13 Kontrolldefizite bei der Überwachung von Postsendungen durch den Zoll (Kapitel 0804)
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- Lorenz Stieber
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1 13 Kontrolldefizite bei der Überwachung von Postsendungen durch den Zoll (Kapitel 0804) 13.0 Die Einfuhr von Postsendungen unterliegt der zollamtlichen Überwachung. Bei Einfuhren aus Nicht-EU-Staaten ist die Kontrolldichte bei Sendungen, die von der Deutschen Post AG befördert werden, wesentlich geringer als bei anderen Postdienstleistern. Der Sortierbetrieb bei der Deutschen Post AG stellt nicht ausreichend sicher, dass keine einfuhrverbotenen Waren in den freien Verkehr gelangen und dass fällige Abgaben erhoben werden. Der Bundesrechnungshof hat hier verstärkte Kontrollen des Zolls gefordert. Bei Postsendungen aus EU-Mitgliedstaaten verpflichtet eine Sondervorschrift die Deutsche Post AG, Sendungen dem Zoll zur Nachprüfung vorzulegen, bei denen der Verdacht des Verstoßes gegen Einfuhr-, Durchfuhr- oder Ausfuhrverbote besteht. Für andere Postdienstleister besteht diese Verpflichtung nicht. Der Bundesrechnungshof hat eine Ergänzung der gesetzlichen Grundlagen gefordert Waren, die in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen der zollamtlichen Überwachung. Wenn keine Freistellungsregelungen greifen, sind sie zu gestellen, d. h. einer Zollstelle vorzulegen. Das gilt auch für Gegenstände, die in Briefen, Päckchen und Paketen befördert werden (Postsendungen). Diese sind gestellungsbefreit, wenn u. a. keine Abgaben zu entrichten sind und ihrer Einfuhr keine Verbote und Beschränkungen entgegenstehen, wie sie in über 500 Regelungen und Gesetzen zum Schutz diverser Rechtsgüter normiert sind. Postsendungen werden sowohl von der Deutschen Post AG als auch von anderen Postdienstleistern (Kuriere/Kurierdienste) befördert. Zur zollamtlichen Überwachung gehören dabei nicht nur die Abfertigung der gestellten Sendungen, sondern auch die Kontrolle, ob nicht gestellte Sendungen tatsächlich gestellungsbefreit sind. Bei Postsendungen aus EU-Mitgliedstaaten, also im innergemeinschaftlichen Warenverkehr, besteht wegen vereinbarter Freizügigkeit und Wegfalls der Zollschranken grundsätzlich keine Gestellungspflicht. Die zollamtliche Überwachung setzt hier erst dann ein, wenn die Deutsche Post AG Sendungen zur Nachprüfung vorlegt, bei de-
2 nen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Waren unter Verstoß gegen ein Einfuhr-, Durchfuhr- oder Ausfuhrverbot verbracht werden. Hierzu ist sie nach 5 Zollverwaltungsgesetz verpflichtet. Diese Sondervorschrift für Postsendungen gilt aber nur für die Deutsche Post AG. Für Kurierdienste besteht diese Vorlagepflicht nicht. Der Bundesrechnungshof prüfte mit Unterstützung des Prüfungsamtes des Bundes Frankfurt am Main, wie der Zoll die Einhaltung von Einfuhrbestimmungen und Abgabepflichten bei Postsendungen überwacht Postsendungen aus Drittländern Führt die Deutsche Post AG Postsendungen aus Nicht-EU-Staaten (Drittländer) ein, sortiert sie an Verteilstellen den gestellungspflichtigen Eingang aus und legt ihn der angegliederten Zollstelle zur Abfertigung vor. Von Postbediensteten als gestellungsbefreit eingestufte Sendungen werden direkt an die Empfänger weitergeleitet. Nach Postangaben erreichen im Jahresdurchschnitt täglich Sendungen die Verteilstellen, von denen etwa (56 %) als nicht gestellungspflichtig aussortiert werden. Der Bundesrechnungshof stellte an drei Verteilstellen der Deutschen Post AG fest, dass die Zollmaßnahmen zur Sicherstellung der Gestellungspflicht unterschiedlich intensiv, insgesamt aber unzureichend sind. Soweit überhaupt Aufzeichnungen geführt werden, belegen sie nur eine minimale Kontrollquote. Gleichzeitig weisen aber die dabei aufgedeckten Verstöße eine beachtenswerte Fehleranfälligkeit des postalischen Sortierbetriebs nach. So hat die Verteilstelle mit dem höchsten Sendungsaufkommen in einem 12-Monatszeitraum (2006/2007) an zehn Tagen als gestellungsbefreit aussortierte Postsendungen kontrolliert und dabei in 112 Fällen Abgabepflichtverletzungen und Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen festgestellt. Im Jahre 2008 kontrollierte sie an 44 Tagen Sendungen, von denen 6466 (22 %) zu gestellen gewesen wären. Der Bundesrechnungshof schätzt, dass jährlich weniger als 1 % der von der Deutschen Post AG als gestellungsbefreit aussortierten Sendungen (8,2 Mio.) vom Zoll überprüft werden, sodass Verstöße gegen Einfuhrverbote in der Masse unentdeckt bleiben und Abgabeausfälle entstehen. Soweit demgegenüber Kuriere Postsendungen aus Drittländern befördern, ermög-
3 licht ihre Sortierpraxis dank der Technik der Registrierung des Beförderungsgutes dem Zoll, mit eigens dafür eingesetztem Personal die zutreffende Inanspruchnahme der Gestellungsbefreiung vollständig und regelmäßig zu überwachen. Die Kurierdienste stellen bereits vor Eintreffen der Sendungen den Zollstellen Listen mit Angaben zu gestellungsbefreit eingestuften Sendungen zur Verfügung. Die Zollstellen sichten die Listen täglich und wählen risikoorientiert Sendungen aus, die ihnen beim Eintreffen vorzulegen sind. Allein eine dieser Zollstellen hat im Jahre 2006 auf diese Weise mehr als Sendungen kontrolliert. Die täglichen Kontrollaktivitäten hält die Zollverwaltung für notwendig, weil sie auf diese Weise immer wieder Verstöße gegen Einfuhrbestimmungen und Abgabepflichten feststellt Postsendungen aus EU-Mitgliedstaaten Bei Postsendungen aus EU-Mitgliedstaaten kommt die Deutsche Post AG ihrer Vorlagepflicht nach, wenn sie dazu vom Zoll angehalten und unterstützt wird. Bei einer Verteilstelle konnten so z. B. innerhalb von fünf Monaten mehr als Sendungen mit einfuhrverbotenen Waren sichergestellt werden: neben Arzneimitteln vor allem Tabakwaren, Dopingmittel, Waffen, Sprengstoff, gefälschte Markenzeichen sowie verfassungsfeindliches und pornografisches Material. Da Kuriere nicht zur Vorlage verdächtiger Sendungen verpflichtet sind, lassen sich Verstöße bei den von ihnen transportierten Sendungen nicht in gleicher Weise feststellen Der Bundesrechnungshof hat angesichts der Fehleranfälligkeit des postalischen Sortierbetriebs bei Postsendungen aus Drittländern vermehrte Kontrollen der von der Deutschen Post AG als gestellungsbefreit aussortierten Sendungen angemahnt. Er hält es für erforderlich, hier für eine ebenso hohe Kontrolldichte wie bei der Kurierdienstabfertigung zu sorgen. Da das Beförderungsgut vergleichbar ist, besteht auch ein vergleichbares Risiko von Abgabenumgehung und Verstößen gegen Einfuhrverbote. Bei Postsendungen aus EU-Mitgliedstaaten hat er angesichts der zahlreichen auf diese Weise aufgedeckten Verstöße bemängelt, dass neben der Deutschen Post AG nicht auch Kuriere bei entsprechenden Anhaltspunkten gesetzlich zur Vorlage bei Zollstellen verpflichtet sind. Er sieht darin eine Überwachungslücke und hat eine Ergänzung der vorzitierten Sondervorschrift angeregt.
4 13.3 Das Bundesfinanzministerium hat wegen der Drittlandsendungen zunächst auf den grundsätzlich risikoorientierten Einsatz der zuständigen Arbeitseinheiten und die Notwendigkeit verwiesen, auch in anderen Kontrollbereichen, z. B. im Reiseverkehr, Personal vorzuhalten. Die Kontrollquote habe sich dennoch im Vergleich zum Prüfungszeitraum vor allem am Standort mit dem höchsten Sendungsaufkommen auf 50 Kontrolltage pro Jahr erhöht. Eine weitere Steigerung werde ebenso angestrebt wie Zielvereinbarungen mit den betreffenden Bundesfinanzdirektionen, um bundesweit einheitliche Quoten festzulegen. Der Forderung nach einer Kontrolldichte bei der Deutschen Post AG, die ebenso hoch ist wie bei den Kurierdiensten, widerspricht das Bundesfinanzministerium nicht. Derzeit würden Möglichkeiten diskutiert, die Verfahrensabläufe grundlegend umzugestalten. Nach Wirksamwerden bevorstehender Änderungen von EU-Vorschriften zur zollamtlichen Behandlung von Postsendungen seien Anpassungen des Personaleinsatzes sowohl bei Kontrollen nicht gestellter als auch in der Abfertigung gestellter Sendungen beabsichtigt. Sollten im innergemeinschaftlichen Postverkehr auch Kuriere verpflichtet werden, verdächtige Postsendungen dem Zoll vorzulegen, befürchtet das Bundesfinanzministerium erhebliche Widerstände. Es sieht dann auch eine Benachteiligung der Postdienstleister gegenüber Beförderern von Ladungs- und Stückgut sowie Reisenden mit Gepäck, die nicht zur Vorlage verdächtiger Sendungen verpflichtet sind. Das Bundesfinanzministerium hat aber eine Prüfung der Anregung des Bundesrechnungshofes zugesagt Der Bundesrechnungshof bleibt bei seinen Forderungen. Zwar erkennt er an, dass seit seiner Prüfung die risikoorientierten Kontrollen insbesondere bei der aufkommensstärksten Verteilstelle der Deutschen Post AG an nunmehr 50 Tagen im Jahr stattfinden. Im Vergleich zum täglichen Kontrollrhythmus bei den Kurierdiensten kann das aber nicht zufriedenstellen. Wenn die Zollverwaltung wegen der Risikolage tägliche Kontrollaktivitäten bei Kurierdiensten für notwendig erachtet, erschließt sich nicht, warum sie an den Verteilstellen der Deutschen Post AG das Personal erst dann anpassen will, wenn EU-Vorschriften zu erweiterten Kontrollen zwingen. Der Bundesrechnungshof hält eine zügige Anpassung der Kontrolldichte für notwendig. Ansonsten wird derjenige, der verbotene Ware aus einem Drittland versendet, den Postdienstleister wählen, der das niedrigste Entdeckungsrisiko bietet.
5 Die Einlassung des Bundesfinanzministeriums zur gesetzlichen Erweiterung der Vorlagepflicht bei Postsendungen aus EU-Mitgliedstaaten auf Kuriere vermag gleichfalls nicht zu überzeugen. Eine Benachteiligung von Postdienstleistern gegenüber anderen Beförderern wird dadurch nicht geschaffen, da bei Ladungs- und Stückgut wie auch beim Reisegepäck die Überwachungsmechanismen der Kontrolleinheiten Verkehrswege der Zollverwaltung greifen. Eine unterschiedliche Behandlung besteht im Übrigen auch schon jetzt für die Deutsche Post AG, für die bisher allein die Vorlagepflicht normiert ist. Eine Gesetzesänderung schafft Wettbewerbsgleichheit mit der bereits vorlageverpflichteten Deutschen Post AG und schließt eine Überwachungslücke. Die vom Bundesfinanzministerium zugesagte Prüfung sollte die angeregte Gesetzesänderung zur Folge haben.
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