Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9
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- Fritz Kneller
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1 Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Dr. Andreas Wünsche TU Bergakademie Freiberg Institut für Stochastik Vorlesung am 8. Juni 2017 im Audi-Max (AUD-1001) Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
2 2.2 Eindimensionale Merkmale Häufigkeitsverteilungen Eine Stichprobe vom Umfang n sei erhoben und die Variable X (das Merkmal X ) sei beobachtet worden. Urliste (Rohdaten, beobachtete Stichprobe): Liste, in der die erhobenen Beobachtungswerte von X nacheinander aufgeschrieben werden; Bezeichnung: x 1,..., x n. a 1,..., a k : Merkmalsausprägungen, die in der Urliste vorkommen; k n. Absolute Häufigkeit der Ausprägung a i : H i = H(a i ) beschreibt, wie oft die Ausprägung a i bei den n Beobachtungen vorkommt. Relative Häufigkeit der Ausprägung a i : h i = h(a i ) = H i n entspricht dem Anteil der Ausprägung a i bezogen auf die n Beobachtungen. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
3 Beispiel 2.1 Prüfungsnoten Urliste Person Note Person Note Person Note Person Note Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
4 Fortsetzung Beispiel 2.1 Note (a i ) abs H. (H i ) rel. H. (h i ) Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
5 Beispiel 2.2 Mieten Merkmal: Mieten (2013) für zufällig ausgewählte Einraumwohnungen in Berlin Mitte in Euro Quelle: Eckstein, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 5. Auflage 2016, Springer Urliste für n = 45 Wohnungen: Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
6 Klassenbildung Bei Erstellung einer Häufigkeitsverteilung ist es oft sinnvoll oder sogar nötig, die Informationen aus der Urliste zu straffen, falls die Anzahl der Merkmalsausprägungen k zu groß ist, und/oder ein stetiges Merkmal vorliegt. Ausweg: Klassenbildung: Benachbarte Merkmalsausprägungen werden zu einer Klasse oder Gruppe zusammen gefasst. In der gruppierten Häufigkeitsverteilung erscheinen nur noch die Gruppen mit der Häufigkeit aller Ausprägungen in der Gruppe. Bei der Klassenbildung ist zu beachten: Merkmalsausprägungen möglichst gleichmäßig auf die Klassen verteilen (möglichst gleiche Klassenbreite); keine Überschneidungen der Klassen; Klassen müssen vollständig sein. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
7 Häufigkeitstabelle für gruppierte (klassierte) Daten Beispiel 2.2 Mieten Häufigkeitstabellen für Miete Untere Obere Relative Kumulative Kum. Rel. Klasse Grenze Grenze Mittelpunkt Häufigkeit Häufigkeit Häufigkeit Häufigkeit bei oder unterhalb 0 0 0, , ,0 50,0 0 0, , ,0 150,0 3 0, , ,0 250,0 17 0, , ,0 350,0 16 0, , ,0 450,0 3 0, , ,0 550,0 2 0, , ,0 650,0 1 0, , ,0 750,0 0 0, , ,0 850,0 0 0, , ,0 950,0 2 0, , ,0 1050,0 1 0, ,0000 oberhalb , ,0000 Mittelwert = 362,273 Standardabweichungen = 188,907 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
8 2.2.2 Grafiken für univariate stetige Daten (a) Histogramm Ausgangspunkt ist eine Klasseneinteilung der Beobachtungswerte. Dazu wird ein Intervall, in dem alle Beobachtungswerte liegen, in eine endliche Anzahl disjunkter Teilintervalle, die sogenannten Klassen oder Gruppen zerlegt. Jede Klasse ist dann eindeutig durch die Klassenmitte und die Klassenbreite bzw. durch die untere und obere Klassengrenze bestimmt. Die Anzahl der Klassen sollte nicht zu klein und nicht zu groß sein. Die Klassenbreiten sollten übereinstimmen (ggf. mit Ausnahme der Randklassen). Nach Festlegung einer Klasseneinteilung werden die absoluten Klassenhäufigkeiten (Anzahl der Werte in der Klasse) bestimmt. Dann werden in einem Koordinatensystem aneinanderstoßende Rechtecke mit Flächeninhalten proportional zur Klassenhäufigkeit und Klassenintervallen als Basis gezeichnet. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
9 Histogramm im Beispiel 2.2 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
10 Bemerkungen zu Histogrammen Die Gestalt eines Histogramms hängt stark von der gewählten Klasseneinteilung (und auch des gewählten Gesamtintervalls) ab, deshalb sollte man ggf. etwas experimentieren, um ein möglichst aussagekräftiges Histogramm zu erzeugen. Durch die Klasseneinteilung geht Information verloren. Man kann ggf. Ausreißer am linken oder rechten Rand erkennen. Man kann eventuell Verteilungseigenschaften, wie Symmetrie oder Schiefe, erkennen (oder erahnen). Bei übereinstimmenden Klassenbreiten sind die Höhen der Rechtecke proportional zu den Häufigkeiten. Statt der absoluten Häufigkeiten können die Höhen der Rechtecke auch so normiert werden, dass der Gesamtflächeninhalt unter allen Rechtecken gleich 1 ist. Dann ist ein (meist nicht sehr belastbarer) Vergleich mit einer Verteilungsdichte möglich. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
11 (b) Box-Plot Aussagekräftige graphische Darstellung der Fünfer-Charakteristik, bestehend aus Median x, den empirischen Quartilen (Viertelwerten) V u, V o und den Ausreißergrenzen A u, A o. Box-Plot im Beispiel 2.2: Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
12 2.2.3 Grafiken für univariate diskrete Daten (a) Balkendiagramm Bei Balkendiagrammen werden die Anzahlen der Beobachtungswerte in den einzelnen Kategorien (Klassen) durch gleich breite Balken flächen- und auch höhenproportional dargestellt. Im Unterschied zum Histogramm für stetige Daten haben die Balken beim Balkendiagramm einen Abstand, um den diskreten Charakter der Daten zu unterstreichen. Sowohl beim Histogramm als auch beim Balkendiagramm werden aber Häufigkeiten oder Anteile flächenproportional dargestellt. Bei der Anzeige ordinaler Daten sollte die Reihenfolge der Balken der natürlichen Ordnung der Merkmalsausprägungen entsprechen. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
13 Balkendiagramm im Beispiel 2.1 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
14 (b) Kreisdiagramm Die Anzahlen (oder Anteile) der Beobachtungswerte in den einzelnen Kategorien (Klassen) können ggf. auch durch ein Kreisdiagramm (Tortendiagramm, Kuchendiagramm) flächenproportional (hier auch winkelproportional) dargestellt werden. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
15 2.2.4 Statistische Kenngrößen Lagemaße (Wo liegt Mehrzahl / Mitte / Schwerpunkt der beobachteten Merkmalswerte?) Streumaße (Über welchen Bereich erstrecken sich die Beobachtungen, wie stark schwanken sie?) Weitere statistische Kenngrößen Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
16 Lagemaße i) Mittelwerte (für quantitative Merkmale) a) Arithmetisches Mittel: x = 1 n n x i = 1 n (x 1 + x x n ). i= Im Beispiel 2.2 Mieten: x = 45 Auf Basis relativer Häufigkeiten: = x = m h j a j = h 1 a 1 + h 2 a h m a m j=1 bei m Merkmalsausprägungen a j und relativen Häufigkeiten h j. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
17 Klassierte (gruppierte) Daten Die Formel x = = 1 n m h j a j = h 1 a 1 + h 2 a h m a m j=1 m H j a j = 1 n (H 1a 1 + H 2 a H m a m ) j=1 kann auch für klassierte Daten verwendet werden zur näherungsweisen Berechnung des arithmetischen Mittels mit a j Klassenmitten. Z.B. in Beispiel 2.2 gilt x = Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
18 Zusammenfassung von Mittelwerten Für Mittelwerte aus Teilgesamtheiten gilt: Liegt ein Datensatz in r Teilgesamtheiten (sog. Schichten) vor und kennt man die Stichprobenumfänge n j sowie die arithmetischen Mittel x j pro Schicht, so lässt sich daraus das Gesamtmittel x berechnen als x = 1 r n j x j. n Beispiel 2.3 (Quelle: Bleymüller et al, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler, 14. Auflage) Unternehmen mit Betrieben A und B A: 400 Beschäftige mit Bruttodurchschnittsverdienst e B: 300 Beschäftige mit Bruttodurchschnittsverdienst e durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst sämtlicher 700 Beschäftigten von A und B zusammen: x = j= e e 700 = e Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
19 b) Geometrisches Mittel Definition: x G = n x 1 x 2... x n Voraussetzung: x i > 0, i = 1, 2,..., n. Berechnung über Häufigkeiten: x G = a h 1 1 ah ahm m bei m Merkmalsausprägungen a j und relativen Häufigkeiten h j. Anwendung zum Beispiel bei der Mittelung von Wachstumsfaktoren. Zahlenbeispiel Zeitpunkt Kapital Wachstumsfaktor x 1 = 0.81 x 2 = x G = aber x = (obwohl insgesamt kein Wachstum des Kapitals). Es gilt immer x G x. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
20 ii) Empirische Quantile Ordnen der Datenreihe x 1, x 2,..., x n ergibt geordnete Datenreihe (geordnete Stichprobe, Variationsreihe) x min := x (1) x (2)... x (n 1) x (n) =: x max. Empirisches α-quantil (0 < α < 1): Zahlenwert x α, so dass α 100% der Werte in der Variationsreihe links davon liegen: x (k) falls nα keine ganze Zahl ist, k ist x α = dann die auf nα folgende ganze Zahl ( ) x(k) + x (k+1) falls nα =: k eine ganze Zahl ist 1 2 (für quantitative Merkmale). Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
21 Empirischer Median, empirische Quartile Empirischer Median: empirisches 0.5-Quantil, (mittlerer Wert der geordneten Stichprobe) x ( n+1 2 ), falls n ungerade; x = x med := x 0.5 = 1 2 ( x ( n 2) + x ( n 2 +1) ), falls n gerade. Unteres empirisches Quartil (unterer Viertelwert): V u = x Oberes empirisches Quartil (oberer Viertelwert): V o = x Bemerkung: Der arithmetische Mittelwert x ist empfindlich gegenüber Ausreißern, der Median x weniger. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
22 iii) Empirischer Modalwert, Modus x mod Wert mit der größten Häufigkeit in der Stichprobe. Hängt bei klassierten Daten stark von der gewählten Klasseneinteilung ab Modalklasse. Im Allgemeinen gilt x x x mod. Auch verwendbar bei qualitativen Merkmalen. Zum Beispiel Partei mit den meisten Stimmen bei einer Wahl. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
23 Streumaße (für metrisch skalierte Daten) Spannweite: = x max x min. Quartilsabstand (Viertelweite): d Q = V o V u. Empirische Varianz (Stichprobenstreuung): ( s 2 = 1 n n ) (x i x) 2 = 1 xi 2 nx 2. n 1 n 1 i=1 Empirische Standardabweichung: s = s 2. Empirischer Variationskoeffizient: v = s 100% (falls x > 0), x besitzt keine phys. Einheit, er ist für kleine Werte x nicht sehr aussagekräftig. i=1 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
24 Weitere Kengrößen (für metrisch skalierte Daten) Ausreißergrenzen: A u = V u 1.5d Q A o = V o + 1.5d Q. (sogenannte innere Zäune; äußere Zäune bei ±3d Q ). Empirische Schiefe: n ( ) xi x 3. v s = 1 n i=1 s Empirische Wölbung: n ( ) xi x 4. w = 1 n i=1 s Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
25 Statistische Kenngrößen im Beispiel 2.2 Mieten Summenstatistiken für Miete Anzahl 45 Minimum 150,0 Arithm. Mittelwert 362,273 Maximum 1087,0 Median 321,0 Spannweite 937,0 Modalwert 275,0 Unteres Quartil 275,0 Geom. Mittelwert 331,436 Oberes Quartil 360,0 Varianz 35685,9 Quartilsabstand 85,0 Standardabweichungen 188,907 Schiefe 2,54232 Variationskoeffizient 52,1449% Wölbung 6,66333 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
26 Box-Plot II Aussagekräftige graphische Darstellung der Fünfer-Charakteristik, bestehend aus Median x = x med = x 0.5, den empirischen Quartilen (Viertelwerten) V u = x 0.25 und V o = x 0.75 und den Ausreißergrenzen A u = V u 1.5d Q und A o = V o + 1.5d Q. Die untere Begrenzungslinie wird dabei bestimmt durch den kleinsten Wert, der A u ist, (= x min falls x min A u ) während die obere Begrenzungslinie durch den größten Wert, der A o ist, definiert wird (= x max falls x max A o ). Ausreißer (Datenwerte außerhalb der Ausreißergrenzen) werden extra durch Punkte angegeben. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
27 Box-Plot III Beispiel 2.2 Mieten Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
28 Beispiel 2.4 Geordnete Stichprobe: (n = 11) k x (k) Median: = 5.5 x = x (6) = 15. Unteres Quartil: = 2.75 V u = x (3) = 13. Oberes Quartil: = 8.25 V o = x (9) = 19. Quartilsabstand (Viertelweite): d Q = V o V u = = 6. Ausreißergrenzen: A u = V u 1.5d Q = 13 9 = 4 > x (1) = 1 = x (1) ist ein Ausreißer nach unten, A o = V o + 1.5d Q = = 28 > x (11) = 23. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 8. Juni
29 Boxplot IV für Beispiel 2.4 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
30 Box-Plot V Beispiel: Körpergröße nach Geschlecht (SoSe 2017) Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
31 Box-Plot VI Beispiel: Körpergröße nach Studienfach (SoSe 2017) Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 9 Version: 6. Juni
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