GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHER BELASTUNGEN IN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE

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1 FÖRDERVEREIN WIRTSCHAFTSPSYCHOLOGIE GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHER BELASTUNGEN IN DER CHEMISCHEN INDUSTRIE DIPL.-PSYCH. DR. SARAH ENGLER

2 Stand der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung in der Praxis. Studie EO Institut 2016: 27% sind nicht über gesetzliche Verpflichtungen informiert. 36% kennen die Verpflichtungen, setzen sie aber nicht um. 38% haben die Gefährdungsbeurteilung bereits durchgeführt. 36% fühlen sich mit der Durchführung überfordert. 2

3 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Belastungs-Beanspruchungs-Modell. Belastung Beanspruchung, Fehlbeanspruchung Folgen Arbeitsplatzbezogene & persönliche Ressourcen 3

4 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Gefährdungsbeurteilung: Hintergrund. Ziele der Gefährdungsbeurteilung psych. Belastungen: Erfassung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz Ableitung von Maßnahmen zum Gesundheitsschutz Gesetzliche Grundlage: ArbschG 5, Abs. 3, Nr. 6 Anlässe kontinuierlicher Prozess, Aktualisierungen z.b. bei Änderungen der betrieblichen Organisation und Struktur, der Arbeits- und Tätigkeitsabläufe und Personalwechsel Auffällige Häufung von Fluktuation, Beschwerden oder Gesundheitsbeeinträchtigungen der Mitarbeiter 4

5 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Arbeitsschutzgesetz (ArbschG): 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen. (1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. (2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend. (3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch 1. die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes, 2. physikalische, chemische und biologische Einwirkungen, 3. die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit, 4. die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken, 5. unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten, 6. psychische Belastungen bei der Arbeit. 5

6 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Gefährdungsbeurteilung: Akteure. Verantwortung: Die Verantwortung zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung liegt im Unternehmen Beteiligte (Projektteam): Vorgesetzte Betriebsrat Mitarbeiter, Sicherheitsbeauftragte Sicherheitsfachkraft Betriebsarzt, Psychologe Verantwortung für Planung und Durchführung Mitbestimmungsrecht Vertreter der Mitarbeiter Beratung und Unterstützung bei der Planung und Durchführung 6

7 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Gefährdungsbeurteilung: Ablauf. 7

8 Gefährdungsbeurteilung: Bausteine Planung Analyse Workshop Kontrolle Projektteam Vorgesetzte Betriebsrat Mitarbeiter Betriebsarzt, Psychologe Sicherheitsfachkraft Ziele Projektplan Analysebereiche nach Tätigkeit nach Abteilung Erhebung von Daten durch Vorgesetzte Mitarbeiter Experten (Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft) Ergebnisse der Analyse Auswertung Darstellung Bewertung der Gefährdungen Identifizierung von Handlungsfeldern Erarbeiten von Lösungen Krankheitstage Gesundheitsreport Stimmung Mitarbeiterbefragung Betriebsarzt Wiedereingliederung Vorsorge 8

9 Analysebereiche Unternehmen Betriebe Arbeitsbereich Mitarbeitergruppen 9

10 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Ermittlung der Gefährdungen: Methoden. Erfassung der Verhältnisse / Gefährdungen am Arbeitsplatz durch verschiedene Quellen: Vorgesetzte Mitarbeiter Betriebsarzt und/oder Sicherheitsfachkraft Einsatz von Erhebungsinstrumenten: Fragebögen, Checklisten Workshop, moderierte Gruppendiskussion Beobachtung/Beobachtungsinterviews durch Experten Ggf. auch vorhanden Informationen nutzen (z.b. Mitarbeiterbefragung) Was wird erfasst: Möglichst objektive Sicht der Arbeitssituation, Belastungen Individuelle Beanspruchung, persönliche Informationen werden nicht erfragt 10

11 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Inhalte der Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen (GDA Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie) Arbeitsinhalt, Arbeitsaufgabe Vollständigkeit der Aufgabe Handlungsspielraum Variabilität Information, Informationsangebot Arbeitsumgebung Physikalische und chemische Faktoren Physische Faktoren Arbeitsplatz- und Informationsgestaltung Arbeitsmittel Verantwortung Qualifikation Emotionale Inanspruchnahme Soziale Beziehungen Kollegen Vorgesetzte Arbeitsorganisation Arbeitszeit Arbeitsablauf Kommunikation, Kooperation Neue Arbeitsformen Räumliche Mobilität Atypische Arbeitsverhältnisse Zeitliche Flexibilisierung 11

12 Vorgesetzte: Checkliste. (Infraserv) Arbeitsinhalt, -aufgabe Arbeitsorganisation Sozialbedingungen Arbeitsumgebung Neue Arbeitsformen 12

13 Mitarbeiter: KFZA - Kurzfragebogen zur Arbeitsanalyse. (Prümper et al., 1995) Handlungsspielraum Vielseitiges Arbeiten Ganzheitliches Arbeiten Soziale Rückendeckung Zusammenarbeit Inhaltliche Anforderungen Mengenmäßige Anforderungen Arbeitsabläufe Arbeitsumgebungen Information, Mitsprache Entwicklungsmöglichkeiten 13

14 Betriebsarzt, Sicherheitsfachkraft: KPB - Kurzverfahren Psychische Belastungen (ifaa). Stress Psychische Ermüdung Monotonie Psychische Sättigung 14

15 Bewertung der Gefährdungen. Eintrittswahrscheinlichkeit x Auswirkung x Frequenz 15

16 Stichprobe. Unternehmen: N=6 Betriebe: N=33 Gruppen: N=46 Mitarbeiter: N=

17 Ergebnisse: Anteil Handlungsbedarf. N=1058 Bewertungen 1,61% 21,17% 18,71% rot - Maßnahmen unverzüglich einleiten gelb - Maßnahmen erarbeiten und durchführen grün - keine Maßnahmen erforderlich 58,51% nicht relevant 17

18 Ergebnisse: Anteil Handlungsbedarf. N=1058 Bewertungen 21,17% 20,32% Handlungsbedarf kein Handlungsbedarf nicht relevant 58,51% *Anmerkung: Die Kategorien rot ( Maßnahmen unverzüglich ableiten ) und gelb ( Maßnahmen ableiten und durchführen ) wurden hier unter der Kategorie Handlungsbedarf zusammengefasst). 18

19 Ergebnisse: Arbeitsmerkmale mit dem häufigsten Handlungsbedarf. N = Handlungsbedarf* kein Handlungsbedarf nicht relevant Leistundgsdruck, Zeitdruck Konflikte, Konkurrenz Mitarbeiter Überstunden Entscheidungs-, Bedeutungsdruck *Anmerkung: Die Kategorien rot ( Maßnahmen unverzüglich ableiten ) und gelb ( Maßnahmen ableiten und durchführen ) wurden hier unter der Kategorie Handlungsbedarf zusammengefasst). 19

20 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Ergebnisse: Beispiele Maßnahmen. Leistungsdruck, Zeitdruck Aufgabenverteilung, Aufgabendefinition Nahtstelle zu Abteilung XYZ verbessern Autonome Instandhaltung, muss das sein? Seminare für MAs zum Thema Gesunder Umgang mit der Arbeit Zusätzlichen Stapler anschaffen Konflikte, Konkurrenz MA Konfliktgespräche, Mediation Regelmäßige Schichtführertreffen MA rotierend einsetzen Verständnis Neuzusammensetzung Schichten Überstunden Aufstockung Stelle prüfen Abfeiern vs. Auszahlung soll wählbar sein Versetzter Arbeitsbeginn der Meister 15Uhr-Regelung (Be-, Entladen LKWs) Maßnahmen Entscheidungs-, Bedeutungsdruck Qualifizierung, Schulung, Anti-Havarie- Training Fehlerkultur Entscheidungsprozesse festlegen Vier-Augen-Prinzip Betriebsleitung, Meister erreichbar Dipl.-Psych. Dr. Sarah Engler 20

21 Das beschäftigt uns Gefährdungsbeurteilung wird von allen gelebt Erfolgskontrolle der Maßnahmen Fortschreibung der Gefährdungsbeurteilung 21

22 GEFÄHRDUNGSBEURTEILUNG PSYCHISCHE BELASTUNGEN Literatur, Informationen, Handlungshilfen. Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) Unfallkassen, Berufsgenossenschaften 22

23 Dipl.-Psych. Dr. Sarah Engler Infraserv GmbH & Co. Höchst KG Arbeits- und Gesundheitsschutz VIELEN DANK