diplomierten Betriebswirtschafter, wie so manche andere Hobbywinzer, eher zu den «Winzlingen» im Rebbau des Kantons Luzern zählen. Hans Rigert gehört, wie übrigens auch Leo Imhof aus Adligenswil, einer kleinen Gruppe von Hobbywinzern an, welche ihre Weine selber keltern und diese an einer so genannten Jungwein-Degustation unter einander kritisch beurteilen. Dieser Erfahrungsaustausch begünstigt nicht nur das Wissen im Rebbau, sondern er fördert auch die Freundschaft unter Gleichgesinnten. Im musterhaft angelegten Rebgarten vor seinem Heim pflegt Hans Rigert seit Stöcke der roten Rebsorte «Blauburgunder», welche bei uns weit verbreitet ist und aus der sich im alpennahen Teil der Schweiz blumige Weine herstellen lassen. Die Kelterung des «Pinot noir» oder des «Clevner», wie er in anderen Regionen auch genannt wird, verlangt viel Fingerspitzengefühl. So gesehen müsste der oben als «Winzling» betitelte Hobbywinzer anders angesprochen werden. Treppenaufgang als romantischer Eingang zur Reblage «Haasenmatte» in Udligenswil 91

4 Die wunderschöne Reblage «Schöpferbüel» in Root Jahren anerkannter Zuger Winzer, war gerade in seinem Rebberg und hat Arthur Bienz dermassen für den Rebbau begeistert, dass er sich gleich bei ihm für einen Rebbaukurs einschrieb. Er wollte es aber nicht bei diesem Kurs bewenden lassen und legte vor zirka 12 Jahren seinen eigenen Rebgarten an, den er aufgrund seiner nachbarschaftlichen Beziehungen «Schöpferbüel» nannte. Seither wachsen auf 550 Meter über Meer auf 500 m2 ca. 60 Stöcke der roten Rebsorte «Blauburgunder» und ca. 90 Stöcke der weissen Sorte «Riesling x Sylvaner». Zwei kunstvolle Etiketten zieren die Flaschen mit dem edlen Tropfen der schönen Rontaler-Gemeinde, wobei die Name «wisse-rooter» und «rote-rooter» dem Wein und der Ortschaft alle Ehre machen. Es ist erfreulich, dass heute in Root wieder Reben wachsen, denn unweit der Lage «Schöpferbüel» waren im Mittelalter in der Gegend von «Wigarte» solche zu finden. Der Wein davon soll den Pfarrherren von Root als Messwein gedient haben. Ob er auch in einer fröhlichen Runde Anklang fand, ist nicht erwiesen. Auch oberhalb des Dorfes Root, am Südhang des Hofes «Wilmisberg», konnten damals Trauben gelesen werden. Somit hat Root und das Rontal eine kleine Weinbaugeschichte, welche jetzt durch die «Feierabendbeschäftigung» einiger initiativer Hobbywinzer ihre Fortsetzung findet. Hobbywinzer Arthur Bienz vom «Schöpferbüel». Über die Strasse nach Michaelskreuz, welche vor allem im Frühling einen wunderbaren Blick in die herrliche Natur des Rooter Berges bietet, erreicht man die oberhalb von Root gelegene Reblage von Arthur Bienz. Sein mitten im Rebgarten gelegenes Gebäude gleicht eher einem kleinen Chalet, als einem Bienenhaus, das der ehemalige Ofenbauer im Jahr 1987 erstellt hat. Darin befinden sich etwa 30 Bienenvölker. Die Imkerei verschafft Hans Bienz, nebst dem Hobbyrebbau, eine interessante und schöne Freizeitbeschäftigung. Der rüstige Pensionär hat damit die Natur zur Gefährtin gemacht. Auf die Frage, wie Arthur Bienz zum Rebbau gekommen sei, erzählte er mir lächelnd die Geschichte von einer Wanderung, welche er vor einige Jahren mit Kollegen von Goldau über den Rossberg nach Walchwil unternommen hatte. Dabei sei die fröhliche Gesellschaft zufälligerweise auf das bekannte Restaurant Aesch am Walchwilerberg gestossen. Der Besitzer, Otto Hürlimann, ein schon seit vielen Prächtige Etiketten für die Rooter Weine Wenn auch Hobbywinzer im wahren Sinne des Wortes Handwerker und Künstler sind, so sind sie jeweils für einen goldenen Herbst dankbar, den ihnen die Natur schenkt. 92

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